Böse, Georg

Böse, Georg; Obristleutnant [ – ] Böse stand 1640 als Obristleutnant in braunschweig-lüneburgischen Diensten.

„Am 2. Juli 1640 trug Georg Böse von Kemnade[1] aus den Räten am Hof des Landesherrn eine Klage über einen Überfall durch ‚herrenloses Kriegsgesindel’ vor. Georg Böse, das war ein gar nicht so armer Obristleutnant der braunschweigischen Truppen. Als solcher hatte er bis 1637 gedient. Schon 1625 war er Kapitän und Major im braunschweigischen Heer. – Mitbetroffen, vielleicht als Gastgeber für Böse in Kemnade, war Christoph Friedrich von Eßleben. Der hatte das schon im Jahre 1542 durch einen Essleben reformierte, später wieder corveyisch-katholisch kontrollierte Kloster Kemnade 1619/1620 dem Wolfenbütteler Landesherrn angetragen. Dazu war er zum evangelischen Glauben übergetreten. 1639 diente er dem Haus Braunschweig-Wolfenbüttel im Amt Wickensen[2] und stand zu der Zeit [1640; BW] im Rang eines Hauptmanns. Außer den beiden Genannten wurde wohl auch ein Obrist (von) Asseburg[3] mit betroffen.

Nach dem überlieferten Bericht fielen herrenlose Reiter nachts über den Kläger her, ‚spoliierten’ ihn, nahmen ihn trotz verschiedener Salva Guardien gefangen und entführten ihn. Bei Falkenhagen,[4] westlich von Polle,[5] zwangen sie ihn, einen Schuldschein über 220 Taler (als ‚Rantzion’) zu signieren. Was die Marodeure an Sachwerten erbeuteten, liegt in einer Liste den Akten bei: unter anderem nahm man ihm 100 blutrote Korallen[6] (!), vier lange Rohre (Gewehre) und Gold- und Silberstücke sowie Objekte aus den Edelmetallen. Opfer des Überfalls wurde er demnach gezielt: Georg Böse war nicht arm. (Auf welchem Wege waren eigentlich die blutroten Korallen in seinen Besitz geraten ?)

Die Klage wurde zuerst, wegen der Lokalität Falkenhagen, an das Stift Paderborn gerichtet. Von dort kam jedoch eine detaillierte, in den Weserdistrikt zurückverweisende Nachricht.

Die Marodeure kamen zum Teil aus dem Amt Forst.[7] Dies waren Hans und Heinrich Eulers aus Warbsen.[8] Mit geraubtem Pferden und sonstigem Beutegut lebten sie ‚eine Zeitlang’ in Saus und Braus, so die Paderborner Auskunft, bei ihrem Bruder Simon und einer Schwester in Warbsen.

Wer sich den Weg der beiden vorstellt, begreift einiges von einer Söldnerkarriere: Sie hatten Dienst beim schwedischen Regiment des Obristen ‚Berckenfelder’ (Bergfeld, auch Borchenfelder)[9] getan. Der kommandierte die Nachhut, als Königsmarck im Dezember des Vorjahres vom Eichsfeld zurückmarschierte, in Holzminden im Quartier lag und die Truppen selbst in Lüchtringen[10] kampieren ließ […]. Die beiden geborenen Warbsener hatten- anscheinend hier in der Nähe ihres Heimatortes – einen Marketender erschossen und waren mit dessen Geld (?) desertiert. Ihre Einheit zog weiter Richtung Bielefeld.

Herzog August d. J. nahm die Meldungen und Klagen durchaus ernst. Er erließ klare Befehle an den im Weserdistrikt kommandierenden Obristen Johan Koch und den Amtmann zu Forst, die Straßen zu beobachten, Nachtwachen einzurichten und Missetäter – herrenloses Gesindel – mit bewaffneter Hand zu verfolgen.

Johan Stropf, Forster Amtmann, verfasste eine teils merkwürdige, teils für die schlimmen Zeiten sprechende Antwort: Zum einen schreibt er, in Warbsen seien nur zwei Reiter der Hessen und Schweden bei ‚Freunden’ zu ‚Besuch’ gewesen. In jener Zeit habe eine ganz andere Gruppe aus den Reihen derselben Truppen die Räubereien verübt. Eines Nachts, bei einem Überfall in Golmbach,[11] habe er sie aber nicht mehr erwischt. – Zum anderen wisse er sonst nichts von herrenlosen Soldaten innerhalb seines Amtes. Das ‚Durchziehen’ jedoch, das sei bisher nicht gestoppt oder verhindert worden. Wenn man das zu tun von ihm verlangt, so sagt er ironisch, dann muß man ihm auch erklären, auf welche Weise denn er das bewirken kann. In seiner eingestandenen Hilflosigkeit gegenüber dem Stand der Dinge, den der Krieg erreicht hat, wirkt dieser Mann recht sympathisch“.[12]

[1] Kemnade, heute Stadtteil von Bodenwerder [LK Holzminden].

[2] Wickensen, heute Ortsteil von Eschershausen [LK Holzminden].

[3] Asseburg [Ascheburg] zu Wallhausen und Hinnenburg, Ludwig von [6.6.1583 auf der Hinnenburg-18.3.1669 in Brakel] => Miniaturen.

[4] Falkenhagen [LK Detmold]; HHSD III, S. 224f.

[5] Polle [Kr. Hameln-Pyrmont]; HHSD II, S. 383.

[6] Korallen sollten gegen Krankheiten, Blitzschlag und Misswuchs schützen. Kleine rote Korallenästchen wurden den Kindern gegen krampfartige Erkrankungen um den Hals gehängt. Eine dunkelrote Verfärbung der Korallen zeigte angeblich eine Erkrankung des Kindes an. BRENNER-SCHÄFER, Zur oberpfälzischen Volksmedizin, S. 30.

[7] Forst, heute Ortsteil von Bevern [LK Holzminden].

[8] Warbsen [LK Holzminden].

[9] Berkefeld, Jobst Rudolf von Obrist [ – nach 1653] => Miniaturen.

[10] Lüchtringen, heute Stadtteil von Höxter [Kr. Höxter].

[11] Golmbach [LK Holzminden].

[12] KIECKBUSCH, Von Ackerleuten, S. 269f.

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