Barchon [Berchon, Bercham, Berchum, Berchem, Berthon, Berlekum, Bergheim], Johann Wilhelm de; Obristleutnant [ – 1634 ?] Barchon soll 1631 noch Rittmeister gewesen sein.
„Mit Schreiben vom 9. Mai 1631 aus Welschenbeck[1] informierte Rittmeister Johann Wilhelm von Berchem den Landdrosten Friedrich von Fürstenberg über den aus Saalfeld[2] vom 6. Mai datierten Befehl seines Generalwachtmeisters Dietrich Otmar von Erwitte, seine Reiterkompanie aus dem Stift Münster abzuziehen und ins Erzstift Köln zu führen. Er bat um Unterstützung bei der Einquartierung. Neben einer Abschrift des Befehls des von Erwitte liegt ein gesondertes, in Soest[3] datiertes Blatt mit einem Bericht über Werbungen bei, wonach sich in der Bördestadt neugeworbene Truppen sammelten. Dort befindliche Militärs führten eine verdeckte Werbung ohne offenen Trommelschlag, aber mit einer Sackpfeife (Dudelsack) durch und warben damit verbotenerweise auch in den kurkölnischen Landesteilen.
Es kombt ietzo gewißer bericht auß Soest, Bennewich [= Binnewitt; BW] hatt einen trop von 34 man weghgesant, denen dan balt noch ein trop gefolget, mit der pforten eingangh. Ietzo hat er schoen wider einen trop zusammen, die beide erste tropen sein vorgestern hier underscheidtlich außgemarschiret, zwingen die haußleute durch underscheidtliche practelen [= Praktiken] durch sich und die seinige, jedoch ohne trumenschlagh, sondern braucht darvor eine saekepfeiff ohne underlaß.
Brannikaußen [= Bönninghausen; BW]; Bentinck und Bhrunkorst [= Gronsfeld; BW], suchen daß stifft, so im dahl, werben in allen umbligenden statten, und auch heimlich im stifft Collen. Eß ist auch einer auß Rheuden [= Rüthen[4]] burtigh, der einen bruder hat, welcher ein conspirirner [= Verschwörer] ist, wirbt gleichfahlß und andere mehr, welche ich ietzo ihre nahmen so balt nit haben kan. Scheinet, eß wirt eine großere streifferey in dißen umbgrenßenden stifftern vorgenohmen wirt. Waß erfolgt, gibt die Zeit. Soest den 8. May 1631“[5].
Er war kaiserlicher Kommandant der Zitadelle Petersburg bei Osnabrück[6] (seit Herbst 1632).
Der protestantische Osnabrücker Chronist Rudolf Bellinckhausen (1567-1645) berichtet: „Kurz nach dieser zeyt [nach Mitte Oktober; BW], als die freischenn[7] und oldenburgischen ochsen ankommen, sagt man, das der haubtman Bercham von jedern ochsen 1 ß haben wollenn, die in der stadt sollten verkauf[t] werdenn“.[8]
„Denn 2. Januarii, so Handtgiftentag bey uns genandt wird, ist die cuhr des rahts verrichtet, da Juncker W[olf] Boselager und E[ngelbert] Meuseler des rahts entsetzet und Rotger Deychman und Frantz von Gulich widerumb gekorenn. Da hat man einen convivium gehalten nach alten gebrauch der h[erren] des raths, […] darzu man auch nach dem großen heiligen herrn Weyh bischoffen R[everendum] D[ominum] P[ater] Casparn sambt denn hofertigen h[och] h[eiligen] Conradum Buirenium[9] eingeladen, auch den herrn haubtman Berthon unser stadt mit gefurdert“.[10]
Barchon scheint unter seiner Garnison hart durchgegriffen zu haben, wie Bellinckhausen schreibt: „Denn 9. Februarii, morgens zu 9 uhrenn, ist einn junger soldat von Lynge,[11] so von dieser stad componey haubtmans Berthon weggelaufen und ein zeitlang auf dem stock geseßenn, auf dem Marckt gehenckt. Es sein nun fur und nach von dem volcke etlich gehenckt und auch gekopft wordenn“.[12]
1633 hatte Barchon eine Abteilung von 150 Kavalleristen und 3 Fußsoldaten unter Rittmeister Pamps vom Asseburg’schen Regiment zum Überfall auf das von einem ganzen schwedischen Regiment besetzte Fürstenau[13] entsandt: „Der feindliche Anschlag glückte – wie Knyphausen berichtet durch Verrath – vollkommen: der schwedische Oberstlieutenant von Termo, ein Capitain und etwa 30 Mann von der Besatzung der Stadt fielen tapfer kämpfend, während der größte Theil des Regiments sich auf das feste Schloß rettete, welches anzugreifen der Feind nicht einmal versuchte“.[14]
Anscheinend neigte Barchon zur Gewalttätigkeit, wie Bellinckhausen festhielt: „Denn 5. Septembris hat der commendant Berchon einen soldaten auf dem großen rundtheyl fur der Hase port erstochenn darumb, das er sich mit einem andern soldaten geschlagenn“.[15]
Nach der Schlacht bei Hessisch-Oldendorf[16] und der Einnahme von Hameln[17] durch die Schweden und ihre Konföderierten mussten die Kaiserlich-Ligistischen Osnabrück aufgeben und sich auf die Zitadelle Petersburg zurückziehen. Barchon war bei den Übergabeverhandlungen dabei: „Denn 10. Septembris, den 28. tag der belagerung, sindt nachfolgende gesandten auß unser stad nach S[anct] Gertrudis berg nach dem Fursten Jorgen von Luneburg und Graff Dodo von Kniphausen abgefertigt wordenn, als der commendant h[haubtman] Beechon, Haubtman Adam von Eychel, D[octor] Christofer Lahausen, obrist burgermeister, Gerhardus Vorheydenn, burgermeister, Hermann Hallervort, Utriusque Iuris Doctor, Gerdt Steinman, olderman“.[18]
„Denn 19. Septembris hat der commendant Berchon resolution von dem obristen leutenant S[anct] Loy aus der h[…] Peters burg gebracht, die man viel mehr die teufels burg oder jammerthall nennen möchte, das sie sich darauß mitt macht feyndlich wehren wollen und nicht mitt willenn aufgebenn. Darauf der f[eld] marschalch graf Dodo von Kniphausen neben seinem bruder Enno Wilhelm antwort geben, er wolt sie 14 tag mit krautt und lott speisen und den außgang erwarten“.[19]
„Den 6 Octobris, donnerstags um mittag, ist das keysersche kriegsvolck, so ohngefehr in der h[…] burg S[ancti] Petri ihr quartier gehalten, mit ihrer gewehr auf accort außgezogen, zwey halb schlangen und einen feuermöser ihm urlaubt mitgenommen. Der obrist leutenambt S[anct] Loy mit 6 fahnen kriegs volcks, der gar wenig unter denn fahnenn waren, die 6 fahnen waren blau, haubtman Eychels fahne war die 7. Haubtman […] Berchon ist darmit auß nach […] gezogenn. Und in dieser burg haben viel soldaten großenn hunger und kummer gelitten, insonderheit die armen weiber und kinder, der auch viel in dießer teufelsburg gestorben, auch viel aus der stad beschädigt worden, so durch geschoß und anders umbkommen“.[20]
Wahrscheinlich ist Barchon mit jenem Obristleutnant Berchum identisch, der nach der Chronik des Münsteraner[21] Bürgers Johan Wernicke beim Sturm kaiserlicher und münsterischer Soldaten auf das Haus Lüdinghausen[22] im Februar 1634 fiel.[23]
[1] Welschenbeck, heute Ortsteil von Warstein [LK Soest].
[2] Saalfeld [Kr. Saalfeld]; HHSD IX, S. 369ff.
[3] Soest [LK Soest]; HHSD III, S. 692ff.
[4] Rüthen [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 659f.
[5] CONRAD/TESKE, S. 102f.
[6] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[7] friesische
[8] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 208.
[9] Conrad von Büren, Dompastor.
[10] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 216f.
[11] Lingen; HHSD II, S. 299f.
[12] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 219.
[13] Fürstenau [Kr. Bersenbrück]; HHSD II, S. 156f.
[14] USLAR-GLEICHEN, Belagerung v. Hameln, S. 346.
[15] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 251.
[16] Hessisch-Oldendorf [Kr. Grafschaft Schaumburg]; HHSD II, S. 226f.
[17] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[18] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 252.
[19] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 255.
[20] BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 261.
[21] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[22] Lüdinghausen [LK Lüdinghausen]; HHSD III, S. 483ff.
[23] SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 177.