Tinctorius [Färber], Matthias

Tinctorius [Färber], Matthias; Obervogt [ – 10.5.1632]

Der als Sohn des protestantischen, ehemals Schweinfurter,[1] dann Kitzinger[2] Pfarrers Dr. Färber (Tinctorius)[3] geborene Matthias Tinctorius hatte zunächst in Ansbach[4] als Schreiber der markgräflichen Kanzlei, dann zu Speyer[5] in der Kammergerichtsschreiberei und schließlich beim Bruder seiner verstorbenen Mutter am Geistlichen Gericht in Mainz[6] gearbeitet. Dort war er – wie so üblich – wohl aus Karrieregründen konvertiert und „notarius publicus“ geworden. Von Mainz aus ging er nach Wien, wo er dreizehn Jahre als Notar arbeitete. Die schwere Erkrankung seiner Frau ließ ihn Wallfahrten nach Loreto, Rom und Santiago de Compostella unternehmen. Auf der Rückreise von Spanien nahm er 1614 eine Stellung als Schulmeister zu Aasen[7] (Landgrafschaft Baar) an, seit 1615 arbeitete er auch als Gehilfe des Donaueschinger[8] Rentmeisters.[9] Von 1618 bis zur Teilung der Landgrafschaft arbeitete er für die streng katholischen Grafen von Fürstenberg und übernahm die Registratur des gemeinsamen Archivs, stand aber zugleich in Diensten Wratislaus des Älteren von Fürstenberg, dem der hüfingische[10] Teil der Grafschaft zugefallen war. Als dieser 1623 Präsident des Reichshofrats geworden war, hielt Tinctorius sich oft in Wien als Notar und Protokollist auf und genoss Fürstenbergs Protektion. 1626 wurde ihm das Amt des Schreibers des Landgerichts der Baar übertragen. Gestützt auf ein kaiserliches Reskript, das er Fürstenberg zu verdanken hatte, lehnte er es ab, den üblichen Eid als Landgerichtsschreiber zu leisten, da er das mit seinen Pflichten gegenüber Fürstenberg nicht für vereinbar hielt. Einerseits stammte er nicht aus der Baar, andererseits hatte er sich durch seine Arroganz genügend Feinde gemacht. Seine Gegner warfen ihm Bereicherung an Prozessen und deren bewusste Verschleppung vor, konnten ihm aber zu Lebzeiten Wratislaus‘ des Älteren nichts anhaben. Zwar gelang es ihm, Anfang 1631 die Stelle des Obervogtes in Hüfingen zu übernehmen, aber im Juni 1631 sollte es dort zu offenem Aufruhr kommen. Tinctorius und seine unbeliebte Frau[11] wurden in ihrem Haus überfallen; seine Frau wurde der Hexerei beschuldigt. Auf Veranlassung des Rats wurde zunächst eine Untersuchung gegen andere besagte Frauen eingeleitet. Deren erzwungene Geständnisse reichten aus, um Tinctorius‘ Frau einzuziehen, die durch ihr Verhalten den Argwohn der Hüfinger Bevölkerung erregt hatte,[12] unter der Folter gestand und am 23.7.1631 hingerichtet wurde. Auf der Folter hatte sie ihren Mann beschuldigt, an den Hexentänzen teilgenommen zu haben. Als dann noch der Tod seines Gönners (10.7.1631) bekannt wurde, war seine Stunde gekommen. Der Hüfinger Rentmeister Heizmann und der Rottweiler Jurist Dr. Werlin führten die Verhöre so, dass selbst die Freiburger[13] Juristenfakultät in ihrem Gutachten den Wert seines Geständnisses bezweifelte, da „ob excessum totius multiplicatae torturae“ seine Aussagen „pro extortis et nullitate“ zu erachten seien.[14] Tinctorius wurde am 10.5.1632 hingerichtet; zum Zeitpunkt seines gewaltsamen Todes – heute könnte man sein Verfahren als „Justizmord“ bezeichnen – schuldete ihm die Hüfinger Rentmeisterei 1.075 fl. Sein überwiegend aus Außenständen bestehendes Vermögen hatte er in seinem Testament größtenteils kirchlichen Einrichtungen vermacht.

[1] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.

[2] Kitzingen; HHSD VII, S. 357ff.

[3] BÁTORI; WEYRAUCH, Die bürgerliche Elite, S. 310f.

[4] Ansbach; HHSD VII, S. 26ff.

[5] Speyer; HHSD V, S. 350ff.

[6] Mainz; HHSD V, S. 214ff.

[7] Aasen, heute Ortsteil von Donaueschingen [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[8] Donaueschingen [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[9] BADER; PLATEN, Das große Palatinat, S. 194; FRANCK, Der Hexenprozess, S. 4f.

[10] Hüfingen [Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 366ff.

[11] Jacobäa Schülin aus Zell am Harmersbach (verheiratet seit 1603); BADER; PLATEN, Das große Palatinat, S. 194.

[12] FRANCK, Der Hexenprozess, S. 7ff.

[13] Freiburg im Breisgau; HHSD VI, S. 215ff.

[14] ASCH, Verwaltung und Beamtentum, S. 117.

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