Schloen [Schlon, Schliern] zu Hollwinkel, Cord [Cort] Plato von, genannt Gehle [Gehlen]

Schloen [Schlon, Schliern] zu Hollwinkel, Cord [Cort] Plato von, genannt Gehle [Gehlen]; Obristleutnant, Generalleutnant [29.1.1577 vermutlich Hollwinkel-2.6.1650] Cord [Cort] Plato von Schloen [Schlon, Schliern] zu Hollwinkel, genannt Gehle [Gehlen] [29.1.1577 vermutlich Hollwinkel-2.6.1650],[1] stand zunächst in braunschweig-lüneburgischen Diensten.

Zedler teilt Vermutungen zur Herkunft des Geschlechts mit: „Gehle, Schloen oder Schlon genannt, ein altes Adliches Geschlecht in Westphalen und Niedersachsen, leitet seinen Ursprung von gewissen Französischen Grafen von Schloen oder Schlon her, und schreibet sich noch ietzo von Schlon oder Slon, genannt Gehle. Es sollen sich ungefähr im 13. Seculo drey von den gedachten alten Grafen, wegen einer gewissen unglücklichen Begebenheit nach Teutschland gewendet, und einer von ihnen soll von denen gelben Kleidern, so er seinen Leuten gegeben, den Namen „Gehle“ angenommen haben, den seine Nachkommen fortgeführt. Anno 1415 kam Ernstus von Gehle, Erbherr zu Övelgünne[2] vor dem Schloß Rhoda[3] im Osnabrückischen ums Leben. Im 17. Seculo war einer als Obrist-Lieutnant[4] bekannt“.[5]

Wichtige biographische Einzelheiten finden sich jedoch im „Braunschweigischen Magazin“ von 1757: „Cordt Plato von Schloen, genannt Gehlen, Königl. Dänischer bey Christian IV.[6] Gen. Lieuten.[7] wie auch Fürstl. Braunschw. Lüneb. Kriegsrath und Landdrosten[8] der Grafschaft Diepholtz,[9] Erbgesessen[10] zum Holwinckel,[11] Lübbecke und Dorpel.[12] Es war derselbe 1577, den 29 Januar. (vermuthlich zu Holwinckel) geboren. Sein Vater ist gewesen: Ernst von Schloen, genannt Gehle, Erbgesessen zum Holwinkel und Lübbecke,[13] welcher 1596 starb, dessen Vater Curdt v. Schloen, genannt Gehle, Erbgesessen zum Holwinckel und Lübbeck, der Augusta von Quernheim zur Gemahlin hatte, und von Johann von Schloen, genannt Gehle, Erbgesessen auf Holwinkel, Lübbeke, Hüffe[14] und Holzhausen,[15] und einer geborenen v. Barckhausen erzeuget war. Seine Mutter ist nun gewesen Anna geb. v. Helversen, die 1587 gestorben ist, deren Vater sich Plato v. Helversen nennete, Obristlieutenant war und einen Erbsitz zu Hameln[16] hatte, seine Gemahlin war Agnesa Bock v. Northolte, von welcher erst gedachte Anna, als unsers Curd Plato v. Schloen Mutter geboren worden: Als dieser das 20. Jahr seines Alters erreichet hatte, begab er sich im Jahre 1597 mit Herzog August[17] Herz. zu Braunschw. und Lüneb. auf die Reise nach Ungarn. Im Jahre 1600 am 10 Apr. überkam er unter des Herzogs zu Braunschweig (Heinrich Julii)[18] Reuterey und zwar unter den Rittmeister[19] (Otto Plato) v. Helversen die Leutenantscharge.[20] Im Jahre 1602, den 2 May nahm er unter Herzogs (Heinr.) Julii zu Braunschweig die Bestallung eines Rittmeisters auf 150 Pferde, wider die Stadt Braunschweig[21] an. 1608 im Monath December ist er mit Herzog Georg von Br. und Lüneb.[22] nach Frankreich und England, und 1613 mit demselben auf den Reichstag gereiset. Im Jahre 1615 aber im Monath Sept. warb er Herzog Christian[23] zu Braunschw. und Lüneb. 100 Pferde, zum Behuf der Belagerung der Stadt Braunschweig, wie er denn auch als Obristlieutenant[24] bey derselben solchen vorgestanden. [ …] Das Jahr zuvor nemlich 1614 im Monat Febr. verehelichte er sich mit Jfr. Metta, N. v. Rheden, gewesenen mindischen Landdrosten, und Drosten zur Libenaw,[25] Erbgesessen auf Ovelgunne und Pattensen,[26] Tochter. Er erzeugete mit mit derselben in 36 Jahren 13 Töchter, als 6 Söhne u. 7 Töchter, davon aber 4 in ihrer Frühe gestorben, deren 3 in Alswede[27] und 1 zu Drebber[28] in der Grafschaft Diepholz begraben sind. Endlich starb er im Jahre 1650, d. 2 Jun. und wurde den 1 Dec, gedachten Jahres in der Kirche zu Alswede begraben“.[29]

Schloen schloss 1617 mit dem Mindener[30] Domkapitel[31] in Betreff des Amtes Reineberg[32] wegen der Jurisdiktion des Hauses Hollwinkel einen Vergleich.[33]

Er stand 1624 als Obristleutnant und Generalwachtmeister[34] der niedersächsischen Kreistruppen in braunschweig-lüneburgischen Diensten. Anscheinend war er in diesem daran interessiert, in ligistische[35] Dienste zu wechseln.[36]

„Militärische Fachkräfte verlor die Liga nicht nur, sie gewann auch welche dazu, indem sie Offiziere des Feindes übernahm. Dabei standen naturgemäß deren militärische Qualitäten im Vordergrund. Als der Oberstleutnant und Generalwachtmeister der niedersächsischen Kreistruppen Cordt Plato den Vorschlag unterbreiten ließ, Ihre Kay. Maytt. und Churf. Dhr. in Bayern zu dienen und mit eigenen Truppen die Seiten zu wechseln, betonte der ligistische Oberst[37] Erwitte,[38] der dieses Angebot an Tilly[39] weiterleitete, vor allem Platos soldatische Qualitäten“.[40] Möglicherweise aber scheiterte dies am damals noch vorhandenen religiösen Rigorismus des Kurfürsten und dessen Misstrauen gegen „unkatholische“ Offiziere.

Die schwedischen Kriegslisten führen unter 1632 4 Kompanien[41] zu 300 Mann unter Platos Befehl bei den Truppen des Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg auf.[42] Unter dem 28.10.1633 sind Platos Kompanien als Garnison[43] für Rinteln[44] vorgesehen.[45] 1635 sind noch 8 Kompanien Infanterie zu 200 Mann gelistet, 800 sollten anscheinend noch dazu kommen.[46]

Unter 1651 wird ein Streitfall berichtet, der sich immerhin bis 1662 hinzog: „Einen besonderen Zusammenstoß hatte der Obrist von Steinäcker[47] mit dem Obristen Heimart Johann von Schloen, genannt Gehle zu Lübbecke.[48] Steinäcker hatte verlauten lassen, dessen Vater, der Generallieutenant Cort Plato von Schloen[49] zu Hollwinkel, sei schuld, daß das braunschweig-lüneburgische Residenzhaus der Grafschaft Diepholz, wo dieser Landdrost war, in den Kriegszeiten eingeäschert worden sei. Da sich Steinäcker für diese Behauptung nicht entschuldigen und auch dafür keine Beweise vorlegen wollte, glaubte Heimart Johann von Schloen, die Ehre seines Vaters wiederherstellen zu müssen. Als Obrist Steinaecker mit seiner Frau und dem Gesinde am hochheiligen Christtag des Jahres 1651 in Lübbecke die Kirche besuchte und danach um 8 Uhr mit dem Schlitten wieder nach Hause fahren wollte, überfiel ihn Heimart Johann von Schloen unfern seines Hauses auf offener Landstraße. Mit drei berittenen Dienern, die mit aufgezogenen Pistolen und langen Röhren (das heißt Gewehren) bewaffnet waren, stürzte sich von Schloen von einem kleinen Hügel auf seinen Widersacher und rief: ‚Du Hund, Du weißt, was Du mir getan hast‘. Er befahl einem Diener, den Obristen mit einem Prügel über die Ohren zu schlagen. Obwohl Gehle seinen Dienern zugerufen habe, ihn tot zu schießen, berichtete Steinäcker, sei solches „durch ein göttliches Verhängnis“ unterblieben. Der Obrist von Steinäcker wird sich von dem Schmerz und dem Schreck bald erholt haben. Für von Schloen hatte die Angelegenheit ein unangenehmes Nachspiel in Form eines Prozesses. Im Jahre 1662 verurteilte ihn die kurfürstliche Kanzlei in Petershagen[50] zu der beträchtlichen Geldstrafe von 1000 Reichstalern. Als von Schloen gegen dieses Urteil an das Reichskammergericht[51] appelierte, nahm dieses die Klage gern entgegen. Die Ausführung des entsprechenden Mandate verhinderte indes der Kurfürst: Hier handle es sich um eine Störung der Sicherheit auf offener Landstraße. In einem Kriminalfall gäbe es keine Berufung. Schließlich könne die Regierung des Fürstentums Minden als verurteilende Gerichtsinstanz nicht als Beklagte vor dem Reichskammergericht erscheinen !“[52]

[1] Biographische Angaben nach BRAUNSCHWEIGISCHE ANZEIGEN 80. Stück, 5. Oktober 1757, S. 1346f.

[2] Ovelgönne [LK Wesermarsch]; HHSD II, S. 375.

[3] Rheda-Wiedenbrück[LK Gütersloh]; HHSD III, S. 633f.

[4] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[5] ZEDLER, Universal-Lexikon 10. Bd., S. 616.

[6] Christian IV. König v. Dänemark [12.4.1577 Schloss Frederiksborg-18.2.1648 Schloss Rosenborg/Kopenhagen]. Vgl. HEIBERG, Christian 4; FINDEISEN. Christian IV.

[7] Generalleutnant [schwed. generallöjtnant, dän. generalløjtnant]: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. Als Rekompens erhielt er für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.

[8] Landdrost: 1. Vorsteher der Ritterschaft eines Territoriums, 2. aus der Ritterschaft genommenes Haupt der landesherrlichen Verwaltung (Statthalter) 3. militärischer und politischer Leiter meist mehrerer Amtsbezirke, adlig und Mitglied der Ritterschaft.

[9] Diepholz [LK Diepholz]; HHSD II, S. 114f.

[10] Erbsasse, Erbgesessen: mit erblichem Grundbesitz, Hausbesitz angesessener Vollbürger; Alteingesessener.

[11] Hollwinkel, Schloss in der Ortschaft Hedem der Stadt Preußisch Oldendorf [LK Minden-Lübbecke].

[12] Dorpel: nicht identifiziert. Um Hinweise wird gebeten !

[13] Lübbecke [LK Lübbecke]; HHSD III, S. 481f.

[14] Schloss Hüffe: ein Ende des 13. Jahrhunderts errichtetes Wasserschloss in der Ortschaft Lashorst der Stadt Preußisch Oldendorf [LK Minden-Lübbecke] ]; HHSD III, S. 615.

[15] Bad Holzhausen: gehört zur Stadt Preußisch Oldendorf [LK Minden-Lübbecke]; HHSD III, S. 615.

[16] Hameln [LK Hameln-Pyrmont]; HHSD II, S. 192ff.

[17] August I. der Ältere, Herzog v. Braunschweig-Lüneburg [1568-1.10.1636 Celle], 1610-1636 evangelischer Bischof v. Ratzeburg, 1633-1636Fürst v Lüneburg, Teilnahme als Obrist am Krieg gegen Frankreich u. die Türken unter Rudolf II.

[18] Heinrich Julius, Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel [15.10.1564 Schloss Hessen-20.7. 1613 Prag], postulierter Bischof v. Halberstadt, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg u. Fürst v. Braunschweig-Wolfenbüttel, 1582-1585 Administrator des Bistums Minden. Er regierte von 1589 bis 1613.

[19] Rittmeister [schwed. Ryttmåstere, dän. kaptajn]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[20] Leutnant [schwed. Löjtnant, dän. Løjtnant]: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-80 fl., was etwa dem Sold eines bayerischen Kriegsrats entsprach. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 52f.: „Ein Leutenant wird von dem wörtlein Lieutenant, quasi locum tenens, Ort / Platz / Stell- oder Statthalter eines Capitains genant / diweil er in abwesen seines Capitains desselben Stell verwaltet / er könnte auch der Unterhaubtmann geheissen werden. Ein solcher sol ein dapferer / aufrichtiger / Kriegsgeübter / und praver Cavalier seyn / und ist dem Capitain der nächste: in dessen abwesen commandiert er follkommen / und hat auch in gegenwart des Capitains den gantzen Befehl über die Compagnie: dann wann dem Capitain von dem Regiment etwas anbefohlen wird / so gibt er dem Leutenant Ordre / wie er sich in einem und anderem verhalten solle / der dann durch seine nachgesetzte Officier den Befehl follstrecken laßt: Dieser sol auch des Capitains guten Namen / Ehr / und Reputation lieb haben und schirmen / alß sein eigen Leben und Ehr / und sich sonderlich dem Capitain um dapfere und versuchte Soldaten umschauen / auch wie er die Soldaten logiren und wol einquartieren möge: Darneben soll er fleissig achtung geben / daß alles gleich zugehe / nach guter ordnung und ohne klag. Alle Abend sol er sich auf der Parade finden lassen / und sehen / wo mangel erscheine: ob auch die Parade / Wacht / und Ordre wol angestellet und gehalten werden: dagegen sol er sich in seinem Commandement gravitetisch und ernsthaft erzeigen / daß ihn seine untergebene Officier und Soldaten ehren / und so wol alß den Capitain fürchten. Die Soldaten werden auch durch ihn gestraft / und ligt ihme aller Last auf dem hals: dann so er die Compagnie nicht versehen müßte / mangelte man keinen Leutenant. Sein Oberwehr ist eine Partisane / er thut keine Wacht / alß die Haubtwacht / da die Compagnie wachet. Er sol auch die Corporalschaften an Mannschaft gleich außtheilen / und keiner mehr versuchte Soldaten geben alß der anderen / daß einer die besten / ein anderer aber die schlechtesten Soldaten habe / woran in einer Occassion vil gelegen ist: Er sol den strafwürdigen streng / den gehorsamen aber gutthätig seyn: Er sol auch aller Soldaten humores erkennen. In summa / er sol wüssen in abwesen des Capitains die Compagnie mit satsamer genugthuung zuregieren / alß wann der Capitain selbst zugegen were / und beyde Officia unklagbar zuverwalten“.

[21] Braunschweig; HHSD II, S. 63ff.

[22] Georg Herzog v. Braunschweig-Lüneburg [17.2.1582 Celle-2.4.1641 Hildesheim], kaiserlicher Obrist, 1631 schwedischer General. Vgl. DECKEN, Herzog Georg.

[23] Christian der Ältere, Herzog v. Braunschweig-Lüneburg [9.11.1566-8.11.1633 Celle].

[24] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[25] Liebenau [LK Nienburg-Weser]; HHSD II, S. 295.

[26] Pattensen [Region Hannover]; HHSD II, S. 376f.

[27] Alswede, Ortschaft von Lübbecke [LK Lübbecke]; HHSD III, S. 481f.

[28] Drebber: Gemeinde in der Samtgemeinde Barnstorf [LK Diepholz]; HHSD II, S. 122f.

[29] BRAUNSCHWEIGISCHE ANZEIGEN 80. Stück, 5. Oktober 1757, S. 1346f.

[30] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.

[31] Domkapitel: kollegial verfasste geistliche Körperschaft an einer Bischofskirche oder als Kanonikerkapitel an einer Stiftskirche. Primäre Aufgabe war die Feier der Gottesdienste. Die Kanoniker waren zur Einhaltung der Statuten verpflichtet, die die Verfassung des Kapitels und die Rechte und Pflichten der Kanoniker festhielten. Die wichtigsten Rechte waren Bischofswahl und Regierung des Bistums in der Zeit zwischen dem Tod des alten und der Amtsübernahme des neuen Bischofs. Es stellte den vornehmsten Stand auf den Landtagen und war an der Regierung des Bistums beteiligt. Neben der Feier der Domliturgie, bei der sie ihrerseits von den Vikaren unterstützt wurden, zählte die Unterstützung des Bischofs zu den Aufgaben der Domherren. Die Domherren waren zur Einhaltung der Gelübde (Gehorsam, Armut und Ehelosigkeit) verpflichtet und widmeten sich der Seelsorge. Das Domkapitel war nur „Adligen“ bzw. „Ritterbürtigen“ bei den Vorfahren vorbehalten, die z. T. 8 oder sogar 16 Ahnen nachweisen mussten. Der Kanoniker konnte auch an anderen Domkapiteln Kanonikate besitzen und gegebenenfalls dort residieren. Aufnahmebedingungen waren in der Regel eheliche Geburt, die uneingeschränkte Ehrenhaftigkeit und das Fehlen körperlicher Mängel. Domherrnstellen wurden auf Lebenszeit verliehen und wurden so auch Versorgungsstellen für nachgeborene Söhne von Adligen. Die Übertragung der Präbende und die Aufnahme mit Sitz und Stimme in die Kapitelversammlung lagen zeitlich auseinander. Als Voraussetzungen zur Beförderung zum stimmberechtigten Kapitular galten die Vollendung des 24. Lebensjahrs und die Weihe zum Subdiakon. Dazu kam die so-genannte Residenzpflicht. Die Sicherung des Unterhalts erfolgte vorwiegend über Pfründen; die sie innehabenden Kanoniker wurden durch die mit einem Kanonikat verbundenen Besitzungen und Anrechte versorgt. Die Höhe der Pfründe hing von der Anzahl der Domherren (20-30) sowie vom Ertrag der Kapitelgüter ab. Die Einkünfte der Domherren in Mainz selbst sollen 2.000 Rt. im Jahr betragen haben. Domherren, Dompröpste und Domdechanten hatten in der Regel eigene Höfe, wenn sie nicht wegen der Knappheit der Wohnungen anderweitig untergebracht werden mussten. Das Domkapitel beinhaltet eine Reihe von Ämtern wie die beiden wichtigsten Dompropst und Dekan, sowie Domscholaster, Kantor und Kustos.

[32] Reineberg [LK Minden-Lübbecke].

[33] LEDEBUR, Freiherr Leopold von, „Die ehemalige Burg Reineberg im Fürstenthum Minden“ a. d. J. 1833, online verfügbar unter: http://www.florentiner.com/docs/docreineburg.php.

[34] General(feld)wachtmeister [schwed. Generalmajor]: Bei den hohen Offizierschargen gab es in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, auch den „General(feld)wachtmeister“, den untersten Generalsrang im ligistischen Heer. In der Regel wurden Obristen wegen ihrer Verdienste, ihrer finanziellen Möglichkeiten und verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zu Generalwachtmeistern befördert, was natürlich auch zusätzliche Einnahmen verschaffte. Der Generalwachtmeister übte nicht nur militärische Funktionen aus, sondern war je nach Gewandtheit auch in diplomatischen Aufträgen tätig. Der Generalfeldwachtmeister entsprach rangmäßig dem Generalmajor. Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant. Die Bezeichnung ergab sich aus seiner ursprünglichen Aufgabe, der Inspektion der Feldwachen und dem Überwachen der Aufstellung der Brigaden und Regimenter im Felde und beim Marsch.

[35] Liga: Die Liga war das Bündnis katholischer Reichsstände vom 10.7.1609 (vgl. ERNST; SCHINDLING, Union und Liga) zur Verteidigung des Landfriedens und der katholischen Religion, 1619 neu formiert, maßgeblich unter Führung Maximilians I. von Bayern zusammen mit spanischen und österreichischen Habsburgern an der Phase des Dreißigjährigen Krieges bis zum Prager Frieden (1635) beteiligt, danach erfolgte formell die Auflösung. Das bayerische Heer wurde Teil der Reichsarmada. Zur Liga-Politik vgl. KAISER, Politik, S. 152ff.

[36] Fahnenwechsel: „sich unterhalten lassen“, d. h., in die Dienste des Gegners zu treten, geschah bei Gefangennahme entweder freiwillig oder auch gezwungenermaßen (=> Untersteckung), wenn man nicht genügend Ranzion stellen konnte oder Gefahr lief, getötet zu werden. Bei der Einnahme von Städten lief man immer Gefahr, dass man zurückbehalten wurde und wieder in die vorigen Dienste zurücktreten musste. Der häufige Fahnenwechsel konnte natürlich aiuch insofern Folgen haben, als gerade die Offiziere gute Detailkenntnisse mit ins gegnerische oder in das Lager von Verbündeten nahmen. OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 538: „Diesesmal gehörte auch Adam Philipp zu den Unsicheren. Um ihn zu halten, stellte ihm der Kurfürst folgendes Ultimatum, vom 4. März 1632: ‚Ir sollt die Ursache schreiben, aus welcher ir merfach geäussert habt, dass ir in unseren und des katholischen Bundes Kriegsdiensten zu continuiren wenig Lust habt oder, eurem Vorgeben nach, gedrungen werdet, ander Resolution zu fassen. Wir haben euch vor anderen zum General-Wachtmeister gemacht. .. Andere hohe und niedere Officirs, auch gemeine Soldatesca würde von euch ein bös und schädlich Exempel nehmen … Ihr habt versprochen zu continuiren und ist das in der jetzigen allgemeinen necessitet eure Schuldigkeit‘. … Der Kurfürst will sich versehen ‚Ir werdet furtherhin einer mehreren discretion und dankbahrkeit bezeigen. Wenn aber ir andere resolution zu fassen gedenket, so begehren Wir, zuvor zu vernehmen: wohin Ir eure Resolution gestelt und ob ir die euch anvertraute charge und das Regiment zu resigniren gemeint wäret‘. Gleichzeitig soll er berichten: ob er endlich den Tross und die pigage [Bagage; BW] reduzirt habe ? Die Antwort Adam Philipps auf diese ernste Mahnung zur Fahnentreue liegt nicht vor. Dass der Verdacht des Kurfürsten gegen ihn wohlbegründet war, wird sich später erweisen; wie auch, dass einige seiner Offiziere ihren jungen Obristen drängten“.

[37] Obrist [schwed. Överste]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[38] Dietrich Othmar v. Erwitte [Erwidt, Erwitz, Erft, ‚Eremit‘] [ -17.9.1631 bei Breitenfeld], ligistischer Obrist.

[39] Johann ‘t Serclaes Graf v. Tilly [Feb. 1559 Schloss Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville/Villers; Herzogtum Brabant-30.4.1632 Ingolstadt], ligistischer Feldmarschall. Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.

[40] KAISER, Politik, S. 101.

[41] Kompanie [schwed. Kompani]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[42] MANKELL, Uppgifter, S. 159.

[43] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.

[44] Rinteln [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 395f. Vgl. STÜNKEL, Rinteln.

[45] MANKELL, Uppgifter, S. 189.

[46] MANKELL, Uppgifter, S. 215.

[47] Otto Johann v. Steinaecker [Steinecker] [ca. 1607-1667 Haldem], schwedischer Obrist.

[48] Heimert Johann v. Schloen, genannt Gehle zu Lübbecke [ – ], braunschweig-lüneburgischer Rittmeister.

[49] Cord [Cort] Plato v. Schloen [Schlon, Schliern] zu Hollwinkel, genannt Gehle [Gehlen] [29.1.1577 vermutlich Hollwinkel-2.6.1650],

[50] Petershagen [LK Minden-Lübbecke]; HHSD III, S. 609f.

[51] Reichskammergericht: Gericht der Reichstände, das seit 1527 in Speyer tagte und teils in erster, teils in letzter Instanz besonders für Rechtsverweigerung, Landfriedensbruch, bürgerliche Klagen gegen Reichsunmittelbare sowie die Appellationen zuständig war. Das Reichskammergericht war bekannt für die Dauer der dort anhängigen Prozesse.

[52] WOLF, Die Rittergüter, S. 69.

Dieser Beitrag wurde unter Miniaturen abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.