Schild, N

Schild, N; Obristleutnant [ – ] Schild stand 1635/36 als Obristleutnant in kaiserlichen Diensten.[1]

„Die Mansfelder [unter Philipp v. Mansfeld; BW] hatten nämlich bei ihrem Hinziehen zur Wetterau[2] das von dem Grafen Conrad [Konrad Ludwig; BW] von Solms mit dem Ausschuß besetzte Schloß Braunfels[3] eingenommen und war Oberstlieutenant von Stechenberg mit einer Besatzung zurückgelassen worden. Derselbe schrieb nun die allerdrückendsten Contributionen in den benachbarten Nassauischen Landen aus, und trieb dieselben mit großer Gewalt bei; er fiel in die Dörfer ein und führte aus denselben Pferde und Rindvieh hinweg. Da gedachte Graf Ludwig Heinrich diesen Gewaltthätigkeiten ein Ziel zu setzen.

Von seinen beiden Regimentern zog er so viele Truppen zusammen, als möglich war und marschirte mit denselben den 17. Januar 1635, Abends, als schon die Thore in Dillenburg[4] verschlossen waren, im größten Geheimnis und 420 Pferden und einigen Petarden[5] nach Braunfels zu.

Braunfels, auf einer hohen Bergkuppe gelegen, war das festeste Schloß in der ganzen Wetterau. Die Burg auf dem höchsten Gipfel des Bergs lehnt sich unmittelbar an den Flecken an. Dieser Flecken hatte bis zum Schloß vier Thore, die alle durchbrochen werden mußten, wenn man von dieser Seite die Burg einnehmen wollte. Vor dem ersten Thore war ein halber Mond,[6] der aber zur Nachtzeit unbesetzt blieb und nur in einer Stube oben in der Höhe wurde Wache gehalten. Ebenso war das Schloßthor von einem solchen halben Mond umgeben, der aber auf gleiche Weise bei nächtlicher Weile unbesetzt blieb. In dem Flecken selbst war eine Hauptwache, welche die Runde zu machen hatte. Der Graf überlegte nun wohl, dass es zur Eroberung weit förderlicher sei, wenn er die Stadtmauern mit Leitern erstiege und der Hauptwache den Weg nach dem Schlosse abschneide, als wenn er alle Thore durch Petarden sprengen und sich so den Zugang öffnen wollte. Des Morgens sechs Uhr kam er mit seinen Mannschaften vor dem Schlosse an. Da man aber die Lunten zu den Petarden wegen des starken Marschirens nicht verbergen konnte, so wurde der Feind seiner auf tausend Schritten ansichtig und alles gerieth in Alarm. Der Graf ließ alsbald die Leitern an stellen, die Mauern wurde erstiegen und die Hauptwache gefangen genommen. Der Petardirer, nicht in den Plan eingeweiht, war mittlerweile auch angelangt, ging die Leitern vorüber, schraubte die Petarden an das erste Thor an, die denn auch alsbald spielten, aber nutzlos das Thor zersprengten. Da nun auf diese Weise das Schloßthor nicht mehr durch eine Petarde geöffnet werden konnte, so war der Graf genöthigt, die Schlosspforte mit Stroh zu verbrennen. Der Feind machte indessen im Gewölbe des Thors einen Sturmhaspel[7] und einen Hammer vor und zündete davor nasses Stroh an, so daß man nicht leicht wegen des Rauchs von dieser Seite eindringen konnte. Da ließ der Graf von neuem Leitern an die Schlossmauer ansetzen, um auch diese zu ersteigen und er selbst war Einer der Ersten auf der Leiter. Wiewohl nun die Kaiserliche Besatzung mit großen Steinen auf die Stürmenden herabwarf und ein solcher Stein dem Grafen auf den Kopf geschleudert wurde, so gleitete er doch über die Sturmhaube hinweg und rollte in den Abgrund hinunter. Doch war der Graf der zweite, welcher die Mauern erstiegen hatte und im Schlosse mit einem Fähndrich und zwei Soldaten zuerst ankam.

Nun sank der Besatzung der Muth, da auch die übrigen Soldaten in Menge von der Mauer herunterkamen. Das Thor wurde hierauf geöffnet und drang das Volk in grosser Masse herein. Der Kaiserliche Obristlieutenant Schild, der in Abwesenheit des nach Gießen[8] verreisten Commandanten von Stechenberg in dem Schlosse das Commando führte, wurde nebst dem Capitain Fricken, einen Capitain-Lieutenant, drei Lieutenants, drei Fähndrichen, einem Major, einem Cornet, etlichen Unterofficieren und 150 Mann zu Gefangenen gemacht. Graf Ludwig Heinrich eroberte dabei fünf rothe und eine weiße Fahne, nebst vieler Munition und verlor hierbei nur einen Mann, wogegen von der Braunfelser Garnison 29 Mann todt geblieben waren.

Durch diesen kühnen Handstreich erschreckt verließ der Kaiserliche Obristlieutenant von Schelhammer Wetzlar[9] und Weilburg;[10] auch Hohensolms[11] und der Gleiberg[12] bei Gießen wurden von den Kaiserlichen geräumt.

Nachdem der Graf seinen Oberstlieutenant von Fischer mit einer hinlänglichen Garnison als Commandanten in Braunfels zurückgelassen hatte, kehrte er mit den eroberten Trophäen nach Dillenburg zurück“.[13]

[1] Vgl. HEUBEL fol. 149; mdsz.thulb.uni-jena.de.

[2] Wetterau; HHSD IV, S. 457ff.

[3] Braunfels [Kr. Wetzlar]; HHSD IV, S. 59f.

[4] Dillenburg [Dillkreis]; HHSD IV, S. 89ff.

[5] durch „Petardiere“ angebrachte Sprengladung, die am Tor oder an einer Brücke mit einem Brett angeschraubt oder aufgehängt und mit einer Lunte gezündet wird. Dabei kommen auf 50 Pfd. Metall 4 Pfd. Pulver. Damit wurden Festungsringe an Schwachstellen aufgesprengt, ohne die Wehranlage zu zerstören. Durch die Bresche drangen Sturmtruppen ein, während die aufgesprengten Eingänge zum eigenen Schutz schnell wieder geschlossen werden konnten, wenn der äußere Ring u. die Festung oder das Schloss erobert waren.

[6] Halber Mond oder Demi-lune: Ein im Graben vor einer Bastion errichtetes, aus zwei Facen bestehendes Außenwerk. Sein Grundriss ähnelt dem des Ravelins, doch ist seine Kehle halbmondförmig [wikipedia].

[7] Sturmhaspel: eine ehemalige Benennung eines auf einem sieben Fuß hohen Rade beweglichen Spanischen Reiters, um damit die Eingänge der Aussenwerke zu verschließen [nach: kruenitz1.uni-trier.de].

[8] Gießen; HHSD IV, S. 172ff.

[9] Wetzlar; HHSD IV, S. 461ff.

[10] Weilburg [Oberlahnkr.]; HHSD IV, S. 452f.

[11] Hohensolms, heute Ortsteil von Hohenahr [Lahn-Dill-Kreis].

[12] Krofdorf-Gleiberg, heute Teil von Wettenberg [LK Gießen].

[13] KELLER, Drangsale, S. 238ff.

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