Schardt, N

Schardt, N; Fähnrich [ – ] N Schardt stand 1632 als Fähnrich[1] in schwedischen Diensten.[2]

Christian II. von Anhalt-Bernburg[3] notierte unter dem 3.5.1632 in seinem umfangreichen Tagebuch: „Zween cor<offizirer> ein leütnant vnd cornet<zwey Fendrich, Mige,[4] vndt Schardt> ankommen, djesen abendt, meinen schwestern von wegen der FrawMuhme[5] von Cöhten[6] zuzusprechen. Sie sagen, König in Schweden[7] wehre in lebensgefahr vor Jngolstadtv[8] gewesen, ein canonschuß ihm das pferdt vndterm leibe hin weg genommen, ein ander Markgraf Christof von Baden[9] den halben kopf,[10] dem König an der seitte hinweg genommen“.[11]

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[1] Fähnrich [schwed. fänrik, dän. fændrik, tschech. praporčík]: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie u. Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte; vgl. SENNEWALD, Die kursächsischen Feldzeichen, S. 30ff. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen v. Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) u. die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann u. Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f. In der brandenburgischen Armee bekam er monatlich 40 fl., nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 50 fl.; in der kursächsischen Armee dagegen 1619 70 fl.; MÜLLER, Das Söldnerwesen, S. 15. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 48 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. In der schwedischen Armee hatte 1632 Anspruch auf 4 Essen zu je 1/8 Rt., 4 Pfd. Brot, 3 Maß Wein u. den Servis; PLEISS, Die Werber I, S. 295. Nach den Aufwendungen Prags 1632/33 waren es 54 fl.; HALLWICH, Wallenstein‘s Ende 2. Bd., S. 264. Nach Gallas‘ Verpflegungsordnung, Zabern, 25.11.1635, waren es 55 fl.; MÜLLER, Schicksale, S. 70; laut kaiserlicher Verpflegungs- u. Soldordnung (1636) standen ihm monatl. 40 fl. bzw. 38 fl. zu; SCHMID, Quellen, S. 153, 159. Nach Banérs Verpflegungsordnung vom 4.10.1634 erhielt ein Fähnrich bei der Kavallerie 5 Rt. zehntätige Lehnung, bei der Infanterie 1 Rt. 16 Gr. 7 ⅓ Pf.; BLÖTHNER, Der Dreißigjährige Krieg, Östlicher Teil, S. 129f. In der Leipziger Garnison erhielt ein schwedischer Fähnrich bei der Infanterie 1642/43 monatl. 12 Rt. 9 Gr. u. 16 Rt. 12 Gr. für drei Pferde, 1644 noch 6 Rt. Servis; ZIRR, Die Schweden, S. 803f. Als Fähnrich einer Streifschar aus einer Garnison erhielt er quasi als Gefahrenzuschlag pro 1.000 Rt. Beute u. Ranzion 17 Rt. 60 Alb. 2 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Ein verletzter Fähnrich erhielt nach der Schlacht bei Lützen (1632) auf Weisung Wallensteins 100 fl.; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., Nr. 1668, S. 599. Nach GANTZER, Archivalische Quellen, S. 40, waren für einen Fähnrich nach der Schlacht bei Jankau (1645) 40 Rt. Ranzion aufzubringen.

[2] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen u. Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern u. Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Banér bemängelte 1638 Oxenstierna gegenüber landes- u. konfessionsfremde Akteure in seiner Armee; AOSB II/6, S. 570: „Und weil insonderheit der Churfürst der Pfaltz seine trouppen daselbst hat, ohne zweifel spitzfündige Calvinistische gemühter dabey sein, wie den ohne das alle örter daselbst mit überflüssiger auswertiger nation, als Schotten und Engellendern, reformirten officirern, erfüllet, undt derselben mehr als dienstleute vorhanden“. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich u. einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Einschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. CHEMNITZ, Königlich Schwedischen in Teutschland geführten Kriegs 3. Teil, 3. Buch, 9. Kap., S. 37f. (März 1643): „Bey der Schwedischen Armée wolte gleicher gestalt geld die losung sein, und war Sie zwar an Manschafft starck gnug, aber an mitteln über die masse abkommen. Des fusvolcks waren neun Brigaden, vngefehr fünff [S. 38] tausend Man, guter, alter knechte. Die Reuterey ward über dreyzehnen tausend starck geschätzet, jedoch nicht vielmehr als die helffte darunter montiret befunden: Also, das derer beynahe sechstausend zu fusse giengen, vnd die Compagnien so schwach waren, das offt nicht zwantzig pferde bey der Standarde marchiret, ja viel Cornette in den wägen nachgeführet werden müssen. Die Artoleri war mit pferden so schlecht bespannet, das verschiedene, sonderlich die schwere Stücke öffters im felde, vngeachtet man nur zwo Meilen des tags fortgerücket, die nacht über stehen blieben, und erst folgenden tags mit zuthun etlicher Officirer-Pferde ins Haubtquartier geführet worden. Die Officirer waren so dürfftig, das Sie ihren vnterhabenden Reutern vnd Knechten, auf dero instendiges Bitten, mit keinem heller zu ihrer höchsten notturfft, vorigem wol-hergebrachten Kriegsgebrauch nach, auszuhelffen vermochten: Ja Sie musten selbst, zu kümmerlicher ihrer leibsvnterhaltung, einer beym andern Credit suchen; vnd wolte selbiger nunmehr schier auch nicht mehr erfolgen, sondern allerdings abgehen vnd erleschen“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160. OSCHMANN, Der Nürnberger Exekutionstag, S. 660-567, Diagram S. 565, geht v. 30 % Schweden/Finnen u. 70 % Deutschen aus. Vgl. auch ERICSON, Die schwedische Armee und Marine, S. 301-307; HÖBELT, Von Nördlingen bis Jankau; REBITSCH; ÖHMAN, KILÍAN, 1648; KAPPELMEYER, Die Obristen der schwedischen Armee.

[3] Christian II. Fürst v. Anhalt-Bernburg [11.8.1599-21.9.1656 Bernburg]. Seit 1622 Mitglied Nr. 51 der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ als „Der Veränderliche“; CONERMANN, Die Mitglieder, S. 54f. Vgl. das verdienstvolle, in Arbeit befindliche Großprojekt der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, unter: http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm: Digitale Edition und Kommentierung der Tagebücher des Fürsten Christian II. von Anhalt-Bernburg (1599-1656). in: Editiones Electronicae Guelferbytanae. Wolfenbüttel 2013.

[4] N Mige [Myhe] [ – ], schwedischer Fähnrich.

[5] Fürstin Sophia v. Anhalt-Köthen, geb. Gräfin Sophia zur Lippe [16.8.1599-19.3.1654], Tochter des Grafen Simon VI. zur Lippe [1554-1613], 1626-1650 Ehe mit Fürst Ludwig v. Anhalt-Köthen [1579-1650].

[6] Köthen [LK Anhalt-Bitterfeld]; HHSD XI, S. 253ff.

[7] Gustav II. Adolf v. Schweden, König [19.12.1594-16.11.1632], regierte 1611-1632. Am 26.12.1611 Mündigkeitserklärung durch die Stände, 1611-1613 Krieg gegen Dänemark, am 1.11.1612 „Königsversprechen“ Gustav Adolfs, Berufung Axel Oxenstiernas zum Reichskanzler, 1614-1617 Krieg gegen Russland, am 27.2.1617 Siegfrieden zu Stolbovo, am 26.8.1617 Verkündung eines Annexionsprogramms vor dem Reichstag zu Örebro durch Gustav Adolf, am 12.10.1617 Krönung im Dom zu Uppsala, 1621-1629 Krieg gegen Polen, am 15.9.1621 Eroberung Rigas, am 18.2.1622 Verkündung neuer Annexionsziele vor den Ständen, am 7.1.1626 Sieg über das polnische Heer bei Wallhof in Kurland, September 1629 Waffenstillstand v. Altmark mit Polen, am 4.7.1630 Landung auf Usedom, am 7.9.1631 Sieg bei Breitenfeld, am 15.4.1632 Sieg bei Rain am Lech (Tod Tillys), am 17.2.1632 Einnahme Münchens. Wallensteins zweites Generalat führte zum Abzug aus München. September 1632 vergeblicher Sturm auf Wallensteins Lager bei Zirndorf/Alte Veste. Gustav Adolf fiel in der Schlacht bei Lützen.

[8] Ingolstadt; HHSD VII, S. 326ff. SCHÖNAUER, Ingolstadt.

[9] Christoph v. Baden-Durlach [6.3.1603-30.4.1632 vor Ingolstadt], Sohn des Markgrafen Georg Friedrich v. Baden-Durlach [1573-1638]; bis 1624 Obrist unter Graf Peter Ernst II. v. Mansfeld-Vorderort [1580-1626]. 1625 diplomatische Mission für seinen Vater in Frankreich, 1627 dänischer Obrist; 1632 schwedischer Obrist.

[10] Kriegsverletzungen: Vgl. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet v. den Kämpfen um Villingen (Juli 1633); STEMMLER, Tagebuch 1. Bd., S. 411f.: „Es befand sich unter den (feindlichen) Reitern ein durch Tapferkeit ausgezeichneter Franzose, der den andern voran den Unsern den größten Schaden zugefügt hatte, er hatte nämlich an die fünfzehn vor den Augen der von der Mauer aus zuschauenden Bürger niedergemacht; als dieser unbesonnen wütend bis zum Tore vorstürmte, traf ihn Konrad Digasser aus Rottweil durch einen Kopfhieb mit dem Schwert derart, dass die Mauer außen mit Blut bespritzt wurde; von andern werden ihm weitere Wunden beigebracht, bis er vom Pferde sinkt und um sein Leben bittet; doch bringt dem am Boden Liegenden einer einen Stich in die Eingeweide mit der Lanze bei, die der tödlich Verwundete mit beiden Händen mit aller Gewalt faßte und gegenstemmend festhielt und beförderte ihn ins Jenseits“. Zu der Schlacht bei Wittstock 1636 u. den Verletzungen eines 21-24-jährigen Schotten vgl. die vorzügliche Edition v. EICKHOFF; GROTHE; JUNGKLAUS, 1636, S. 159f.: „In der Wittstocker Schlacht erlitt er mehrere schwere Verwundungen, wobei der zeitliche Ablauf ihrer Entstehung jedoch nicht sicher geklärt werden kann. Wahrscheinlich geschah Folgendes: Ein Schuss aus einer Reiterpistole traf den Mann von der rechten Seite her. Die Bleikugel blieb im oberen Bereich des rechten Oberarmknochens stecken. Im Röntgenbild sind die Bleipartikel des Geschosses deutlich zu erkennen. Die Wucht des Aufpralls führte neben den Weichteilverletzungen zu zahlreichen Berstungsbrüchen im Knochen und sprengte mehrere Fragmente ab. Obwohl stark verletzt, wurde der Soldat anschließend in einen Nahkampf verwickelt. Vermutlich der schwere Hieb mit einer Hellebarde durchdrang den Knochen an der rechten Schläfe mit großer Kraft, was zu einem langen Berstungsbruch entlang der rechten Schädelseite führte. Die offene Schädel-Hirnverletzung dürfte sofort zur Bewusstlosigkeit geführt haben, nicht zwangsläufig jedoch unmittelbar zum Tod. Der Verletzte fiel aufgrund der schweren Kopfwunde augenblick zu Boden. Offensichtlich lag er auf dem Rücken, als ihn dann ein Dolchstich in die Kehle traf. Der Dolch durchdrang den Hals von vorne, durchtrennte die Luft- und Speiseröhre und sprengte am zweiten Halswirbel den zentral gelegenen Wirbelfortsatz ab. Diese Verletzung war mit Sicherheit tödlich. Möglicherweise lässt sich der Dolchstich in die Kehle als Gnadenstoß für den tödlich verwundeten Soldaten interpretieren. Zum Schluss traf den am Boden liegenden Verstorbenen ein weiterer massiver Schlag oder tritt von vorn auf den Unterkiefer. Daraufhin zerbarst der Knochen in drei Teile. Wie viel Zeit zwischen den einzelnen Angriffen lag, bleibt jedoch im Dunkeln der Geschichte verborgen“. Nach der Schlacht bei Lützen (1632) erstellte der städtische Bader v. Orlamünde für sieben zwangszweise einquartierte Verletzte folgenden Bericht; BLÖTHNER, Der Dreißigjährige Krieg (2018), S. 109: „Der Offizier Franz Reichardt, Schuss am linken Schenkel, Kugel steckt noch darinnen, daneben ein zweiter Schuss. Christoph Schulze von Eilenburg, Schuss durch die rechte Achsel, eine Spanne lang auf die Brust. Daniel Wallner, ein Österreicher, durch den linken Arm und die linke Seite eine starke Handbreite durch und durch geschossen. Jakob Wortenberger, Schuss im rechten Schenkel. Christoph Engelschall, ein Österreicher, Schuss im lincken Schenkel durch die ganze Wade durch. Matthias Dietrich, ein Maröker (?),Schuss durch die linke Wade durch und durch. Andreas Burge, ein Braunschweiger, Schuss in die rechte Kniescheibe, Kugel steckt darin, Andreas Peter, Schwede, Schuss durch das rechte Armgelenke. Georg Kirchner ist krank und hat ein Fieber, damit der Bader nichts zutun“. Nach der Schlacht bei Lützen (1632) gab es für einen verletzten Obristleutnant 500 fl. Belohnung; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., S. 598. Bei der Vielfalt u. Schwere der Verletzungen ist es erstaunlich, wieviel Soldaten die Behandlung durch Feldscherer u. Feldärzte überlebt haben. In der Leichenpredigt für Johann Schaff v. Habelsee heißt es; PERTZSCH, Heroicum Heroum fideliter & constanter militantium Stipendium: „Insonderheit Anno Sechzehenhundert und vierzig bey Greiffenstein in Slesien / als der Stalhannß mit Fünfhundert Musquetirern und dem Rechten Flügel gegen Ihn kame / Er sich mit den bey sich habenden Troppen / seiner gewöhnlichen Großmüthigkeit nach / deß Stalhannsen Schwager / nemlich den Obristen-Leutenant / so obbesagte Musquetirer commandirte / angegriffen / selbigen alsbald todtgeschossen / und ohnangesehen Er zween Schuß darüber / einen durch zwo Rippen / den andern am lincken Ohr ein- und zum Mund hinaus bekommen / gleichwohl nicht abgelassen / sondern noch einen Cornet, welcher Seiner im Schuß fehlete / erlegt / und selbige rencontra Ritterlich ausgefochten; Nicht anderst auch wieder bald darauf Anno Sechzehenhundert Ein und viertzig für Wolffenbüttel / da zwey Pferde unter Ihm mit Stücken darnieder und Er selbst gefährlich geschossen worden / Sich so Rühmlich gehalten / daß Er zur Obrist-Wachtmeisters Charge gezogen; dieses Officium Er Anno Sechzehenhundert fünf und viertzig / bey Einnehmung Teschen / und Sechzehenhundert sechs und vierzig / in der Blocquada für Frankenstein in Slesien (in welchen beeden Ocasionen Er auch hart an seinem Leib verletzt / also betretten / daß sein Obrister freywillig Ihme die Obrist-Leutenant-Stelle conferirt. Vornehmlich aber hat Er bey dem Treffen zwischen Plan und Trübel / in Führung der Avanguardi, seine bekandte Treüe / dapfern Valor und Heroischen Heldenmuht / mit ungesparter Darsetzung seines Leibes / Lebens und Bluts / Ritterlich / durch zertrennung dreyer Regimenter zu Pferd / als deß Lieffländischen / Wittenbergischen und Durlachischen / auch Eroberung zweyer Standarten / sehen lassen: Wie nicht weniger kurtz darnach Anno Sechzehenhundert acht und viertzig / bey den Dingelfingischen Einfall in der Frantzosen und Schwedischen Läger / in welchem Ihme ein Stück von der Zungen und etliche Zähne aus dem Munde geschossen worden) und sonsten die gantze Zeit durch / seiner wehrender Kriegs / dienste / an allen Plätzen und Oertern / sein Devoir jedesmahl / wieder Unsere und deß Reichs Feinde / mit empfangenen Achtzehn Tödtlichen Stich- und Schüßen durch sein Haubt / Halß / Bauch / arm und Bein (gestalten Er Uns noch jüngst zu Pilsen / die Halbe in seinem lincken Arm zu stücken geschossen / und ausgenommene Röhre Selbst gezeigt) so dapffer und und unverzagt contestirt / daß solches zu seinem Immerwährenden Lob und Ruhm / auch allen Ritterlichen Siegliebenden Soldaten zu einem Exempel der Nachfolge / billich vorgesetzt werden kann“. Vgl. die Kritik Christians des Jüngeren v. Anhalt-Bernburg (1620) an der schlechten Behandlung durch Balbiere; KRAUSE, Briefe, S. XI: „ ‚Nichts verdroß mich mehr‘, äußert er sich, ‚als da der Graf Buquoy einen jungen Balbirer, der mich verband, fragte, wo ich geschädigt wäre, antworte: In den Rücken wäre ich von einer Musketenkugel durchschossen worden, da man doch darnach befunden, daß der Schuß, so durch die Brust gegangen, vom Pistol gewesen, der andere aber nicht durchgangen. Und ich mag mich rührmen, daß in dieser Schlacht ich den Feind ins Gesicht gehabt, auch da ich beide Wunden empfangen, ihm nicht den Rücken zugekehrt, welches wenige werden sagen können. Dieser unwissende Balbirer aber, weil er den Eingang der Pistolkugel vorm unterm rechten Arm nicht sah, und ich vor großen Schmerzen in der Achsel mich auch nicht recht alsbald besann, stieß mir das Instrument vorn in die Brust, da die Pistolkugel ausgegangen, hinein, und zur Schulter, da die Musketenkugel hineingegangen, wieder heraus. Ich meinte, es müßte als sein, und litte es geduldig, dessen mir die Wallonischen werden Zeugniß geben, sahe also das frische neue Blut herauslaufen, daß ich auch endlich den Balbirer zur Rede setzte, und glaube, er habe mich durch das Stören, sonderlich auf diese Weise, mehr verderbt, als die Wunden an sich selbst. – Es sind wol ein fünf Balbirer dieselbe Nacht über mich gewesen und taugte keiner nichts: Napolitaner, Teutsche, Franzosen, Wallonen‘ “. MAHR, Monro, S. 187: „Auch ein junger Mann, Hector Monro Catvals Sohn, hatte, ohne Befehl zu haben, eine Muskete genommen und war mitgezogen. Er bekam einen Schuß ins Gehirn und lebte noch 14 Tage. Die Verletzung war eigenartig, denn auf der Seite, wo ihn die Kugel getroffen hatte, war das Schädeldach noch ganz (II, 150). Aber er litt furchtbare Schmerzen durch den Eingriff des Feldschers, der, um zu sehen, ob der Schädel verletzt sei, ihm die andere Seite geöffnet hatte, sie aber zertrümmert fand. Man konnte sein Gehirn sehen, doch seine Wunde erwies sich als unheilbar“. Vgl. auch „Die medizinische Versorgung“, in: EICKHOFF; GROTHE; JUNGKLAUS, 1636, S. 119ff. Blinde schwedische Soldaten erhielten zu ihrem Unterhalt in der Leipziger Garnison 1644 monatl. 12 Rt., ab 1645 16 Rt., Lahme 8 Rt. monatl.; ZIRR, Die Schweden, S. 374. Ein Soldat, dem der Kiehnbacken weggeschossen worden war, 6 Rt.; ZIRR, Die Schweden, S. 374, Anm. 645. In Schweden verbrachte man Kriegskrüppel ohne Versorgung zusammen mit Leprakranken auf einsame Ostseeinseln wie Gloskär [Åland-Archipel; Finnland]; PLEISS, Der Zug, S. 17, obwohl in den Kapitulationen festgehalten war; MANKELL, Arkiv 3. Bd., S. 265ff.: […] „oder sonsten gelähmt und untüchtig gemacht würde, sie nach jedes condition und Verhalt mit Ranzion oder Auswechselung auslösen und einen solchen Beschädigten, so er in Unsern Landen zu bleiben gemeinet wäre, mit notdürft. Unterhalt die Zeit seines Lebens versorgen, oder da er weiter ziehen wollte, mit einem Pass und ehrlichem Zehrpfennig gnädigst verehren lassen“. Der bekannteste aller Kriegsversehrten soll Josias v. Rantzau [18.10.1609 Bothkamp-14.9.1650 Paris], dänischer, später französischer Generalleutnant, gewesen sein. Er soll 60 Wunden davongetragen haben, ein Auge (bei der Belagerung v. Dole), ein Ohr u. vor Arras einen Arm u. ein Bein verloren haben. Vgl. auch FRIEDRICH; SCHRÖDER, Das Massengrab von Lützen, S. 399-404. => Invalidität.

[11] http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm: Bl. 15r.

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