Ruschenplate, N; Major [ – ] Ruschenplate stand 1636 als Major[1] in braunschweig-lüneburgischen Diensten.
Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg[2] hatte sich nach dem Tode des Grafen Jobst Hermann[3] durch Truppen des schwedischen Generalmajors Beckermann[4] des schaumburgischen Amtes Lauenau[5] bemächtigt und auch Ansprüche auf die Hainholzwaldung erhoben, die die Schaumburger angeblich zu Unrecht an die Stadt Rodenberg[6] veräußert hatten. „Da Graf Otto[7] die erforderlichen Geldmittel nicht besaß. um Söldnertruppen zur Rückeroberung des Amtes Lauenau anwerben zu können, auch solche Mittel in seinem, durch den langjährigen Krieg verarmten und verwüsteten Lande nicht aufzubringen waren, so wandte er sich an das Reichskammergericht[8] zu Speier und verklagte den Herzog Georg auf Rückgabe des ihm gewaltsam genommen Amtes.
Um sich hierfür an dem Grafen zu rächen, fiel der Herzog mit drei Regimentern[9] Reiterei und zwei Regimentern Fußvolk in das Schaumburger Land ein. Rodenberg wurde von drei Kompagnien[10] des Majors Ruschenplate besetzt, während der Herzog nach Bückeburg[11] vordrang und das Bückeburger Schloß einnahm. Graf Otto war indes, um der ihm drohenden Gefangenschaft zu entgehen, nach seiner Herrschaft Gehmen[12] in Westfalen geflohen.
Auch die im Besitz der Schweden befindliche Rodenberger Schloßburg fiel in die Hände der Braunschweiger. In der Morgenfrühe des 22. September wurde zunächst die Vorburg durch Major Ruschenplate im ersten Sturmangriff genommen und auf Geheiß des Herzogs bis auf den Grund zerstört und eingeäschert.
Eine Erstürmung des Schloßes wurde aber aufgegeben, denn der Befehlshaber derselben, dem im Falle einer freiwilligen Uebergabe der Feste, welche zudem ungenügend verproviantiert war, freier Abzug mit Wehr und Waffen und sicheres Geleit nach Minden angeboten wurde, wollte es nicht zum Aeußersten kommen lassen und zog mit seiner Truppe nach Minden[13] ab, wurde aber daselbst von seinem Vorgesetzten, dem Mindener Festungskommandanten Generalmajor[14] Wolf[15] wegen der Uebergabe des Schlosses degradiert“.[16]
[1] Major: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.
[2] Georg Herzog v. Braunschweig-Lüneburg [17.2.1582 Celle-2.4.1641 Hildesheim], kaiserlicher Obrist, 1631 schwedischer General. Vgl. DECKEN, Herzog Georg.
[3] Jobst Hermann Graf v. Schaumburg [6.10.1593 Burg Gemen -5.11.1635 Bückeburg], Sohn Heinrichs V. [reg. 1581-1587], wurde 1622 nach dem Tod des gefürsteten Ernst Graf von Schaumburg dessen Nachfolger; BEI DER WIEDEN, Genealogie, S. 142. Jobst, der in Köln bei Kaspar Ulenberg zusammen mit Wilhelm V. u. Hermann v. Baden angeblich „katholisch“ erzogen worden war, stand im Verdacht, Werbungen für die Union zugelassen zu haben; KOHL, Westfälische Geschichte I, S. 545.
[4] Eberhard [v.] Beckermann [Beckermandt, Beckermond, Beckermen, Belchermann] [1576 Arnsberg-1641 Kassel], schwedischer Generalmajor.
[5] Lauenau [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 283f.
[6] Rodenberg [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 398f. Vgl. MITHOFF, Die Chronik.
[7] Otto V. Graf v. Schaumburg [1.3.1614-14.11.1640 Hildesheim].
[8] Reichskammergericht: Gericht der Reichstände, das seit 1527 in Speyer tagte und teils in erster, teils in letzter Instanz besonders für Rechtsverweigerung, Landfriedensbruch, bürgerliche Klagen gegen Reichsunmittelbare sowie die Appellationen zuständig war.
[9] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[10] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann, zum Teil allerdings auch nur ca. 30 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[11] Bückeburg [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 80ff.
[12] Gemen, heute Ortsteil von Borken [LK Borken].
[13] Minden [LK Minden-Lübbecke]; HHSD III, S. 517ff. Vgl. NORDSIEK, Die schwedische Herrschaft.
[14] Generalmajor: Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant.
[15] Wilhelm v. Lüdinghausen, gen. Wolff [28.12.1596 Buschhof (Birži, Lettland)-26.7.1647 Eger], schwedischer Obristleutnant, Generalmajor.
[16] MITHOFF, Chronik der Stadt Rodenberg, S. 253f.