Pestaluzzi [Pestaluz, Pestalozza, Pestaluco], Alexander

Pestaluzzi [Pestaluz, Pestalozza, Pestaluco], Alexander; Obristleutnant [ – ] Pestaluzzi war Hauptmann der kaiserlichen Truppen im Regiment Trčka und Beteiligter am Mordkomplott gegen Wallenstein[1] am 25.2.1634 in Eger.[2] Von Pestaluz ist weder Geburts- noch Todesjahr bekannt. Wahrscheinlich war er Italiener bzw. verwandt mit dem Augsburger[3] Bankhaus Pestalozzi (Pestaluco). Am 20.3.1629 war Johann Anton Pestaluz, gewesener Großkämmerer und Wechselherr, Herr von Plötzleinsdorf,[4] Kotting,[5] Ebersdorf[6] und Großsierning,[7] in den Ritterstand erhoben worden.[8]

Die Rolle Pestaluzzis beim Mordkomplott gegen Wallenstein ist nicht eindeutig zuzuordnen. Er war auf jeden Fall eingeweiht, dass Trčka, Graf Kinský und Ilow auf dem Bankett auf der Burg in Eger umgebracht werden sollten. Von einer materiellen Zuwendung durch den Hof als Belohnung für seine Mittäterschaft ist nichts überliefert.

Natürlich kann sein Aufstieg vom Hauptmann zum Obristleutnant auch wegen persönlicher Tapferkeit erfolgt sein. Auffallend ist nur, dass die Verschwörerclique offenbar weiterhin sehr enge Kontakte untereinander hielt. Eine Protektion durch Piccolomini oder einen anderen Mitverschwörer ist nicht auszuschließen. Wenn z. B. Macdaniel und Geraldin vom Kaiser für ihrer Mittäterschaft 3.000 bzw. 12.000 Gulden oder Anteile an Gütern erhalten haben, wird Pestaluzzi wohl nicht leer ausgegangen sein.

Es ist durchaus möglich, dass es sich bei Alexander und Paolo Pestaluzzi, dem 1642 in Naumburg[9] einquartierten Obristleutnant des Regiments Caretto um ein und dieselbe Person handelt.

„Das Regiment Markgraf Caretti zu Fuß erhielt im Januar 1642 sein Standquartier mit sechs Kompagnien in Zeitz[10] und mit vier Kompagnien in Naumburg. Die Städte hatten die Verpflegung, die Dörfer die Fourage zu schaffen, und die monatliche Kontribution wurde für Naumburg mit 393 Talern, für Zeitz mit 606 Talern angesetzt. Am 7. März wurde das ganze Regiment dann in Naumburg zusammengezogen, daß sieben Kompagnien mit dem Stab in die Altstadt, zwei in die Freiheit[11] und eine in die Vorstadt kamen. Am 24. März schrieb der Graf Piccolomini dem Rat, daß er zwei General-Wachtmeister ‚zur Beobachtung des Saalestroms’ eingesetzt habe, in Merseburg[12] den Markgrafen Don Camillo von Gonzaga, in Naumburg den Baron Achilles de Soye. Die Bürgerschaft sollte mit dem Troste vorlieb nehmen, daß ‚der itzige status belli und die Pflicht der Defension’ die starke Besatzung erforderten. Die Kosten werden jetzt für zwei Monate auf 10042 Taler berechnet; dazu kam noch die Lieferung von 654 Fässern Weins. Die Carettischen Musketiere waren als ‚armes, notleidendes Regiment’ berechnet, mit vielen Kranken belastet; aber keine Truppe hat soviel Ärgernis wie diese bundesgenössische den Bürgern geschaffen. Ein dickes Aktenbündel beschäftigt sich mit den Prozeduren des Regimentschefs, des Oberstleutnants Paolo Pestaluzzi. Der Generalfeldzeugmeister de Suys hatte durch Trommelschlag die kaiserliche moderierte Verpflegungsordonnanz ausrufen lassen, aber die Bürger blieben wieder hinter ihren pflichtgemäßen Leistungen zurück, und die Einquartierung übersteigerte die Ansprüche. Es kam zu Auftritten ärgster Zuchtlosigkeit. Pestaluzzi legte dem Oberbürgermeister Dr. Lange Tribuliersoldaten ins Haus, zwanzig Musketiere, vier Tage und Nächte lang. Sie soffen und fraßen und stahlen. Eine protokollarische Aufnahme ergab nachher, daß sie hier Krautfässer, Käsefässer, Molkenfässer zerschlagen, Milchtöpfe, Wasserkannen, Buttergefäße zertrümmert, Leuchter, Betten, Schränke, Stühle, Sessel, Öfen, Backtröge demoliert, Schlösser abgerissen, Käsenäpfe, Tassen, Krüge, Teller, Löffel zerbrochen hatten, und daß sie vierzehn Faß und eine halbe Tonne Bier und ein großes Quantum Branntwein vertrunken und vier Schock Käse, ein Schock Quarkkäse, das gesamte geräucherte Fleisch und die Würste eines ganzen Schweines, dazu alles gekochte Fleisch und schließlich die Häringe aufgegessen hatten.

Pestaluzzi gebot auch seinen Torwachen, keinen Ratsherren oder Doctor aus der Stadt zu lassen, und hielt so die Behörden in Arrest. Der Rat beklagte sich bei dem kaiserlichen Feldzeugmeister Piccolomini und bei dem sächsischen Obersten von Schleinitz. Pestaluzzi verteidigte sich geschickt. Er behauptete, man habe in Naumburg seinem Regimente gerade die Häuser der Allerärmsten angewiesen, die selbst kein Brot hätten, und die Häuser der Ratsherrenclique habe man übergangen. Er habe deshalb aus eigener Macht eine Umgruppierung vorgenommen. … Schleinitz wollte vermitteln. Er schrieb dem Obersten: ‚Ich kann nicht denken, daß ein solch verpflichtetes und vornehmes Kollegium wie der Naumburger Rat etwas Unwahres vorbringt, und ich ermahne Sie wohlwollend und als Freund, sich zu acquiescieren und mit dem Rat zu komportieren, damit die Sache nicht vor den Kurfürsten kommt, denn ich wollte den Herrn Oberstleutnant und einen jeden Kavalier lieber in gutem Renommée bei Seiner Kurfürstlichen Gnaden erhalten als in disgratiam zu bringen helfen’. Pestaluzzi erbot sich, unter körperlichem Eid und mit Hilfe glaubwürdiger Zeugen seine Schuldlosigkeit zu beweisen; ‚ich will’, so schloß er seine Rechtfertigung, ‚Gott weiß, nichts anderes als Fried’ und Einigkeit’. Der Rat seufzte: ‚Wo bleibet die Wahrheit ? Veritas ist geschlagen tot, justitia leidet große Not !’ Endlich nahm sich doch der Kurfürst seiner Stadt an. Pestaluzzi wurde nach dem Hauptquartier in Zeitz beschieden, und hier sollten ihm zwei oder drei Ratspersonen und die klagenden Interessenten gegenübergestellt werden. Es scheint, daß ein billiger Vergleich zustande kam. Aber Pestaluzzi duckte sich keineswegs. Schon vier Tage darauf drohte er, er werde sich nicht an die Verpflegungsorder halten; er verlange die Verpflegung in natura, und ehe er von seiner Prätension und Reputation etwas nachlasse, wolle er von seinem Regiment fort und nach der Türkei reiten. Schließlich erging ein Urteil des kaiserlichen Feldkriegsgerichts auf Grund eines neuen, acht Seiten langen Protokolls. Die Parteien vertrugen sich und bekräftigten dies durch Handschlag. Fast an demselben Tage wurde das Carretische Regiment in Naumburg abgelöst. Eine Abteilung des Piccolomischen Leib-Reiterregiments zog ein. Sie sollten nichts als Dach und Lagerstatt beanspruchen. Aber sie waren nicht minder gewalttätig als die Carettischen“.[13] Bei dem Naumburger Advokaten Maul heißt es lakonisch: „Den 17. Januar kam das Kayserliche Clarettische Regiment hierher, und blieb bis den 18. May hieselbst. Diese kosteten mich, weil ich nun arm und nichts mehr hatte, 44 f 18 g durch wöchentlichen Beytrag“.[14]

[1] Vgl. REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein (ab Februar 2012 auch in dt. Übersetzung).

[2] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[3] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[4] Plötzleinsdorf bei Wien.

[5] Kotting, heute Katatstralgemeinde von Ober-Grafendorf, Bez. Sankt Pöltener-Land.

[6] Ober-Grafendorf, Bez. Sankt Pöltener-Land.

[7] Groß-Sierning, heute Katatstralgemeinde von Haunoldstein, Bez. Sankt Pöltener-Land.

[8] Pestalozzi, Geschichte, S. 243.

[9] Naumburg [Kr. Naumburg]; HHSD XI, S. 341ff.

[10] Zeitz [Kr. Zeitz]; HHSD XI, S. 519ff.

[11] Domfreiheit: verfassungsrechtlicher und kirchenrechtlicher Sonderstatus von geistlichen Personen bzw. von deren Grund und Boden. Immunität umfasste ganze Kloster-Bezirke oder auch z. B. die sogenannte Dom-Freiheit, in der sich die Domkirche und auch die Höfe der Domherren befanden. Die Domfreiheit (oder Domimmunität), manchmal auch Domsfreiheit im Mittelalter war der unmittelbare Grund, rund um den Sitz des Bischofs, des Doms mit seinem Domkapitel, dem der Domdechant vorstand. Dieser erstreckte sich zumeist nur wenige hundert Meter außerhalb der Gebäudegrenzen des Dombereichs und war in der Regel mit einer Ummauerung eingefasst (Domburg). Sie beinhaltete nicht den eigentlichen Kirchengrund. Dieser fällt unter den Begriff Hochstift. Der Bereich der sog. Domfreiheit unterstand nicht der städtischen Gerichtsbarkeit, sondern der Dom hatte seine eigene Gerichtsbarkeit. Das betraf nicht nur die Geistlichkeit, sondern auch das Gesinde, welches auf den dem Dom angeschlossenen Wirtschaftsbereichen arbeitete. Dieser Bereich diente den Domherren wie auch ihren Bediensten zugleich als Wohnbereich. Dieser Bereich unterstand demzufolge auch nicht der städtischen Steuerpflicht. Darin bestand seine Freiheit. Innerhalb der Stadtmauern gab es also zwei eigenständige politische Herrschaften. Dies führte in vielen Städten über die Jahrhunderte immer wieder zu Streitereien. Dies lässt sich z. B. in der Speyerer Chronik des Stadtschreibers Christoph Lehmann von 1612 verfolgen. So heißt es dort etwa: „Es hat sich viel und lange Jahr unversöhnliche Widerwärtigkeiten zwischen der Burgerschaft unnd der Clerisey Gesind in der Statt verhalten. Derhalben König Rudolph in obberührten Vertrag sonderlich verordnet / wie derselben Rhat zu schaffen seyn solt.“ Spätestens mit der Reformation und der damit verbundenen Säkularisierung der Klöster hörte die Domfreiheit auf zu existieren. In den katholischen Gebieten blieb sie noch länger erhalten. Beispiele heute noch relativ guterhaltener Domfreiheiten sind die zu Halberstadt, Hildesheim, Magdeburg, Merseburg, Münster, Naumburg (Saale) und Trier. [wikipedia]

[12] Merseburg [Kr. Merseburg]; HHSD XI, S. 322ff.

[13] BORKOWSKI, Schweden, S. 90ff.

[14] WAGNER; WÜNSCH, Staffel, S. 133.


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