Hagedorn [Hagendorn], Johann [„Clamor“ ?]; Rittmeister [ – ] Johann [„Clamor“ ?] Hagedorn [Hagendorn] [ – ] stand als Rittmeister[1] erst in pfalzgräflichen Diensten, dann lief er in kaiserlichen Dienste über.
Sarazin[2] war 1638 Kommandant in Meppen.[3] Die Verhältnisse in der Garnison[4] müssen jedoch recht desolat gewesen sein, zumal was die Befehlsstruktur betraf. Am 11.5.1638 hatte Johann Freiherr von Ketteler,[5] der Kommandant von Rheine,[6] nach sorgfältiger Planung und Vorbereitung durch einen überraschenden Nachtangriff Meppen seiner pfalzgräflich-schwedischen[7] Besatzung entreißen können.
Das „Theatrum Europaeum“[8] beschreibt die Festung und ihre Lage, um dann auf die Bedeutung für die Pfälzischen und den Angriff im Einzelnen einzugehen: „Gedachte Statt Meppen ist in dem Embser-Landt / an beyden daselbsten ineinander fliessenden Schiffreichen Wassern / Embs und Hase gelegen / von Kunst und Natur zu einer gewaltigen Vestung erbawet / und darumb desto mehr versichert / weil es ein Paß und gleichsamb der Schlüssel zu Frießland ist. Dannenhero besagte Statt und Vestung / in kurtz verflossenen Jahren von unterschiedlich außländischen Nationen besucht / und durch eine General Blocquade von dem Schwedischen Feldmarschalck[9] Knipphausen[10] / bald Absterben der Königl. Majest. zu Schweden / sampt andern Orthen mehr bezwungen worden / welcher jetztgedachte Knipphausen dieselbe / und hernach Herr Gustavus Gustavi Sohn[11] je mehr und mehr bevestiget / die alte Fortificationen nicht allein verbessert / die Gräben erweitert und vermehret / sondern auch mit newerbawten stattlichen Bollwercken[12] und dergleichen Posten außstaffiert / also / daß auß derselben aller offentlicher feindlicher Anlauff leichtlich kann hintertrieben werden. Dann gegen Auffgang der Sonnen ist sie mit einem wässerichten und gantz morassigem Grund umbgeben / darzu mit einem Real-Bollwerck / Gustavus genannt / geziert und verstärcket. Gegen Niedergang derselben ist sie gleichfals / wie gegen Osten / an einem wässerichten Grund gelegen / und nicht allein mit dem newgebawten Bollwerck / so man von seinem Ursprung her / das Schwedische genandt / sondern auch darbey mit den newen Pforten / welche mit einem halben Mond[13] und doppelten tieffen Graben versorgt / allermassen stattlich fortificiert. Gegen Norden kann sie vom Fort Annenberg / und deme aneinander geschlossenen Hornwerck[14] / sampt der Hase-Pforten / und Embser Brücken / allda beyde Ströme zusammen stiessen / genugsamb beschützt werden / wie sie dann auch ferner gegen Suyden / mit beyden stattlichen Bollwercken / ELEONORA und CHRISTINA, sampt den zugwehörigen Wällen und Pallisaden trefflich versichert / welches also vom Situ[15] gedachter Vestung gesagt sey.
Mehr angeregten Platz Meppen / hatte deß abgeleibten Pfaltzgraffen Friederichs[16] sel. Gedächtnuß ältester Sohn Carol Ludwig[17] / gegen Erstattung 60.000 Reichsthaler von der Cron Schweden in seine Devotion gebracht / und weil er (als oben gedacht) entschlossen gewesen / auff Vorschub der Königl. Majestät in Engelland[18] / und anderer Martialischen Favoriten / eine Armee ins Feld zu rüsten / solchen Orth zu seinem Vorhaben bequem erachtet / als dahin er seine meiste Kräften würde ziehen / und von darauß die benachbarte Lande / sonderlich aber das Stifft Münster debandieren[19] können.
Wie nun diesem bevorstehenden Unheil vorzukommen / jedermann in forchtsamer Consideration gestanden / haben Ihre Gn. Käyserl. General Wachtmeister[20] Freyherr von Vehlen[21] / dem gemeinen Catholischen Wesen / und deß Lands Nutzen zum besten ein Mittel ersehen / dardurch man das Vatterlandt auß der Aschen erretten / und die bevorstehende Gefahr abwenden könte: Derohalben ihr Augwerck auff Meppen gericht / und ehe selbiges mit dem newen Pfaltzgräfflichen Volck mehrers erfüllet würde / durch ein Stratagema[22] einzunehmen gute Vorseh- und Anstellung gemacht / zu dem Ende dann dem Herrn Commendanten in Rhenen / Obersten[23] Freyherrn Kettelern / ankündigen lassen / alle mög- und trewliche Kundschafften deßwegen davon einzunehmen / welcher diesem zu Folge / sich darinn fleissig erzeigt / daß er alsobald den an Tag gegebenen Anschlag / durch Hülff deß Rittmeisters Hagendorn / so vor diesem in Meppen gelegē / zu facilitieren[24] / und glücklich zu vollnziehen sich resolviert.
Hierauff haben Ihre Gnaden Herr General Wachtmeister Vehlen / umb mehrer Sicherheit willen / die zu diesem Anschlag nothwendige Instrumenta und Steigleitern verdeckt / und unbekanter weiß von Warendorff[25] auff Rehnen zuführen lassen / von der Stadt Münster[26] auch 200 Mann entlehnt / dieselbe durch unterschiedliche Partheyen / als Convoyers auff Rhenen geschickt: Letztlich / Herrn Obersten Freyherrn Ketteler der Zeit vergewissiget / damit er bey Ankunfft derselben / mit dem meisten theil der Käyserlichen Besatzung zu Rhenen / neben 200. zu Fuß auß der Statt Fürstenaw[27] fertig wäre: die von der Statt Münster entlehnete Soldaten aber zur Guarnison[28] in Rhenen hinterlassen / und er (Herr Oberster Baron Ketteler) inmittelst das Glück auff Meppen versuchen solte / welcher dann diese hochwichtige Impressa[29] auff folgende Manier mit höchstem Ruhm sieghafft zu End geführet.
Demnach er ihme ertheilten Ordre nach die Völcker beysammen gebracht / ist er den 1. 11. May in aller stille und Geschwindigkeit von Münster / Warendorff / Rhenen und Fürstenaw auß in eygener Person auff die Statt Meppen angezogen / bey finsterer Nachts-Zeit durch die Hase gewattet / und hierauff an einem sichern Orth / ohnweit von dem Bollwerck Annenberg und dem Hornwerck gegen Norden zu abgelegen sich nieder gesetzt / das Volck in etwas außruhen / und den mehrern theil der Soldaten / wegen ungestümmen Winds / damit der Anschlag nicht etwa entdecket werde / die Lunten verbergen lassen / hernach sampt etlichen Officierern die Statt selbst recognosciret / die Runten darum mit brennenden Laternen verspührt / und nach dem er der Sachen Beschaffenheit halber mit dem Augenschein sich gnugsamb erkundiget / widerumb zu seinen Truppen sich verfüget / denselben / umb sich zu dem Hauptfall und Einfall der Statt gefast und dapffer zuhalten befohlen / hertzhafft zugesprochen / und der Kayserlichen Pflicht die gesambte Soldatesca erinnert / mit welcher er alsdann nach der Hase-Pforten zu marchirt / zum andern mal durch die Hase gesetzt / und an dem Orth / da die Embs und Hase zusammen stiessen / unter der Losung / Jesus / Maria / die Statt mit allem Ernst angefallen / den Wall bey dem Damm / darauff alle Pallisaden gestanden / attacquirt / die Pallisaden herausser gezogen / erstiegen / und ferner also starck dem Corps de Garde[30] zugeeylet / die allda Wacht haltende Pfältzische Soldaten mehrentheils nieder gemacht / von dar weiter der Hase-Pforten zugeloffen / dieselbe in grosser Fury mit denen zur hand geführten Instrumenten / Exten und Beyheln eröffnet. Darauff seynd die am selben Orth wartende Käyserische Völcker / bestehend in vier Truppen Reuter / und zwey Truppen Mußquetirer[31] mit gantzer Gewalt hinein getrungen / also bald in drey Hauffen sich getheilet / die meiste auff dem Marckte / allda die Pfältzische sich samblen / und Standt halten wollen / zugeeylet / die andere aber inwendig hin und wider nach dem Wall und den Bollwercken geloffen / allda dann es erst recht angangen / die Pfältzische Soldaten mit den Käyserischen also dapffer scharmutziret[32] / daß sich zuverwundern.
Inmittelst haben an der Seyten gegen Suyden bey den Bollwercken Eleonora und Christina etliche commandirte Mußquetirer und Trommelschläger[33] / auff Befehl Herrn Obersten / Freyherrn von Kettler einen falschen und blinden Lärm gemacht / und nachdem sie dieses mit höchster Behendigkeit verrichtet / zugleich auch der ihrigen Ankunfft / das schiessen / ruffen / schreyen und dergleichen / in der Statt vernommen / seynd sie von dar stracks wiederumb zurück nach der Embser Brücken zugelauffen / und an dem Thurn / da die Embs und Hase zusammen stiessen / die Pallisaden herausser gerissen / und den ihrigen die hülffliche Hand gebotten. Nichts desto weniger haben die Pfaltzgräfflichen den Muth nicht fallen lassen / sondern sich dapffer und hertzhafft gewehrt / sonderlich bey denen GUSTAVI und ELEONORÆ Bollwercken wider die Käyserliche zu stehen / sich unterstanden / und hinter den Schantzkörben[34] wacker feuer gegeben / bald aber hernach sich ergeben müssen.
Wie nun die Käyserischen sich der vornehmsten Posten in der Statt bemächtiget / auch deß Marckts / von dar die Pfaltzgräffische auf den Kirchhof gewichen waren / versichert / seynd sie mit gantzer Macht auff den Kirchhof getrungen / und nach grosser allda gefundener Gegenwehr / zuletzt dieselbe also beängstiget / daß sie zu der accommodation[35] schreiten müssen / woselbsten man dan mehrentheil / wie auch den Commendanten Hornecken[36] selbsten gefänglich[37] angenommen.
Demnach aber hernach theils Käyserische Officirer sich deß gefangenen Commendanten halben gezanckt / und ein jeder das Lob darvon tragen wollen / hat derselbe / unangesehen / daß er ein gefangener und disarmirter Mann war / einem Käyserischen Officirer / so seiner gefangenen Person halber mit einem andern gehadert / ein Maulschelle zum gratias[38] geben / worauff er aber vom selben mit dem Degen durchstossen / und also desperat todt geblieben / auch die Statt und Vestung gänzlich übermeistert / und mehr dann 400. Pfaltzgräffliche Soldaten / ausserhalb der Befelchshabern / deren auch nicht wenig gewesen / gefangen / und eine stattliche Beuthe[39] erhalten worden“.[40] Der Historiker Samuel Freiherr von Pufendorf [8.1.1632 Dorfchemnitz-26.10.1694 Berlin] hält dazu fest: „Inzwischen hat der Churfürst von Pfaltz die Stadt Meppe / welche die Königin[41] in Schweden Kniephausen geschencket / von seinen Erben erkaufft / und wolte daselbst seine Armatur / die er durch Hülffe des Königes in England und anderer auffbrachte / zusammen schaffen / auch seine neugeworbene[42] Völcker daselbst versamlen. Selbige Stadt wurde den Kayserlichen überfallen / dazu ihnen ein Schwedischer Uberläuffer Nahmens Hagedorn den Weg zeigete. Denn sie kamen mit den frühesten durch die Hase / und darauff geschwinde auf den Wall / da er am wenigsten befestiget war / der Commendant in der Stadt war der Oberste Horneck / welcher nach Eroberung der Stadt Speyer[43] bey den Schweden in keinem sonderlichen credite stund.[44] Selbiger war gewarnet worden / daß sich der Feind bey Fürstenau zusammen zöge / und war wol selbigen Abend fleißig Runde gegangen / aber nach Mitternacht hatte er sich zu Bette gelegt / die Wachen nicht sonderlich verstärcket / auch nicht die gantze Besatzung munter gemacht. Ob sich nun wohl die Pfältzischen ziemlich wehrten / wurden sie doch von der Menge überwunden / ehe die andern zu Hülffe kamen. Daselbst wurden nun 400. Gemeine[45] / und der Oberste Lieutenant[46] Sarazin nebst andern Officirern gefangen. Hornecken hatte der Kayserliche Officirer Qvartier[47] versprochen / indem er sich aber mit einem andern deßwegen zanckete / gab er ihm aus Desperation eine Ohrfeige / dadurch denn dieser erzürnet wurde / daß er ihm den Degen durch den Leib stieß / der ohne dem vor seine Nachlässigkeit hätte büßen müssen“.[48]
Sarazin selbst machte dabei eine sehr unglückliche Figur, wenngleich der Überfall durch den Überläufer,[49] den Rittmeister Johann Hagedorn, unterstützt worden war: „Die Abtretung des Emslandes an den Pfalzgrafen war unterdessen geschehen, täglich kamen Offiziere an, und das Knyphausische Regiment[50] hatte bereits zu den Fahnen Karl Ludwig’s geschworen. Drohend sprachen die Soldaten ihr Mißvergnügen über diesen Regierungswechsel aus, alle Manneszucht löste sich auf, und der Uebermuth des neuen Kommandanten, des Oberstlieutenants Serasin, der beständig die Besatzung mit blindem Lärm unterhielt, vollendete die Erbitterung der Gemüther. Laut und ungestüm ward Serasin’s Absetzung gefordert, und Obristlieutenant Horneck zum Kommandanten ausgerufen. Inzwischen kamen ununterbrochen frische Truppen aus der Pfalz und England an, die Stadt war mit Soldaten wie überfüllt. Für die Verpflegung wachte der Kommandant auf das sorgfältigste; zur bevorstehenden Ankunft des Pfalzgrafen und seines Bruders Robert[51] wurde im Schlosse aufgeräumt, Milord Gré[52] sollte das Haus des Rentmeisters beziehen. Horneck hatte zugleich einen Plan zur Vergrößerung der Stadt entworfen, nach der Südseite sollte sie erweitert werden, so daß die beiden Hemberge in das Bereich der Mauern träten; auf dem kleinen Hügel sollte für den Pfalzgrafen eine reformierte Hofkirche erbauet werden, die jetzige Pfarrkirche blieb den Lutheranern; auf dem großen Hemberge beabsichtigte man ein Blockhaus und Magazin anzulegen. Die Ankunft des neuen Gebieters ward täglich erwartet, seine Wagen mit Geld und Munition trafen bereits ein. 5. Hagedorn hatte sich nach seiner Entlassung zum General von Velen begeben, und die Vollmacht zur Errichtung einer Schwadron[53] Reiter erhalten. Viele von denen, die früher entlassen waren, sammelten sich jetzt wieder zu des Rittmeisters Fahne. Darauf ward dem General von Velen der Plan zur Eroberung Meppens vorgelegt. Dieser ging auf denselben; denn er kannte die Wichtigkeit des Platzes, und die Nothwendigkeit, ihn vor des Pfalzgrafen Ankunft einzunehmen. An den Kommandanten von Rheine, Obersten von Ketteler, erging alsbald die Weisung, in Stille und Eile möglichst viele Truppen zur Eroberung Meppens zusammenzuziehen.
Horneck bekam von Lingen[54] aus über diese Bewegung Warnungsschreiben. Die Wälle wurden mit doppelter Wache besetzt, jedoch war dieser Schutz zu schwach, weil eben, weil eben der Lieutenant[55] Kornet[56] mit 300 Reitern abwesend war, und der Mangel an Disciplin kaum den fünften Mann auf den Wall kommen ließ.
Es nahete die verhängnißvolle Nacht des ersten Mai’s; die Kaiserlichen, 370 Mann zu Roß und 850 zu Fuß, zogen von Fürstenau heran, Hagedorn mit seinen Reitern unter ihnen; hinter Koldenhove[57] setzten sie durch die Hase, am rechten Ufer derselben im Sande ward Halt gemacht; sie banden nun zum Kennzeichen in dem Dunkel der Nacht ein weißes Tuch um den Arm, und bereiteten sich durch reuiges Gebet zum Sturme vor. Eine Laterne, vom Walle herüberleuchtend, (der Kommandant untersuchte die Wachen,) hätte bald den Muth gelähmt, indem sie Verrath und vorbereitete Abwehr befürchteten. Das Licht entfernte sich wieder, es blies ein schauriger Nordwind, die Thurmglocke schlug Ein. Jetzt ging es vorwärts, Sturmleitern und schwere Hämmer zum Sprengen der Thore voran; Punder Jürgen,[58] ein Hümmlinger[59] und Riese an Leib und Muth, war der erste im Zuge. Unter der Hornschanze wurde die Hase durchwatet, die Wache, ein und zwanzig Mann stark, merkte nichts, und floh nachher bei dem ersten Schusse davon. Die größte Arbeit bot der tiefe Graben und hohe Wall der Festung, Punder Jürgens Muth besiegte das Hinderniß; er hieß seine Begleitung zwischen Hase und Graben zurückbleiben, stieg dann selbst in den Graben hinab, und am entgegengesetzten Walle wieder herauf; als die Schildwache am Schlosse, in dessen Nähe die pfälzische Leibgarde lag, das Geräusch hörte und rief, antwortete Jürgen mit vieler Geistesgegenwart: ‚Schweig‘ doch, fisch‘ ja nur, sollst dein‘ Portion schon haben !‘ ruhig trat der kühne Hümmlinger dann in die Wache, als begehre er Feuer, und streckte die begleitende Schildwache nieder. Punders Genossen, die unterdessen nicht zurückgeblieben waren, tödteten die übrige Wache, eilten schnell zur Hasepforte, haueten hier vier Wächter nieder, sprengten das Thor, löseten die Fallbrücke, so daß die ungeduldigen Krieger in die Stadt strömen konnten. Die Wache an der Emsbrücke feuerten die Kanonen gegen das Hasethor ab, und lief davon. Während auf dem Strietfelde sich der Kampf entwickelte, drang eine Abtheilung der Kaiserlichen bis zur Hauptwache vor, und drückte die Schweden bis zum Rathhause zurück. Die Offiziere, sogar der auf der Hauptwache, lagen in tiefem Schlummer, und meinten beim ersten Erwachen, daß man ihnen zu Ehren die am Vorabende errichteten Maibäume beschösse, wurden aber bald des schrecklichsten Irrthumes gewahr. Am lebhaftesten war das Gefecht am Rathhause, wo Horneck mit den Seinigen wie ein Verzweifelnder kämpfte, und zuletzt von der Uebermacht besiegt und gefangen ward. In demselben Augenblicke ließ der Oberste von Ketteler hinter der Kirche die Trommel rühren; die Schweden glaubten sich im Rücken angegriffen, flohen nach dem Kirchhofe zurück, der ihnen zu einer Art Citadelle diente, wohin auch Horneck eilte, der sich unterdessen aus den Händen der Feinde wieder losgewunden hatte. Alle Kräfte wandten sich jetzt gegen diesen letzten Punkt, und schnell war der Kirchhof mit Sturm genommen. Horneck wurde hier zum andern Male gefangen, und weil er keine Begnadigung wollte, erschossen. Das Ganze hatte zwei Stunden gewährt, um drei Uhr war alles vollendet. Die Besatzung zählte 40 Todte, unter diesen Hauptmann[60] Schwarte[61] und ein Lieutenant; die Zahl der Verwundeten und Gefangenen betrug 640 Mann“.[62]
„An diesem Ereignisse nahmen die Bürger, die sich ruhig in ihren Wohnungen zurückhielten, keinen thätigen Antheil, nur äußerten sie ihre Freude über die Rückkehr unter die beschöfliche Herrschaft. Diese erste Feude ward jedoch auf der Stelle entsetzlich getäuscht; die Sieger eröffneten nämlich Gräuelszenen, als hätten sie Magdeburg erstürmt. Die Thüren der geschlossenen Häuser werden mit Gewalt gesprengt, es beginnt ein wildes Plündern, Rauben und Mißhandeln der ruhigen Einwohner, daß an Menschlichkeit kein Gedanke mehr ist. Fünfzig der rohesten Söldlinge dringen in die Wohnungen der reichsten Bürger, welche die Gefangenen zeigen müssen, rauben alle Kostbarkeiten, schleppen das übrige Bewegliche aus den Häusern auf die öffentlichen Plätze, werfen die Lebensmittel auf die Gassen, ziehen die Zapfen aus den Fässern, reißen die Kleider den Menschen vom Leibe, und wüthen gegen die friedlichen Hausleute auf die empörendste Weise. So dauerte es fünf Stunden, da erst befahlen die Trommeln Schonung, allein umsonst; erst am Nachmittage, wo nichts mehr zu finden war, trat etwas Ruhe ein; da eilte dann die Soldateska aus den Thoren, und raubte die Pferde aus den Weiden.
Die Beute für die zügellosen Söldlinge war um so ergiebiger, weil die Landleute durch den vorjährigen hessischen Raubzug gewarnt, ihre Habe großentheils in die Festung gebracht hatten, um sie gegen ähnliche Ueberfälle gesichert zu [ha]ben. Dieses Alles ging verloren. Die Güter, welche die Erben Knyphausen noch auf dem Schlosse hatten, wurden ebenfalls eine gute Prise für die Plünderer; das Geld, welches von dem Pfalzgrafen vorausgeschickt war, theilten sich die Offiziere. Diese waren der Eroberung recht vergnügt, und äußerten, ‚daß sie manche reiche und große Stadt erobert, geplündert und an ihr Kriegsrecht geübt hätten, doch übersteige die Beute von Meppen alles übrige‘; mancher gemeine Kriegsknecht raubte sich an die 200 Thaler zusammen. An Munition und Proviant war in der Stadt nicht gezählter Vorrath. Die Gefangenen, welche Neutralität gelobten, wurden entlassen“.[63]
Die Generalstaaten hatten das Amt Meppen[64] für den Pfalzgrafen Karl Ludwig gekauft. „Am 27. März 1638 wurde die Festung Meppen deshalb an pfalzgräfliche Truppen übergeben. Aber die militärische Initiative lag nun vor allem auf Seiten der kurfürstlichen Truppen. Vor allem die von Alexander von Velen geführten Soldaten bestimmten das Kriegsgeschehen im Emsland. Sie hatten den Auftrag, das von Schweden besetzte Gebiet zurückzuerobern. In einem Überraschungsangriff konnte als erstes die Festung Meppen am 11. Mai 1638 erobert werden, die man mit 150 Mann Fußtruppen sowie 100 Reitern besetzte. Dies unterstreicht einmal mehr die Schlüsselstellung Meppens im Emsland. Das Kriegsgeschehen änderte sich aber auch nach der Eroberung Meppens nicht wesentlich. Die Berichte über einzelne Gefechte zwischen kaiserlichen, hessischen und pfalzgräflichen Truppen zeichnen ein Bild, das von Eroberung, Rückeroberung, kleineren Überfällen geprägt ist. Die Truppen Alexanders von Velen konnten sich jedenfalls halten und schlugen verschiedene Versuche pfalzgräflicher Einheiten zurück, Meppen zurückzuerobern. Vor allem von Haselünne[65] aus versuchten diese durch häufigere kleinere Angriffe die Festungsbesatzung zu zermürben. Diese unternahm aber unter dem Kommando des Rittmeisters Hagedorn selbst erfolgreiche Ausfälle und verwickelte die angreifenden feindlichen Truppen in mehrere Gefechte. So gab es beispielsweise ein mehrstündiges Musketengefecht, an dessen Ende die versprengten feindlichen Truppenteile flohen. Im Laufe dieser Auseinandersetzung im September 1638 eroberte Hagedorn Haselünne und konnte die Stadt halten. Der Feind zog sich jedenfalls zurück. Es wurden ein Korporal,[66] sieben pfälzische Reiter und zehn Pferde bei dieser Aktion gefangen genommen. Der Kommandant der Festung Meppen von Ketteler forderte im Zusammenhang mit diesen Gefechten zusätzlich 1.000 Mann Reiter- und Fußtruppen an, mit denen er den Feind endgültig schlagen wollte. Diese Truppen konnten aber nicht zur Verfügung gestellt werden. Noch behielt man allerdings mit dem vorhandenen Potential die Oberhand und konnte beispielsweise einen Angriff der pfalzgräflichen Truppen auf die Meppener Mühle mit 50 Musketieren zurückschlagen. Auch Haselünne wurden weiterhin gegen feindliche Angriffen verteidigt“.[67]
In den „Gravamina“ Meppens vom 11.10.1639 an Kurfürst Ferdinand von Köln[68] hieß es, die Kompanie Hagedorns habe in acht Wochen Aufenthalt an Essen und Trinken 2.200 Rtlr. Kosten verursacht.[69]
Hagedorn berichtete Melchior von Hatzfeldt[70] im Dezember 1638 aus Vörden[71] über das Misstrauen gegenüber den unter Derenthal[72] dienenden schottischen und englischen Söldnern.[73] Im Januar 1639 sollte anscheinend das Kommando zwischen Hagedorn und Derenthal aufgeteilt werden.[74]
Koch[75] war kaiserlicher Obristwachtmeister[76] und Kommandant auf Burg Plesse.[77] Im Dezember 1638 berichtete er von der durch die hessen-kasselische[78] Belagerung herrschenden Hungersnot. Er bat um den Abzug seiner Garnison wegen der Aussichtslosigkeit der Lage und kam um seinen Abschied ein, der jedoch nicht gewährt wurde.[79] Er geriet in diesem Monat in Gefangenschaft und bat von Lemgo[80] aus um seine Freilassung. Hagedorn schrieb an den Obristleutnant Kurt Koch,[81] den Kommandanten von Lemgo, die Ranzion[82] an Johann Mönch, einen Bürger aus Lemgo, zu zahlen.[83]
Möglicherweise handelt es sich bei Hagedorn um den ehemaligen Leutnant „Clamor“ Hagedorn im schwedischen Reiterregiment Knyphausen, der 1634/35 zusammen mit Derendahl unter Obristleutnant Johann von Lixfeld[84] gedient hatte.[85]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Rittmeister [schwed. ryttmåstere, dän. kaptajn]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[2] Louis [Louys, Ludwig, Johann] v. [de] Sarrazin [Sarazin, Sarazino, Sarazini, Saracini, Serasin, Zarazin, Garazin, Caracui] [29.2.1596 Genf-11.10.1645 Leipnik], schwed. Obrist. ZIRR, Die Schweden, S. 471f.
[3] Meppen [LK Emsland]; HHSD II, S. 327f.
[4] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[5] Johann Freiherr v. Ketteler u. zu Berge, Herr zu Assen [ -Januar 1644 ?], ksl. Obrist u. Drost v. Sassenberg.
[6] Rheine [LK Steinfurt]; HHSD III, S. 637f.
[7] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich und einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[8] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.
[9] Feldmarschall [schwed. fältmarskalk, dän. feltmarskal]: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen und Zuständigkeit für Ordnung und Disziplin auf dem Marsch und im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- und Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl. [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)], die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften wie Ranzionsgeldern, den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt.
[10] Dodo I. Freiherr v. Knyphausen u. Innhausen [2.7.1583 Lütetsburg (Ostfriesland)-11.1.1636 bei Haselünne], braunschweigischer Obrist, Feldmarschall. Vgl. SATTLER, Reichsfreiherr Dodo zu Innhausen und Knyphausen.
[11] Gustaf Gustafsson af Vasaborg [24.4.1616 Stockholm-25.10.1653 Wildeshausen], 1637 greve af Vasaborg), ab 1647 greve af Nystad, unehelicher Sohn Gustavs II. Adolf, schwedischer Heerführer, Reichsrat, 1633 bis 1648 Administrator des Hochstifts Osnabrück.
[12] Bollwerk: Zweck eines solchen Bollwerks war es, den Raum unmittelbar vor dem Wall, den die Verteidiger von der Brustwehr aus nicht einsehen können, seitlich bestreichen zu können. Bollwerke sind also der flankierende Teil eines Festungswalls und besitzen in einer neuzeitlichen Festung somit die gleiche Funktion wie die Türme einer antiken oder mittelalterlichen Stadtmauer. Der Ausdruck Bollwerk war in der Fachterminologie des (deutschen) Festungsbaus nicht an eine ganz bestimmte Bauform gebunden, sondern konnte als Synonym zu Bastion, Bastei oder Rundell (Rondell) oder einem anderen flankierenden Bauwerk gebraucht werden [Wikipedia]
[13] Halbmond oder Demi-lune: Ein im Graben vor einer Bastion errichtetes, aus zwei Facen bestehendes Außenwerk. Sein Grundriss ähnelt dem des Ravelins, doch ist seine Kehle halbmondförmig [wikipedia].
[14] Hornwerk: hornförmige Befestigungsanlage. Als Hornwerk wird eine in den Graben vorgeschobene bastionierte Front bezeichnet, die zu den Außenwerken einer frühneuzeitlichen Festung zählte. Es bestand aus zwei mit einer Kurtine verbundenen Halbbastionen, die durch lange Flanken eingefasst wurden. Der Kurtine konnte ein Ravelin vorgelegt sein. Vom Hornwerk zu unterscheiden ist das Kronwerk, welches sich aus mindestens zwei bastionierten Fronten zusammensetzte. Hornwerke kamen im späten 16. Jahrhundert als Element der altniederländischen Befestigungsmanier auf und wurden üblicherweise an besonders gefährdeten Abschnitten vor einer Bastion oder einem Ravelin errichtet. Die Bestreichung ihrer Flügel erfolgte dabei von den Bastionsfacen aus. Das Hornwerk bildete auch eine der Grundformen von Feldbefestigungen und Brückenköpfen [wikipedia].
[15] Situs: Lage.
[16] Friedrich V. v. der Pfalz, Kurfürst der Pfalz (1620-1623), König v. Böhmen (1619-1620) [26.8.1596 Deinschwang bei Neumarkt/Oberpfalz-19.11.1632 Mainz]. Vgl. WOLF, Winterkönig; BILHÖFER, Nicht gegen Ehre und Gewissen; http://www.hdbg.de/winterkoenig/tilly.
[17] Karl I. Ludwig v. der Pfalz [22.12.1617 Heidelberg-28.8.1680 bei Edingen], 1649 bis zu seinem Tod Pfalzgraf bei Rhein, also Kurfürst der Pfalz.
[18] Karl I. [19.11.1600 Duntermline-30.1.1649 London], 1625 bis 1649 König v. England, Schottland u. Irland.
[19] debandieren, von franz. débandade: Auflösung: lockern, entspannen, hier: auseinander rennen, auflösen.
[20] General(feld)wachtmeister [schwed. generalmajor]: Bei den hohen Offizierschargen gab es in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, auch den „General(feld)wachtmeister“, den untersten Generalsrang im ligistischen Heer. In der Regel wurden Obristen wegen ihrer Verdienste, ihrer finanziellen Möglichkeiten und verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zu Generalwachtmeistern befördert, was natürlich auch zusätzliche Einnahmen verschaffte. Der Generalwachtmeister übte nicht nur militärische Funktionen aus, sondern war je nach Gewandtheit auch in diplomatischen Aufträgen tätig. Der Generalfeldwachtmeister entsprach rangmäßig dem Generalmajor. Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant. Die Bezeichnung ergab sich aus seiner ursprünglichen Aufgabe, der Inspektion der Feldwachen und dem Überwachen der Aufstellung der Brigaden und Regimenter im Felde und beim Marsch.
[21] Alexander II. Graf v. Velen u. Megen, Freiherr zu Raesfeld u. Bretzenheim, Graf (1642) [1599-10.10.1675], kurkölnischer Generalwachtmeister. Vgl. KNUST, Alexander von Velen (mit Einschränkungen).
[22] Stratagema: Kriegslist.
[23] Obrist [schwed. överste, dän. oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnbung (1629) standen ihm als Obrist und Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“.
Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl von rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.
[24] facilitieren: erleichtern.
[25] Warendorf [LK Warendorf]; HHSD III, S. 754ff.
[26] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[27] Fürstenau [LK Osnabrück].; HHSD II, S. 156f.
[28] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[29] Impressa: Angriff.
[30] Corps de garde [courtigwarde, courtigardi, Courtegardi, Cortegarde]: befestigtes Wachthau, Blockhaus, kleiner Schutzbau aus Stein oder Holz, der an strategisch wichtigen Stellen errichtet wird, um feindliche Vorstöße aufzuhalten oder auch als Aufenthalt der Stadtwache am Tor zu dienen. Es ist zur Verteidigung oft auch mit Schießscharten versehen oder sogar mit Kanonen und Gewehren ausgestattet [nach wikipedia].
[31] Musketier [schwed. musketerare, musketör, dän. musketeer]: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 2 – 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber [vgl. auch GROTHE, Auf die Kugeln geschaut, S. 386, hier 16, 8-19,5 mm] verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet 1634, dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe; SCHLOTTER, Acta, S. 194. Der Bad Windheimer Chronist Pastorius hält unter 1631 fest; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 100: „1631. Den 10. May eroberte der General Tylli die Stadt Magdeburg / plünderte sie aus / eine Jungfrau hatte ihres Bruders Kleider angezogen / und sich in ein groß leeres Weinfaß verstecket / ward endlich von einem Reuter gefunden / der dingte sie für einen Knecht / deme sie auch drey Monat treulich die Pferde wartete / und als in einem Treffen der Reuter umkam / und sie von denen Schweden gefangen gen Erffurt kam / ließ sie sich für einen Musquetirer unterhalten / dienete fünff Jahr redlich / hatte in etlichen Duellen mit dem Degen obsieget / wurde endlich durch eine Müllerin / wo sie im Quartier lag / verrathen / daß sie ein Weib wäre / da erzehlete sie der Commendantin allen Verlauff / die name sie zu einer Dienerin / kleidete sie / und schenckte ihr 100. Ducaten zum Heyrath-Guthe“. Weiter gibt es den Fall der Clara Oefelein, die schriftliche Aufzeichnungen über ihren Kriegsdienst hinterlassen haben soll. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch 1. Bd., S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß, S. 43ff., über die Bedienung; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[32] Scharmützel [schwed. skärmytsling, dän. skirmish: Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“: Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin [Valten Hanke; BW] genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.
[33] Trommelschläger: Trommler (Tambour) wurden bei der schwedischen Armee auch als Boten eingesetzt, deren Aufgabe darin bestand, im feindlichen Lager als Kundschafter zu fungieren. Trommelschläger wurden z. T. als Übermittler bei Belagerungen oder Verhandlungen eingesetzt, ein durchaus gefährlicher Job, den sonst Trompeter ausübten. So schnitten 1642 aufständische Bauern einem schwedischen Trommler Nase, Ohren und die Finger ab, um zu zeigen, dass sie an Verhandlungen keinerlei Interesse hatten; THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 839. Vgl. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 41: „Sie sollen sich auf allerley Schläge / alß Lermen / Marsch / Versammlung / Troupen / Wacht / Rebell oder Travaille / verstehen / und allerley Marsch und frömder Völkeren Schlag können. Sie sollen nicht Narren und Possenreisser / sonder verständige Leuthe seyn, welche / so man zu dem Feind schicket / Gefangene zulösen: item / Befehl und Bottschaft zuverrichten: Briefe zuüberliefern / ihren Befehl verständig verrichten / auf alles was sie gefraget werden / vernünftig antworten / und was zu schaden gereichen möchte / verhälen / und die Heimlichkeit bey ihren Eiden niemandem offenbaren / sich nüchter halten / und so der Feind sie füllen / und ihnen mit starken trünken zusetzen wollte / solches verweigern und abschlagen: auch so sie gefraget wurden / davon schad entstehen möchte / sich entschuldigen / daß sie deren dingen keine wüssenschaft haben“. Ein Trommelschläger erhielt 1626 als Regimentstrommelschläger in der brandenburgischen Armee monatlich 12 fl.
[34] Schanzkörbe: Aus Weidengeflecht hergestellte hohe Körbe, die mit Erde gefüllt vor Geschützstellungen und Schanzen zur Deckung der Soldaten gegen feindliches Feuer aufgestellt wurden. Die Herstellung dieser Körbe – zwangsweise wurden auch Bürger und Bauern herangezogen – leitete ebenso wie den Schanzenbau der sogenannte Schanzmeister.
[35] Accomodation: Ergebung, Fügung.
[36] N Horneck [ – ], pfälzischer Obristleutnant.
[37] Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Mein Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a.St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Bericht aus Stettin vom 8.4.1631; Relation Oder Bericht Auß Pommern. o. O. 1631: „Den 27. Martii sind alhier 108 gefangene eingebracht deren nach mehr folgen sollen / die werden alle in Schweden ins bergwerck gesand / das sie etwas redliches arbeiten lernen“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14. 1633 kostete die Auslösung bei der Kavallerie: Obrist 600 Rt. aufwärts, Obristleutnant 400 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Rittmeister 200 Rt., Kapitänleutnant 70 Rt., Leutnant 60 Rt. bis 10 Rt. für einen Marketender, nach der Schlacht bei Jankau (1645) Obrist 1000 Rt., Obristleutnant 500 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Hauptmann 75 Rt., Kapitänleutnant und Leutnant 50 Rt.; GANTZER, Archivalien, S. 40f.
[38] gratias: Dank.
[39] Beute: Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153. Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer Universitätsbibliothek; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „ … aber ich muß erst Beute machen“. Auf der Suche nach Beute wurden sogar Latrinen erfolgreich durchsucht; SAUERLÄNDER, Geschichte der Stadt Lüdenscheid, S. 107. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.
Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck und Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Gehandelt wurde mit allem, was nur einigermaßen verkäuflich war. Erbeutete Waffen wurden zu Spottpreisen an Städte und Privatleute verkauft; SEMLER, Tagebücher, S. 27f. Der Überlinger Pflummern berichtet in seinem Tagebuch unter dem 4.5.1635; SEMLER, Tagebücher, S. 199: „Vmb dise zeitt daß rauben, stehlen vnd plündern auff dem landt, sonderlich vmb die statt Veberlingen daß tägliche handwerckh geweßt, dan nirgendts ein remedium, kein zucht noch kriegsdisciplin, vnd hatt obrist von Ossa zu Lindaw selbst denen, so vmb abstellung diser straßenraubereyen bei ihme angehalten (der jedoch auf dieses landts defension vom kayßer patenten empfangen) sollche abzustellen nicht möglich, dan wie er discurrirt, müeße der kayßer knecht haben, die knecht müeßen geessen haben, müeßen auch wol gemundirt seyn, vnd müeßen noch darzu fir andere ihr notturfft ein stuckh gellt im peüttel haben, ergo sollen vnd mögen sie stehlen, rauben vnd plündern, waß vnd wa sie finden“. Teilweise waren sogar Pfarrer mit auf Beute ausgezogen“. STÜNKEL, Rinteln, S. 20: „Im Oktober [1623; BW] erhält der Rat Kenntnis von einer für die Stadt sehr unangenehmen Angelegenheit, die unter Umständen die schwerstwiegenden Verwicklungen nach sich ziehen konnte. Uns aber zeigt dieses Vorkommnis, wie sehr schon in den ersten Jahren des Krieges die Moral der Bürgerschaft gelitten hatte. Es handelt sich um folgendes: Bürger der Stadt haben von den kaiserlichen Kriegsvölkern Seiner Exzellenz des Grafen von Tilly, die links der Weser von Exten bis Hemeringen lagerten, unter anderem gestohlenes Vieh gekauft und es durch Tillysche Soldaten nach Rinteln bringen lassen. Bei der Rückkehr von der Stadt in ihre Quartiere haben diese Kriegsknechte die Kirche in Hohenrode aufgebrochen und ausgeplündert. Als der Rat am 2. Oktober davon erfährt, ordnet er sofort eine Untersuchung über diese Vorkommnisse unter den Bürgern und Bürgerschützen an. Dabei stellt sich heraus, daß nicht nur einzelne Bürger im Tillyschen Lager gewesen sind, sondern daß auch Schützen aus allen Korporalschaften die scheinbar billige Kaufgelegenheit wahrgenommen haben und daß in diese schmutzige Angelegenheit, denn es handelt sich ja meist um gestohlene Sachen, nicht nur die Männer, sondern auch deren Ehefrauen und Dienstmädchen und auch die Schutzjuden verwickelt sind. Bürgermeister Curt Hanes Magd hat von den Soldaten Kleider gekauft, ein Knecht dem Juden Leaser eine geringe Kuh für einen Taler abgenommen, ein Fremder hat zwei große Kessel mitgebracht, die Frau von Carl Schnar hat elf Kuhhäute für 4 Tonnen Broihan eingehandelt, Carsten Bohne hat einen Krug für 2 ½ Groschen, Jürgen Bennemanns Magd einige Kleider, Lewin Storck eine Kuh für 2 ½ Taler, Hans Rosemeyer zwei Kühe und ein Rind für 7 Taler gekauft. Andere haben eingehandelt ein Pferd für fünf Koppstück, eine Büchse für einen Taler, Kessel, Messingkannen, Schaffelle, ein Leibstück für drei Brote, fünf Schlösser, die aus dem Hause von Wartensleben in Exten stammten – der Käufer behauptet aber, sie dem früheren Besitzer schon wieder angeboten zu haben – , Feuerschlösser, 15 Stück Leder, Mäntel und Leinwand, ein altes Feuerrohr, Degen, einen Messingkessel für einen Hut, einen kupfernen Kessel für zwölf Groschen, ein Bandelier, eine Kuhhaut, ‚so durchschossen‘, für 2 Koppstück, einen kleinen ‚Pott‘, ein Leinenlaken, ein Stück Samt, Wollgarn usw. Einer kaufte eine Axt von einem Soldaten, ‚der ihn Hungers halber um Gottes Willen gebeten, ihm ein Brot dafür zu geben‘ “.
[40] THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 943f.
[41] Christina Königin v. Schweden [17.12.1626 Stockholm-19.4.1689 Rom]. Vgl. FINDEISEN, Christina von Schweden; HERMANNS, Christina Königin von Schweden; BUCKLEY, Christina; HEYDEN-RYNSCH, Christina von Schweden.
[42] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl von Söldnern anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der von Städten und Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung und den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung und wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Manche Rekruten wurden von den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide und mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen und noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt und durch die Erschießung von Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f.. Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik von Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200), dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen[Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Für unerlaubte Werbung drohte die Todesstrafe; MÜLLER, Unterpfalz, S. 63. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566-29.7.1637], berichtet zum April 1623: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.
[43] Speyer; HHSD V, S. 350ff.
[44] Reichskanzler Oxenstierna hatte Horneck am 30.4. noch aus Mainz befohlen, auf Entsatz zu warten. Horneck kam wegen „der zur Unzeit und ohne noth aufgegebenen Stadt“ in Mainz vor das Kriegsgericht. Die meisten Richter hatten zwar für die Todesstrafe gestimmt, aber Horneck war trotzdem nicht zum Tode verurteilt worden, sondern begnadigt worden. Möglicherweise hatte er seinen Obristenrang verloren, denn 1638 wird er als Obristleutnant geführt. MÜLLER, Der schwedische Staat, S. 83, Anm. 135; S. 117, Anm. 171; AOSB I/7, Nr. 245, S. 238: Oxenstierna an Wilhelm V. v. Hessen-Kassel, Mainz, 6.5.1632.
[45] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr., in der brandenburgischen Armee auf 8 fl. 10 gr. = 7 Rtl. 2 Gr; nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 3, S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung. In den Feldlagern (über)lebte er unter den schwierigsten Bedingungen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3, 4 Jahren. Bei Gefangennahme oder Stürmen auf eine Stadt lief er immer Gefahr, getötet zu werden, da für ihn keine Ranzion (Lösegeld) zu erwarten war, oder wenn eine Untersteckung unter die eigenen Truppen nicht notwendig erschien. Generell wurden jedoch „teutsche Knechte“ gegenüber etwa den „Welschen“ bevorzugt übernommen.
[46] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 400 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , in der brandenburgischen und dänischen Armee Armee sogar 300 fl. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 320 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der „unkatholischen“ Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann oder Rittmeister einer Kompanie, wofür er ein zusätzliches Einkommen bezog, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[47] Quartier: Pardon, Gnade. Das hing zumeist von den Möglichkeiten ab, sich zu ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph 3. Bd., S. 450. Nach Lavater, KRIEGSBüchlein, S. 66f., hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „Wann aber ein Soldat eine eiserne / zinnerne / in speck gegossene / gekäuete / gehauene / oder gevierte Kugel schiesset / sol man ihm kein Quartier halten. Alle die / so gezogene Rohre oder Füseschlosse führen führen / haben das Quartier verwürckt. Item / alle diejenigen / die von eisen geschrote / vieregkichte / und ander Geschröt / und Stahel schiessen / oder geflammete Tegen haben / sol man todtschlagen: auch alle diejenigen / so man in einem Land / welches preis gegeben wird / vor dem Feind antrift / sol man henken lassen: Auch alle Spionen haben kein Quartier / sonder sollen ohn alle gnad gehenkt werden. Alle Nachtvögel / so die Strassen unsicher machen / und keinen Herren haben / sol man henken lassen. Item / alle diejenigen / so ohne Paßporten zum Feind überlauffen / und wider ergriffen werden / sol man todtschlagen“. Auch wurde beim Angriff zum Teil die Parole ausgegeben, kein Quartier zu gewähren; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 609f. (Treffen bei Haselünne 11.1.1636). Doch selbst die Gewährung von Quartier bedeutete nicht, danach nicht noch getötet zu werden.
[48] PUFENDORF, Der Schwedisch- und Deutschen Kriegs-Geschichte, S. 444.
[49] Fahnenwechsel: „sich unterhalten lassen“, d. h., in die Dienste des Gegners zu treten, geschah bei Gefangennahme entweder freiwillig oder auch gezwungenermaßen (=> Untersteckung), wenn man nicht genügend Ranzion stellen konnte oder Gefahr lief, getötet zu werden. Bei der Einnahme von Städten lief man immer Gefahr, dass man zurückbehalten wurde und wieder in die vorigen Dienste zurücktreten musste. Der häufige Fahnenwechsel konnte natürlich aiuch insofern Folgen haben, als gerade die Offiziere gute Detailkenntnisse mit ins gegnerische oder in das Lager von Verbündeten nahmen. OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 538: „Diesesmal gehörte auch Adam Philipp zu den Unsicheren. Um ihn zu halten, stellte ihm der Kurfürst folgendes Ultimatum, vom 4. März 1632: ‚Ir sollt die Ursache schreiben, aus welcher ir merfach geäussert habt, dass ir in unseren und des katholischen Bundes Kriegsdiensten zu continuiren wenig Lust habt oder, eurem Vorgeben nach, gedrungen werdet, ander Resolution zu fassen. Wir haben euch vor anderen zum General-Wachtmeister gemacht. .. Andere hohe und niedere Officirs, auch gemeine Soldatesca würde von euch ein bös und schädlich Exempel nehmen … Ihr habt versprochen zu continuiren und ist das in der jetzigen allgemeinen necessitet eure Schuldigkeit‘. … Der Kurfürst will sich versehen ‚Ir werdet furtherhin einer mehreren discretion und dankbahrkeit bezeigen. Wenn aber ir andere resolution zu fassen gedenket, so begehren Wir, zuvor zu vernehmen: wohin Ir eure Resolution gestelt und ob ir die euch anvertraute charge und das Regiment zu resigniren gemeint wäret‘. Gleichzeitig soll er berichten: ob er endlich den Tross und die pigage [Bagage; BW] reduzirt habe ? Die Antwort Adam Philipps auf diese ernste Mahnung zur Fahnentreue liegt nicht vor. Dass der Verdacht des Kurfürsten gegen ihn wohlbegründet war, wird sich später erweisen; wie auch, dass einige seiner Offiziere ihren jungen Obristen drängten“.
[50] Regiment: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl. eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[51] Rupert Pfalzgraf v. der Pfalz [17./27.12.1619 Prag-29.11.1682 London] Vgl. REBITSCH, Rupert.
[52] William 1st Earl of Craven [Cré] [Juni 1608 Bishop’s Gate, London-9.4.1697 Drury House, Drury Lane, London], Obrist in pfälzischen Diensten. MURDOCH, SSNE ID 1339; http://www.berkshirehistory.com/bios/wcraven_eofc.html.
[53] Schwadron, Esquadron [schwed. skvadron, dän. squadron]: Im 16. Jahrhundert bezeichnete Escadre (von lateinisch exquadra Gevierthaufen, Geschwader) eine Stellungsform des Fußvolks und der Reiterei, aus welcher im 17. Jahrhundert für letztere die Eskadron, für ersteres das Bataillon hervorging. Ca. 210 Pikeniere sollten eine Schwadron bilden, 3 eine Brigade. Die Schwadron der Reiterei entsprach der Kompanie der Fußtruppen. Die schwedische Kompanie (Fußtruppen) bestand nach Lorenz TROUPITZ, Kriegs-Kunst / nach Königlich Schwedischer Manier eine Compagny zu richten, Franckfurt 1638, aus drei Schwadronen (zu Korporalschaften, eine Schwadron entsprach daher dem späteren Zug). Die Schwadron war in der Regel eine taktische, selbstständig operierende Infanterie- oder Kavallerieeinheit, die nur für die jeweilige Schlacht aus verfügbaren Einheiten gebildet wurde, meist aus einem Regiment bestehend. Nach Bedarf konnten a) bestehende zahlenmäßig starke Regimenter geteilt oder b) schwache Regimenter zu einer Schwadron zusammengelegt werden; SCHÜRGER, Archäologisch entzaubert, S. 380.
[54] Lingen [LK Emsland]; HHSD II, S. 299f.
[55] Leutnant [schwed. Löjtnant, dän. Løjtnant]: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-80 fl. – zumindest wurden in den besetzten Städten monatlich 80 Rt. (120 fl.) erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 -, was etwa dem Sold eines bayerischen Kriegsrats entsprach. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der infanterie 60 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 52f.: „Ein Leutenant wird von dem wörtlein Lieutenant, quasi locum tenens, Ort / Platz / Stell- oder Statthalter eines Capitains genant / diweil er in abwesen seines Capitains desselben Stell verwaltet / er könnte auch der Unterhaubtmann geheissen werden. Ein solcher sol ein dapferer / aufrichtiger / Kriegsgeübter / und praver Cavalier seyn / und ist dem Capitain der nächste: in dessen abwesen commandiert er follkommen / und hat auch in gegenwart des Capitains den gantzen Befehl über die Compagnie: dann wann dem Capitain von dem Regiment etwas anbefohlen wird / so gibt er dem Leutenant Ordre / wie er sich in einem und anderem verhalten solle / der dann durch seine nachgesetzte Officier den Befehl follstrecken laßt: Dieser sol auch des Capitains guten Namen / Ehr / und Reputation lieb haben und schirmen / alß sein eigen Leben und Ehr / und sich sonderlich dem Capitain um dapfere und versuchte Soldaten umschauen / auch wie er die Soldaten logiren und wol einquartieren möge: Darneben soll er fleissig achtung geben / daß alles gleich zugehe / nach guter ordnung und ohne klag. Alle Abend sol er sich auf der Parade finden lassen / und sehen / wo mangel erscheine: ob auch die Parade / Wacht / und Ordre wol angestellet und gehalten werden: dagegen sol er sich in seinem Commandement gravitetisch und ernsthaft erzeigen / daß ihn seine untergebene Officier und Soldaten ehren / und so wol alß den Capitain fürchten. Die Soldaten werden auch durch ihn gestraft / und ligt ihme aller Last auf dem hals: dann so er die Compagnie nicht versehen müßte / mangelte man keinen Leutenant. Sein Oberwehr ist eine Partisane / er thut keine Wacht / alß die Haubtwacht / da die Compagnie wachet. Er sol auch die Corporalschaften an Mannschaft gleich außtheilen / und keiner mehr versuchte Soldaten geben alß der anderen / daß einer die besten / ein anderer aber die schlechtesten Soldaten habe / woran in einer Occassion vil gelegen ist: Er sol den strafwürdigen streng / den gehorsamen aber gutthätig seyn: Er sol auch aller Soldaten humores erkennen. In summa / er sol wüssen in abwesen des Capitains die Compagnie mit satsamer genugthuung zuregieren / alß wann der Capitain selbst zugegen were / und beyde Officia unklagbar zuverwalten“.
[56] N Kornet [ – ], schwedischer Leutnant.
[57] Koldenhove: nicht identifiziert.
[58] Punder Jürgen [ – ], kaiserlicher Leutnant.
[59] Hümmling: Grundmoränenlandschaft (Geest) im nördlichen Emsland im Westen Niedersachsens und des norddeutschen Tieflandes, mit einem Abstand von knapp 10 km zur Ems. Seine Ausdehnung beträgt in Nordsüdrichtung etwa 28 km, in Ostwestrichtung etwa 14 km. Vom Nordende sind es knapp 30 km bis nach Leer in Ostfriesland [wikipedia].
[60] Hauptmann [schwed. Kapten, dän. kaptajn]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner bzw. Anwärter auf eine Stelle, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., was dem Gehalt des Zahlmeisters in der spanischen Botschaft in Wien entsprach, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. In besetzten Territorien wurde nach der Verpflegungsordnung Wallensteins (1629) 200 Rt. monatlich verlangt; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[61] N Schwarte [ -11.5.1638 Meppen], schwedischer Hauptmann.
[62] DIEPENBROCK, Geschichte, S. 438f.
[63] DIEPENBROCK, Geschichte, S. 442f.
[64] Meppen; HHSD II, S. 327f.
[65] Haselünne [LK Emsland]; HHSD II, S. 210.
[66] Korporal [schwed. korpral, dän. korporal]: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich; „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes, in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 24 Rt. erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 16 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 461. DESING, Historia auxilia 2. Bd., S. 186: „Corporal ist ein Unter-Officier, der viel zu thun hat: Darumb seynd bey einer Compagnie zwey, drey oder vier. Für seine 15. Mann, welche man eine Rott nennt, empfängt er vom Capitain d’Armes das Gewehr, vom Fourier das Quartier, vom Muster-Schreiber das Geld, vom Sergeanten die Ordre, gehört nit zur Prima plana“. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 60: „Die Corporalen sollen gute / redliche / und versuchte Soldaten seyn / die schreiben / lesen / und rechnen können. In dem commandieren sollen sie gleiche ordnung halten / die Schiltwachten zu guter zeit aufstellen / und ihr Ansehen bey den Soldaten erhalten: Sie sollen gantz eiserne Ladstecken / Krätzer / und Kugelzieher an ihren Musqueten haben / daß sie den Soldaten zu hülff kommen mögen“.
[67] SCHÜPP, Amt Meppen, S. 150f.
[68] Ferdinand v. Bayern, Kurfürst v. Köln [7.10.1577-13.9.1650 Arnsberg]. Vgl. FOERSTER, Kurfürst Ferdinand von Köln.
[69] SCHÜPP, Amt Meppen, S. 152.
[70] Melchior Reichsgraf Hatzfeldt v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.
[71] Neuenkirchen-Vörden [LK Vechta]; HHSD II, S. 468f.
[72] Thomas Derenthal [Derendahl] [ – ], kaiserlicher Hauptmann.
[73] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 221.
[74] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 220.
[75] Kurt Koch [ -25.2.1642 Eisleben], kaiserlicher Obrist.
[76] Obristwachtmeister [schwed. major, dän. oberst sergent]: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 40 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] oder 50 fl. – nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 240 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460, in besetzten Städten (1626) wurden z. T. 320 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , also 600 fl. (900 R.) jährlich, was 1634 dem Monatssold eines Obristen entsprach oder dem Jahresgehalt eines bayerischen Hofrats – entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Daneben war er zum Teil auch Rittmeister, um seinen Sold aufzubessern.
[77] Plesse [Gem. Bovenden, LK Göttingen]; HHSD II, S. 381f.
[78] Hessen-kasselische Armee: „Armee ohne Land“: PRESS, Hessen, S. 312, über die Armee der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Nach den Zahlen bei BETTENHÄUSER, Die Landgrafschaft Hessen, S. 17, müsste jeder 4. Einwohner der Landgrafschaft Soldat gewesen sein. Hessen-Kassel unterhielt bei einer Einwohnerzahl v. 70.-80.000 eine Armee v. insgesamt 18.000 Mann, die nur durch Kontributionen in den besetzten Gebieten erhalten werden konnte; ein typischer Fall v. Überrüstung. Laut Dorstener Vertrag hatte Amalie von Hessen-Kassel eine Armee v. 7.000 Mann zu Fuß u. 3.000 Reitern zu unterhalten; dafür zahlte Frankreich jährlich 200.000 Rt.; Staatsarchiv Marburg 4 f Frankreich Nr. 55; Bibliothèque Nationale Paris Manuscrit français Nr. 17885. Vgl. auch SODENSTERN, Die Anfänge.
[79] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 222.
[80] Lemgo [LK Lippe]; HHSD III, S. 452ff.
[81] Kurt Koch [ – ], kaiserlicher Obristleutnant.
[82] Ranzion, Rançon, ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Teilweise wurde Offizieren gestattet, zum „Rekompens“ drei bis Häuser zu ranzionieren; FRITSCH, Tagbuch, S. 129. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade auch der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten je nach Rang in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht gelassen worden“.
[83] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 218.
[84] Johann v. Lixfeld [ – ], schwedischer Obristleutnant.
[85] STEINWASCHER, Krieg, S. 71.
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Kipshoven [Kipshofen, Kipshoven], Sybert Johannes [Johann]; Hauptmann [ – ] Er stand mindestens von 1637 bis 1648 als Hauptmann[1] in den Diensten Ferdinands von Köln.[2] 1637 tauchte er in der Entourage des Johann Adolf Freiherr Wolff, genannt Metternich zur Gracht,[3] auf, ferner 1648.[4]
1642 erlangte er zunächst lokale Berühmtheit und wurde sogar in einem umfangreichen Encomion[5] gefeiert. „Nachdem die vereinigten Hessen[6] und Weimaraner sich der früher genannten Oerter bemächtigt hatten, wandte sich General[7] Guebriant[8] am 18. April [1642; BW] gegen das kurkölnische Städtchen Lechenich,[9] dessen Besatzung nur einige 100 Mann betrug. Aber obschon sie dieses Städtchen bestürmten und verbrannten, so hielten sich doch die im Schlosse belagerten Kaiserlichen unter dem Obristlieutenant[10] Kipshofen so tapfer, daß der Feind am 27. Mai, besonders weil auch ein bairisches Heer zur Hülfe heranrückte, die Belagerung aufheben und sich auf Grevenbroich[11] zurückziehen mußte“.[12]
„Während des 30jährigen Krieges 1642 ward Lechenich von den Franzosen, Hessen und Schweden,[13] die den Ort wegen der vielen daselbst zum Dienst des Kurfürsten aufbehaltenen Jagdhunde den Hundestall Schimpfweis nannten, belagert, die Stadt von dem französischen General, Johann Baptist Budes, Grafen von Guebriant mit Ausnahme des Schlosses durch Sturm genommen, nachdem die patriotische Bürgerschaft, und namentlich der Pfarrer des Orts zuerst Feuer an ihre Häuser gelegt, sich mit ihrem Vieh und geretteten Habseligkeiten auf das Schloß geflüchtet hatten. Diese verteidigten nun unter den tapferen Anführern Johann Kipshoven, Peter Tibanti[14] und 4 andern Lechenicher Helden Johann von der Burg, Johann Sax, Carl Dellinger und Johann Gopp das Schloß, (obschon dasselbe mit keinen Wällen versehen, sondern nur mit 2 breiten und tiefen Gräben umgeben, daß die durch einen Siegeszug am Rheine übermüthig gewordenen Belagerer in ihren langen Hosen (braccati Galli) nach einer fruchtlosen wüthenden Belagerung und Bestürmung von sieben Wochen, auf Osterdinstag, nachdem sie die ganze Gegend eingeäschert hatten, mit Schimpf und Schande nach Bergheim[15] abzogen, und noch auf ihrer Flucht über Kerpen[16] verfolgt, manchen ihrer Leute in den dortigen Büschen und Morästen stecken ließen, und so an Lechenich das non plus ultra ihres Siegeszugs im Erzstift fanden“.[17]
Auch in den damaligen Medien fand diese Belagerung großes Interesse. Unter dem 21.4. berichtete die „Mercurij Relation“ aus dem Erzstift Köln: „Die Weinmarisch: Frantzösischen nachdem sie zu Neuß[18] uffgebrochen / das Geschütz vnd Bagagi[19] daselbst abgeführet / die Guarnison[20] hin vñ wider zum theil geschlichtet[21] / haben dieselbe sich am 18. dito morgens frühe vor Lechenich sehen lassen / daselbst auch Battereyen[22] auffzuwerffen angefangen / empfinden aber durch anstellung des Herrn Kipshouen Commendanten deß Schlosses daselbst / als auch andern Capitain[23] vnd Officirern tapfferen widerstandt / wie dann durch außübung derselben deß Feindts Völcker ziemblich eingebüsset / massen auch der Succurs[24] der Churf, Bayrischen Armada schon theils Sigen[25] vorbey / vnd näher angelanget / verhoffes an dem Feindt begegnet werden möchte.
[…] Die Frantzösisch-Weymarischen befinden sich zwar noch vor Lechenich / die haben vom Sambstag Nacchmittag biß Sontag zu Abendt in 2. ad 300. Canonschüß auff die Statt gethan / doch wenig gewunnen / aber wol in wehrender kurtzer Zeit der Belägerung / in 5. ad. 600. Mann / so nidergemacht / als entlauffen[26] oder sonsten gebliben / verloren / auch seither Sontag zu Nacht mit dem Canoniren eingehalten / auß was vrsachen / waiß man nicht / jedoch am Dinstag widerum vnderschidliche Dörffer vmbtrent Lechnich in Brandt gesteckt vnd zumalen eingeäschert“.
Unter dem 4.5. wurde gemeldet: „Obwoln die Weimnarischen vor Lechenich Pressa[27] geschossen / vnd ein halb Mon[28] mit Sturm erobert / wirdt doch der Sturm auff die Statt wegen der tieffen Wassergräben verhindert / durch einwerffung vil Fewr aber der Statt grosser Schaden beschehen / dargegen ist die Besatzung auß Bonn[29] den Weinmarischen eingefallen / vil Reuter gefangen vnnd 40. Pferdt eingebracht“. Im Bericht vom 9.5. heißt es: „Der Commendant in Lechenich hält sich Mannlich / hat dem Feindt schon vil Volcks erlegt / wie dan vil verwundte nach Duren[30] gebracht werden / allda seynd vier Regiment[31] zu Roß vnd Fuß zu werben[32] Patenten[33] außgethailt / vnd jedem Soldaten drey Monatsold[34] geben worden“. Unter dem 15.5. wird festgehalten: „Die Statt Lechnich ist zwar von den Frantzösisch: Weymarischen erobert / auch zumaln eingeäschert / vnd hat sich das Volck alles aufs Schloß reterirt / die thun dem Feindt gleichwol annoch grossen widerstandt / massen dieselbe / einkommenden bericht nach am 12. dises vom Schloß außgefallen / vnnd die / so sich noch etwan in gehüchtern auffgehalten / außgetrieben / vnd alsbaldt sich wideer aufs Schloß begeben / Nachdem aber nunmehr gewiß / daß Ihre Excell. Graf von Wahl[35] mit Ihrer Churfürstl. Durchl. zu Cölln vnd General Graf von Hatzfeldt[36] sich vnderredet / auch Ordre ertheilt worden / es sollen die ChurBayerische Armee / so bißhero zu Nidda[37] vnd in der Wetteraw gelegen / vnd etwa refrischiret / sich zum Auffbruch gefast machen / auch darauff gedachter Graf von Wahl am verlittenen 13. dises hoher dero Armee entgegen gezogen / danebenst auch die Völcker in Westphalen vndern Commando Ihrer Excell. Graf von Vehlen[38] / so vil deren der Orten entrathen werden können / darzu stossen / vnd zusampt den Hatzfeldischen allhie beym Rhein ligenden Völckern ein Corpo machen sollen / als verhofft man ehist ein andern Lufft / vnd ein bessers / als bißhero geschehen / zu vernemmen. Es will aber hingegen verlauten / ob hette der Feindt bereits etlich Wägen mit Mehl / (so im Läger vor Lechnich gestanden / vnd damit den Ort zu prouiandiren nach der Eroberung willens gewesen /) wider zurück nach Bedbur[39] führen lassen / in mainung daselbst ein Magazin zu machen / sich zu verschantzen[40] vnd zu sehen / auch der Kayserl. zu erwarten / ob er nun auff ankunfft deren standt halten werde / steht zu vernehmen. Gott stehe vns bey“. Weiter wird unter dem 18.5. mitgeteilt: „Die Frantzösisch: Weymarischen befinden sich annoch vorm Schloß zu Lechnich / vnd fallet es ihnen daselbst sawr / die Belägerten aber halten sich tapffer vnd Mannhafft / vnd geben dem Feindt nichts nach / vnangesehen derselbe gestern Sambstags den 17. dito mehr als 100. Canonschuß auff sie gethan / bleiben gleichwol beständig / legen vom Feyndt vil darnider / vnd wirdt demselben auch nunmehr das straiffen vnd außlauffen mit Partheyen[41] verbotten werden / massen die Brücke über Rhein zum Vbermarch gantz verfertiget / auch bericht wirdt / es solten bereits etlich Comp.[42] zu Pferdt vber: vnd wider vber marchiren / dem Feyndt das straiffen zu verbieten / es wirdt auch verhofft / der so lang desiderirte Succurs solle nun ehist heran kommen / vnd wollte Gott / daß er denen belägerten in Lechnich zur errettung nit zu langsam kom̃t.
Den 14. diß haben die Weynmarischen Lechenich mit Sturmb erobert / die Burger haben sich mit Weib vnd Kind in die Kirchen: die Soldaten aber ins Schloß retiriert / welches jetzt starck beschossen wirdt / deßgleichen zwischen Bedbur[43] vnnd Lechnich ob einer höhe ein Läger[44] abgestochen / allda den ChurBayrischen zuerwarten. Sonst hat der Feyndt vor hiesiger Statt vil Menschen vnd Schaaf weggenommen / vnd versamblet sich der Schwedische Succurs von 40. Compag. vmb Wesel“.[45] Unter dem 25.5. heißt es weiter: „Dieser Orten steht es noch in vorigen terminis / die Belägerte in Lechnich halten sich annoch / vnd thun dem Feyndt / wie vor / als noch / grossen widerstandt / verhoffent den lang erwünschten Succurs / welcher / wie man vernimbt / berait einkompt / massen auch die auß den Westphälischen Guarnisonen vnder Ihrer Excell. Herrn Feldzeugmaistern[46] Grafen von Vehlen commandirte / vnd zusamen gezogne Völcker / uff den 25. dito sich zum Auffbruch gefast zu halten erklärt / vnd nachm Rhein zu marchiren commandirt worden / Entgegen will auch vor gewiß außgeben werden / ob sollten etliche Stadische[47] Völcker / vnd benentlich in 17. Compagnyen / den Weymarisch Frantzösischen bereits zugestossen sein / wohin nun / vnd zu was ende diese Conjunction gerichtet / steht zu erfahren / vnd mit nechsten zu berichten“. Dazu wird aus Frankfurt[48] mitgeteilt: „Diser tagen ist General Vehlen mit 2000. Man zu Fuß vnd 1500. Pferdt auß Westphalen zu Wipperfurt[49] / deßgleichen auch die vnberittne Chur Bayrische Reuter bey Bonn[50] angelangt / vnd solle der gantze Succurs inner 2. Tagen folgen / alsdann mit Macht auff den Feyndt zugehn / welcher vor Lechnich durch einen Außfall abermal schaden erlitten / vnd ihme 2. Stuck Geschütz vernagelt[51] worden“. […]
1.6.1642: „Weil die Weinmarischen vorm Schloß Lechnich (so sampt dem Stättlein / welches gantz außgebrennt / 5. Wochen belägert gewest) nichts richten können / vnnd ihrer in 1000. darvor gebliben / auch der Chur Bayrisch Succurs vber die Rheinbrucken allhie zu marsiern angefangen / als haben sie den 27. passato selbige Belägerung auffgehebt / die Stattporten zersprengt / daß Läger / wie auch alle Lechmüll[52] / Dörffer vnd Schlösser in Brandt gesteckt / selbige refier / wie auch Zulpich[53] vnd Eißkirch[54] verlassen / vnd sich gegen den Maaß auff Dalen[55] und Duichen[56] gewendet / aber Deuren[57] / Betpur vnnd vmbligende Ort seynd mit Stadischen Völckern besetzt worden / Die in Gülch[58] haben den Weinmarischen in 50. Pferdt abgejagt / Entgegen dise / 42. hiesige Soldaten beym Dorff OberKersten[59] nidergemacht“.[60]
Ergänzend dazu findet sich in den „Wochentlichen Ordinari Zeitungen“ folgende Angaben: „So seind zu Flüßingen[61] 4000. Mañ auß Franckreich ankommen / von dar zu den Weymarischē zu marchiren / welche Lechenich starck beschiessen vnnd 2. Batterien daruor verfertigen vnd sehr nahe approchirt, der Commendant dariñ aber thut mit den bey sich habenden 1000. Soldaten starcken widerstandt / wie Er dann in einem Außfahl vber 100. Mañ vnd darunder den Guebrianischen Major[62] erlegt.
[…] Demnach die Frantzösisch: Weymarischen den 18. Verlittenen Monats Aprilis sich für die Statt Lechenich begeben / dieselbe starck belägert / auch alsbald Batteryen auffgeworffen / vñ auß 17. groben Stücken[63] zu vnderschidlichen mahlen grausamb darauff Canoniret / wie imgleichen mit Granaten vnd Fewr einwerffen[64] / es zuletzt so weit gebracht / (weilen nach niderfählung der Mauren vnd anzündung deren Häuser vnd Gebäw / die Guarnisonen in der Statt / zusampt deren darinnen noch anwesender Bürgerschafft / auß forcht / es möchte der Feynd ihnen die Retirada zum Schloß abschneiden / sich in zeiten darauß begeben) daß sie dieselbe zwar erobert / nachdem aber alles eingeäschert ware / nichts daselbst gewunnen / nach disem haben sie dem Schloß auffs newe mit allem ernst zugesetzt / auch widerumb mit macht ohne vnderlaß zu vnderschidlichen mahlen darauff canoniret / jedich jedesmahls solche tapffere Gegenwöhr befunden / daß sie den 27. Dito Dinstags frühe (nachdem sie noch 2. Pforten der Statt / so minirt[65] gewesen / gesprengt /) die Belägerung auffzuheben / vnnd den Orth zu quitiren genötiget worden / hernacher haben sie alle ihre Sachen / Geschütz vnd Bagagie zusammen geführet / die Quartier / zusampt etlich Dörffern / als Gymmerich[66] / Dermetzheimb[67] vnnd andere mehr eingeäschert / vnd darvon gangen. Es hat der Feynd weit vber 1000. Mann / so nidergemacht als entlauffen / vor disem Orth verlohren / vnnd soll sich derselbe an jetzo / dem verlaut nach / zwischen Caster[68] vnnd Betbur setzen wöllen / ob er aber der ChurBayrischen Reichs-Armee / auch sonsten der andern Kayserl. Völckern / welche nunmehr nicht allein nahe bey der Hand / sondern schon theils vor Augen seind / daselbst zu erwarten: was auch sonsten die Stadischen Völcker / so sich bey vnnd vmb Neuß[69] her befinden / anfangen werden / stehet zu vernehmen“.[70]
Ergänzungen finden sich im „Theatrum Europaeum“:[71] „Als man oben genannte Gülchische Oerter bemeistert hatte, wurde von GeneralFeldmarschallen Guebrian der Rath genommen / sich vor das Stättlein vnd Schloß Lechenich zu legen / worinnen die Churf. Jaghunde gehalten wurden / darumben es die Weymarischen oder die Frantzosen einen Hundsstall nenneten: Gleichwol aber etliche 100. Mann zu Roß vnd Fuß darinnen lagen / davor man vmb den 18. April. mit 14. Stücken Geschützes vnd zimblichen Gewalt von Reuterey vnd Fußvolck kommen / aber wenig Glück darvor gehabt: Inmassen man viel Volck / Munition vnd Reputation darvor auffgesetzet / vnd nichts bessers außgerichtet / als dz man vnrühmlicher Dingen die Dörffer herumb in die Flam̃e gestecket / das vom Fewer einwerffen hart beschäftigte Stättlein / zeit der verlassung gar abgebrennet / alle Stürm daran / vnd endlich deß Gen. De Guebrian Obr. Leut.[72] Mons. De Floucourt im recognosciren deß Grabens / verlohren / dene Herr Gen. für seine rechte geachtet / vnd sehr betrawret hat: der mehrern Officirern / sampt der Soldatesca[73] zugeschweigen / dabeynebens man auch zwey halbe Carthaunen[74] durch so starckes beschiessen / zersprenget / durch angewendten starcken Ernst zwar sich Eingangs Maij deß Stättleins bemächtiget / die Guarnison ins Schloß getrieben / die nicht viel Pulver mehr vbrig gehabt / vnd eins mahls (wiewohl nur zur Verführung) mit Steinen sich zu wehren angefangen / man aber doch deß Schlosses sich nicht bemächtigen können / vnangesehen selbiges mit keinen Wällen versehen / Sondern von aussen herumb nur mit zweyen / vnd inwendig mit einem Graben vmbflossen: Die aber vmb so viel desto tieffer vnd nicht wie man vermeynet gehabt / außzufüllen gewesen. Es hielten sich zwar die Hineinkommene in den Kellern auff / fiengen an Battereyen gegen dem Schloß zu machen / begaben sich auff den Kirchthurn / verschantzten an demselben / wurden aber nichts destoweniger auß demselbigen / vnnd dem Stättlein wider geschlagen.
Als man nun den anziehenden Bayerischen Succurs nahend gemachet / ist man davon in Eyl den sieben vnnd zwantzigsten Maij abgezogen / nach welchem Burger vnnd Soldaten diß Orths außgesaget / daß / wann man noch sechs Tage darvor were ligend geblieben / sie sich auß mangels Krauts[75] ergeben hätten müssen. Hatte also bey männiglichen das Ansehen gehabt / daß die im Stifft Cöllen vnd Gülchische Lande vervbte vngehaltene Außplünderungen[76] vnnd Brandtschatzungen[77] vor diesem schlecht angesehenen Orth vmb etwas also habe gezüchtiget werden müssen“.[78]
Der schwedische Hofhistoriograph Bogislaw Philipp von Chemnitz [9.5.1605 Stettin-19.5.1678 Hallsta, Gem. Västerås] berichtet dagegen sehr ausführlich über die Vorgänge und die Folgen nach dem Abzug der Französisch-Weimarischen: „Am UnterRheinStrom brachen die Guebrantische, so in den erworbenen quartieren etwas außgeruhet vnd sich gute tage angethan, nachdem eine starcke Convoy, von Wesel[79] aus, mit einer grossen post geldes, so aus Franckreich übergemachet war, bey Ihnen angelanget, endlich auf, vnd versambleten sich zwar an verschiedenen orten: Das General Rendezvous aber aber war zu Düren angestellet. Da dan etliche vermeinet, das es auf Aken[80] angesehen: Hingegen der Churfürst zu Cölln, besorgend, es möchte Lechenich (wie die warheit war) oder Breul[81] gelten, selbige Besatzungen verstärcken lassen. Gestalt Sie auch den achten Tag AprilMonats vor itztgenandtes Lechenich mit der Reuterey kommen und es berennet, denen den neunden das fusvolck, sambt den Stücken, derer neunzehen gewesen, gefolget vnd posto davor gefasset, auch stracks den elfften von zwo, in eil verfertigten, Baterien es zu beschiessen angefangen. Darnebenst Sie mit lauffgräben dem ort starck genähert, inmittelst mit dem schiessen, insonderheit den sechszehenden und siebenzehenden, fortgefahren: Jedoch sonsten nichts fruchtbarliches ausgerichtet, als das Sie, den achtzehenden, einen kleinen halben Mond davor einbekommen vnd behaubtet. Worauff die Belagerte zwar einen ausfall gethan, jedoch, mit verlust von vier todten vnd eines gefangenen, durch den wassergraben wieder hineingejaget worden. Itztgemeldter Wassergraben war ziemlich breit vnd tieff, vnd ward darnebenst von einem Stücke Geschütz, so etwas niedrig gestanden, bestrichen: Welches, selbigen zu passiren, grosse verhinderung verursachet. Weshalben man dahin arbeiten müssen, wie den belagerten diese StreichWehre[82] benommen würde: Darnebenst im negst-angelegenen Walde etliche tausend Fasinen[83] vnd Reiswällen,[84] den graben damit, nach gemachter Breche, auszufüllen, vnd alsdan darauff zu stürmen, verfertigen, auch, angesehen man mehr gegenwehr, wie man vermuthet, empfungen, noch sieben Stücke, worunter drey schwere, so von Neus, vmb grössern ernst davor zu gebrauchen, verschrieben worden, den fünff vnd zwantzigsten tag AprilMonats anbringen lassen.
Nachdem nun Graf Guebriant endlich über den Graben kommen, vnd den neun vnd zwantzigsten eine Mine springen lassen, commendirte Er alsbald zweyhundert Knechte[85] zum anlauff:[86] Welche die Belagerten aus der Breche geschlagen vnd selbige behaubtet. Worauff vmb acht vhren abermahl ein anfall geschehen: Dessen aber die darin nicht erwarten wollen, sondern, nachdem Sie das Städtlein an vnterschiedlichen orten in brand gestecket vnd gantz vnd gar, ausser der Kirche, eingeäschert, daraus aufs Castel entwichen; nachdem Sie biß in die vierte woche sich darin manlich verthedigt gehabt.
Inmittlerzeit war der Feind, vmb nicht nur diesen platz, sondern zumhl das gantze Land zu entsetzen vnd die Guebrantischen einzutreiben, bemühet gewesen. DerFeldMarschall[87] Graff von Hatzfeld war bereits, bey anfange der belagerung, von seiner reise nacher Mäyntz,[88] so allein zu dem ende, den Succurs eilends herunter zu bringen, angesehen, nacher Cölln[89] wieder zurückkommen: Welcher Succurs auch in voller Marche begriffen war, und die Schiffbrücke hieselbst darzu fertig gehalten worden. Enckefort[90] war gleichfals im Cöllnischen angelanget, die zerstrewete vnd täglich wieder zusammenkommende Lamboyische,[91] so sich bereits auf dreytausend starck geschätzet,[92] in eine newe form zu bringen vnd als FeldM. Lieutenant[93] zu commendiren. Bäyerische vnterm FeldMarschall Wahlen, worauff der Churfürst zu Cölln seinen meisten trost gesetzet, näherten auch herbey, und kamen im AprilMonat vmb Franckfurt am Mäyn an: Da Sie sich in die Wetteraw vnd OberHessen verleget. Befunden sich anfangs zwar nicht gar starck, vnd in zimblich schlechter postur: Namen aber an Manschafft vnd Kräfften täglich zu, weil Sie frisch geld bekommen, vnd in besagter Stadt durch die Kauffleute hundert vnd dreyssig tausend Reichsthaler vor Sie ausgezahlet, auch eine grosse anzahl lediger pferde aus Bäyern, zu wieder-aufsetzung der unberittenen, herbey gebracht worden. Wie dan, was im Wirtembergischen vnd sonst in den quartieren noch hin vnd wieder gestecket, alles dahin gegangen: Auch man in Bäyern dermassen zugeworben, das man in selbigem Lande fast alle handwercksbursch, sich vnterhalten zu lassen, gleichsamb zwingen wollen. Der Hertzog von Lottringen[94] hatte sich aus seinem Haubtquartier Worms[95] nicht weiniger erhoben; marchirte über Creutznach[96] vnd den Hunesrück der Mosel zu: Vnd wuste man nicht, was dessen vorhaben; ob Er nicht vielleicht ebenwol herunterwerts hieher das haubt strecken dürffte ?
Die Guebrantische brauchten indessen vor dem Castel zu Lechenich mit schiessen grossen gewalt: Gestalt Sie, den siebenden tag MäyMonats, von allen dreyen davor aufgeworffenen Baterien den gantzen tag, bis in die sinckende nacht hinein, mit Stücken darauff gespielet,[97] gleichwol, angesehen dessen Mauren zwelff schuh[98] dicke, vnd gegossen Werck, daran die kugeln schwerlich hafften vnd einige wirckung thun können, weinig damit ausgerichtet. Wie dan ebenmässig, vnter wehrendem schiessen, der halbe Mond davor angegriffen. Die anläuffer aber, mit verlust ihrer etliche, darunter Graff Guebriants Obr. Lieutenant, zurück geschlagen worden.
Wiewol nun annoch kein Entsatz in der nähe vorhanden, noch derselbe näher, als bis Aldenkirchen[99] in der Graffschafft Säyn jenseits, kommen war, ward doch die Resolution zum aufbruch vnd quitirung des orts genommen: Deren zu folge Graff Guebriant, den sechszehenden tag MäyMonats, Stücke vnd Pagage davor abführen lassen, vnd folgenden tags mit der Armée gefolget.
Zu deren verstärckung dreyssig Compagnien, so die H. Stadten der vereinigten Niederlande abgedancket vnd in Frantzösische dienste überlassen, angelanget: Welche in Düren, Bebber,[100] Hulckeroth,[101] Kempen[102] vnd dergleichen orten zur Besatzung hineingeleget, hingegen die abgelöste Völcker zur Armée gezogen worden. Wie dan die Guebriantische auch Neus, Linn[103] vnd Ordingen[104] den Hessischen allerdings eingeräumet: Damit Sie im felde desto stärcker gegen den Feind sich machen möchten. Fasseten zuerst an der Erffte stand: Woselbst Sie alle ihre Macht zusammengeführet, auch ein newer starcker Succurs, von vier in fünfftehalb tausend Britanniern,[105] zu Ihnen gestossen.
Der Feind wandte hingegen alle seine mittel vnd vermögen dahin an, sich gegen dieselbige proportioniret zu machen. Tausend vnberittener Bäyerischer Reuter waren von Höchst[106] zu Schiffe bey Cölln, vmb sich in diesen quartieren wieder zu montiren, angelanget: Weil aber sonst schwerlich darzu pferde gnug zu finden, als ward vom Churfürsten dessen Lehnleute, ihre schuldige Lehnpferde[107] mit darzu gehöriger Armatur (womit solche Reuter versehen werden könten) herbey zu schaffen, anbefohlen. Wiewol nun selbige ihre grosse erlittene beschwernusse vnd vnvermögenheit vorgewandt, hatte es doch nicht geholffen, sondern die pferde, woher Sie dieselben auch nehmen wollen, zur hand sein müssen: Wodurch also solche Reuter ziemblich wieder zu pferden kommen, vnd, andern gleich, Herrendienste[108] thun können. Der vollkommene Entsatz von Keyserlichen vnd Bäyerischen, worzu der Gen. FeldZeugmeister von Vehlen, mit seinen Trouppen, aus Westphalen auch gestossen, fieng, den andern tag BrachMonats in der nacht, an, den Rhein über die bey Cölln geschlagene Schiffbrücke zu passiren; vnd hatten die Hatzfeldische vnd Vehlische den vorzug; denen die Bäyerische gefolget: Mit Resolution, gerades wegs auf die Frantzösische vnd Hessische anzugehen. Richteten, den dritten, nachdem Sie eine weile in Schlachtordnung gestanden vnd eine allgemeine Salve gethan, auch die Generale vom Churfürsten zu Cölln abschied genommen, ihre Marche auf Zons: Woselbst Sie etliche tage still gelegen, vnd, den achten, weiter abwerts nach Grimmelingshausen,[109] so nur eine stunde gehens von Neus, vmb sich daselbst zu verschantzen, gezogen. Die Schiffbrücke war, den achten, zu Cölln auch aufgehoben, besser hinunter nach Zons[110] geführet vnd daselbst übergeschlagen: Vnd lies sichs ansehen, das, da die Guebriantische vnd Hessische stand halten würden, es ohne stösse nicht ablauffen dürffte, vnd ein gros blutbad vor der hand were.
Diese aber, wiewol Sie sich angestellet vnd Mine gemachet, als ob Sie in ihrem bey Gräffenbruch[111] an der Erffte[112] geschlagenen vnd wol-befestigten Lager stand halten wolten, verenderten doch solches vorhaben; brachen, gemeldten achten, von dannen auf, und zogen weiter abwerts den Rhein hinunter: Da Sie langst demselben von Linn ab, bis gegen Ruhrort[113] sich verleget vnd abermahl verschantzet. Vnd galt es itzt dem Bergischen Lande mit gewalt: Woraus Sie alles, was Ihnen dienlich, ins Lager geholet, vnd solches damit in aller abundantz[114] versehen. So war auch der Printz von Orange,[115] mit einer Macht von zwey vnd zwantzig Man, zwischen Rheinberg[116] vnd Orsoy[117] angelanget: Vnd stunden diese beyde Lager so nahe zusammen, das eines das ander, aufn nothfall secondiren konte“.[118]
1644 wird er wieder erwähnt: „Das flache Land aber war so arm, dass sich die Raubzüge [der Hessen-Kasselischen; BW] nicht mehr lohnten. Daher versuchten sich die Hessen zunehmend an den befestigten Adelsburgen, weil sie dort noch Proviant und Beute vorfanden. Am 17. November 1643 nahmen sie im Handstreich die feste Burg Bergerhausen[119] im Amte Lechenich und ließen 80 Mann als Besatzung zurück. Erst sechs Monate später, am 15. April 1644, belagerte eine ‚Churkolnische Abteilung mit 2 Kompanien zu Pferd und 600 Mann zu Fuß mit 2 Cartaunen und einem Feuermörser[120] die Burg’. Zwei Tage später wurde Bergerhausen von Hauptmann Sybert Kipshoven, der sich schon bei der Verteidigung Lechenichs hervorgetan hatte, ‚per accord eingenommen’ “.[121]
[1] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[2] Ferdinand v. Bayern, Kurfürst v. Köln [7.10.1577-13.9.1650 Arnsberg]. Vgl. FOERSTER, Kurfürst Ferdinand von Köln.[3] Johann Adolf Freiherr Wolff, genannt Metternich zur Gracht [24.6.1592 Köln-6.11.1669 Köln], kurkölnischer Landmarschall. Vgl. STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolff genannt Metternich zur Gracht. STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolf, S. 195. Vgl. auch die Erwähnungen bei FÖRSTER, Kurfürst Ferdinand.[4] STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolf, S. 271.[5] SARBURG, Mathias, Verteidigung und Triumph.[6] „Armee ohne Land“: PRESS, Hessen, S. 312, über die Armee der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Nach den Zahlen bei BETTENHÄUSER, Die Landgrafschaft Hessen, S. 17, müsste jeder 4. Einwohner der Landgrafschaft Soldat gewesen sein. Hessen-Kassel unterhielt bei einer Einwohnerzahl v. 70.-80.000 eine Armee v. insgesamt 18.000 Mann, die nur durch Kontributionen in den besetzten Gebieten erhalten werden konnte; ein typischer Fall v. Überrüstung. Laut Dorstener Vertrag hatte Amalie von Hessen-Kassel eine Armee v. 7.000 Mann zu Fuß u. 3.000 Reitern zu unterhalten; dafür zahlte Frankreich jährlich 200.000 Rt.; Staatsarchiv Marburg 4 f Frankreich Nr. 55; Bibliothèque Nationale Paris Manuscrit français Nr. 17885. Vgl. auch SODENSTERN, Die Anfänge.[7] General: Zumeist als Oberbegriff für alle Generalsränge verwendet, wenn eine genauere Zuordnung des Rangs dem Zeitzeugen nicht möglich war oder um in den schriftlichen Zeugnissen Papier zu sparen. Darunter fielen in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, „General(feld)wachtmeister“ („Generalmajor“ bei den Schweden). Etwa 20 % der bayerischen Generäle hatten sich „von der Pike auf“ hoch dienen müssen, während die Beförderung in der schwedischen Armee je nach Verdienst wesentlich schneller erfolgte. Sowohl in der kaiserlichen als auch in der kurbayerischen Armee spielten Herkunft, Gönner und verwandtschaftliche Beziehungen („Freundschaft“) eine entscheidende Rolle bei der Karriere. Bereits Anfang 1628 hatte Maximilian I. festgestellt: „An der fromen khaisers gueten intention ist zwar nit zu zweiflen; aber er ist seiner ministrorum bevorab denen, die daß kriegswesen dirigirn und füehren, so wenig mechtig alß dieselbige ihrer soldatesca; die experienz hat bißher gewisen, daß die generales des khaisers und die soldaten der generalen ordinanzen nur so weit in acht nemmen, alß es ihnen gelegen und gefellig. Daher alle ietzige confusiones.“ Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 218, fol. 63: Memorial für Richels Sendung nach Kurmainz, Januar/Februar 1628.[8] Jean Baptiste de Budes comte de Guébriant [Guebrian, Gabrian] [2.2.1602 Plessis-Budes-24.11.1643 Rottweil], französischer Marschall.[9] Lechenich [LK Euskirchen]; HHSD III, S. 448ff.[10] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.[11] Grevenbroich [LK Grevenbroich], HHSD III, S. 265f.[12] LÖHRER, Geschichte der Stadt Neuß, S. 319.[13] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.[14] Peter Paul [Petrus Pauli] Tibanti [Tibanthi, Tibante, Debanti] [ – ], kaiserlicher Hauptmann.[15] Bergheim [Rhein-Erft-Kr.]; HHSD III, S. 62ff.[16] Kerpen [LK Bergheim]; HHSD III, S. 389.[17] MEHRING, Geschichte der Burgen, S. 70.[18] Neuss [Rheinkreis Neuss]; HHSD III, S. 556ff.[19] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder von der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter und Heilkundige, Feldchirurg, Feldscherer, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern und Bauernknechte („Wintersoldaten“), die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.[20] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.[21] schlichten: verringern.[22] Batterie: Geschütze wurden zu Gruppen zusammengefasst. Diese Gruppen nannte man Batterie. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER][23] Kapitän (schwed. Kapten): Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Der tägliche Unterhalt für einen Kapitän betrug in der brandenburgischen Armee (1631) 2 Rt.[24] Sukkurs: Hilfe, Ersatz; Beistand, Nachschub.[25] Siegen [LK Siegen-Wittgenstein]; HHSD III, S. 686ff.[26] Desertion: Auf die unerlaubte Entfernung vom Regiment stand in den Kriegsartikeln die Todesstrafe, die nur nicht verhängt wurde, wenn Bedarf an Soldaten herrschte. JÜRGENS, Chronik, S. 514 (für Hannover): „Den 11. Aprilis [1633; BW] ist ein Königsmarkischer Soldate, so entlaufen, und hie unter Caspar von Lühden Stadt-Companien angetroffen, vor Linden bey dem Galgen stigmatisiret und das rechte Ohr abgeschnitten durch unsern Nachrichter Meister David“. Vgl. WINTER, Möser, S. 19f.: „Den 21. März [1628] läßt Hauptmann Föckler einen Reiter, so bei dem Merodischen Regiment, und einen Soldaten, so unter Hauptmann Kestgens, und einen, so unter seiner Compagnie ausgerissen, henken an die Justiz auf dem Markte. Den 2. April aber hat er einem Corporal zu Roß den Kopf, auch der Ursache halben abschlagen lassen“. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f., für 1637: „Den 31. März [10.4.; BW] ist der Oberst Spork mit seinen Völkern allhier vor die Stadt gekommen, hat Quartier begehret und daneben angedeutet, wie ihm Nordhausen auch assignirt worden; des andern Tages ist er wieder von hier nach Nordhausen gezogen. Den 4. [14.; BW] April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Der Ausbruch von Lagerseuchen (1626, nach dem Bericht des braunschweig-lüneburgischen Kapitäns Daniel Meyer) führte teilweise zur Massendesertion; Hauptstaatsarchiv Hannover Cal. Br. 16, Nr. 1141. Teilweise ließ man Deserteure um ihr Leben würfeln; DOLZ, Versuch, S. 298; JÜRGENS, Chronik, S. 525. Zur Desertion trug auch die Praxis bei, untergesteckte Söldner „zue disem sturmb, wie andere mehr, wider wüllen […] vornen an die spüz“ als Kugelfang zu stellen, wie ein kaiserlicher Soldat, der bei der Belagerung Überlingens 1634 verletzt wurde, nach Mitteilung Bürsters über seine Dienste nach der zwangsweisen Untersteckung unter die schwedische Armee berichtete; WEECH, Bürster, S. 67. Vgl. KAISER, Ausreißer; KAISER, Lebenswelt der Söldner. Das bayerische Memorial vom 16.4.1643 [Bayerisches Hauptstaatsarchiv Kurbayern Äußeres Archiv 2763, fol. 23, Punkt 9] bestimmte, dass, wenn ein Neugeworbener ausreiße, sofort nachzuforschen sei, welche besonderen Kennzeichen er habe; diese seien alsbald zu notieren. Wenn trotzdem einer nicht mehr aufgefunden werde, so solle sein Namen an den Galgen geschlagen, und wenn er Handwerker sei, ein solches den Zünften alsbald zu notifizieren sei, damit dergleichen meineidige Gesellen über kurz oder lang von Handwerks wegen aufgeschrieben und zur Strafe gezogen werden könnten. Dies sei den Neugeworbenen, insbesondere den Handwerksgesellen, schon bei der Neuwerbung und Eidesleistung zu eröffnen. DAMBOER, Krise, S. 264f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36. Am 28.4.1628 „gab ein Deserteur vor seiner Hinrichtung als Grund für seine Fahnenflucht Überdruß an dem gottlosen Leben der Soldaten an“. WIEGANDT, Wismar, S. 23f. Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595-1655] berichtet unter 1634; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 569: „Einer von unsern Besatzungstruppen verleitete nach gefaßtem Fluchtplan einen andern zur Teilnahme an dem Verbrechen. Dieser verspricht sich zu beteiligen, eröffnet aber die Sache einigen, während er selbst den morgens Fluchtbereiten, als ob er selbst dazu bereit wäre, begleitet. Die Eingeweihten aber erheben sich aus den Verstecken, andere aber reißen Pferde von der Weide an sich, nehmen die Verfolgung auf, und nachdem sie dem des Fluchtverbrechens Schuldigen vergeblich mit den Schwertern zu Leibe gerückt waren (solche Hiebfestigkeit hatten (ihm) die Zaubermittel verliehen, erschlagen sie ihn mit Prügeln. Dies erschien einigen grausam, weil seine bei demselben Fluchtplan ertappte Frau nach dem Frühstück, von den Soldaten einige Male angeschossen, sterben musste. Milder verfuhr man mit den Töchtern, die man in die Verbannung trieb“. Auch mehrfache Desertion wurden hart bestraft; RICHTER, Historische Nachricht, S. 174 (Chemnitz 1633): „Den 19. Jan. ist ein Schottländischer Soldat, so dreymahl vom Regiment entlauffen, an die Justitz aufn Marckte aufgehencket worden“. Aus Meiningen wird 1646 berichtet, GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 274: „Eben in diesem Monat [August 1646; BW] sind drey Mußquetirer von hiesiger Qvarnison über die Stadt-Mauern hinaus gestiegen, und hinweg gelauffen, aber bey Walldorff wieder vertappt, nieder geschossen, tod herein gebracht, und in der Hocker-Gassen auff dem Graben, an einem auffgerichten Schnapt-Galgen gehängt worden“. BEI DER WIEDEN, Oldendorf, S. 47 (1623): „12. Maii solte ein entlauffener Schelm unter den Soldaten zu Oldendorf auff dem Marckte gehencket werden. Aber der Strik ging loess und der Verurtheilter fiel herab. Derhalben ihm das Leben geschenckt und er diese Graffschafft und das Furstenthumb Braunschweig vorschweren mussen“. HELLER, Rothenburg, S. 308f.: „Die gemeinen Soldaten erachteten eine Fahnenflucht nicht für vorliegend und sich ihres Eides ledig, wenn die Fahne, auf die allein sie geschworen hatten, zerstört war; Ebensowenig hielten sie sich für strafwürdig, wenn ihre Fahne vom Feind erbeutet worden war und sie dann in Massen zu ihm übergingen (sich unterstellen ließen)“. Die Desertionsquote unter den Belagerern vor Bergen-op-Zoom (1625) soll sehr hoch gewesen sein. Im Juli lagen noch 20.600 Mann vor Bergen; im Oktober waren es noch 13.200. Insgesamt betrugen die Verluste der Belagerer ca. 40 %; davon waren mehr als ein Drittel Desertierte.Dissimulation: Verstellung, Heuchelei. Der als hohe Kunst der Verstellung betrachteten Dissimulation hat REPGEN, Kurie I/1, S. 315-321, eine kleine Abhandlung gewidmet.[27] Bresche, Breche, brescia, bresica: durch Geschützfeuer erreichte Sturmlücke in der Stadtmauer oder auch in einer Verschanzung. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER][28] Demi-lune oder Halber Mond: Ein im Graben vor einer Bastion errichtetes, aus zwei Facen bestehendes Außenwerk. Sein Grundriss ähnelt dem des Ravelins, doch ist seine Kehle halbmondförmig [wikipedia].[29] Bonn; HHSD III, S. 94ff.[30] Düren [LK Düren]; HHSD III, S. 182ff.[31] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.[32] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl von Söldnern (auch „Neugeschriebene“ genannt) anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der von Städten und Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung und den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung und wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Manche Rekruten wurden von den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide und mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen und noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt und durch die Erschießung von Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. Für Anfang 1643 heißt es in den Aufzeichnungen aus Mühlhausen über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f.; Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik von Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200) , dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen [Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ zum April 1623: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.[33] Werbepatent, Werbekontrakt, Werbekapitulation: Vertrag zwischen einem Landesherrn oder Obristen und einem mit der Werbung von Soldaten beauftragten Offizier. Die unterschriebene und gesiegelte Urkunde war der Nachweis der Berechtigung des Offiziers, Werbungen durchführen zu dürfen, gegenüber Amtsträgern und Untertanen des jeweiligen Ausstellers. Im Werbepatent waren u. a. festgelegt: das Gebiet, in dem die Werbung erfolgen sollte, die Zahl der anzuwerbenden Männer, nach Möglichkeit Name und Alter, bei Werbungen im eigenen Territorium z. T. das Verbot, Angehörige bestimmter Berufe anzuwerben, das Werbe-oder Handgeld, das dem Neugeworbenen sofort auszuzahlen war, sowie Ort und Zeitpunkt zur Versammlung der Geworbenen (=> Musterplatz).[34] Sold: Um 1630 erhielt (theoretisch] ein kaiserlicher Obrist monatl. 500-800 fl. je nach Truppengattung, Hauptmann 160 fl., Leutnant 60 fl:; Fähnrich 50 fl., Feldwebel 21 fl., Korporal 12 fl., Gefreiter 7 fl. 30 Kr., Fußknecht 6 fl. 40 Kr. Eine Kuh kostete ca. 10 fl., 1 einfaches Pferd 30 fl. Der Monatssold der einzelnen Chargen in einer schwedischen Kompanie zu Fuß betrug 1639 für einen Hauptmann 150 fl., Leutnant 35 fl., Feldscher 16 fl., gemeiner Soldat 6 fl.; in einer Kompanie Kürassiere für einen Rittmeister 150 fl., Leutnant 60 fl., Kornett 50 fl., gemeinen Reiter 15 fl.; bei der Artillerie für einen Obristen 800 fl., Oberhauptmann 200 fl., Adjutanten 100 fl., Quartiermeister 60 fl., Feldschergesellen 25 fl., Kommissbäcker 12 fl., gemeinen Kroaten 9 fl., Artilleristen 7 fl. Schon in den Anfangsjahren war der Sold nur ein- oder zweimal im Jahr ausgezahlt worden, so dass die Kontributionsforderungen ständig stiegen. SCHMIDT, Herzogtum Sachsen – Weimar, S. 54f. „Eine Beschwerde über seine Notlage war für den Soldaten gefährlich, wie das Beispiel von neun Soldaten der Schweinitzschen Kompanie zeigt, die am 30. April 1645 zum Tode verurteilt wurden (einer von ihnen wurde tatsächlich in Freiberg gehenkt), weil ‚sie sich ihrer hinderstelligen wöchentlichen Lehnungen halber beklaget’“. GENTSCH, Dreißigjähriger Krieg, S. 209. 1624 hatte man den Offizieren der nach den Kämpfen gegen Bethlen Gábor abgedankten Regimenter während der Verhandlungen in Freistadt vorgehalten, kein Kriegsherr habe je alle Außenstände beglichen, ein Nachlass sei doch üblich; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2345, fol. 69f. (Abschrift): »Fürhalt« an die Offiziere der Liga-Regimenter u. Freikompanien, Freistadt, 1624 V 15. Die sogenannten „freien u. einschichtigen“ Kompanien (1619-1648) schlugen immerhin mit 5.042.840 fl. 58 kr. in der Hauptkriegskostenrechnung zu Buch; GOETZ, Kriegskosten, S. 123; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 282. Der Historiograph Wassenberg schildert ausführlich die Meuterei der Besatzung von Breisach im März 1644 wegen ihres seit acht Monaten ausstehenden Soldes; WASSENBERG, Florus, S. 563ff.: „Nahe bey außgang aber gegenwärtigen Monats hat sich in der Vestung Brisach ein gefährlicher Aufstand angesponnen / in dem alle Frantzösische Compp mit doppeltem Fewer sich auf den Platz gestellet / vnnd eine Ordnung geschlossen / daß man ihnen so leichtlich nicht zukommen können; aber keinen Officirer / als allein die Corporalen bey sich gelitten / auch als die Teutschen auf die Abendwacht ziehen wollen / haben sich die Frantzosen betrohlich gegen sie vernehmen lassen / woferrn nur ein einiger sich vnterstehen würde auß dem hauffen zu gehen / sie denselben auf der ställe niederschiessen wollen; daher sie alle / vnnd einer wie der ander / stehen bleiben müssen.Nach dem derhalben die Frantzösische Kriegesbeampten gesehen / daß ihre Völcker schwürig; haben sie mit vngestümmen Worten gefraget / warumb sie nit auff die Wacht ziehen wolten / damit von Leder gezucket / vnnd einen oder vier gestochen; aber damit anders nichts auß gericht / dann daß die Mußquetierer Fewer geben / 5. Leutenante vnd Fändriche geschossen / die übrigen aber dahin gebracht / daß sie das Hasenpanihr aufwerffen müssen.Hierauf haben sie in gegenwart Herrn General Majors von Erlach / vnnd Freyhern von Oisonville [Oysonville; BW] mit grosser vngestümm geruffen: dem König / vnnd Herrn General Majoren / wolten sie vmbs Geld dienen; welchem sie auch Lebensfrist versprochen; dem Freyherrn aber keines / sondern ihn beym Kopff genommen / mit den hahren übel gerauffet übel gerauffet / vnnd mit schändlichen Worten angegriffen / wäre auch / im fall Herr General Major nicht so hoch gebeten / wol nicht lebendig auß jhren Händen kommen / also daß er mit mercklicher gefahr seines lebens noch errettet worden. Wie sie nun der von Erlach gefragt / was dann jhr Begehren / haben sie jhren in acht Monat außständigen Sold gefordert: weßwegen er sie mit freundlichem zusprechen versichert / sie solten nur wider abziehen / er wolle verschaffen / daß sie bezahlet werden solten; Sie aber zur antwort gegeben / wann das Geld da vor jhnen augenscheinlich lege / als dann vnnd nit eher wolten sie sich zur Ruhe stellen: deßwegen man nothwendig dahin geschlossen / daß man jhnen auf nechstfolgenden Morgen (weil die Nacht albereit vorhanden) drey Monat / vnnd innerhalb vier Wochen das übrige abführen wolle. Mit welcher Erklärung Herr General Major abermals zu jhnen gangen / sie sehr freundlich besprochen / ja Kinder vnnd Brüder heissen müssen; biß er es endlich / wiewol mit gar harter mühe / dahin gebracht / daß sie endlich darein verwilleget; worauff er sie hoch gebeten / daß sie doch die Nacht über ruhig seyn / auch niemand einigen Gewalt thun / noch etwas plündern wolten: welches sie Ihm zwar versprochen; als er aber kaum in seiner Behausung gewesen / haben sie mit geschwinder Behändigkeit die Wippe / Esel / Stock vnd Galgen / sampt der Leiter abgehawen / vnnd über einen hauffen geworffen vnd verbrennet; alle Wirtshäuser geöffnet; was sie an Wein nicht gesoffen / auff die Erde lauffen lassen / viel Becker vnnd Krämer nicht verschonet / die Fleischbäncke / darinnen viel Vorrath gewesen / rein gemacht / vnd also die ganze nacht über mit plundern vnnd rauben einen solchen Gewalt verübet / daß dergleichen (wie man schreibt) in geschichten nicht zu lesen. Deß andern Tages ist Herr Erlach frühe wider zu jhnen kommen / da sie dann alle ganz toll vnd voll gewesen / daher er jhnen auch viel bessere Worte / als vorigen Tages / geben müssen: dann sie sich ohne schew verlauten lassen / woferrn jhre acht Monaten vmb zehen Vhren nicht da legen / wolten sie die ganze Statt außplündern / selbige in Brand stecken / vnd den Johan de Weerd zu ziehen / darbey sie dann weiters dem Herrn General Major vnverschämt ins Gesicht sagen dürffen / daß jetzund sie / nicht aber er / Meister seyen / haben darauff die Schlüssel begehret / vnn gesaget / daß, vngeachtet sie die Schlüssel nicht hetten / dennoch wol hinauß kommen wolten / weßwegen dann Herr General Major wiederum vnverichter sachen abweichen müssen. Als er nun den vnauffhörlichen Ernst vnnd Tollheit dieser Leute gesehen / hat er sich nebens Herrn Freyherrn de Oisonville entschlossen / fünf Monat zu bezahlen; hierauf abermaln zu jhnen getretten / vnnd sie dermassen / wie man Got im Himmel selbst anflehen möchte / gebeten / biß sie endlich diese fünff Monat angenommen / hat jhnen aber die übrigen drey Monat jnner vierzehen Tagen vnfehlbar abzutragen benebenst vollem Perdon solcher jhrer schönen thaten / versprechen müssen / oder sie wolten es noch zehen mal ärger machen. Hat sich also vor Mittag vmb halb zehen Vhr die Vnruhe widerumb gestillt / vnd ein jeder nach seinem Quartier gezogen. Die Teutschen seynd / als wie sie kommen / auff jhrem Platz stehende verblieben vnnd ruhig gewesen; ehe aber die Franzosen abgezogen / haben sie sich nicht zu Friede geben wollen / man habe jhnen dann auch fünf Monat bezahlet / da sie sich auch sonsten mit drey Monaten hetten abweisen lassen“. Der Benediktiner-Abt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595-1655], berichtet noch zum März 1648: „Ein Soldat mit dem Übernamen Reißteufel, Schuster von Beruf, aus Gmünd gebürtig, der in erster Linie unter denen gewesen sein soll, die neulich Sold gefordert (oder Lebensmittel erpressten ? stipendia exegerant) hatten, wird vom Generalkommissariat zum Galgen verurteilt und heute [27.3.1648; BW] hingerichtet, vom weiblichen Geschlecht aufs höchste beklagt. Drei Jungfrauen, die ihn aus den Händen der Henker zu befreien suchten, erfuhren eine Ablehnung“. STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1138.[35] Joachim Christian Freiherr, 1642 Graf v. der Wahl [1590-31.8.1644 Ingolstadt], kurbayerischer Feldmarschall.[36] Melchior Reichsgraf Hatzfeldt v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.[37] Nidda [Wetteraukr.], HHSD III, S. 345f.[38] Alexander II. Graf v. Velen u. Megen, Freiherr zu Raesfeld u. Bretzenheim, Graf (1642) [1599-10.10.1675], kurkölnischer Generalwachtmeister.[39] Bedburg [Rhein-Erft-Kreis]; HHSD III, S. 57f.[40] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser harten Arbeit eingesetzt, ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale, S. 64f.. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255). Bei den Schweden wurden bevorzugt die Finnen zu diesen schweren Arbeiten herangezogen. Aus Iglau wird unter 1647 berichtet, wie der schwedische Kommandant Österling die nur noch 299 [von ehemals 13.000) Einwohner fassende Stadt während der Belagerung durch die Kaiserlichen zur Schanzarbeit trieb; STERLY, Drangsale, S. 64f.: „In das kaiserliche Lager langte immer mehr und mehr schweres Geschütz an; als dieses der Kommandant erfuhr; ließ er er voll Grimm die Einwohner wie das mit aller Gewalt auf die Schanzarbeit treiben, und erließ das strengste Verboth, daß außer dieser Arbeit sich keine Manns- noch Weibsperson sehen lasse. Was war dieses für ein Trübsal unter den armen Bürgern ! dieselben hatten ihren geringen Vorrath an den nothwendigsten Lebensmitteln bereits aufgezehrt, und konnten sich bei dem bestehenden strengsten Verbothe, nicht auszugehen, keine andere beischaffen; vom Hunger und Durst gequält, und daher ganz erschöpft, mussten sie sich dennoch den schwersten Arbeiten unterziehen. Der Kommandant war taub gegen alles Bitten und Flehen; verlangten einige die Erlaubniß, sich aus der Stadt zu entfernen, so ließ er sie in den Zwinger einschließen, ihnen des Tags ein bischen Brot und ein wenig Wasser reichen, dafür aber unter Schlägen zur Arbeit anhalten. Als der Kommandant die Deserzion zweier seiner Leute am vorhergehenden Tage erfuhr, und besorgte, daß Mehrere diesem Beispiele folgen dürften, so ließ er den Arbeitenden Fußeisen anlegen“.[41] Streifpartei: I. Streifkorps; Reiterabteilung, die entweder zur Aufklärung oder zu überraschenden Handstreichen vom zuständigen Kommandeur ausgesandt wurde oder eine auf eigene Rechnung oder mit Wissen des an der Beute beteiligten Kommandeurs herumstreifende Abteilung, um Beute zu machen, Nahrung zu beschaffen oder die Bevölkerung zu terrorisieren. Am 9.5.1643 schrieb Ferdinand III. an Gallas: „auch die Streifparteien gehören bestrafft […], da sy die unterthanen unerhörter barbarischer weiß tractirn, denenselben wan sy nit gleich alles nach ihrem willen thuen, löcher durch die nasen bohren, strick dardurch ziehen und sie die [wie ?] unvernünfftigen thiere mit herumben ziehen, theils gar pulver in die nasenlöcher, auch mundt und ohren stecken und dasselbe anzünden, oder aber haisses bley hinein gießen, auch wohl ihre händt und fueß abhacken, ganze dörffer außplendern, und viel pferdt und viech mit weckh treiben“. REBITSCH, Gallas, S. 218f. II. Kriegspartei: reguläre Truppenabteilung. Vgl. KROENER, Kriegsgurgeln. III. Banden aus Deserteuren, Straftätern, vertriebenen Bauern, die z. T. in Stärke von 400 Mann bevorzugt Dörfer überfielen. LEHMANN, Kriegschronik, S. 105, zu einer Strafaktion: „Zue Crandorf hielte Sich auf Johans Lorentz, ein versuchter Churfürstlicher reuter, aber arger Mauser, der uff den Schwedenschlag an der Böhmischen gräntze großen schaden gethan. Den nahm Künemann, ein keyßerlicher Leutenandt und werber von den Platten mit 6 musquetiren des Nachts auß den bette, führeten ihn biß an Breittenbrunner Wiltzaun, schoßen in todt, zogen ihn auß und ließen ihn liegen, der den 25. April in einen Winckel auf den Gottesacker wurd begraben“. Vgl. auch das Edikt der Grafschaft Limburg (1627): „waß maßen vnd vielfeltiger Dagten Vorkommen [ist], dass sich in Vnser[er] Graffschafft Lymburg fast täglichen Partheyen vnd Soldaten vnd auch noch woll herrenloses Gesindling in Büschen, Bergen vnd Strauchen auffhalten, welche nicht allein Vnsern Vnderthanen, sondern auch der benachbarten Neutralen pressen, knebeln, fangen, stechen vnd sonsten übell tractieren […], welches allen Rechten, Erbarkeitt, guter Policey vnd gemeiner Wolfahrt, auch des Heiligen Reiches Landtfrieden vnd anderen Satzungen zuwiederläufft“. MARRA, Tod, S. 140. „Je länger der Krieg dauerte, um so ärger wurde es. Eine Beschwerde der anhaltischen Fürsten vom 22. Januar 1639 an den Kaiser schildert die Zustände im Lande wie folgt: ‚Die meisten Völker haben sich von der Armee abgetan und unser Fürstentum durch und durch gestreift, Dörfer und Städte, derunter Jeßnitz und Raguhn, ausgeplündert, Adlige und andere Standespersonen ermordet und verwundet, Dörfer in Brand gesteckt, teils ohne Not niedergerissen, Bauernkinder geschlachtet, den Weibern die Brüste abgeschnitten und gegessen, dazu das Land dermaßen verderbt, daß fast niemand sich auf dem Lande aufhalten und das Feld bestellen, noch die Reichsanlage abführen kann“. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222. Im Juni 1647 ordnete der Kommandant von Lippstadt, Rollin de St. André, an, dass alle herumstreifenden Soldaten ohne Ausweispapiere zu erschießen seien. CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 51. Vgl. THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 617 (1641): „Vmb den Eingang Junii liesse sich ein Brandenburgischer Rittmeister gelüsten in Mechelnburg wider voriges Verbott zustreiffen / der auch dariñen geplündert hatte: Darwider Gen. Major Axel Lille vber einen / dem beschehenē Anbringen zu widerlauffenden actum, sich beklagte. Herr Statthalter Marggraffe Ernst liesse diesen Rittmeister einziehen / vnd im Kriegsrecht widerfahren / darumb er enthauptet / vnnd zehen seiner Gehülffen auffgehenckt worden“.=> Partei.[42] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann, zum Teil allerdings auch nur ca. 30 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.[43] Bedburg [Rhein-Erft-Kreis]; HHSD III, S. 57f.[44] Feldlager: Einfache Soldaten bauten je nach Jahreszeit ihre Zelte aus Brettern, Türen, Dielen, Getreidegarben, Stroh und Laub, stabilisiert mit Spießen und mit Tüchern verhängt, während Offiziere fertige wetterfeste Zelte, die zum Teil gefüttert waren, mit sich führten. LANGER, Hortus, Abb. 62, EICKHOFF; GROTHE; JUNGKLAUS (Hg.), 1636, S. 96f. Zum Feldlager mit Holzhäusern für Offiere und den Hütten und Zelten für die Gemeinen vgl. WAGNER, Tracht, S. 230. Der Salemer Mönch Bürster hat die Beschreibung eines französischen Lagers hinterlassen: „Ein groß Wunder war zu sehen, wie es von Rückenbach bis Mimmenhausen hinunder nit ist zu schreiben noch zu malen, wie die Berg aussehen. Schier ein Hütten an der andern, von weitem sehe es wie eine große Stadt so abgebränt. Ueber die Aach waren hin und wieder Steg und Brücken, ass sie frei von und zu allen Orten könnten reiten; die Hütten machten sie schön aneinander, in Mitten aber hin und wieder zu reiten große Straßen und Plätz gleich wie in großen Städten; etliche machten’s von Stroh, Gras und Heu, andere aus Mayen, darum sie großen Schaden thaten an den jungen Büchlein, andere mit Hanf und Früchten insonders mit Roggen, denn es eben in der Erndt und in 8 Tagen der Liechtenberg sollte werden geschnitten … andere von Thüren, Tafeln und Brettern, so sie aller Orten, insonders aber im Gotteshaus abgebrochen etc. etc.“ GONZENBACH, Erlach, Band 2, S. 287, Anm.; LAHRKANP, Dreißigjähriger Krieg, S. 198. Während zu Anfang des Krieges der Tross etwa 30 % größer war als die kämpfende Truppe, war er am Kriegsende nach Aussage des bayerischen Feldmarschalls Gronsfeld unkontrollierbar angewachsen. Er erinnerte daran, dass man „in disen beiden armaden sicherlich über 180 000 seelen hat, welche, es sein gleich jungen, fuhrknecht, weiber und künder, doch alle sowoll alß soldaten leben müssen. Nun werden die beeden armaden ungefähr uf 40 000 mann proviantirt, und mehrer nicht, alß ein mensch in 24 stundt nöthig hat. Wie nun die übrige 140 000 menschen leben können, wan sie nicht hin und her ein stuckh brott suchen thun, solches ist über meinen verstandt“. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten Äußeres Archiv 2961, fol. 29 (Ausfertigung): Gronsfeld an Maximilian I. von Bayern, Thierhaupten, 1648 III 31. Die Feldlager waren entsprechend dem Tross kaum noch kontrollierbar. Die Beute- und Solidargemeinschaft der Soldatenfamilien bot einen gewissen Schutz, solange man kranke und verwundete Soldaten nicht in den Städten zurückließ und deren Frauen und Kinder fortschickte, die ums Überleben kämpfen mussten. Zudem gab es angesichts der schlechten hygienischen Bedingungen die üblichen Lagerseuchen, so dass wohl 20 % der Soldaten als Kombattanten ausfielen. Zur „Lagergesellschaft“ vgl. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“, S. 279-296; LANGER, Hortus, S. 96ff.; WAGNER, Ars Belli Gerendi; EICKHOFF; GROTHE; JUNGKLAUS, 1636, S. 97ff.[45] Wesel [LK Wesel]; HHSD III, S. 773ff.[46] Generalfeldzeugmeister: Der Generalfeldzeugmeister war Befehlshaber der dritten, wenn auch teilweise gering geschätzten Truppengattung, der Artillerie; bei Beförderungen wurden die vergleichbaren Ränge bei der Kavallerie, dann der Infanterie bevorzugt. Der Rang umfasste das Kommando über Artillerie. Er erhielt nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) monatlich 1.200 fl.Ihrem Befehlshaber fielen die sogenannten „Glockengelder“ [Geld, womit eine eroberte Stadt, die sich vom groben Geschütze hat beschießen lassen, ihre Glocken und ihr Kupfergeschirr, welches alles herkömmlich der Artillerie des Eroberers heimfällt, wieder erkaufen oder einlösen muß. KRÜNITZ, Enzyklopädie Bd. 19, S. 192], zu, wenn man während der Belagerung etwa bei Sturmläufen hatte die Glocken läuten lassen, was nach dem „Recht“ des Siegers 12.000 fl. [zum Vergleich: 1634 wurde ein Bauernhof mit 8.-1.000 fl., ein kleines Schloss mit 4000 fl. veranschlagt; MATHÄSER, Friesenegger, S. 51] und mehr sein konnte. Vgl. auch HOCHEDLINGER, Des Kaisers Generäle. Ihm unterstanden die Schanzmeister und die Brückenmeister, zuständig für Wege-, Brücken-, Lager- und Schanzenbau sowie die Anlage von Laufgraben vor Festungen.[47] Generalstaaten: Die protestantische Republik der Vereinigten Niederlande, die sich nach dem Zerfall der Niederlande 1581 in einen nördlichen (protestantischen) und einen südlichen (katholischen) Teil [Spanische Niederlande] konstituiert hatte, von Anfang an in den Krieg mit Söldnern und finanzieller Unterstützung involviert war und am 15.5.1648 in Münster durch Friedensschluss mit Spanien offiziell den „Aufstand der Niederlande“ beendete.[48] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.[49] Wipperfürth [Rhein.-Berg.-Kr.]; HHSD III, S. 789ff.[50] Bonn; HHSD III, S. 94ff.[51] vernageln: Durch die Zündlöcher hineingetriebene Nägel machten die Geschütze unbrauchbar.[52] Lechmühle: unbekannter Begriff. Um Hinweise wird gebeten ![53] Zülpich [LK Euskirchen], HHSD III, S. 812ff.[54] Euskirchen [LK Euskirchen]; HHSD III, S. 220f.[55] Dahlen, heute als Rheindahlen Stadtbezirk von Mönchengladbach.[56] Duichen: nicht identifiziert.[57] Düren [LK Düren]; HHSD III, S. 182ff.[58] Jülich [LK Jülich]; HHSD III, S. 367ff.[59] Oberkersten: nicht identifiziert.[60] Mercurij Relation, 21.4.1642ff.[61] Flüßingen: nicht identifiziert.[62] Major: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.[63] Stück: Man unterschied Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17,5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis; halbe Kartaunen [langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt]. Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB]. Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt; die „Quartierschlange“: 40-36-faches Kaliber (6,5-9 cm), Rohrgewicht: 12-24 Zentner, Gesamtgewicht: 18-36 Zentner, Vorspann: 6-12 Pferde; Falkone: 39-faches Kaliber Rohrgewicht: 14-20 Zentner, Gesamtgewicht: 22-30 Zentner, Vorspann: 6-8 Pferde; Haubitze als Steilfeuergeschütz, 10-faches Kaliber (12-15 cm), zumeist zum Verschießen von gehacktem Blei, Eisenstücken („Hagel“) bzw. Nägeln verwendet; Mörser als Steilfeuergeschütz zum Werfen von Brand- und Sprengkugeln (Bomben). Angaben nach ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 575ff. Pro Tag konnten etwa 50 Schuss abgegeben werden. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus diesen ‚Halben [?; BW] Kartaunen’ kosteten fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81; SCHREIBER, Beschreibung, bzw. Anleitung, 3. Kapitel.[64] Granat(feuer)kugel: eiserne Sprengkugel als „eine spezielle form der granate älteren gebrauchs, die auch in der feuerwerkskunst verwendet wurde“ [DWB]. Zum Teil versuchte man diese in Schlachten (z. B. Hessisch Oldendorf 1633) in die Munitionswagen der Gegner zu werfen. Staatsarchiv Bamberg C 48/195-196, fol. 115 v (Ausfertigung): August Erich an Johann Ernst v. Sachsen-Eisenach, Kassel, 30.6.1633 (a. St.). – Feuerkugel: mit Brandsatz versehenes, aus Mörsern abgefeuertes Geschoss mit Spreng-, Brand- und Leuchtwirkung, das von Mörsern im Steilfeuer über die Stadtmauer geschossen werden konnte. Teilweise entzündete sich nur ein Viertel dieser Feuerkugeln. CHEMNITZ, Königl. Schwedischer […], S. 407, stellt anlässlich der Belagerung Regensburgs 1634 fest: „fewr-Kugeln / die sehr gros / von schwefel / pech / pulver / zundstricken vnd dergleichen brennenden materien gemachet / vnd vielen schlägen angefüllet waren / gleicher gestalt nicht gefeyret / doch weinig ausgerichtet: Dan deren viele in der lufft zersprungen / etliche in die Donaw gefallen / etliche / so gantz verstopffet gewesen das die zunder nicht zünden können / gefunden worden; Vnd zwar an gefährlichen örtern / ja aufm hew liegend / da sonst die geringste flamme leichtlich ein fewr hette verursachen mögen“.[65] Mine, minieren: graben, untergraben: Anlegen von Untergrabungsgängen unter dem Mauerfuß einer belagerten Festung. Diese Minengänge zielten entweder auf den Einsturz der Mauer oder auf ein Eindringen in die Festung. Über die Unterhöhlung hinaus konnten sie mit einer Pulverladung versehen und zum Sprengen der Mauer benutzt werden. Da man die Arbeitsgeräusche bald hören konnte, wurden Gegenminen gelegt und zur Explosion gebracht. Teilweise wurden die Minen auch dem Gegner gezeigt, um ihn zum Aufgeben zu bewegen. => Kontramine.[66] Gymnich, heute Stadtteil von Erftstadt [Rhein-Erft-Kreis].[67] Dirmerzheim, heute Stadtteil von Erftstadt [Rhein-Erft-Kreis].[68] Kaster [LK Bergheim]; HHSD III, S. 381f.[69] Neuss [Rheinkreis Neuss]; HHSD III, S. 556ff.[70] Wochentliche Ordinari Zeitungen Nr. 80[71] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.[72] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.[73] Soldateska: Soldaten, teilweise auch abwertend gebraucht für Soldatenhaufen.[74] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211.[75] Kraut: Pulver.[76] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.[77] Brandschatzung: von der jeweiligen Armee festgelegte Summe, die die Einwohner aufzubringen hatten, um das in Brand Stecken ihrer Stadt, Gemeinde etc. zu verhindern. Bei den Armeen gab es seit dem Mittelalter sogenannte Brandmeister, Spezialisten im Schätzen und bei Nichtbezahlung der Brandschatzung im Feuerlegen. Erzherzog „Leopold Wilhelm musste bereits zwei Monate [20.11.1645; BW] nach seiner ersten Weisung mit einem neuerlichen Befehl die Einhaltung der Disziplin und Abstellung der Exzesse energisch einfordern: Er verhängte ein komplettes Ausgangsverbot in seiner Armee, um Delikte wie Kirchenplünderung, Mord, Brandschatzung und die schendung der weibsbilder zu verhinden“. REBITSCH, Gallas, S. 218.[78] THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 849f.[79] Wesel [LK Wesel]; HHSD III, S. 773ff.[80] Aachen; HHSD III, S. 1ff.[81] Brühl [LK Köln]; HHSD III, S. 124ff.[82] Streichwehr: Schutzwehr, Bollwerk, Vormauer, von wo aus der anstürmende Feind mit Feuer bestrichen wird [DWB].[83] Faschinen: Schanzkörbe, Reisig, Bündel, Holzwälle, Rutenbündel.[84] Reiswelle: Bündel von Reisern.[85] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr., in der brandenburgischen Armee auf 8 fl. 10 gr. = 7 Rtl. 2 Gr; nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 3, S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung. In den Feldlagern (über)lebte er unter den schwierigsten Bedingungen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3, 4 Jahren. Bei Gefangennahme oder Stürmen auf eine Stadt lief er immer Gefahr, getötet zu werden, da für ihn keine Ranzion zu erwarten war, oder wenn eine Untersteckung unter die eigenen Truppen nicht notwendig erschien.[86] Sturmlauf: heftiger, schnell vorgetragener Angriff mit dem Ziel, den [völlig unvorbereiteten] Gegner zu überraschen, seine Verteidigung zu durchbrechen. Zum Teil wurden für die Erstersteigung der Mauern oder des ersten Eindringens in die Stadt, Festung etc. Geldprämien bis zu 1000 Rt., die „erste Beute“ oder Rangerhöhungen (so etwa bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder 1631), von den Offizieren ausgesetzt worden. Die Sturmkolonnen sollten Wälle oder Festungen auf Sturmleitern ersteigen, sich dort festsetzen und das Tor von innen öffnen, um den nachrückenden Soldaten den Weg frei zu machen. Teilweise wurde allerdings auch Branntwein ausgeschenkt, um die Angst zu betäuben, oder es wurden Gefangene bei allen Armeen als Schutzschilder vor der ersten Sturmreihe vorangetrieben; vgl. die Aussagen eines Untergesteckten (1634) => Gottmann, Peter in den „Miniaturen“; GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 80.[87] Feldmarschall: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen und Zuständigkeit für Ordnung und Disziplin auf dem Marsch und im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- und Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl. [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)], die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften wie Ranzionsgeldern, den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt.[88] Mainz; HHSD V, S. 214ff.[89] Köln; HHSD III, S. 403ff.[90] Adrian Graf v. Enckevort [Enckevoer, Enckfurth, Enckefurt, Enquenfort] [20.8.1603 Diest-3.6.1663 Ledeč], kurbayerischer Feldmarschall.[91] Gemeint sind hier die geschlagenen Truppen aus der Schlacht bei Kempen am 17.1.1642 zwischen katholischen (kaiserlichen und kurkölnischen) Truppen unter dem Befehl Wilhelms von Lamboy auf der einen und protestantischen (französischen, hessischen-kasselischen und weimarischen) Truppen auf der anderen Seite in der Heide zwischen Kempen, Hüls, Krefeld und St. Tönis am Niederrhein ausgetragen wurde. Das Gefecht endete mit einer vernichtenden Niederlage der kaiserlich-kölnischen Verteidiger. Die Kaiserlichen verloren v. 9.000 Mann 2.000 durch Tod, 5.000 gerieten in Gefangenschaft, 2.000 konnten entkommen; WILSON, The Thirty Years War, S. 633. In der Folge fiel das nördliche Kurköln unter protestantische Besatzung. WASSENBERG, Florus, S. 464ff. (unter Quelle 16). SCHAUMBURG, Die Schlacht. – Wilhelm [Guillaume de] Freiherr [1634], Graf [1649] v. Lamboy [Lamboj, Lambri, Lamboji, Lampoi, Lambey] [um 1590 – 13.12.1659 Schloss Dymokury], kaiserlicher Feldmarschall.[92] Chemnitz meint hier die nach der Schlacht bei Kempen auseinander gelaufenen Soldaten Lamboys. Schlacht bei Kempen am 17.1.1642 zwischen katholischen (kaiserlichen und kurkölnischen) Truppen unter dem Befehl Wilhelms von Lamboy auf der einen und protestantischen (französischen, hessischen-kasselischen und weimarischen) Truppen auf der anderen Seite in der Heide zwischen Kempen, Hüls, Krefeld und St. Tönis am Niederrhein ausgetragen wurde. Das Gefecht endete mit einer vernichtenden Niederlage der kaiserlich-kölnischen Verteidiger. Die Kaiserlichen verloren v. 9.000 Mann 2.000 durch Tod, 5.000 gerieten in Gefangenschaft, 2.000 konnten entkommen; WILSON, The Thirty Years War, S. 633. In der Folge fiel das nördliche Kurköln unter protestantische Besatzung. WASSENBERG, Florus, S. 464ff. (unter Quelle 16); SCHAUMBURG, Die Schlacht. – Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.[93] Feldmarschallleutnant: Der Feldmarschallleutnant war ein militärischer Dienstgrad, der gleichzeitig mit dem des Feldmarschalls im 17. Jahrhundert aufkam. Der Kriegsherr pflegte einem Feldmarschall einen „Untermarschall“ oder „Leutnant“ beizugeben, der den Feldmarschall zu unterstützen und zu vertreten hatte. Zu seinen Pflichten gehörten u. a. die Aufsicht über Proviantplätze und -straßen, die Kontrolle der Wachen usw.[94] Karl IV. Herzog v. Lothringen [5.4.1604 Nancy-18.9.1675 Allenbach (bei Birkenfeld)]. Vgl. BABEL, Zwischen Habsburg und Bourbon.[95] Worms; HHSD V, S. 410ff.[96] Bad Kreuznach [LK Bad Kreuznach]; HHSD V, S. 24ff.[97] spielen, mit stücken: Spielen ist ein Terminus technicus der Artillerie: Das Verb markiert die aus dem zeitgenössischen Tennisspiel bekannte Flugbahn des Balles und spielt auf die sogenannten Göllschüssen an, indem man die Kugeln auf- und in die gegnerischen Haufen hineinprallen ließ, um die Moral des Gegners zu schwächen; LANGER, Kulturgeschichte, S. 185.[98] Schuh: altes Längenmaß, das je nach Land meist 28 bis 32 cm maß, in Extremfällen auch 25 und 34 cm.[99] Aldekerk [LK Geldern]; HHSD III, S. 12.[100] Bebber:[101] Hülchrath, heute Ortsteil von Grevenbroich [Rhein-Kreis Neuss]; HHSD III, S. 352.[102] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.[103] Linn, heute Stadtteil von Krefeld; HHSD III, S. 468f.[104] Oedingen [LK Meschede]; HHSD III, S. 584f.[105] Engländer: Unter den englischen Truppen befand sich ein hoher Anteil an von den Lord Lieutenants zwangsrekrutierten, aus dem Königreich ausgewiesenen Kriminellen und Asozialen, den „masterless men,“ [BEIER, Masterless Man; allgem. auch GEREMEK, Geschichte der Armut; z. B. auch die Chronik des Heinrich v. Weseken aus Wesel (1614); BAMBAUER; KLEINHOLZ, Geusen und Spanier, S. 354: „28. Novembr[is] ist hier auff dem Marckt ein Schott auffgehenckt, der Tags zuvor begangenen Einbruchs und Diebstals halber gefangen, die anderen sind weg kommen“] die unter der Bedingung amnestiert worden waren, z. T. unter Androhung der Todesstrafe, nie wieder nach England zurückzukehren [MASSON, Register of the Privy Council of Scotland. Second Series 1: 1625-1627, S. 385, 542f.; BRUCE, Calendar of State Papers. Domestic Series 1628-1629, S. 395, 568; OGLE; BLISS, Calendar of the Clarendon State Papers Preserved in the Bodleian Library I: Domestic 1628/29, S. 395, 568; FISHER, The Scots in Germany, S. 91]. Schon bei der Aushebung der Truppen für Mansfeld hatten die Lord Lieutenants befehlsgemäß die für die Landesdefension benötigten „trained bands“ geschont und Gesindel rekrutiert [LOCKYER, Buckingham, S. 207f. Das galt auch für die Rüstungen 1625-1627; FORTESCUE, A History of the British Army Bd. 1, S. 191-194; allgem. auch COGSWELL, The Blessed Revolution, für die Zeit 1621-24, zu den englischen Zwangsabgaben CUST, The Forced Loan. Vgl. die Nachrichten über englischen Truppen für Christian IV., die zuerst in den Generalstaaten unterhalten wurden; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten schwarz 51, fol. 155′ (Konzept): Maximilian I. an Ferdinand II., München, 1626 XI 04]. Das war eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, mit Randgruppen fertig zu werden [Nach HAY, War, S. 117ff., eine Möglichkeit der Verringerung der Kriminalität (so auch BEHRINGER, Mörder), was SHARPE, Crime, S. 62-63, 119ff., allerdings in Frage stellt] und gleichzeitig seine Verpflichtungen gegenüber seinen Verbündeten zu erfüllen. Vgl. die Einschätzung des protestantischen Osnabrücker Schuhmachers, Amtsbotens und Chronisten Rudolf von Bellinckhausen [1567-19.3.1645] unter dem 24.4.1637; BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 354: „Am gemelten tage sein widerumb uber 300 zu fuß von unteutschen volck als Ihrländer, Schotten und Engels[chen] in unser stad kommen, arm, nackt und viel jungs volcks“.[106] Höchst, heute Stadtteil von Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 226ff.[107] Lehnspferde [Ritterpferde]: Lehnspferde, auch Ritterpferde genannt, waren seit dem Mittelalter die von der Ritterschaft dem Reichsoberhaupt oder dem jeweiligen Lehnsherrn für Kriegs- und Botendienste zu stellende berittene Kriegsmannschaft. Die Ritterpferde wurden später durch laufende Geldleistungen (Ritterpferdsgelder) oder durch eine einmalige Ablösung ersetzt.[108] Herrendienst: Soldatendienst.[109] Grimlinghausen, heute Ortsteil von Neuss [Rhein-Kreis Neuss].[110] Zons, heute Stadtteil von Dormagen [Rhein-Kreis Neuss]; HHSD III, S. 811f.[111] Grevenbroich [LK Grevenbroich], HHSD III, S. 265f.[112] Erft: Die Erft ist ein knapp 107 km langer linksseitiger bzw. südwestlicher Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen.[113] Ruhrort, heute Stadtteil von Duisburg; HHSD III, S. 655.[114] abundantz: Überfluß.[115] Friedrich Heinrich Prinz v. Oranien [29.1.1584 Delft-14.3.1647 Den Haag], Statthalter der Vereinigten Niederlande.[116] Rheinberg [LK Wesel]; HHSD III, S. 636f.[117] Orsoy [LK Moers]; HHSD III, S. 596.[118] CHEMNITZ, Geschichte des Schwedischen […] Kriegs, S. 93f.
[119] Bergerhausen [Gem. Blatzheim, LK Bergheim]; HHSD III, S. 62.
[120] Feuermörser, Mortier: Steilfeuergeschütz, dessen Rohre aus geschmiedeten Schienen bestanden, die, wie bei einem hölzernen Fass, durch eiserne Reifen zusammen galten wurden. Bei einem Kaliber von bis zu einem Meter Durchmesser waren die Feuermörser bis zu 2, 50 m lang und wurden vor dem Abschuss in die Erde eingegraben. Ihre Stahlkugeln hatten eine sehr steile Flugbahn, man konnte mit ihnen also hinter Mauern schießen. Sie dienten auch zum Werfen von Brand- oder Sprengkugeln (Bomben) mit einem Kugelgewicht zwischen 25 Pfund (1/16 Mörser) und mehreren Zentnern (ganzer Mörser, Kaliber 5-15 Zoll). Nach Pflummerns Aufzeichnungen konnte man mit ihnen Kugeln von 100 Pfund und mehr werfen; SEMLER, Tagebücher, S. 68. Vgl. auch die Abbildung bei FREYTAG, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 1, S. 89.
[121] STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolf, S. 247.
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Wenge, N von der; Obristleutnant [ – ] N von der Wenge [ – ] soll 1638 als Obristleutnant[1] in pfalzgräflichen Diensten gestanden haben, als er am 17.10.1638 bei Vlotho[2] im Kampf gegen die Kaiserlichen in Gefangenschaft[3] geriet.[4]
In der Chronik des Adolff Wilhelm Moerbecke zu Stevening [1611-1675] heißt es: „Dit volck hir nu ein tyt lanck gelegen hebbende, syn se in begin van September, ve vorgenomde platzen, so doch kortz darna van die Staten weer fry gemaket syn, bessett latende, van dar ende vortz up Sut-[5] ende Statloen[6] in’t stifft | van Munster[7] vertrocken, starck ungefeer 3.000, so te voete als te perde; alwaer se haer met einige Sweden,[8] gelicht in dee garnesonen[9] an de Weser ende darumtrent, ungefeer 2.000 starck, under het commendo van den generalluytenant[10] Kingh,[11] so umtrent Lingen[12] gepass[ert] waren, ende dor dee graffschap van Bentheim[13] ende het stifft Munster bes tot Statloen haer entgegen quam[en], geconiungert hebben, ende tesamer hant den wegh, so die Swedeschen gekommen waren, weer getrocken syn vortz up Ossenbrugge[14] ende verner up Lemgouv[15] gemarchert, | diesolve stat belegert ende beschaten. Hirentussenen ist den grave van Hatzvelt,[16] so den sommer oder in’t lant von der Marck ende darumtrent met ein goet volck gelegen hadde, up doe bene umtrent met ein goet deel volck gelegen hadde, up dee bene gekommen ende den viant, einigh volck ut die Munstersche garnesonen tot hem genomen hebbende, under ogen getrocken, hetwelcke dee voer Lemgouv vernamen hebbende, syn upgebraken, in meinungh, haer up Minden[17] te retireren. Maer also dee brugge over dee …, als synde den einigen pas up Minden, oder den oversten | Westerholt[18] weinigh tevoeren geruinert wass, syn see genootsaket geweest, haer up Flottau te wende, von waer niet vere syn van die keiserschen [den 17 Octobris] achterhalt ende tot het hoefft te beden gedwungen syn. Die rutery, waermede haer dee paltzgrave ende dee generalluitenant Kingh meinden te salveren, ist erstlick van die keiserschen an seker pass unfersee[ns] averfallen ende voele darvan geruinert ende gefangen. Met dee rest hebben haer dee paltzgrave ende Kinck by Flotau dor dee Weeser (warin noch voelle | verdroncken syn) gesalvert.
Het voetvolck (het welke noch achter wass) dit vermemende, nimpt seker groten ende begravenen kamp tot haren vordeel in, darsolvest haer in posture stellende ende ein tyt lanck dapper gefochten. Mar also see avermannet waren, en dee keiserschen met en grote resolutie up haer anvielen, syn see in ¾ uhres van dee solvige totaliter geslagen, achterlatende 16 stucken,[19] 2 morteers,[20] 41 veendelen[21] ende standarden,[22] alle bagagie,[23] neffens ein grot deel gefangens, warunder waren den iongen paltzgrave prins | Robert,[24] des paltzgraven veltmarschalck Ferens,[25] overste[26] Milort Greve,[27] overste Boy,[28] overste Loo,[29] overste Milart,[30] oversteliutenant van der Wenge[31] unnd ein groot getal rittmeisters,[32] capiteins[33] ende andere geringere officeren. Wie volle avers dar gefangenen als ock dee doden geweest syn, koste men niet gewaer worden. An der keiserschen syde waren von namen doot gebleven den oversten Peter Gotzen[34] ende overste Tirelli[35] neffens 3 a 4 geringere officiren“.[36]
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[1] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 400 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , in der brandenburgischen und dänischen Armee Armee sogar 300 fl. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 320 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der „unkatholischen“ Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann oder Rittmeister einer Kompanie, wofür er ein zusätzliches Einkommen bezog, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[2] Gefecht am 17.10.1638 bei Vlotho: Kaiserliche unter Melchior v. Hatzfeldt, Peter v. Götz, der dabei fällt, und Westerholt schlagen ein pfälzisch-schwedisches Korps unter James King. Ruprecht v. der Pfalz gerät in Gefangenschaft, dazu 80 Offiziere u. 1000 Mann, etwa 1.000 waren gefallen. – Vlotho [LK Herford]; HHSD III, S. 738f.
[3] Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Man Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Nach LAVATER, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a.St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14.
[4] ENGELBERT, Hatzfeldt, N 153; WEISS, Lord Craven; REBITSCH, Rupert, S. 24; HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 607, 608.
[5] Südlohn [LK Borken].
[6] Stadtlohn [LK Ahaus]; HHSD III, S. 699f.
[7] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[8] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich und einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[9] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[10] Generalleutnant [schwed. generallöjtnant, dän. generalløjtnant]: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. 1625 wurde er mit 908 Rt. monatlich in der dänischen Armee besoldet; OPEL, Der niedersächsisch-dänische Krieg 2. Bd., S. 171. Als Rekompens erhielt er in der kaiserlichen und kurbayerischen Armee für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.
[11] James [Jakob] King of Birness and Dudwick, Baron Eythin u. Baron Sandshult [Kieg, Kinge, Kyng, Kingy, Kink, Kurden] [1589-9.6.1652 Stockholm], schwedischer Generalleutnant. MURDOCH, SSNE ID 2814; BACKHAUS (Hg.), Brev 1-2.
[12] Lingen [LK Emsland]; HHSD II, S. 299f.
[13] Bentheim [LK Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 40f.
[14] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[15] Lemgo [LK Lemgo]; HHSD III, S. 452ff.
[16] Melchior Reichsgraf Hatzfeldt v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.
[17] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[18] Bernhard Hackfort [Berent Ackfort] Freiherr v. Westerholt [Westerholtz] zu Lembeck [1595-18.11.1638 vor Vechta gefallen], ligistischer Generalwachtmeister.
[19] Stück: Man unterschied Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17,5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis. Halbe Kartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211. Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB]. Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt; die „Quartierschlange“: 40-36-faches Kaliber (6,5-9 cm), Rohrgewicht: 12-24 Zentner, Gesamtgewicht: 18-36 Zentner, Vorspann: 6-12 Pferde; Falkone: 39-faches Kaliber Rohrgewicht: 14-20 Zentner, Gesamtgewicht: 22-30 Zentner, Vorspann: 6-8 Pferde; Haubitze als Steilfeuergeschütz, 10-faches Kaliber (12-15 cm), zumeist zum Verschießen von gehacktem Blei, Eisenstücken („Hagel“) bzw. Nägeln verwendet; Mörser als Steilfeuergeschütz zum Werfen von Brand- und Sprengkugeln (Bomben). Angaben nach ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 575ff. Pro Tag konnten etwa 50 Schuss abgegeben werden. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus diesen ‚Halben [?; BW] Kartaunen’ kosteten fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81; SCHREIBER, Beschreibung, bzw. Anleitung, 3. Kapitel.
[20] Mörser, Mortier (frz.): Steilfeuergeschütz zum Werfen von Brand- oder Sprengkugeln (Bomben) mit einem Kugelgewicht zwischen 25 Pfund (1/16 Mörser) und mehreren Zentnern (ganzer Mörser, Kaliber 5-15 Zoll).
[21] Fahne: Fahne einer Kompanie; metonymisch die ganze Kompanie. Als Feldzeichen war die Fahne zur Unterscheidung von Freund und Feind unverzichtbar, da es im Dreißigjährigen Krieg kaum einheitliche Uniformen gab. Sieg und Niederlage wurden nach der Zahl der eroberten und verlorenen Fahnen ermittelt. Die Fahne wurde geradezu kultisch verehrt, Soldaten legten ihren Eid auf die Fahne, nicht auf den Kriegsherrn ab. BRNARDÍC, Imperial Armies 1, S. 38ff.
[22] Standarte: an einer Stange als => Fahne angebrachtes Feldzeichen berittener Truppen, deren Verlust im Kampfe oder bei der Kapitulation als Verlust der Ehre empfunden wurde. Im Kampf und bei Belagerungen erbeutete Standarten waren dagegen Zeichen des bewiesenen Mutes der Einheit und einzelner Soldaten, so dass ihre Anzahl in zeitgenössischen Berichten meist verzeichnet war.
[23] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder von der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter und Heilkundige, Feldchirurg, Feldscher, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern und Bauernknechte („Wintersoldaten“), die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.
[24] Rupert Pfalzgraf v. der Pfalz [17./27.12.1619 Prag-29.11.1682 London] Vgl. REBITSCH, Rupert.
[25] Thomas [v.] Ferenz [Ferentz, Ferens, Verentz, Verens] [1594-1647], mansfeldischer, kurpfälzischer Generalleutnant.
[26] Obrist [schwed. överste, dän. oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnbung (1629) standen ihm als Obrist und Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“.
Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl von rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.
[27] William 1st Earl of Craven [Milort Creve, Millord, Milord Cré] [Juni 1608 Bishopsgate, London-9.4.1697 Drury House, London], kurpfälzischer Obrist.
[28] Jacob v. Boy [Boye, Boi, Boie, Poyen, Boiye] [ -17.10.1638 bei Vlotho], schwedischer Obristleutnant, Obrist.
[29] N Lohenstein [Lohe ?, Lonstein, Werner von ?; Loo ?] [ – ], kurpfälzischer Obrist.
[30] N Milart [ – ], kurpfälzischer Obrist.
[31] N v. der Wenge [ – ], kurpfalzischer Obristleutnant.
[32] Rittmeister [schwed. ryttmåstere, dän. kaptajn]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[33] Kapitän [schwed. Kapten, dän. kaptajn]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., d. h. 1.920 fl. jährlich, ein bayerischer Kriegsrat erhielt 1637 jährlich 792 fl. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Der tägliche Unterhalt für einen Kapitän betrug in der brandenburgischen Armee (1631) 2 Rt.
[34] Johann Graf v. Götz [Götzen, Götze] [1599 Zehlendorf-6.3.1645 bei Jankau gefallen], kaiserlicher Feldmarschall. Vgl. ANGERER, Aus dem Leben des Feldmarschalls Johann Graf von Götz.
[35] Hugo v. Tirell(i) [Tirell, Tirel, Tirelle, Tyrell(e), Rivel] [ -17.10.1638 bei Vlotho], kaiserlich-kurbayerischer Obrist.
[36] STROTHMANN, Westfalen, S. 108ff.
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Lawich [Lauwigk, Lauwick, Laweck, Laubeck, Lauch], Eusebius [Sewis] von; Obristleutnant [ -6.6.1626 Münden]
Eusebius [Sewis] von Lawich [Lauwigk, Lauwick, Laweck, Laubeck, Lauch] [ -6.6.1626 Münden] hatte unter dem Befehl Ernst von Mansfelds[1] an der Schlacht am Weißen Berg[2] 1620 teilgenommen.[3] Damals noch Leutnant,[4] war er Mitglied eines von Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar[5] am 21.7.1621 im Lager von Waidhaus[6] gestifteten Militärordens geworden.[7]
Weihnachten 1623 war er in die Schlacht von Altenoythe[8] involviert, in ligistische[9] Gefangenschaft[10] geraten[11] und möglicherweise untergesteckt[12] worden. Er soll dann aus kaiserlichen Diensten[13] bzw. aus Anholts[14] Liga-Regiment[15] desertiert[16] sein.[17]
1626 wird Lawich, jetzt in der dänischen Armee[18] dienend, wieder erwähnt.
Am 5.6.1626 war Tilly[19] mit acht Regimentern[20] vor Münden[21] erschienen, einer kleinen, aber gut befestigten und mit ausreichenden Truppen versehenen Stadt,[22] deren dänische Besatzung[23] dem Kommando des Grafen Philipp Reinhard I. von Solms-Hohensolms[24] unterstand. Befehligt wurde sie von dem Obristleutnant[25] Eusebius von Lawich,[26] dem als Deserteur der Strang oder das Schwert[27] drohte, wenn die Stadt in die Hände fiel. Ihm war der dänische Obristleutnant Clout (Glotte)[28] zugeordnet.[29] Die Eroberung Mündens, das 1621 2568 Bürger gehabt haben soll, war wie die Göttingens[30] und Northeims[31] auf Betreiben Johann Schweikards[32] als kurmainzischer Schadensersatzanspruch im Herbst 1624 begründet worden und zwei Jahre später umso notwendiger erschienen. Am 19.9.1625 hatte Tilly in einem Schreiben an Aldringen[33] die besondere militärlogistische Notwendigkeit hervorgehoben, „wegen der brauchbaren Schiffe, die sich dort befinden, und wegen des Heranschaffens und des Weitertransports der Lebensmittel, die man aus dem Land Hessen und den Nachbargebieten heranführen könnte“.[34] Dazu sei es in Abstimmung mit Wallenstein[35] nötig, einige Truppen als Besatzung in die Stadt zu legen.[36] Wahrscheinlich wollte man auch den sich häufenden Überfällen Mündener Bürger und Garnisonstruppen auf kaiserlich-ligistische Konvois und Soldaten zuvor kommen. Nachts waren kleine Trupps von Bürgern und Soldaten ausgezogen, um in der Umgebung Beute[37] zu machen. Sie kamen dann „nach verschlossenen Thoren mit Pecksen (Päckchen) unter der Bruggen in die Stad“ zurück.[38] Bereits am 14.12.1625 war ein Kurier Tillys mit einem Auftrag Wallensteins „wieder zurück nach Münden kommen“, mit seinem Diener „in die Weßer gejagt“ und der Diener erschlagen worden. Der Kurier, zudem noch „ein Cölnischer von Adell, einer von Hentrig“, konnte sich bei Vaake[39] aus der Weser retten, wenn auch „mit einem Schuß durch die Nasse“ verwundet. Der Bericht endete ahnungsvoll: „wie das gerochen werden wirdt, dz wird vieleicht ein Unschuldiger gewahr werden“.[40] Der Historiograph Nicolaus Helvicus erwähnt in seinem 1641 erschienenen „Caesar Victoriosus“ unter dem März 1626 weitere Streifzüge: „So haben auch etliche Dennemärckische Reuter aus Münden an der Weser ein adelich Schloß Rederod[41] vberfallen / den jungen Graffen von Schlick[42] / so darauf quartirt / gefangen bekommen / zu Friedewald[43] eingefallen / den Holsteinischen[44] Capitän / so ein Freyherr Kinsky[45] genant / gefänglich angenommen / bei welchem sie in die 8000. Reichsthaler / 4. güldene Ketten / vnd ander gülden vnd silber Geschmeid zur Beutte bekommen: Wie sie auch den Freyherrn Vngnad[46] vnnd dessen Fendrich[47] gefänglich nacher Münden geführet“.[48] Am 28.3.1626 hatten Mündener Soldaten Witzenhausen[49] überfallen und dabei Kaiserliche gefangen genommen; einige davon waren „under Osterrode[50] erschoßen und todtgeschlagen“ worden.[51] Als Tilly am 14.5.1626 Grebenstein[52] einnahm, waren einige seiner Soldaten beim Fouragieren[53] erschlagen worden.[54] Zudem beherrschte man im Besitz Mündens und des später fallenden Göttingen[55] die Zugänge ins Thüringische, was für den Verlauf des Schwedischen Krieges bedeutsam werden sollte. Noch im November 1625 hatte Friedrich Ulrich von Braunschweig-Lüneburg[56] seinen Amtmann in Münden ermahnt, ja „keine Tillysche Garnison[57] einzunehmen, noch sich dazu durch gute Worte oder falsche Vertröstungen überreden zu lassen, sondern sich, wie es getreuen Untertanen gebühret, auf unsern und unser geliebten Bruders Herzogs Christian[58] erfolgten Succurs[59] tapfer und standhaft erweisen“ zu wollen.[60] Zuvor hatte der Rat[61] die Einquartierung zweier Kompanien[62] Fußvolk des ligistischen Regiments Mortaigne[63] abgelehnt, die daher nach Moringen[64] und Hardegsen[65] ins Winterquartier[66] verlegt werden mussten.[67]
Im April 1626 hatte Tilly aus München den Befehl erhalten, Moritz V. von Hessen-Kassel,[68] der zu Anfang des Krieges gegen den Willen der Ritterschaft und Stände Truppen für die Union[69] angeworben hatte, zu entwaffnen, dessen Verbindung mit Christian IV.[70] zu verhindern und sich der Städte Münden, Göttingen und Northeim zu bemächtigen. Am 9.5. war der Halberstädter von Göttingen nach Kassel[71] vorgerückt, um den Anschluss Moritz‘ an Dänemark persönlich zu betreiben. Er zog sich unverrichteter Dinge wieder in sein Hauptquartier zurück, als Tilly von Gieboldehausen nach Göttingen vorstieß,[72] allerdings gegen die Intentionen Wallensteins:[73] „Itzt kompt mir Aviso, dass der Herzog Christian mit seinem Volk gegen Münden und Nieder-Hessen sich retirirt hat; der Herr Tilly zieht ihm nach, hat 5mal mehr Volk bei sich als Herzog Christian, guts und ritornoso Volk,[74] nichts desto weniger begert er von mir Succurs[75] unangesehen, dan der König[76] mit seiner ganzen Armee mit seiner ganzen Armee zum Fuchsen[77] stoßen thuet und auf einem oder anders Land der Elbe mich zu ataciren begehrt“.[78]
Die Mündener Bürgerschaft, der mittlerweile gegen den Willen des Herzogs 800 dänische Soldaten[79] aufgezwungen worden waren, beschloss zu akkordieren,[80] als die ligistischen Regimenter vor den Mauern erschienen, was aber von Lawis bzw. Clout trotz dreimaliger Aufforderung verweigert wurde: „Allein hat sich Tilly bemühet / die Stadt mit Accord zu bekommen / inmassen er zu 3 mahlen einen Tromp(e)ter[81] in die Stadt geschickt / ist aber vom Obristen Leutenambt Glotten keine andere resolution erfolget / alß das er gemeinet zu fechten biß in Todt / vnd hat die Besatzung viel hönische vnd Ehrenverletzische wörter wider die heraussen außgegossen“.[82] Als die von Tilly geforderte Übergabe der Stadt von Lawich, der angesichts der ligistischen Übermacht wohl einschätzen konnte, was der Stadt und ihm drohte, daher abgelehnt wurde – angeblich seien Tillys Abgeordnete ermordet worden,[83] was nicht nachweisbar ist, aber der kriegsrechtlichen Legitimation von Gewalt diente – , ließ dieser in der Nacht auf beiden Ufern der Werra Geschützbatterien[84] auffahren, um eindrucksvoll die Stärke der Belagerer zu demonstrieren. Wallenstein, der Tilly wiederholt vorwarf, sich bei Belagerungen zu verzetteln, statt offensiver vorzugehen, hatte die Belagerung Mündens als reine Zeitverschwendung angesehen und als überflüssige Machtdemonstration missbilligt: „Der Herr Gen. Tilly schreibt mir, dass er Münden umbrennt hat und zu ataciren gesinnt ist, ich seh es nicht gern, denn das wird uns das Hauptwerk verhindern“.[85]
Drei Lager wurden ringsherum aufgeschlagen: In der von den Verteidigern – bestehend aus „soldaten, burgern, und herein gewichenem bauersvolckh“[86] – niedergebrannten Vorstadt hatte sich Gronsfeld[87] zusammen mit Cortenbach[88] und Schönburg,[89] der als Hitzkopf[90] bekannt war und dessen Reiterkompanien ab Mitte Dezember als „Press- und Fressreiter“[91] vor allem in den protestantischen Herrschaften Frankens stationiert wurden, unter Fürstenbergs[92] Kommando festgesetzt. Die ligistische Führungselite – Gewaltakte wie die folgenden gehörten zum Habitus der Eliten – hatte sich vor der kleinen Stadt versammelt.
Ein anderes Lager war am Zusammenfluss von Werra und Fulda errichtet worden; das dritte auf dem Galgenberg angelegte Lager kommandierte der Generalleutnant[93] persönlich.[94] Am anderen Morgen begannen zwölf Geschütze mit der Beschießung,[95] die nach erneuter, wiederum erfolgloser Aufforderung zur Übergabe fortgesetzt wurde. Am 9.6. dauerte das Bombardement durch die Truppen Fürstenbergs von 5 bis 21 Uhr an. Gegen Abend gingen zwei Regimenter Fußvolk unter Gronsfelds und Fürstenbergs Befehl über den Fluss und begannen nach elf vergeblichen Sturmversuchen[96] den entscheidenden Angriff auf die Stadt.[97] Nach der nur noch etwa eine Viertelstunde dauernden Einnahme wurde Münden nach Kriegsbrauch 24 Stunden zur Plünderung[98] freigegeben. Tilly hatte etwa 100 Tote und 300 Verwundete durch die Sturmangriffe und den anschließenden, wenn auch nur kurzen Straßenkampf zu verzeichnen. Gronsfelds Verwandter Meinrad Matthias von Wolkenstein[99] war „mit zwey kugeln in die linke seiten“ verwundet worden,[100] als der als Konstabel fungierende Mündener Leinenwebermeister Asmus Teufel von der Brücke her, die Ligisten das Brückentor gerade öffneten, aus einer mit Kugeln und Radnägeln[101] geladenen Kanone auf die Eindringlinge feuerte und in der Nacht über die Werra nach Göttingen entkommen konnte.[102] Er berichtete später über die Ereignisse:
„Woll ehrwürdiger, hochgeehrter, sehr wehrter lieber Herr Magister,
auf dessen Begehr will ich hier zum wenigsten so viel als mir noch bewußt, wegen dessen erbärmlichen unerhörten Bluttbadt dieser Stadt, ist mir aber wegen meines oft betrübten Zustandes viell in Vergessen kommen, ist nicht müglich all zubeschreiben.
(I) Der Commendante der dermahlen in der Stadt gelegen, hatt es gegen den Kaiser verwirket, daß er seines Lebens nicht sicher gewesen, weill er ihm so viell Volck entführet, und ein Rebeller worden, und weill die draußen Trompeter geschickt, ob man die Stadt mit Accort uffgeben wolte oder nicht, haben Geistliche undt die vornehmsten im Rahtt, ihn gantz cläglich undt bittlich angefallenn, er müchte doch daß Ende undt Ausgangk bedencken, was es noch geben würde, hatß aber nicht helfen mögen. Undt wie er siehet wie es die Überhandt nimbt, mus ihn sein Diener, droben bey der verwüsteten Kirche erstechen, der Diener ersticht sich selbsten. Er liegt in unßerer Kirche ohne Sark im Grabe. Ich habe ihn 15 Wochen nach seinem Tode noch liegen sehen, man hette ihn mögen uff den Galgenberg graben !
II) In den Tagen undt Belagerung wardt von etzligen Örtern, da sie Patry[103] hatten, ein unerhörtes Schiessen mit großen Stücken[104] gehört, auch manniger erschossen; den Dienstag siebenhundert 48 Schusse, darunter 200 Granaten,[105] schrekliche Feuer Kugell,[106] welche ich mit meiner Handt angeschrieben, darauf gingk der Sturm undt Niederhawen mit den scharffen Barten[107] an, da wardt weder Jung noch Alt, das Kind in Mutter Leibe nicht verschonet, wahrhaftig Blinde, Lahme, Stumme niedergehawen, Ja 8 Predicanten,[108] die von den Dörffern herein geflohen; einer ist von Hemelln[109] Johann[es Deppe] für meinen Fenster niedergehawen. In summa alles was von Menschen ihn fürkommen, muste sterben. Undt obschon etzliche vielle sich mit Gelde ihr Leben retten wollen, auch bey Hunderten, ja bey Taußenden von sich gegeben, haben es die Blutmörder von ihnen genommen, sein andere gekommen, die nichts bekommen können, haben sie sie niedergehawen (wie sie mit dem Weibes Volck umbgangen ist leichtlich zu ermessen.) deren sie auch viell mit ins Lager genommen. Was für ein Jammer undt Zethergeschrey uff dem Schlosse geweßen, weißet der Augenschein nachauß, wo sie auch Lebendige undt Todten oben aus dem Tache undt [/] undt Fenstern, Ja die Mütter mit den Kindern herabgeworffen, in den Graben nach dem Waßer ist mehr als zu viell beweist, auch nieder gehawen, daß das Blut die Treppen herunter geflossen, auch noch an den Wenden auff den Gemachen noch zuersehen. Undt weil ich zu demmahl uff der Brücken, uff dem Turme wohnete, und die Bürger aldar mit Fleiß dass Tohr inn Acht nehmen, da wir da vermeintren sicher zu sein, weill die Tohre mit Gewalt zu gepresset wahren, kommen sie zu uns auß der Stadt uff die Brücken, schießen auch etzliche nieder; wie wir nun sahen, daß es Feindt wahr, steht ein groß Feuer Mörsell[110] uff der Brücken mit drei Körbe voll Radt Nägell, alte eyßern Pötte Stücke, Stücke von alten eyßern Ofen. Da sollte am Schloße die Brustwehr mit bestrichen werden, kehrten wir umb in die Stadt, undt ich steckte es mit bloßer Handt an, wie es an mir noch zu beweißen ist an meinem Leibe, auch wo die Stücke hingeflogen sindt, beweißet der Augenschein. Was aldar uff der Brücken vom Feinde lebte, muste liegen bleiben. Es gingen unßer 36 uff den Turm, da hatten wir viell viell Steine uff damit maurreten wir die Treppen mit zu, undt ich hatte ein Bachsteg vom Schiffe droben, machte ich droben im Turm feste, kamen nu so 14 an herrunter undt kamen in Göttingen, waß da hier vergessen wahr wardt uns aldar 10 Wochen mit Hunger, Kummer undt ander Plage eingetrencket, die anderen so uff de, Turm blieben, ist durch des Bluttmörders, den Tillen,[111] feste Zusage und Verheißen daß Leben geschenket, undt Quartir[112] gegeben, die haben die Todten uff Wagen laden undt bei Hündem[113] uff die Brücken führen undt ins Waßer werffen müssen. Undt weill sie wegen des gar kleinen Waßers nicht wegfließen können, sein sie hin undt wieder in großer Antzahl in den Werdern, undt an Uffern behangen undt liegen blieben, daß sie Hunde, Raben undt Fische freßen undt vertzehren müssen. Das große Stücke, nahmens Bitterböße, da der Land Graf von Hessen[114] die Stadt auch belagert, haben sie nach Caßell[115] gebracht, ist es noch. Wie nun daß große Elende und Niedermatschen, verhoft es sollte nun ein Ende haben, ist es nach den dritten darnach ufs neue wieder angegangen. Denn der Turm, wo die Stadt ihr Pulver ingehabt, hatte der Tilly sein Pulver auch inbringen lassen. Undt wie vermuthlich damit gestreuet, undt vielleicht von der Schildtwache, die dafür gestanden, mit den Lunten angesteckt, leuft unter der Tühr hinein, wirft Maurren, Tühren, die Kirchen nebn dem [/] Turm, vielle Heußer gar zu Boden, viell verdorben, daß auch die Rest von Tühren und undt Mauren hin undt wieder große Haufen liegen, vermeinten die Blutmörder, als sey es von den Bürgern eine Min[116] vergraben und angesteckt, sie zu verderben, geht daß Niederhauen wieder ufs neue an. Was wir zu demmahl lange Zeit außgestanden, undt von ihn leiden müssen, ist Gott undt unßer noch gar wenig leider mehr als zu viell bewust. Undt wenn jeder der diß Unglück mit außgestanden, sein Leiden klagen solte, wo wolte man Zungen, Fädern undt Pappir hernehmen, solches zu beschreiben. Ist zu dammahl noch nicht genug geweßen, sondern uff daß Bluttbad ist die Stadt von den Hessen abermahl belagertt. Und ohn das Niederhauen ein gar schrekliche unerhörte Übermuth mehr als von Feinden leiden müssen, da es doch unser nehesten Nachtbahrn wahren. Es ist wahrhaftig wahr, dass Bürger auß Caßell, die ihre Vettern hier wohnen haben, mit Secken kahmen, undt da ich sie gefragt, was sie mit den Secken machten wollten, sagten sie, ey wir vermeinten, es soll wieder angehen, wie jenesmahl wieso Papenheim[117] die Kaysers Schwartschen,[118] Blanckerschen,[119] Pfankuchen[120] Wittmundt;[121] geschweige des viellen Außschuß[122] dieser Stadt ufferlegt, und ausstehen müßen, sage vorhmahls, steht nicht zubeschreiben. Wolte woll mehr davon schreiben, ist aber zu kurtz angewandt, wie ich nicht anderst weiß, wirdt es in der Kirchen in der Sakristei schriftlich zufinden sein. Vielleicht mag Henricus Wissenschaft davon haben. Doch weiß ichs nicht. Der Herr Magister köntens an ihm vernehmen“.[123]
Wohl auch aus diesen Gründen veranstalteten die Soldaten ein geradezu apokalyptisches Szenarium in der Stadt, das von abends zwischen 8 und 9 Uhr bis früh um 5 Uhr gedauert haben soll.[124] Aus einem zeitgenössischen Bericht voll subjektiven Grauens bis hin zur exzessiven, fast rituellen Zerstückelung von Körpern der Nichtkombattanten[125] geht hervor, dass aus hiesiger Bürgerschaft bei achthundert Persohnen an Bürgern, Weib und Kindern gantz unschuldiger Weise so jämmerlich umbs Leben kommen und getödtet wurden, darunter man weder schwangere Frauen, noch säugender unmündiger Kinder,[126] weder alter noch kranker Leute verschonet, sondern bei und nach dem Einfalle biß in den andern Tag, alle die den Soldaten vorkommende, ohne die Gott sonderlich erhalten, mit Hackebarthen [Hellebarden][127] niedergehauen, daher dieselben lange Weile, ehe sie ihren Geist aufgeben, sich quälen müssen, etliche sind in heiß Wasser geworfen und verbrandt, etliche vom Thurm und anderen hohen Ohrten heruntergestürtzet, etlichen Pulver angehenkt und damit gemartert, etliche gebunden und gegen dem Feuer gebraten, theils Stricke um die Häupter gewickelt,[128] theils aufgehenkt, theils die Augen ausgestochen, krancke schwache Leute auf ihren Siechbetten umgebracht, junge Kinder mit Spießen niedergestochen und dieselben in der Höhe daran zappeln lassen, etliche vornehme alte Rathspersonen[129] von 70, 80 und mehr Jahren, auch einen steinalten Schiffer, so hundert und acht Jahre erreichet, und fast kindisch gewesen, auch mit niedergehauen worden, etliche auf dem Thurm bei der Stadtmauer mit Feuer und Pulver geschmauchet, die todten Körper auf den Gaßen theils entblößet, darunter auch eine schwangere Weibspersohn, so zwar todt, aber die Frucht, salva Reverentia (= es sei gestattet, das zu sagen), halb in der Gebuhrt bestecken blieben und sich noch gereget, etlichen feisten Leuten daß Schmeer[130] und Darmen,[131] anderen das Hertz aus dem Leibe geschnitten, theils von den Dächern wie Vögel heruntergestoßen, hernach haben die Soldaten sich auf die todten Leichnams gesetzet und einer dem anderen zugetrunken, von Vielen ein, zwey oder auch wohl zum dritten Mahle die Rantzion[132] genommen, quartier zugesaget (= Lösegeld genommen, das Leben zugesagt) aber doch nicht gehalten und waß dergleichen unchristliche Thaten damahls mit Schlagen, Verwunden, Schänden,[133] Schmähen und anderen, so fast unsäglich, an Unß, Gott erbarme es, verübt worden, so hat man auch hernach (welches noch auf heutige Stund viele hochbetrübete Witwen am meisten schmertzet) die Todten, sowohl Bürger als Frembde, über zweitausend zweihundert und sechzig,[134] so auß allen Ohrten an den Ecken der Gaßen bei 40, 50 oder mehr zusammen über einen Haufen geschleppt und gebracht worden, auf die Wagen (deren bei 300 vom Lande hereinbeordert worden) geworfen, zur (Werra-)Brücke geführet und von da darab ins Wasser gestürtzet, darunter auch noch etliche Verwundete gelebet und sich hören lassen, auch die Frucht im Mutterleibe, wie sie allbereits im Wasser gelegen, annoch gereget“.[135]
Das war ein Klimax von Gräueltaten,[136] die Demonstration sadistischer Perversion,[137] obwohl nach dem herrschenden Kriegsrecht wegen der Verweigerung des Akkords nicht mehr zwischen Kombattanten und „Nicht“-Kombattanten unterschieden werden musste, wie er selbst in dieser Form in zeitgenössischen Propagandaberichten selten anzutreffen ist. Die Schuld an dem Massaker[138] trug natürlich auch Lawich.
Clout selbst, der sich mit überlebenden Bürgern und Soldaten auf den Friedhof zurückgezogen und dort verschanzt hatte, soll angesichts der Ausweglosigkeit seiner Lage auf eigenen Befehl hin von seinem Leibjungen durch einen Musketenschuss getötet worden sein.[139] Im Augenzeugenbericht des in den Diensten der lutherischen und kaisertreuen Landgrafen von Hessen-Darmstadt[140] stehenden Amtmanns zu Eppstein,[141] Johann Wilhelm Willkühn, hieß es zwar zuerst, dass über zweitausend Bürger getötet und in die Werra geworfen worden seien und dass nicht mehr als zwanzig Bürger das Massaker überlebt hätten, doch unter dem 5./ 15.6. schrieb er, dass viele, die sich nach Kassel geflüchtet oder versteckt hätten, zurückgekehrt seien, als Tilly den Überlebenden Pardon zugesagt habe.[142]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Ernst Graf v. Mansfeld [1580 Luxemburg- 30.11.1626 Rakovica bei Sarajewo], Söldnerführer. Vgl. KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[2] 8.11.1620: Maximilian I. von Bayern schlägt das böhmische Ständeheer unter Christian I. von Anhalt. Friedrich V. von der Pfalz geht nach Den Haag in die Niederlande. Vgl. KREBS, Schlacht.
[3] KREBS, Die Schlacht, S. 201.
[4] Leutnant [schwed. Löjtnant, dän. Løjtnant]: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-80 fl. – zumindest wurden in den besetzten Städten monatlich 80 Rt. (120 fl.) erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 -, was etwa dem Sold eines bayerischen Kriegsrats entsprach. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der infanterie 60 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 52f.: „Ein Leutenant wird von dem wörtlein Lieutenant, quasi locum tenens, Ort / Platz / Stell- oder Statthalter eines Capitains genant / diweil er in abwesen seines Capitains desselben Stell verwaltet / er könnte auch der Unterhaubtmann geheissen werden. Ein solcher sol ein dapferer / aufrichtiger / Kriegsgeübter / und praver Cavalier seyn / und ist dem Capitain der nächste: in dessen abwesen commandiert er follkommen / und hat auch in gegenwart des Capitains den gantzen Befehl über die Compagnie: dann wann dem Capitain von dem Regiment etwas anbefohlen wird / so gibt er dem Leutenant Ordre / wie er sich in einem und anderem verhalten solle / der dann durch seine nachgesetzte Officier den Befehl follstrecken laßt: Dieser sol auch des Capitains guten Namen / Ehr / und Reputation lieb haben und schirmen / alß sein eigen Leben und Ehr / und sich sonderlich dem Capitain um dapfere und versuchte Soldaten umschauen / auch wie er die Soldaten logiren und wol einquartieren möge: Darneben soll er fleissig achtung geben / daß alles gleich zugehe / nach guter ordnung und ohne klag. Alle Abend sol er sich auf der Parade finden lassen / und sehen / wo mangel erscheine: ob auch die Parade / Wacht / und Ordre wol angestellet und gehalten werden: dagegen sol er sich in seinem Commandement gravitetisch und ernsthaft erzeigen / daß ihn seine untergebene Officier und Soldaten ehren / und so wol alß den Capitain fürchten. Die Soldaten werden auch durch ihn gestraft / und ligt ihme aller Last auf dem hals: dann so er die Compagnie nicht versehen müßte / mangelte man keinen Leutenant. Sein Oberwehr ist eine Partisane / er thut keine Wacht / alß die Haubtwacht / da die Compagnie wachet. Er sol auch die Corporalschaften an Mannschaft gleich außtheilen / und keiner mehr versuchte Soldaten geben alß der anderen / daß einer die besten / ein anderer aber die schlechtesten Soldaten habe / woran in einer Occassion vil gelegen ist: Er sol den strafwürdigen streng / den gehorsamen aber gutthätig seyn: Er sol auch aller Soldaten humores erkennen. In summa / er sol wüssen in abwesen des Capitains die Compagnie mit satsamer genugthuung zuregieren / alß wann der Capitain selbst zugegen were / und beyde Officia unklagbar zuverwalten“.
[5] Wilhelm IV. Herzog v. Sachsen-Weimar 11.4.1598 Altenburg-17.5.1662 Weimar], schwedischer Generalleutnant. Vgl. HUSCHKE, Wilhelm IV.
[6] Waidhaus [LK Neustadt/Waldnaab]; HHSD VII, S. 781.
[7] HEERMANN, Beytrag, S. 334.
[8] Altenoythe, heute Ortsteil von Friesenoyte [LK Cloppenburg]; HHSD II, S. 8f.
[9] ligistisch: Zur (katholischen) Liga gehörig. Die Liga war das Bündnis katholischer Reichsstände vom 10.7.1609 zur Verteidigung des Landfriedens und der katholischen Religion, 1619 neu formiert, maßgeblich unter Führung Maximilians I. von Bayern zusammen mit spanischen und österreichischen Habsburgern an der Phase des Dreißigjährigen Krieges bis zum Prager Frieden (1635) beteiligt, danach erfolgte formell die Auflösung. Das bayerische Heer wurde Teil der Reichsarmada. Zur Liga-Politik vgl. KAISER, Politik und Kriegsführung, S. 152ff.
[10] Gefangene: Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“.
[11] BARTON, Schlacht, S. 17, 19. WINCKELMANN, Oldenburg. Friedenshandlungen, S. 183.
[12] Untersteckung, Unterstoßung: (zwangsweise) Eingliederung von (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung‘ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben“ (BURSCHEL, Söldner, S. 158). In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. von Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff oder Sturm auf eine Stadt vorausgeschickt; SEMLER, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67. Franz von Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet. HELLER, Rothenburg, S. 158: (1645): „Die [bayr.] Furir aber haben alle Häußer, wo Franz. oder Weimar. gelegen, außgesucht und was sie hinterlaßen, alles weggenommen. Wie sie denn im güldenen Greifen einen Weimarischen Feldscherer sampt seiner Feldtruhen, welcher allhie geblieben und hernach wollen nach Hauß ziehen in Holstein, ertapt, übel gemartert und geschlagen, endlich mit sich hinweggefürt und, wie man gesagt, weilen er ihnen nit wollen dienen, auf dem Feld erschoßen“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70f. (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, daß die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. => Kriegsgefangene.
[13] LOTZE, Münden, S. 70.
[14] Johann Jakob Freiherr v. Bronkhorst-Batenburg, Graf v. Anholt [12.2,1582 Anholt-19.10.1630 Freiburg im Breisgau], ligistischer Generalwachtmeister, 1622 Feldmarschall u. Stellvertreter Tillys.
[15] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[16] Desertion: Auf die unerlaubte Entfernung vom Regiment stand in den Kriegsartikeln die Todesstrafe, die nur nicht verhängt wurde, wenn Bedarf an Soldaten herrschte. JÜRGENS, Chronik, S. 514 (für Hannover): „Den 11. Aprilis [1633; BW] ist ein Königsmarkischer Soldate, so entlaufen, und hie unter Caspar von Lühden Stadt-Companien angetroffen, vor Linden bey dem Galgen stigmatisiret und das rechte Ohr abgeschnitten durch unsern Nachrichter Meister David“. Vgl. WINTER, Möser, S. 19f.: „Den 21. März [1628] läßt Hauptmann Föckler einen Reiter, so bei dem Merodischen Regiment, und einen Soldaten, so unter Hauptmann Kestgens, und einen, so unter seiner Compagnie ausgerissen, henken an die Justiz auf dem Markte. Den 2. April aber hat er einem Corporal zu Roß den Kopf, auch der Ursache halben abschlagen lassen“. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f., für 1637: „Den 31. März [10.4.; BW] ist der Oberst Spork mit seinen Völkern allhier vor die Stadt gekommen, hat Quartier begehret und daneben angedeutet, wie ihm Nordhausen auch assignirt worden; des andern Tages ist er wieder von hier nach Nordhausen gezogen. Den 4. [14.; BW] April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Teilweise ließ man Deserteure um ihr Leben würfeln; DOLZ, Versuch, S. 298; JÜRGENS, Chronik, S. 525. Zur Desertion trug auch die Praxis bei, untergesteckte Söldner „zue disem sturmb, wie andere mehr, wider wüllen […] vornen an die spüz“ als Kugelfang zu stellen, wie ein kaiserlicher Soldat, der bei der Belagerung Überlingens 1634 verletzt wurde, nach Mitteilung Bürsters über seine Dienste nach der zwangsweisen Untersteckung unter die schwedische Armee berichtete; WEECH, Bürster, S. 67. Vgl. KAISER, Ausreißer; KAISER, Lebenswelt der Söldner. Das bayerische Memorial vom 16.4.1643 [Bayerisches Hauptstaatsarchiv Kurbayern Äußeres Archiv 2763, fol. 23, Punkt 9] bestimmte, dass, wenn ein Neugeworbener ausreiße, sofort nachzuforschen sei, welche besonderen Kennzeichen er habe; diese seien alsbald zu notieren. Wenn trotzdem einer nicht mehr aufgefunden werde, so solle sein Namen an den Galgen geschlagen, und wenn er Handwerker sei, ein solches den Zünften alsbald zu notifizieren sei, damit dergleichen meineidige Gesellen über kurz oder lang von Handwerks wegen aufgeschrieben und zur Strafe gezogen werden könnten. Dies sei den Neugeworbenen, insbesondere den Handwerksgesellen, schon bei der Neuwerbung und Eidesleistung zu eröffnen. DAMBOER, Söldnerkapitalismus, S. 264f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36. Am 28.4.1628 „gab ein Deserteur vor seiner Hinrichtung als Grund für seine Fahnenflucht Überdruß an dem gottlosen Leben der Soldaten an“. WIEGANDT, Wismar, S. 23f. Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595-1655] berichtet unter 1634; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 569: „Einer von unsern Besatzungstruppen verleitete nach gefaßtem Fluchtplan einen andern zur Teilnahme an dem Verbrechen. Dieser verspricht sich zu beteiligen, eröffnet aber die Sache einigen, während er selbst den morgens Fluchtbereiten, als ob er selbst dazu bereit wäre, begleitet. Die Eingeweihten aber erheben sich aus den Verstecken, andere aber reißen Pferde von der Weide an sich, nehmen die Verfolgung auf, und nachdem sie dem des Fluchtverbrechens Schuldigen vergeblich mit den Schwertern zu Leibe gerückt waren (solche Hiebfestigkeit hatten (ihm) die Zaubermittel verliehen, erschlagen sie ihn mit Prügeln. Dies erschien einigen grausam, weil seine bei demselben Fluchtplan ertappte Frau nach dem Frühstück, von den Soldaten einige Male angeschossen, sterben musste. Milder verfuhr man mit den Töchtern, die man in die Verbannung trieb“.
[17] OPEL, Niedersächsisch-Dänischer Krieg, Bd. 2, S. 534; RILL, Tilly, S. 176; HENNIG, Zur Vorgeschichte, S. 1.
[18] dänische Armee: Nach LICHTENSTEIN, Schlacht, S. 42f., musste ein dänischer Kürassier mit einem mindestens16 „Palmen“ [1 Palme = 8, 86 cm] hohen Pferd, Degen u. Pistolen antreten. Der Kürass kostete ihn 15 Rt. Er durfte ein kleineres Gepäckpferd u. einen Jungen mitbringen. Der Arkebusier hatte ebenfalls Pferd, Degen u. Pistolen mitzubringen, durfte aber ein 2. Pferd nur halten, wenn er v. Adel war. Für Brust- u. Rückenschild musste er 11 Rt. zahlen. Der Infanterist brachte den Degen mit u. ließ sich für das gelieferte Gewehr einen Monatssold im ersten halben Jahr seines Dienstes abziehen. Bei der Auflösung des Regiments erhielten die Soldaten sämtl. Waffen mit einem Drittel des Ankaufspreises vergütet, falls der Infanterist noch nicht 6 Monate, der Kavallerist noch nicht 10 Monate gedient hatte; andernfalls mussten sie die Waffen ohne jede Vergütung abliefern. Der Kürassier erhielt für sich u. seinen Jungen täglich 2 Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, 1/8 Pfd. Butter oder Käse u. 3 „Pott“ [1 Pott = 4 Glas = 0, 96 Liter] Bier. Arkebusier u. Infanterist bekamen die Hälfte. Die tägliche Ration betrug 12 Pfd. Heu, Gerste oder Hafer je nach den Vorräten. An das Kommissariat musste der Kürassier für Portion u. Ration monatlich 7 Rt., an den Wirt im eigenen oder kontribuierenden Land musste der Kürassier 5, der Unteroffizier 4, der Sergeant 3, Arkebusier u. Infanterist 2 1/2 Rt. zahlen. Im besetzten Land, das keine Kontributionen aufbrachte, wurde ohne Bezahlung requiriert. Ein Teil des Handgeldes wurde bis zum Abschied zurückbehalten, um Desertionen zu verhüten, beim Tode wurde der Teil an die Erben ausbezahlt. Kinder u. Witwen bezogen einen sechsmonatlichen Sold.
[19] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[20] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[21] Unverzichtbar zu den Vorgängen um die Eroberung Mündens die Untersuchungen von Kossert, Eroberung (I), unter http://muenden.kossert.net/ [momentan nicht im Netz]; Kossert, Eroberung (II), Magisterarbeit Freiburg im Breisgau 2007 sowie KOSSERT, „Zu Münden hab ich so gemaust“.
[22] WASSENBERG, Florus, S. 102f.: „Münden an der Werra / ware nicht mit wenigem Volck / sondern mit 4. starcken Fähnlein Knecht vnderm Commando deß Graffen Hans Reinharten von Solms / seines Obristen / Lauwig genannt / besetzet“. WILLINGEROD, Geschichte, S. 252ff.; ROMMEL, Hessen 7. Bd., S. 629f.; FESTSCHRIFT MÜNDEN; ferner auch BEUERMANN, Hannoversch-Münden. Nach XYLANDER, Herzog Christian, S. 16, hatte man schon am 13.5./23.5. mit einem Angriff auf die Stadt gerechnet. 1623 hatte Knyphausen gegen den Widerstand der Stadt Truppen als Garnison hineingelegt; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2332, fol. 370 (Ausfertigung).
[23] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[24] Philipp Reinhard I. Graf zu Solms-(Hohensolms) in Lich [24.7.1593 Cleeberg-18.4.1635 Frankfurt/M.], dänischer, dann schwedischer Obrist, Hofrat, Generalkriegspräsident.
[25] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[26] Eusebius [Sewis] v. Lawich [Lauwigk, Lauwick, Laweck, Laubeck, Lauch] [ -6.6.1626 Münden], dänischer Obristleutnant.
[27] mit dem Schwert hinrichten: Nicht nur das schwedische Militärrecht war, sofern es strikt angewendet wurde, sehr streng, schon für das Schlafen während der Wacht war im Art. 43 für Gemeine das Arkebusieren (Erschießen mittels Arkebuse) vorgesehen. Arkebuse war ein Gewehr, eine Waffe für leichte Kugeln, die in freiem Anschlag verwendbar war; bei der Infanterie als Handrohr, Büchse oder Arkebuse, bei der Kavallerie als Karabiner oder Faustrohr (Pistole mit Radschloss). Höhere Offiziere wurden dagegen meist mit dem Schwert hingerichtet. Vgl. „Schwedisches Kriegs-Recht“; BERG, Administering justice. Zum Teil wurden auch einfache Kombattanten mit dem Schwert gerichtet. Als Gnadenerweis wurde der Delinquent manchmal ungebunden durch den Henker mit einem Streich hingerichtet, da ja die Berührung durch den Henker „unehrlich“ machte und ein ordentliches Begräbnis auf dem Friedhof nicht zuließ. Ähnlich wurde in der kaiserlichen und kurbayerischen Armee verfahren. Vgl. auch die Hinrichtung des Obristen Schellart von Dorenwert, Adam Wilhelm, Freiherr zu Gürzenich; Obrist [ -12.10.1627 im Feld vor Rendsburg enthauptet] in den „Miniaturen“.
[28] N Clout [Glotte, Kloth, Clavet] [ -6.6.1626 Münden], dänischer Obristleutnant. Möglicherweise der bei SCHWERHOFF, Köln, S. 335, erwähnte, im Dienst der Generalstaaten gestandene Hauptmann Clout; so auch bei dem Kempener Gerichtsschreiber Scheutt unter 1600 (Capitän Clouth); MANTEN, „… und allen mouthwillen gedrieben“, S. 150, 151.
[29] KHEVENHILLER, Annales Ferdinandei 10. Teil, S. 1259.
[30] Göttingen; HHSD II, S. 178ff.
[31] Northeim; HHSD II, S. 353f.
[32] Johann Schweikhard v. Kronberg [15.7.1553-17.9.1626 Aschaffenburg], 1604-1626 Erzbischof u. Kurfürst v. Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches. Georg Hermann Freiherr v. Schweinitz [24.2.1602 Burg Crain (Krain)-30.4.1667 Breslau], kursächsischer Obrist.
[33] Johann Graf v. Aldringen [10.12.1588 Diedenhofen-22.7.1634 Landshut], ligistischer Obrist, später kaiserlicher Feldmarschall. Vgl. HALLWICH, Gestalten aus Wallenstein’s Lager II. Johann Aldringen; DUCH, Aldringen (Aldringer), Johann Frhr.
[34] Zum unzureichenden Transportwesen Briefe und Akten NF II/3, Nr. 117, S. 168: Tilly an Maximilian I., Höxter, 1626 V 03; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2353, fol. 4 (Ausfertigung): Tilly an Maximilian I., Bockenem, [1626] I 02. Der Transport zu Land verdoppelte den Preis der Waren.
[35] Vgl. auch CATALANO, Ein Chamäleon; REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein; SCHUBERTH; REICHEL, Die blut’ge Affair’; MORTIMER, Wallenstein.
[36] BRETHAUER, Mündener Blutpfingsten, S. 1.
[37] Beute: Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153. Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer Universitätsbibliothek; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „ … aber ich muß erst Beute machen“. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.
Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck und Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Gehandelt wurde mit allem, was nur einigermaßen verkäuflich war. Erbeutete Waffen wurden zu Spottpreisen an Städte und Privatleute verkauft; SEMLER, Tagebücher, S. 27f. Der Überlinger Pflummern berichtet in seinem Tagebuch unter dem 4.5.1635; SEMLER, Tagebücher, S. 199: „Vmb dise zeitt daß rauben, stehlen vnd plündern auff dem landt, sonderlich vmb die statt Veberlingen daß tägliche handwerckh geweßt, dan nirgendts ein remedium, kein zucht noch kriegsdisciplin, vnd hatt obrist von Ossa zu Lindaw selbst denen, so vmb abstellung diser straßenraubereyen bei ihme angehalten (der jedoch auf dieses landts defension vom kayßer patenten empfangen) sollche abzustellen nicht möglich, dan wie er discurrirt, müeße der kayßer knecht haben, die knecht müeßen geessen haben, müeßen auch wol gemundirt seyn, vnd müeßen noch darzu fir andere ihr notturfft ein stuckh gellt im peüttel haben, ergo sollen vnd mögen sie stehlen, rauben vnd plündern, waß vnd wa sie finden“.
[38] HENNIG, Vorgeschichte.
[39] Vaake, heute Teil von Reinhardshagen [LK Kassel], 10 km nördlich von Hann. Münden.
[40] HENNIG, Vorgeschichte, S. 2.
[41] Rückerode unter Hundelshausen, heute Ortsteil von Witzenhausen [LK Werra-Meißner-Kreis]. ?
[42] Georg Friedrich Graf v. Schlick [Schlik] [ -6.3.1642 bei Mansfeld], kaiserlicher Obrist.
[43] Friedewald [LK Hersfeld-Rotenburg]; HHSD IV, S. 149.
[44] Adolf Herzog v. Schleswig-Holstein-Gottorp [15.9.1600 Gottorp-19.9.1631 Eilenburg], kaiserlicher Obrist.
[45] Jan Oktavián Freiherr Kinský v. Vchynice u. Tetau [1604-4.5.1679 Prag], kaiserlicher Obrist.
[46] David Freiherr Ungnad v. Weißenwolf [1604-1672], kaiserlicher Militär.
[47] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.
[48] HELVICUS, Caesar Victoriosus, S. 478. Wahrscheinlich BELLUS, Ostreichischer Lorberkrantz 1. Bd. (1626) S. 946, entnommen.
[49] Witzenhausen; HHSD IV, S. 478f.
[50] Osterode; HHSD II, S. 370ff.
[51] HENNIG, Vorgeschichte, S. 2. Zu den Handels- u. Verkehrswegen vgl. RITTER, Ratsherrn, S. 18f.
[52] Grebenstein [Kr. Hofgeismar]; HHSD IV, S. 181f.
[53] Fourage: Unterkunft und Verpflegung und Viehfutter für die jeweilige Einheit.
[54] HENNIG, Vorgeschichte, S. 2.
[55] Göttingen; HHSD II, S. 178ff.
[56] Friedrich Ulrich Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel [5.4.1591 Wolfenbüttel-11.8.1634 Braunschweig].
[57] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[58] Christian der Jüngere Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel [20.9.1599 Gröningen-16.6.1626 Wolfenbüttel], kurpfälzischer, dann dänischer General.
[59] Sukkurs: Hilfe, Ersatz; Beistand, Nachschub.
[60] LOTZE, Münden, S. 67.
[61] Vgl. allgem. RITTER, Ratsherrn.
[62] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[63] Levin v. Mortaigne [ – 1626], ligistischer Obrist und Kommandant der salzburgischen Verbände; HEINISCH, Salzburg, S. 97; BEISEL, Bavarian Nobility, S. 348; die Erwähnungen bei KAISER, Dreißigjähriger Krieg; † 1626 in der Nähe von Fulda, das Regiment wurde J. L. v. Fürstenberg übertragen. Vgl. den Bericht des Mündener Amtmanns an Friedrich Ulrich: „Daß die Mortaigne Truppen in Gimte, Volkmarshausen, Hilwartshausen, Hemeln und den hessischen Dörfern Baake und Beckerhagen alles ausgeplündert und man befürchte, daß Merode [Johann II. von Mérode-Waroux; BW], der bei Allendorf mit 1500 stehe, auch diesen Weg nehmen werde“. LOTZE, Münden, S. 67.
[64] Moringen [LK Northeim]; HHSD II, S. 331f.
[65] Hardegsen [Kr. Northeim]; HHSD II, S. 206.
[66] Winterquartier: Zugewiesenes Quartier, das in der Regel vom November bis zur Eröffnung der Sommerkampagne im Mai/Juni beansprucht wurde und in dem andere, höhere Verpflegungssätze galten. Natürlich versuchten die Magistrate und Stände, diesen Zeitraum zu verkürzen, indem man schon ab Februar das „Sommertraktament“ einzuführen versuchte, was wiederum zu Aufruhr bzw. einer Erhöhung der Beschaffungskriminalität unter den Soldaten führen musste. Vgl. die Versuche des Magistrats von Berlin im Januar 1641; FADEN, Berlin, S. 226.
[67] LOTZE, Münden, S. 66f.
[68] Moritz Landgraf v. Hessen-Kassel [25.5.1572 Kassel-15.3.1632 Eschwege].
[69] Union: Am 14.5.1608 in Aufhausen bei Nördlingen als ein Defensivbündnis der protestantischen Fürsten der Pfalz, von Ansbach, Kulmbach, Baden-Durlach, Sachsen-Anhalt, Pfalz-Neuburg und Württemberg gegründet, später kamen noch andere Stände sowie 17 Städte dazu, was zur Gründung der katholischen Liga führte. Ihre Schwächen lagen darin, dass Kursachsen und die norddeutschen protestantischen Fürsten sich nicht anschlossen, 1614 Pfalz-Neuburg und 1617 Brandenburg austraten. 1621 löste sich die Union angesichts der militärischen Überlegenheit Habsburgs, Bayerns und Spaniens wieder auf.
[70] Vgl. HEIBERG, Christian 4.
[71] Kassel; HHSD IV, S. 252ff.
[72] HUEG, Aus Northeims Sturmzeit, S. 35.
[73] Vgl. CATALANO, Ein Chamäleon; REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein; SCHUBERTH; REICHEL, Die blut’ge Affair’; MORTIMER, Wallenstein.
[74] ritornoso Volk: wieder ausgerüstete Truppen.
[75] Sukkurs: Hilfe, Ersatz; Beistand, Nachschub.
[76] Christian IV. König v. Dänemark [12.4.1577 Schloss Frederiksborg-18.2.1648 Schloss Rosenborg/Kopenhagen]. Vgl. HEIBERG, Christian 4.
[77] Johann Philipp Freiherr Fuchs v. Bimbach [1567-27.8.1626 bei Lutter am Barenberge], General.
[78] Wallenstein an Harrach, o. D. (ca. 14.-19.5.); TADRA, Briefe, S. 357f.
[79] dänische Armee: Nach LICHTENSTEIN, Schlacht, S. 42f., musste ein dänischer Kürassier mit einem mindestens16 „Palmen“ [1 Palme = 8, 86 cm] hohen Pferd, Degen u. Pistolen antreten. Der Kürass kostete ihn 15 Rt. Er durfte ein kleineres Gepäckpferd u. einen Jungen mitbringen. Der Arkebusier hatte ebenfalls Pferd, Degen u. Pistolen mitzubringen, durfte aber ein 2. Pferd nur halten, wenn er v. Adel war. Für Brust- u. Rückenschild musste er 11 Rt. zahlen. Der Infanterist brachte den Degen mit u. ließ sich für das gelieferte Gewehr einen Monatssold im ersten halben Jahr seines Dienstes abziehen. Bei der Auflösung des Regiments erhielten die Soldaten sämtl. Waffen mit einem Drittel des Ankaufspreises vergütet, falls der Infanterist noch nicht 6 Monate, der Kavallerist noch nicht 10 Monate gedient hatte; andernfalls mussten sie die Waffen ohne jede Vergütung abliefern. Der Kürassier erhielt für sich u. seinen Jungen täglich 2 Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, 1/8 Pfd. Butter oder Käse u. 3 „Pott“ [1 Pott = 4 Glas = 0, 96 Liter] Bier. Arkebusier u. Infanterist bekamen die Hälfte. Die tägliche Ration betrug 12 Pfd. Heu, Gerste oder Hafer je nach den Vorräten. An das Kommissariat musste der Kürassier für Portion u. Ration monatlich 7 Rt., an den Wirt im eigenen oder kontribuierenden Land musste der Kürassier 5, der Unteroffizier 4, der Sergeant 3, Arkebusier u. Infanterist 2 1/2 Rt. zahlen. Im besetzten Land, das keine Kontributionen aufbrachte, wurde ohne Bezahlung requiriert. Ein Teil des Handgeldes wurde bis zum Abschied zurückbehalten, um Desertionen zu verhüten, beim Tode wurde der Teil an die Erben ausbezahlt. Kinder u. Witwen bezogen einen sechsmonatlichen Sold.
[80] Akkord: Übergabe, Vergleich, Vertrag: Vergleichsvereinbarungen über die Übergabebedingungen bei Aufgabe einer Stadt oder Festung sowie bei Festsetzung der Kontributionen und Einquartierungen durch die Besatzungsmacht. Angesichts der Schwierigkeiten, eine Stadt oder Festung mit militärischer Gewalt einzunehmen, versuchte die militärische Führung zunächst, über die Androhung von Gewalt zum Erfolg zu gelangen. Ergab sich eine Stadt oder Festung daraufhin ‚freiwillig‘, so wurden ihr gemilderte Bedingungen (wie die Verschonung von Plünderungen) zugebilligt. Garnisonen zogen in der Regel gegen die Verpflichtung ab, die nächsten sechs Monate keine Kriegsdienste beim Gegner zu leisten. Zumeist wurden diese Akkorde vom Gegner unter den verschiedensten Vorwänden bzw. durch die Undiszipliniertheit ihrer Truppen nicht eingehalten.
[81] Trompeter: Eigener gut bezahlter, aber auch risikoreicher Berufsstand innerhalb des Militärs und bei Hof mit wichtigen Aufgaben, z. B. Verhandlungen mit belagerten Städten, Überbringung wichtiger Schriftstücke etc., beim Militär mit Aufstiegsmöglichkeit in die unteren Offiziersränge.
[82] »Extract eines Schreibens de dato Heiligenstadt / vom 1. Junij Anno 1626«, in einer titellosen Berliner Zeitung, Nr. 26, 1626, abgedr. bei BUCHNER, Neueste v. gestern I, S. 39.
[83] So behauptet es WILLINGEROD, Geschichte, S. 312ff.; nach dem THEATRUM EUROPAEUM bei MILGER, Gegen Land und Leute, S. 166: „Sie vergriffen sich an den Tillyschen Abgeordneten und traktierten sie übel. Das verursachte große Verbitterung bei dem Grafen Tilly und seinem Volk“. Aus dem Bericht des Osteroder Chronisten Heinrich Wendt (1605-1683; 1635 Stadtschreiber u. Syndikus, 1647 Bürgermeister v. Osterode u. Autor der „Chronica oder Zeytbuch vnd Wahrhafftige Beschreibung der Löblichen Stadt Osteroda“, 1635-1680 verfasst) geht das nicht hervor: „Den 6. Junij ist General Tylli mit 8 Reg[imen]t[e]r[n] Vor Munden gerücket, daselbsten 3 Lager geschlagen. Erstlich in der von den Mundischen selbst abgebranten Vorstadt, die Blum genant, alda der Graff Von Fürstenberg, Obrister und General über artillerey, Herr Cortenbach Undt Schönberg Jhr Qvartier gehabt; Das ander der Stadt, da die Weser und Fulda Zusammenfließen; das Dritte hatt der General Tylli auff dem Galgenberge selbst eine gehabt. Am H[eiligen] Pfingsttag ist beederseits starck geschoßen Und sonderlich hat der Von Fürstenberg über die Weser in die Stadt fast den ganzten tag tapffer feur gegeben. Montags ist nicht viel vorgenommen, allein hat sich der General Tylli bemühet, die Stadt per accordo einZubekommen, Jmmaßen Er Zum Dritten Mahl Trommeter in die Stadt geschicket. Es ist aber Vom Obr[ist]Lieutenant Clout keine ander resolution erfolget, alß daß Er gemeinet Zufechten bis in dem Todt. Und hat die Besatzung Viel Höhnische Worte durch die Trompeter hinauß geboten. Dienstages hat der General befohlen, alle Geschütze gegen die Stadt Zu richten Und so lange Feur Zugeben, biß eine pressa geschoßen würde, daß man mit einem gantzen Regiment Zu Sparung der Soldaten stürmen könte, Welches dan der von Fürstenberg effectuiret Und von Morgen Zu 5 Uhr bis in die Nacht umb 9 Uhr fast in die Tausendt Schüße in die Stadt und wieder die Mauren gethan. Wie dan durch solch starck und unabläßiges schießen die Mauren an der Werra Zerschmettert, die Belagerten aber keines accords jemahls begehret, Alß hat der von Fürstenberg umb 9 Uhr mit 2 Reg[imen]t[e]r[n], Welche erst über die Werra setzen müßen, den Sturm anlauffen laßen Und in einer Viertel Stunde die Oberhandt behalten, in die Stadt gedrungen Und alle ManßPersohnen meistentheils mit Axten vnd Beilen Zu todt gehawen. Der meiste Theil der Bürger und Soldaten haben sich noch eine gute Zeit von dem Kirchhoff, allda Sie sich Zuvor verschantzet, mit Mußqueten Tapffer gewehret. Alß aber Unmüglich denselben Zuerhalten, haben Sie sich uff das Schloß reteriret Und sich davon gewehret, daß es voller Todten Ringsherumb gelegen, darauff dieselbe auch vollents hingerichtet. Es seind aber die Bürgere, Soldaten, Bauren und Schieffleute mehrentheils geblieben vnd weinig davonkommen, die Weiber, deren gar Viel den Soldaten entgegengelauffen Und vermeinet, Jhre Männer Zu erretten, seind mit Barten darniedergehawen. Jn summa es ist ein über die Maß erbärmlicher und Cläglicher Zustandt gewesen Und obwoll viele Wagen von Allendorff und Witzenhausen dahin geschicket, die Todten Zubegraben Und theilß in die Weser Zuführen, konten Sie doch in Vier Tagen das Schloß undt die Stadt nicht gäntzlich saubern, ungeachtet fast alle Cörper, darunter der Obriste Clout selbsten, in die Weser geworffen worden. Sonnabents, den 13. Junij, hat man 18 C[entner] Pulver in einem Thurn gefunden, daßelbe ist angangen, durch was Mittel aber ist unbewust, hat viel Schaden gethan. Jst also die gute Stadt Munden, mit welcher Osteroda alleZeit vndt sonderlich vor alters, wie davon in 5. capittel gemeldet worden, in guten Nachbarlichem Vertrawen gestanden, auff einmahl Jhrer Bürgerschafft beraubet Und seind daselbst Viele Witwen und Weisen in wenig Stunden gemacht“. WENDT, Chronica, S. 404ff.; vgl. auch JÜRGENS, Hannover’sche Chronik, S. 414ff.
[84] Batterie: Geschütze wurden zu Gruppen zusammengefasst. Diese Gruppen nannte man Batterie. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER]
[85] TADRA, Briefe, Nr. 371; dat. Aschersleben, 1626 VI 12.
[86] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Älteres Archiv 2367, fol. 402 (Ausfertigung): Tilly an Max., Münden, 1626 VI 10. HENNIG, Münden, S. 2, beziffert die Verteidiger – neben der dän. Besatzung – aus der Bürgerschaft auf 400 Mann, darunter auch eine Anzahl junger Frauen (Witwen) u. aus dem Amt Minden rekrutierten Ausschuss auf etwa 300; nach LOTZE, Münden, S. 70, waren es dagegen 600. So betrug die Relation zwischen Belagerern u. Belagerten wenigstens 10:1. Nach LOTZE, Münden, S. 69, hatte Tilly 8 Regimenter mit 24.000 Mann herangeführt; nach dem Bericht des Bürgermeisters Unger waren es 16.000.
[87] Jost Maximilian Graf v. Gronsfeld [6.11.1596 Rimburg-24.9.1662 Gronsveld], ligistisch-bayerischer Obrist, kurbayerischer Feldmarschall. Vgl. WARLICH, Für Bayern, Habsburg und Reich [Typoskript].
[88] Adrian Freiherr v. Cortenbach [Courtenbach, Curtenbach, Cordebach] v. Helmond [ -15.9.1630], ligistischer Obrist.
[89] Otto Friedrich Freiherr v. Schönburg [Schönberg, Schönenberg] auf Wesel [1589-17.9.1631 bei Breitenfeld gefallen], ligistischer Obrist.
[90] 1628 untersagte ihm Max., sich bei Vermeidung der Ungnade in ein Duell mit Wolf Adam v. Steinau einzulassen. DAMBOER, Söldnerkapitalismus, S. 292.
[91] Ab Mitte Dez. z. T. in Sommer- u. Winterhausen, dann im Castell’schen Obereisenheim einquartiert. Allein in Obereisenheim kostete die Einquartierung für 58 Pferde, 63 Reiter, 33 Trossbuben u. 1 Frau; (Fürstliches Hausarchiv Castell VI b/14) in 23 Wochen 10.000 Rt.; SPERL, Castell, S. 276. 1629 im Fränkischen Reichskreis bei der Durchführung des Restitutionsedikts eingesetzt, z. B. in Tiefenstockheim; ZIMMERMANN, Schönburger Reiter. Vgl. auch das zeitgenössische Lied „Ein cläglich lied von dem ausgestandenen fünf monat langen Schönberg und Truckhsässischen winterquartier im Hällischen land“; STEIFF; MEHRING, Geschichtliche Lieder, S. 514ff.
[92] Jakob Ludwig Graf v. Fürstenberg [Fürstenberger] [1592-15.11.1627 vor Nienburg], ligistischer Generalfeldzeugmeister.
[93] Generalleutnant: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. Als Rekompens erhielt er für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.
[94] Vgl. den Kupferstich »Belagerung vnd Einnemmung der Stadt Münden« im THEATRUM EUROPAEUM Bd. 1.
[95] Nach dem Bericht des Kommandanten v. Göttingen, Solms, an Christian IV., Göttingen, 1626 VI 04 (a. St.), Riksarkivet København TKIA A 96, sollen es 15 Geschütze gewesen sein. Nach dem »Diarium Goettingense« wurden 866 Schuss aus 14 Geschützen abgegeben; ECKHARDT, Blutpfingsten, S. 3; nach HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 195, sogar 1.000; nach Solms‘ Bericht 752 Schuss. Vgl. BRETHAUER, Flugblatt-Text, S. 3. Nach dem »Extract« waren es dagegen nur 100 Schuss, was jedoch unwahrscheinlich ist. WAGNER, Tracht, S. 104f., der davon ausgeht, dass die Bresche an einem Tag geschossen wurde. Allerdings setzt dieses den Einsatz einer Generalbatterie (8 Kartaunen mit 42-pfündigen Kugeln, die die Mauerbresche schossen, 6 Halbkartaunen mit 24-pfündigen Kugeln, die die Mauerreste zusammenschossen, u. 4 Viertelkartaunen, die 12-Pfünder verschossen, um die Instandsetzung der Bresche, das Ausheben v. Gräben u. die Aufstellung v. Schanzkörben zu verhindern) voraus, die vor Münden jedoch nicht vorhanden war u. zudem eine gewaltige Pulvermenge erfordert hätte; vgl. die Angaben bei POHL, Profiantirung, S. 115. Ein anschauliches Beispiel einer Batterie bietet die Handzeichnung des Capitain Bénédict de Vassellieu, gen. Nicola, bei CORVISIER, Histoire Militaire, S. 338-339; zur Auflistung der Geschütztypen vgl. FUCHS, Kriegswesen I, S. 241ff. Zur Wirksamkeit der Artillerie vgl. ENGLUND, Verwüstung Deutschlands, S. 424f.: „Sowohl bei sogenannten Kernschüssen als auch bei Visierschüssen zielte man mit dem Geschützrohr in mehr oder weniger waagrechter Position. Ein in dieser Position eingestellter Neunpfünder hatte eine Reichweite von etwas über 350 Metern. Dann schlug die Kugel zum erstenmal auf dem Boden auf, wonach sie regelmäßig einen Sprung machte und noch einmal 350 bis 360 Meter flog, bevor sie kraftlos erneut aufprallte – acht von zehn Kugeln sprangen mindestens dreimal auf. (Der Abprall hing davon ab, ob der Boden eben oder buckelig und uneben war.) Die Kugel flog die ganze Zeit in Mannshöhe. Sie konnte also auf ihrer gesamten Bahn töten und verwunden, und wenn sie im rechten Winkel durch eine dünne Linie von Männern schlug, pflegte sie im Durchschnitt drei Mann zu töten und vier oder fünf zu verwunden, aber es kam auch vor, daß eine einzige Kugel 40 Menschen auf einen Schlag tötete. Menschen und Tiere wurden meistens mit einem hohen und entsetzlichen Reißgeräusch zerfetzt. Es gibt Beschreibungen von Schlachten dieses Typs – wie es aussah, wenn brummende Vollkugeln in die von Pulverdampf eingehüllten und dicht gestaffelten Reihen aufrecht stehender Männer einschlugen: In der Luft über den Verbänden sah man dann eine kleine Kaskade von Waffenteilen, Rucksäcken, Kleidern, abgerissenen Köpfen, Händen, Beinen und schwer identifizierbaren menschlichen Körperteilen. Der tatsächliche Effekt beruhte in hohem Grade auf der Größe der Kugel. Leichte wie schwere Geschütze schossen im großen und ganzen ihre Kugeln mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit ab, etwas unter 500 Meter in der Sekunde, doch je größer die Kugel war – das Kaliber in Pfund bezeichnet das Kugelgewicht – , desto höhere Geschwindigkeit und Durchschlagskraft hatte sie, wenn sie ihr Ziel erreichte: die Beine und Muskeln und Zähne und Augäpfel eines Menschen auf der anderen Seite des Feldes“. Der technische Aufwand war beträchtlich bei 60-Pfündern rechnete man für 8 Tage à 30 Schuss 3 Ztr. Pulver, 13 Wagen mit 99 Pferden, dazu 3 Knechte u. 2 Büchsenmeister sowie deren Zubehör.
[96] Sturmlauf: heftiger, schnell vorgetragener Angriff mit dem Ziel, den [völlig unvorbereiteten] Gegner zu überraschen, seine Verteidigung zu durchbrechen. Zum Teil wurden für die Erstersteigung der Mauern oder des ersten Eindringens in die Stadt, Festung etc. Geldprämien bis zu 1000 Rt., die „erste Beute“ oder Rangerhöhungen (so etwa bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder 1631), von den Offizieren ausgesetzt worden. Die Sturmkolonnen sollten Wälle oder Festungen auf Sturmleitern ersteigen, sich dort festsetzen und das Tor von innen öffnen, um den nachrückenden Soldaten den Weg frei zu machen. Teilweise wurde allerdings auch Branntwein ausgeschenkt, um die Angst zu betäuben, oder es wurden Gefangene bei allen Armeen als Schutzschilder vor der ersten Sturmreihe vorangetrieben; vgl. die Aussagen eines Untergesteckten (1634) => Gottmann, Peter in den „Miniaturen“; GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 80.
[97] RETZMANN, Eroberung, S. 10.
[98] Plünderung: Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Die schwedische Garnison in Augsburg hatte die lutherischen Bürger aufgefordert, „Gott mit uns“ auf die Türen zu schreiben, um sich vor Plünderungen zu schützen; ROECK, Als wollt die Welt schier brechen, S. 248. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kan nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, daß wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, daß wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt‘ „. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die aber von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. v. Anhalt-Köthen: Von Gottes gnaden (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Allerdings waren selbst schwedische Feldprediger unter den Plünderern zu finden; MITTAG, Chronik, S. 373. Der in altstädtischen Diensten stehende Magdeburger Daniel Friese und sein Sohn Friedrich über ihre vergeblichen Täuschungsmanöver; NEUBAUER, Magdeburgs Zerstörung 1631, S. 29-31: „Als nun die zwei Musketiere weg waren, nahm der Vater selig eine Axt und schlug den Ofen, Tür und Fenster selbst ein, riss auch das Stroh aus den Betten und streute es im Haus herum, warf auch die alten Inletts und Betten des Gesindes ins Haus, ebenso die Töpfe aus der Küche und ließ das Haus angelweit offen. Es sah aus, als denn die Furien hätten darin getobt, und war eine ziemliche Hilfe, so dass anfangs keiner ins Haus kam, da man allzeit annahm, das Nest wäre schon zerstört. Ferner ließ der Vater selig einen guten Schinken, Knackwürste, geräuchertes Fleisch und was wir an Essen hatten, auf einen Tisch in der Ecke des Hauses, doch so, dass man ihn zur Haustür herein nicht sehen konnte, setzen nebst ein paar Schleifkannen Bier, denn er dachte, wenn ja die Soldaten ins Haus kommen, so würden sie doch, wenn sie das Frühstück sähen, sich daran ein wenig aufhalten und wir uns besser verbergen könnten. Nichts desto weniger kamen Soldaten zu uns hinein, denn sie hatten im Vorüberlaufen die Mutter gesehen. Sie erwischten uns also alle in der Stube, fielen Vater und Mutter an und begehrten Geld“. […] Der Vater sorgte sich, „die Nachbarn möchten aus großer Angst die Soldaten zu uns herüberweisen. Denn sie schrien und tobten in dem Hause wie die bösen Geister und riefen ohne Aufhören nach Beute und Geld. Das hörten wir armen Leute in unserer Kohlenkammer und saßen still wie die Mäuse. Der Vater aber ging nach einer Weile wieder in das Haus und wollte sehen, wie es etwa bewendet wäre. Bald sahen ihn die Soldaten, schrien und liefen auf ihn zu. Die Mutter hörte das Geschrei und lief auch hervor und wir Kinder alle hinterdrein. Der Soldaten waren ungefähr sieben, alle mit brennenden Lunten, und redeten in fremder Sprache, so dass kein Mensch wusste, was sie sagten, nur dass sie stets in die Hände wiesen, wie man Geld zahlt. Da half nun kein Entschuldigen, der Vater mochte sagen, was er wollte, dass nämlich die Soldaten alles genommen hätten. Sie verstanden es nicht, sondern schossen zweimal im Hause nach ihm, Gott aber verhütete es, dass sie dem Vater Schaden taten, sondern in die Wand hinein […] Endlich redete der Vater auf lateinisch mit dem Offizier, dass ihm die Soldaten alles genommen und er also ihnen nichts geben könnte als Kleider, Leinwand, Zinn und dergleichen. Da wurden die wahnsinnigen Furien etwas beruhigt, der Offizier aber begehrte Geld, wo das wäre; dann wollte er die Soldaten alsbald wegführen“. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus nackter Existenznot verübt, da die Versorgung der Soldaten schon vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck u. Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Der Hofer Chronist Rüthner weiß zu berichten, dass Borri fünf seiner Soldaten eigenhändig erstochen habe, die beim Plündern gefasst wurden; KLUGE, Hofer Chronik, S. 192: „Den 8. juni ist Zwickau mit accord übergegangen und aufgegeben worden, jedoch in auszug der schwedischen darinnen gelegene soldaten der accord nicht allerdings gehalten und fast meistentheils spoliret worden, unangesehen der kayßerliche general Borey 5 seiner eigenen leute über den raub erstochen“.
[99] Meinrad Matthias Freiherr v. Wolkenstein [ – August 1626 vor Göttingen], ligistischer Kapitän.
[100] Solms sprach v. dem Verlust v. 2.000 Mann unter Tillys Belagerungsarmee, was ebenfalls nicht den Tatsachen, aber dem üblichen übertreibenden Stil solcher Verlustmeldungen entspricht.
[101] Radnagel: Nägel, um die Schienen eines Rades festzunageln.
[102] LOTZE, Münden, S. 72; RETZMANN, Eroberung, S. 10; ausgestaltet v. Hermann Löns in seinem gleichnamigen Gedicht.
[103] Batterie: Geschütze wurden zu Gruppen zusammengefasst. Diese Gruppen nannte man Batterie. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER]
[104] Grobe Stücke: große Geschütze, meist: Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17, 5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde nötig: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; halbe Kartaunen [langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge des Kalibers (15 cm), schoss 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-75 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt.
[105] Granatkugel: eiserne Sprengkugel als „eine spezielle form der granate älteren gebrauchs, die auch in der feuerwerkskunst verwendet wurde“ [DWB].
[106] Feuerkugel: mit Brandsatz versehenes, aus Mörsern abgefeuertes Geschoss mit Spreng-, Brand- und Leuchtwirkung, das von Mörsern im Steilfeuer über die Stadtmauer geschossen werden konnte.
[107] Hellebarde: Hieb- und Stichwaffe des 13. bis 17. Jahrhunderts mit einem aus einem Stück geschmiedeten Kopf, der ein Beil, eine Klinge und einen Haken besaß, die zu den Stangenwaffen des Fußvolks gezählt wird. Die Hellebarde hat eine breite („Beil“, „Barte“), eine kurze Klinge („Haken“) sowie am Ende eine Stoßklinge. Der meist 1½ bis 2 Meter lange hölzerne Schaft („Halm, Helm“) besaß oft einen mehreckigen Querschnitt oder Lederwicklungen, um beim Hieb das Wegdrehen der Waffe in der Hand zu vermeiden. Der Bereich zwischen Klinge und Schaft wurde seitlich mit „Schaftfedern“ aus Metall verstärkt.
[108] Prädikant: evangelischer Geistlicher, Prediger.
[109] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[110] Feuermörser, Mortier: Steilfeuergeschütz, dessen Rohre aus geschmiedeten Schienen bestanden, die, wie bei einem hölzernen Fass, durch eiserne Reifen zusammen galten wurden. Bei einem Kaliber von bis zu einem Meter Durchmesser waren die Feuermörser bis zu 2, 50 m lang und wurden vor dem Abschuss in die Erde eingegraben. Ihre Stahlkugeln hatten eine sehr steile Flugbahn, man konnte mit ihnen also hinter Mauern schießen. Sie dienten auch zum Werfen von Brand- oder Sprengkugeln (Bomben) mit einem Kugelgewicht zwischen 25 Pfund (1/16 Mörser) und mehreren Zentnern (ganzer Mörser, Kaliber 5-15 Zoll). Nach Pflummerns Aufzeichnungen konnte man mit ihnen Kugeln von 100 Pfund und mehr werfen; SEMLER, Tagebücher, S. 68. Vgl. auch die Abbildung bei FREYTAG, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 1, S. 89.
[111] Johann ‚t Serclaes Graf v. Tilly [Feb. 1559 Schloss Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville/Herzogtum Brabant; 30.4.1632 Ingolstadt], ligistischer Feldmarschall. Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[112] Quartier: Pardon, Gnade. Das hingt zumeist von den Möglichkeiten ab, sich zu ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph 3. Bd., S. 450.
Quartiergalgen: der Quartiergalgen wurde in der Regel zusammen mit einem hölzernen Esel von den Bürgern zwangsweise errichtet, da das Errichten eines Galgens als ehrenrührig galt. => Galgen. Angeblich soll es sich dabei um einen Schnellgalgen gehandelt haben: „Der Schnêllgalgen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eigentlich, ein Galgen in Gestalt eines Griechischen Γ, welchen man ehedem besonders als eine Strafe für ausgerissene Soldaten gebrauchte, indem man sie mit rückwärts gebundenen Händen daran in die Höhe schnellte, d. i. vermittelst eines Seiles schnell in die Höhe zog, und sie eben so schnell wieder fallen ließ, um ihnen dadurch die Arme zu verrenken; der Wippgalgen. 2) Da diese Strafe nunmehr veraltet ist, so wird in weiterer Bedeutung ein Galgen von eben dieser Gestalt, woran man die Ausreißer zu henken pflegt, noch ein Schnellgalgen genannt“ [ADELUNG, Bd. 3, S. 1002]. „Man pflegt auch noch jetzt in weiterer Bedeutung einen Galgen von eben dieser Gestalt, woran man die Ausreißer zu hänken pflegt, einen Schnellgalgen zu nennen“ [KRÜNITZ]. Aus Meiningen wird 1646 berichtet, GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 274: „Eben in diesem Monat [August 1646; BW] sind drey Mußquetirer von hiesiger Qvarnison über die Stadt-Mauern hinaus gestiegen, und hinweg gelauffen, aber bey Walldorff wieder vertappt, nieder geschossen, tod herein gebracht, und in der Hocker-Gassen auff dem Graben, an einem auffgerichten Schnapt-Galgen gehängt worden“.
[113] Hedemünden, heute Ortsteil von Hannoversch Münden [LK Göttingen].
[114] Moritz Landgraf v. Hessen-Kassel [25.5.1572 Kassel-15.3.1632 Eschwege].
[115] Kassel; HHSD IV, S. 252ff.
[116] Mine, minieren: graben, untergraben: Anlegen von Untergrabungsgängen unter dem Mauerfuß einer belagerten Festung. Diese Minengänge zielten entweder auf den Einsturz der Mauer oder auf ein Eindringen in die Festung. Über die Unterhöhlung hinaus konnten sie mit einer Pulverladung versehen und zum Sprengen der Mauer benutzt werden. Da man die Arbeitsgeräusche bald hören konnte, wurden Gegenminen gelegt und zur Explosion gebracht. Teilweise wurden die Minen auch dem Gegner gezeigt, um ihn zum Aufgeben zu bewegen. => Kontramine.
[117] Gottfried Heinrich Graf v. Pappenheim [8.6.1594 Treuchtlingen-16.11.1632 bei Lützen], ligistischer u. kaiserlicher General. Vgl. STADLER, Pappenheim.
[118] Adam Philipp Freiherr, später Graf v. Cronberg [Cronberger, Kronberg, Cronburg] u. Hohengeroldseck [um 1600 – 3.8.1634 Regensburg], ligistischer Obrist.
[119] Otto Ludwig v. Blan[c]kart zu Odenhausen [ -1633], ligistischer Obrist.
[120] Nikolaus Pfannkuch [ – ], Mündener Stadtkommandant.
[121] N Wittmund [ – ], Mündener Stadtkommandant.
[122] Ausschuss: I. Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst – als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae. II. Ausschuss, fürstlicher: Truppen der Landstände.
[123] Stadtarchiv Münden, A 2/2001 Nr. 688 – M 1/Sch 2/21: Asmus Teufels [Düwels] Bericht über die Eroberung Mündens, o. J. [zwischen 1632 und 1656?]. Freundlicher Weise zur Verfügung gestellt von Herrn Thomas Kossert, Göttingen. Eine englische Version findet sich bei MEDICK; MARSCHKE, Experiencing, S. 127f.
[124] LOTZE, Münden, S. 73.
[125] Das erinnert an die Topik zweier weit verbreiteter Flugschriften v. 1619: „Spanischer Türck / Oder Wahrer Bericht / der grausamen unerhörten Spannischen und mehr als Türckischen Mordthaten / welche in dem Königreich Böheimb / hin und wider / durch den Conde di Buquoi / an Mann und Weib […] geübt und gebraucht werden“ (Prag 1919); „Zwo erbärmliche Newe Zeitung / Die erste: Von dem Spannischen Türcken / und der grausamen unerhörten Spannischen und mehr als Türckischen Mordthaten / welche in dem Königreich Böheim hin und wieder / durch den Conde di Buquoi / unnd Graf Tampier […] geübt und gebraucht werden“ (Prag 1619).
[126] Nach dem »Extract« sollen „alle Personen so vber 9 Jahre gewesen jämmerlich zu tode gehawen vnd geschlagen“ worden sein; vgl. KHEVENHILLER, Annalen X, S. 1259; OPEL, Niedersächsisch-Dänischer Krieg Bd. 2, S. 535. Möglicherweise hatte man hier mitkämpfende Frauen getötet, galten weibliche Gegner doch als besonders entehrend.
[127] Hellebarde: Hieb- und Stichwaffe des 13. bis 17. Jahrhunderts mit einem aus einem Stück geschmiedeten Kopf, der ein Beil, eine Klinge und einen Haken besaß, die zu den Stangenwaffen des Fußvolks gezählt wird. Die Hellebarde hat eine breite („Beil“, „Barte“), eine kurze Klinge („Haken“) sowie am Ende eine Stoßklinge. Der meist 1½ bis 2 Meter lange hölzerne Schaft („Halm, Helm“) besaß oft einen mehreckigen Querschnitt oder Lederwicklungen, um beim Hieb das Wegdrehen der Waffe in der Hand zu vermeiden. Der Bereich zwischen Klinge und Schaft wurde seitlich mit „Schaftfedern“ aus Metall verstärkt.
[128] raiteln, reuteln: zügeln, züchtigen, quälen, insbesondere foltern. Bei dieser Foltermethode wurde ein Strick um die Stirn oder den Unterleib gelegt und mittels eines Holzpflocks zusammengezogen. Am Unterleib traten auf diese Weise die Gedärme hervor. Am Kopf traten die Augen aus den Höhlen, die Kopfhaut wurde eingeschnitten und am Ende brach, so wird berichtet, die Schädeldecke. Eine zeitgenössische Beschreibung liefert der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing: „Diese ‚Tortur’ besteht darin, dass sie ihrem Opfer den Kopf bis zur Stirnhöhe (cerebrotinus) mit einem Bündel Seiden- oder Leinenfäden, die sie zu einer Schnur drehen, umwinden. Dabei pressen sie durch immer strafferes und strengeres Herumdrehen die Hirnschale immer fester und so lange zusammen, bis die Augäpfel mehr und mehr aus den Augenhöhlen hervorquellen und in abscheulicher Weise herausgetrieben werden“. SIGL, Wallensteins Rache, S. 151.
[129] Nach RITTER, Ratsherren, S. 147, war wahrscheinlich Heinrich v. Frilinghusen, Mitglied der Schiffergilde u. Ratsherr, darunter. Nach BRENNEKE; BRAUCH, Calenbergische Klöster, S. 87, zählten Johann Deppe, Pfarrer in Hameln, Konventuale in Bursfelde, u. Heinrich Hüpeden, fallsüchtiger jüngerer Sohn des calenbergischen Rentmeisters Erich Hüpeden (SAMSE, Zentralverwaltung, S. 276), zu den Ermordeten. Zu den Hüpeden RITTER, Ratsherren, S. 156.
[130] Schmer: I. Das Leibesfett von Delinquenten [Armesünderfett] wurde vom Nachrichter (Henker) für medizinische Zwecke verwendet; SEMLER, Tagebücher, S. 174 (1634): „Die haben in volgender nacht herwerts Bermatingen 8 reütter von Bůchhorn kommendt angetroffen, auf welliche die vnserige in vortrab gar zu frühe fewr geben, daß die schwedischen sich gewendt vnd die flucht genommen, sonsten hette man alle 8 ring [leicht; BW] bei den köpffen nemmen mögen. Im nachiagen haben beide meine pferdt vor andern die füeß gebraucht, vnd seyn noch zwen vom feind erritten vnd gefangen genommen, vnd alhero gebracht worden, deren der eine, so quattier [Pardon; BW] angenommen, beim leben gelaßen: der ander aber, so trutzig, kein quattier haben wollen, nechst vorm Wißthor archibusirt vnd hernach wegen fätten leibs vom nachrichter ad usum medicinae vmb mitte deß leibs geschunden und begraben worden“. Das wurde immer wieder in Chroniken festgehalten. So soll nach der Schlacht v. Marignano (1515) das Fett eines feisten Gefallenen als Schmiermittel u. Stiefelfett Verwendung gefunden haben; SCHUBERT, Mobilität, S. 160f. II. Schmalz.
[131] Darm aufspulen: Vergleichbares findet sich in den Erinnerungen des Fähnrichs Zehe aus den Türkenkriegen 1685-1688 über die Gräuel griechischer Freiheitskämpfer; RÖHRIG, Hannoversche Rotröcke, S. 125; vgl. PRÖVE, Violentia, S. 24ff.): „Unter all denen Türken, so in selbiger Action geblieben, sahe man keinen einzigen, so nur das geringste vom Hembde anhatte. Allen waren die Köpfe abgehauen, die Leiber aufgeschnitten und alles Eingeweide herausgenommen. Die Darmen hatten sie ihnen um die Hende und Füße gewunden, die Finger, Zehen und Scham waren ihnen alle abgeschnitten, auch kein einziger darunter, so nur noch eines Fingers breit Fell auf dem ganzen Leibe hatte, sondern waren alle abgeschunden, deren Felle gegerbet und stückweise verkaufet. Lagen sie also wie das stinkende Aas durcheinander, welches ein elend Spektakel anzusehen“. Vgl. die Analyse des Reiterüberfalls in GRIMMELSHAUSENS „Simplicissimus“ durch MERZHÄUSER, Über die Schwelle geführt, S. 76ff.
[132] Ranzion, ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht gelassen worden“.
[133] Schändung: Auf Vergewaltigung stand schon in den Kriegsartikeln Gustav II. Adolfs von 1621 die Todesstrafe. THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 617: „So ist auch ein Polnischer Edelmann / welcher sampt seinem Knecht / ein Weibsbild geschändet / und deßwegen bey seinem Obristen angeklagt gewesen / zur Rede gestellt / unangesehen er eine grosse Summa Gelts für sein Leben geboten / gleichwol anfangs der Knecht in Gegenwart und Ansehen deß Edelmanns / enthauptet / und hernach er folgenden Tags auch mit dem Schwerd hingerichtet worden“. Vgl. auch MAHR, Monro, S. 56f.; Denkschrift über den Ruin der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt infolge des Durchzugs, besonders durch die Kaiserlichen, aus dem Dezember 1634; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff.: „Das kaiserliche, hispanische und ligistische volk ist alles auf unsern gnädigen fürsten und herren gezogen, liegt auch dessen noch ein namhafter anteil im land; jetzo ziehen wieder 4 regimenter hindurch, brauchen einen wunderlichen weg, nicht nach der straßen, sondern gar umschweifig nach einem circumflexu. Wollen viel geld haben, dessen doch bei so vielfältigen, ganz grundverderblichen durchplünderungen keines vorhanden. Vieh, frucht ist alles weg; der wein, den man nicht austrinken können, in die erde gelassen. Die besten flecken und dörfer liegen in der asch. Etlich tausend weibspersonen seind geschändet, – ja gar auch junge knaben, quod horrendum – in der schändung gar getötet. Dem herrn kammerpräsidenten Karspach ist bei seiner lieben alten mutter begräbnis in unversehener behendigkeit eine trupp auf den hals kommen, haben 16 adeliche weibspersonen in der trauer an der mahlzeit befunden, deren 8 sobald genotzüchtigt, eine adeliche jungfrau, so eine Schelmin von Bergen (eine einige tochter ihrer eltern) gar auf den offenen markt gelegt und publice geschändet; 8 derselben adelichen damen seind entloffen, haben sich in ein hühnerhaus verkrochen, bis daß der sturm vorüber gewesen. Zween tag vor unsers gnädigen fürsten und herrn wiederanlangung in dero landen ist ein jählicher einfall in dero flecken Oberrosbach [Ober-Rosbach/Kr. Friedberg; HHSD IV, S. 356f.; BW] geschehen, seind alle und jede sich darin befindende weibsbilder (nur 4 ausgenommen) violento stupro vitiiert worden. Hin und wieder im land seind noch sehr viel weibspersonen verloren, von denen man nicht weiß, wohin sie kommen“. Sogar Reiterjungen waren an solchen Vorgängen beteiligt; BLUME; RUNZHEIMER, Gladenbach, S. 323: „2 Jungen / Reiterjungen / habenn Cuntzen heintzgenn Hansenn metgen notzüchtigen wollen, habens uff die Erde geworffen undt das Maul zu gehalten. Sey ohngefehr 13 Jahr alt. Der Hoffmeister aber hab diese Jungen der maßen gezüchtigt, das sies nit wohl leugnen können“. Das Kriegstagebuch des Rüthener Bürgermeisters Christoph Brandis (ca. 1578-1658) über die hessische Einquartierung 1636 hält fest; CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 309f.: „Den 7ten April geschah eine schaendliche That. Ein Soldat Namens Mathes quartirte in D-s Hause (c. Da der Name dieses Buergers noch wirklich in Ruethen existirt, so fand ich vor gut ihn hinweg zu lassen.). Dieser Mathes hatte ihn schon vorher durch Einschlagung der Fenster, Thueren und Tischen, ja selbst durch schwere Pruegelsuppen viel molestiert [= belästigt], nun fehlte pro coronide ceterarum crudelitatum [= als Krönung weiterer Gefühllosigkeiten] noch das schlimmste. Am 7ten Morgens, als mehrbesagter Mathes noch auf der Buehne [= dem Lagerboden] lag, rief er herunter, man sollte ihm einen Pott voll Milch bringen oder er wollte alles zusammenhauen. D. schickt seine Tochter ein wackeres 17 Jahr altes Maedchen, ins Nachbarshaus, um welche zu bekommen. Weil nun das Maedchen ein wenig lange ausgeblieben, hat der Mathes destomehr gelermt, bis sie endlich gekommen und ihr Vater ihr gesagt: Sie sollte es dem Soldaten hinauftragen. Sie war iussu Patris [= auf Geheiß des Vaters] kaum heraufgekommen, als sie der Mathes zu seinem Willen haben wollte, sie wehrte sich, so gut sie konnte, und rief nach Huelfe, der Soldat aber stak ihr die geknueffte (geballte) Faust ins Maul. Indeß hatte der Vater doch etwas davon gehoert, er eilte mit seiner Hausfrauen herauf, Mathes aber hatte die Thuer schon zugeschallert [= zugeriegelt], und die armen Eltern mußten durch ein Loch, das Mathes schon einige Zeit zuvor in die Thuer gehauen hatte, ihr eignes Kind schaenden sehen ohne ihr helfen zu koennen. Der Kerl hatte ihr benebens [= dabei] die rechte Brust (d. Im Original steht eine andere bloß in Westfalen uebliche Benennung.) weil es sich vermuthlich zu stark gewehrt hatte, ganz und gar aufgerissen, so daß ein ganzes Stueck nachhero herausgefallen, und das Maegdlein ganz unmenschlich zugerichtet, unter unaufhoerlichen Schmerzen 14 Tage darauf verstorben. Der Vater gieng heute mit mir zu dem Hauptmann, um sich wegen des mehr besagten Mathes zu beklagen; aber er gab uns trozig zur Antwort, wenn es einmal todt seye, koenne er nicht mehr helfen. Er bestrafte auch den Mathes keinesweges, sondern ließ ihn, wie andere frei herumgehen. Der Vater ist untröstlich, und jedem dauert das arme Maegdlein, requiescat in pace [= Möge es in Frieden ruhen !]“. Die Einfügungen in eckigen Klammern stammen von den Herausgebern, in runden Klammern von dem 1. Hg. Cosmann (1789). Die Bestrafung wurde in der Tat sehr unterschiedlich gehandhabt, vgl. etwa die Aufzeichnungen des Schmalkaldener Chronisten Pforr; WAGNER, Pforr, S. 141: „Den 22. 9br: [1636; BW] sollte ein [schwedischer; BW] cornet gerichtet werden, weil er eine magd genotzüchtiget. Weil aber sein knegt die magd geehligt, dem er 2 pferd geben und 20 thlr in die kirchen gebüst, ist ihme das leben geschenckt worden“. WAGNER, Pforr, S. 133: „Den 27. Jan: [1635; BW] hat [ist] ein corporal von Mersinisch[en; Mercy, BW] regiment vollerweiße ins siechenhauß kommen, die arme leuht darin ubell geschlagen und ein sichen magd genotzüchtigt. Deßwegen der cornet von hießiger compagnia hinaußgeschickt worden, den corporal dieser thatt wegen in arest zu nehmen. Weil sich aber der corporal zur wehr gestellet, hat ihn der cornet todtgeschoßen“. Vgl. auch THEIBAULT, Landfrauen, S. 32, über einen einzigen derartigen Fall in der Werra-Region. Auf Klagen bei Kommandierenden hieß es z. T.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 122: „es sei aus unterschiedenen regimentern kommandiert volk und unter denselben Spanier, Neapolitaner, Burgunder, Italiener etc., die man nicht also in zaum halten könnte“.Vergewaltigung gehörte auch zur üblichen Topik in zeitgenössischen Berichten oder bei Geburt unehelicher Kindern; vgl. GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 52. Im Taufregister der Kirche zu Wiesa wird als Vater eines am 7.8.1633 getauften Kindes eingetragen: „drey Soldaten“, für den am folgenden Tag getauften Sohn einer Witwe werden „zwene Soldaten“ aufgeführt. Uhlig, Leidenszeiten, S. 11. SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 58, die Schwängerung der Elschen Stovener, Amt Ravensberg (1631), die trotz Eides den Verdacht nicht unbedingt ausräumt, dass der eigene Vater die Tochter geschwängert hatte: „Anno 1631, den 3ten Junij Johan Stovener mit seiner Tochter Elschen, so geschwengert, gefenglich angenommen, und obwoll im gemeinen geschrey, alß sollte der vatter dieselbe geschwengert haben, so hatt doch die Tochter eidtlich beteuret, das ein soldate, so einen blauwen rock angehabt, sie ubergeweltiget und sie also geschwengert. Weil dieselbige nun grob schwanger, alß ist sie biß dahin, der banden entbunden, erlaißen und hat Aloff Varenbruck und was er an gelde alhie im lande hatt (38, 5 Rtl. bei 6 Schuldnern), zu burgen gestellett, diesergestaldt, das, wan sie ihrer weiblichen burde entbunden, sich jeder zeit widder einstellen soll. Zeugen. Und ist g(enante)r Johan Stovener, eine urpheide zue thuen, aufferlagt, welche auch in gegenwart Jorgen Kraecks prestiert“. Bei der Nonne Maria Anna Junius aus Bamberg, HÜMMER, Bamberg, S. 222, heißt es ausdrücklich, dass sich die Schweden in der ganzen Zeit „züchtig und ehrerbittig“ verhalten hätten. Vgl. JANSSON, Soldaten und Vergewaltigung, S. 197; THEIBAULT, Landfrauen; BERG, Administering justice; die Beschwerden der Pommern’schen Gesandten (1630); THEATRUM EUropaeum Bd. 2, S. 190, CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 309f.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet zu 1632; DUVE, DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 22: „Im Dorff Kienblad [Kühnblatt; BW] im Stift Wirtzburgk, wie ein Kais. Soldat mitt eines bauern Tochter zue grob scherzen wollen, ist Er von ihr vnd andern Weibern vbermeistert, castriret vnd in ein Teich erseufft worden“.
[134] Vgl. die Tagebucheintragung des Hildesheimer Arztes Dr. Jordan: „Den 2. wird Münden mit stürmender Hand eingenomen, den die Croaten durch die Fischer Pfort und Brelehauß ad confluentiam Werra et Fulda hineinkomen, und die Tillische übel darin gehauset, das 1763 Todte in die Weser geworfen, 11 Pastores seind auf der Schicht erschlagen, welche nie begraben“. SCHLOTTER, Acta, S. 11.
[135] Bericht des Stadtsyndikus Christoff Hüpeden an Friedrich Ulrich, zit. bei ECKHARDT, Blutpfingsten, S. 2. Nach LOTZE, Münden, S. 76, betrug der Sachschaden allein 313.638 Rt.; davon waren 73.380 Rt. Bargeld (darunter 11.386 Lösegeld), 3.058 Rt. wurden den Bürgern nach der Plünderung entwendet. Zu den Ranzionsgeldern vgl. PIDERIT, Geschichte, S. 167.
[136] Kriegsgräuel, Kriegsverbrechen: Kriegsgräuel waren die Begleiterscheinung dieses Krieges von Anfang an. Der Jesuit, Hofbeichtvater und Begleiter Maximilians I. von Bayern, Jeremias Drexel, auf dessen böhmischen Feldzug (1620), zur Eroberung von Pisek am 30.9.1620; PÖRNBACHER, Barock, S. 325f.: „Heute um die dritte Stunde des Nachmittags ist Biska gleich beim ersten Eindringen in die Stadt erobert worden. Alle, die drinnen waren, hat man zusammengehauen und umgebracht. Besonders die Soldaten des Bucquoi haben niemand geschont, kein Geschlecht noch Alter, auch das Kind, das im Bett saß, wurde mit einem Gewehrschuß hingestreckt. Ein gar erbärmlicher Anblick war das, wohin die Einwohner oder die Besatzungssoldaten auch flohen, sie fielen in die Hände der Unseren und wurden getötet oder gefangen. Der Anführer wurde in der Stadt in tausend Stücke zerhauen. Einer Schwangeren, die im Schrecken gebar, wurde der Kopf gespalten, das Kind an der Wand zerschmettert. Man sagt, Bucquoi habe sein Schwert und den Regimentsstab zerbrochen, als er dem Gemetzel Einhalt bieten wollte, aber die Raserei der Soldaten war stärker. Mehrere stürzten sich ins Wasser, um wenigstens so zu entkommen, aber auch dort trafen sie die Kugeln und so starben sie fast einen doppelten Tod. Man sagt, es seien zwölfhundert Schützen in dieser Stadt gewesen, die schon an sich, und auch durch ihre Lage aufs beste befestigt war. Aber nicht einmal einen ganzen Tag hat sie diesem doppelten Heer, dem unsern und dem des [Charles Bonaventure de; BW] Bucquoi, widerstehen können. An diesem Abend liefen von den Böhmen 130 Soldaten ins Lager unseres Fürsten über. Überall herrscht unter unseren Feinden Furcht, Schrecken und großes Zittern, und das ist kein Wunder: schon kennt man den bayerischen Löwen“. HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 163f., Anm. 2: „Den 17. November 1621 Abends fielen sieben Cornet Reuter, unter Commando des Bayerischen General-Feld-Wachtmeisters Grafen von Anholt [Johann Jakob v. Anholt; BW] Commando in den [kurpfälzischen BW] Flecken Beerfelden, plünderten, ohnerachtet ihrer Verpflegung, denselben aus, nahmen 21 Pferde, und tractierten die Leute unmenschlich, daß sie, um ihr Leben zu retten, sich in die Wälder flüchteten. Folgenden Tags wurde durch den continuirenden Nach- und Rückzug von etlichen tausend Mann von der Bergstraße gegen Moßbach [Mosbach; BW] in dem Amt Freyenstein [Freienstein; BW] vollends alles aufgerieben, auch die Kirche ihres Kelchs und Ornats beraubet, der Pfarrer [Heinrich Lambinus; BW] erbärmlich geschlagen, und mit Stricken dermaßen geknebelt [=> geraitelt; BW], daß ihm Gesicht und Gehör vergangen, das Blut zu den Augen herausgedrungen, und er in wenig Tagen sterben müssen. Sie nannten ihn anders nicht, als einen Lutherischen Schelmen und wollten ihn mit Bedrohung der Castration zwingen, daß er den Kirchen-Gesang: »Erhalt uns, Herr, bey deinem Wort usw.« verschweeren sollte. Sie preßten ihm auch durch große Marter 600 fl. aus“. Hans Sonnenbächer, Schultheiß, in seiner Zeugenaussage; KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 206: „Mansfeldische Reiter, uf 30 stark, seien bei ihnen durchgestreift. Philipp Stumpf sei uf Schultern gehauen worden, denen sie als ein alten eisgrauen Mann gestöckt und gepleckt, ins Dorf genommen, mit Füßen ufgehängt, mit Lunten gebrennet, auch salvo honore [= mit Verlaub zu sagen (Entschuldigungsformel)] in Mund Urinam reddiert [= uriniert], endlich herab ufs Genick sehr übel fallen und schlagen lassen“. Der Pfarrer von Mönchsdeggingen, Christian Spradtler, am 4.1.1634 über die am 13.12.1633 erfolgte Plünderung und seine Marter; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 51f.: „und einer unter ihnen, der sich des Ochsenwürthen, würthen von Nereßheim, welchen man vor diesem verbrand, Sohn genennet, sich öffentlich vernemen lassen, habe sich dem leibigen Satan ergeben ewiglichen. Alsobalden die anderen dreyen seine Spießgesellen gerufen, deren sich dann ein jeder mit seinen Instrumenten baldt gefaßt gemacht. Der erste mit einem hültzern reiteltopff, mich damit zu reiteln, der ander mit einem langen Strickh, mich damit zu binden, der dritte mit einem Schraufzeig mich damit zu klueben, Der vierte mit einem großen erdenen Topff darinnen etliche maß wasser, so sie den schwedischen trunckh nennen, gema(h)nt, mir damit den garauß zu machen“. Hans Hoxer in seiner Zeugenaussage; KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 213: „Ewald Weißen Frauen hätten sie die Nasen abgehauen. Ihm, Zeugen selbst, ein Strang um den Kopf gelegt und geknebelt, daß er ihnen etwas an Geld, so er in einem Säckel im Garten gescharret gehabt, geben, womit sie aber nicht content [= zufrieden] gewesen, sondern fürbaß [= weiter] einen Strang an beiden Armen gemacht, das Seil hinterrücks über ein Apfelbaumen Äste geworfen, schwebend ufgezogen, auch eine gut Weil hängen und sich bedencken lassen. Zeug aber [durch]gehalten und ferner nicht geschnellt [= hochgezogen worden]. Sonsten hätten sie in Gewölbe, darinnen er sein und anderer Leut Sachen verwahret gehabt, ufgebrochen und alles genommen, dabei zu verstehen geben, das hätte man unserm gnädigen Fürsten und Herrn [dem Landgrafen] zu danken. Vom Schänden wäre viel gehört worden, dann mit seines Nachbarn Barthel Schelches Eheweib hätten sie Schande geübt und doruf ins Wasser geworfen, welche kürzlich hernach, vermutlich aus Schrecken, gestorben“. Heinrich Clodius, Schulmeister, in seiner Zeugenaussage; KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 215: „Die Weimarischen hätten ihn, Zeugen selbst, in die Scheuer geführt, geknebelt, die Hände uf den Rücken gebunden, mit brennenden Lunten Pulver in die Hosen geblasen, auch deromaßen mit ihme übel gehaust, daß er den Mund noch nicht recht öffnen könne. Sie haben Jakob Schäfern mit dem Hals ufgehängt und ein Weil hängenlassen, bis er ihnen das Geld zu geben verwilliget. Niklas Glappacher hätten sie ein Kordel um die Pudenda [= Geschlechtsteile] gemacht, so lange zugezogen, bis er ihnen ufs 60 Gulden geben. Matthes Hammans Weib, samt andern viel mehr, Daumen ufgeschraubt um willen, Geld zu geben und zu verraten“. Pfarrer Heinel von Waldkirchen (1632), zit. nach www.krumhermersdorf.de/literatur/urkunden: „Weil man etliche Soldaten unten im Dorfe abgesetzet und [ihnen] die Pferde genommen [hat] welches nicht nur hiesige Leute, sondern auch benachbarte verübet, [haben] General Holcks Völker [Soldaten] auf ihres Generals Befehl das Dorf angestecket [angezündet]; niedergehaun, was sie angetroffen, also daß sie etlichen die Köpfe in einem Hieb abgehauen [haben] und der Kopf den Berg [hin]abgelaufen, das Corpus [Körper] aber liegengeblieben [ist], welches jämmerlich zu sehen gewesen. Und sonst übel verfahren, wie die Rudera [Spuren] noch ausweisen „. Der Chronist und Bürgermeister Leopold aus Marktredwitz; BRAUN, Marktredwitz, S. 23f.: „Zu dieser Zeit ging Jammer und Not an in unserem Lande und hat gewähret bis auf das 1637. Jahr; do man dann bald nichts anderes hörte als Rauben, Stehlen, Morden, Sengen und Brennen. Die armen Leut[e] wurden niedergehauen, gestochen, geschossen, auch gereitelt. Vielen [wurden] die Augen ausgestochen [und] Arm[e] und Bein[e] entzweigeschlagen. Ohren und Nasen, auch männliche Glieder und säugende Brüste wurden ab- und ausgeschnitten. Etliche [wurden] von ferne beim Feuer gebraten, (teils) im Rauchschlot aufgehenkt und Feuer unter sie geschüret. Etliche [sind] in die Backöfen gestoßen, Stroh vorgemacht und angezündet [worden]. Kein und Schwefel [wurde ihnen] unter die Nägel gesteckt und angezündet. Die Daumen [wurden] geschraubet, spitzige Knebel ins Maul gestecket, [so] daß das Blut haufenweiß heraus geloffen [ist]. Hernach(er) [ist] der ganze Leib durch den Mund mit Urin und Mistwasser gefüllet [worden], die Fußsohlen [wurden] aufgeschnitten, hernach Salz hineingestreuet, Riemen aus den Leibern geschnitten und vielen die Rippen in dem Leib entzwei geschlagen. In Summa, die große Pein und vorhin unerhörter Marter – davon auch der Teufel in der Höll[e] Mitwissenschaft haben mochte – so sie den Menschen in vielen Wegen (an)getan, bis sie gestorben oder verschmachtet oder preßhaft worden, ist nicht zu beschreiben. Da hat manches fromme Herz in solcher Marter und Pein bekennen, Hab und Gut, Weib und Kind, auch wohl seines Herrn oder Nächsten Sachen, die lange verwahret gewesen, verraten müssen. Da wurde weder alt noch jung, edel und unedel, auch der Schwangern und Sechswöchnerin[en] mit Schänden nicht verschonet. Und welches ja ein Greuel anzuhören: achtjährige Mägdlein sowohl, [als] auch 60 bis 80jährige Weibspersonen [sind] zu Tode gemartert, hernach ausgezogen, in die Teich geworfen oder auf der Straße liegen [ge]lassen [worden]. Zuletzt durft[e] sich kein Mensch mehr in Wäldern betreten lassen, denn da war auch niemand mehr sich, [ganz] gleich [ob es] im Morast oder in gebirgigen Steinklüften war, denn da hatten sie Hund[e], welche auf die Menschen abgerichtet [waren, so] daß also kein Mensch in Steinklüften bleiben konnte. Ach, da sind viel[e] Leut[e] in den Wäldern hin und wieder erschossen und niedergehauen worden; auch unbegraben liegen [ge]blieben“. THEATRUM EUROPAEUM Bd. III, S. 278f., über die Lage in Schlesien nach der verlorenen Schlacht bei Liegnitz am 13.5.1634, in der die kursächsische Armee unter Hans Georg von Arnim die kaiserliche unter Johann von Götz und Rudolf Graf Colloredo schlug: „Die Kayserische nach deme sie bey der Lignitz geschlagen / haben sie in Schlesien besonders zwischen Lignitz und Glatz gar übel gehauset / sonderlich dieweil sie zumahl kein Oberhaupt gehabt / alles was sie gekönt / außgeplündert / und die Inwohner allen Orten wegen grosser angelegter Marter und Peinigung verjagt / auch auß den Wälden / dahin sie sich umb sicherheit willen begeben / gleich wie das Wild auff dem Felde gehetzet / das Frauenvolck wie ein Heerd Vieh zusammen in ihr quartier getrieben / und nackend und bloß mit ihnen zu tanzen / und sonsten zu gehorchen gedrungen: über das dz arme Volck beym Feuer und in Backöfen gebraten / die Augen außgestoßen / Riemen auß den Rücken lebendig geschnitten / Arm und Beyn / Ohren und Nasen / die männliche Glieder und säugende Brüste abgeschnitten / oder darmit empor gehoben / mit Spännern und Hämmern zerklopfft / angeschnürt / umb geführt / Kühn und Schwefel unter die Nägel und in die heimliche Ort gesteckt / angezündt / und damit biß zum Hertzen hinauff gebrent und also verbrent: mit Pistolstöcken die Daumen geschraubt / mit den Bärten und Haren auff den Steinen herumb geschleppt / zerbrochene spitzige Stecken in Hals gesteckt / biß das Blut hauffenweise herauß gelauffen / den Mund unnd Bauch mit Mistpfitzen / Urin / und anderer Unsauberkeit angefüllt / in die Brunnen geworffen / von Dachrinnen gewipffet / die Fußsohlen auffgeschnitten und Salz drein gestreuet / Arm / Bein und Rippen im Leib entzwey geschlagen und zertretten / Hände / Nasen und Ohren abgeschnitten / auffgehenckt / und Feuer unter die Füsse gemacht / und darmit weder Alter noch Jugend / weder Mann noch Weib / weder Edel noch Unedel / weder Schwangern noch Sechswöcherin / noch keines anderen Unterschiedes verschonet / den Eltern die Kinder auß den Armen gerissen / und in stücken zerhauen /zerrissen oder wider die Wände geschmissen / die Augen den armen Leuten auß dem Kopff gerättelt / wie sie reden / und unsäglichen Marter / Schmertzen und Pein angethan / als nicht alles zubeschreiben / wie die zu Goldberg / Reichenbach / und an anderen Orthen und Stätten / Flecken / und Dörffern erfahren: sonderlich zu Reichenbach / welche doch allezeit den Keyserischen / wie billich / miltiglich contribuiret / und alle mögliche Hülff und Vorschub gethan / welchen auch die Bürgermeister auffgewartet / ihnen entgegen gangen / und mit Glimpff der Statt bestes reden wollten / aber nicht gehört / sondern nur die Gewaltthätlichkeiten mit Morden / Schänden / Plündern in Kirchen und Häusern / auch biß für und auff den Altaren und Gotteshäusern verübet / wie darvon in Truck außgelassene offene Schrifften und Klagten bezeugen“. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 237, Bericht der Amberger Regierung vom 19.3.1646: „Wie dan auch dergleichen unmenschlich procedur den 13. diss auch vorgangen, indeme Georg Schmid, untertan zu Kemnath, welcher mit 5 kleinen kindern beladen von Hirschau nacher hauss und futter gehen wollen, ist er von 9 reuttern erdappt, in das wirtshaus geführt und von ihm begehrt worden, speckh, butter und früchte zu weisen, weiln er aber nichts gewußt, haben sie ihn mit prügeln, eisernen stenglein, schrodhacken und säbeln anfangs uf die schienbein, daß dieselbige ganz zerschmettert, so lange geschlagen, bis die spreissel davon gefallen, hernach ins creuz, in die rechte seiten, über den rückhen und lenden mit einer schrothacken also getroffen, das er etlichsmal zu boden gefallen. Andern morgen früe vortags haben sie ihn mit eisernen stänglein abermahlen jemerlich geschlagen, den urin und koth in einen hafen gelassen, under einender gerührt und ainer, den sie den türkhen genannt, nachdem die andern ihne uf die arm gestanden, das maul mit einem eisernen stänglein aufgespreizt und diesen unflath also unbarmherzig hineingegossen und abwärts im hals gestrichen. Nach diesem allen haben sie ihn wieder ufs geführt und alss er inen uf starkes zusprechen nicht anzeigen khönnen, zu boden geschlagen, mit füssen getretten, gestoßen und mit sporn gestochen und alss er mit weiters laufen müssen, hat ine der türk mit einem prügel über den Arm, rückhen, lenden, füß und fußsohlen unaufhörlich geschlagen, mit ins holz geführt, einen strickh an halss gelegt und an einen paumb gehängt, doch daß er die erden mit den zehen berühren khönnen, bis ihn endlich der zehnte reutter, so bei diesen gewest, abgehauet, und nach hauss zu gehen haissen“. Vgl. die Rechtfertigung der Kriegsgräuel bei dem Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich [Gustav Horn gewidmet], dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kan nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, Discurs, S. 6, 19. Vgl. NEITZEL; HORATH, Kriegsgreuel; KAISER, „Ärger als der Türck“. „Je länger der Krieg dauerte, um so ärger wurde es. Eine Beschwerde der anhaltischen Fürsten vom 22. Januar 1639 an den Kaiser schildert die Zustände im Lande wie folgt: ‚Die meisten Völker haben sich von der Armee abgetan und unser Fürstentum durch und durch gestreift, Dörfer und Städte, derunter Jeßnitz und Raguhn, ausgeplündert, Adlige und andere Standespersonen ermordet und verwundet, Dörfer in Brand gesteckt, teils ohne Not niedergerissen, Bauernkinder geschlachtet, den Weibern die Brüste abgeschnitten und gegessen, dazu das Land dermaßen verderbt, daß fast niemand sich auf dem Lande aufhalten und das Feld bestellen, noch die Reichsanlage abführen kann“. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 152f.: „In Ruppertsgrün [bei Elsterberg] trennten sie [die Schweden 1640; BW] dem 83jährigen Pfarrer mit glühenden Eisen Ellenbogen, Kniescheiben, Fußzehen ab und marterten ihn zu Tode. Seiner Haushälterin gaben sie Mistjauche zu trinken und zerschlugen ihr mit Pistolen das Gesicht. Anderen Dorfbewohnern banden sie die Köpfe unter den Beinen zusammen und hängten sie verkehrt herum auf. Dann schlugen sie auf diese ein oder legten Feuer unter die Unglücklichen. Einen Bauern ließ man im Backofen ersticken, einem anderen schnitt man die Ohren auf, und gab sie ihm kleingehackt zu essen“. http://home.arcor.de/sprengel-schoenhagen/2index/30jaehrigekrieg.htm: „Am grauenhaftesten hatte in dieser Zeit von allen Städten der Prignitz Perleberg zu leiden. Die Kaiserlichen waren von den Schweden aus Pommern und Mecklenburg gedrängt worden und befanden sich auf ungeordnetem Rückzug nach Sachsen und Böhmen. Es ist nicht möglich, alle Leiden der Stadt hier zu beschreiben.
„Am ehesten kann man sich das Leid vorstellen, wenn man den Bericht des Chronisten Beckmann über den 15. November 1638 liest: ‚… Mit der Kirche aber hat es auch nicht lange gewähret, sondern ist an allen Ecken erstiegen, geöffnet und ganz und gar, nicht allein was der Bürger und Privatpersonen Güter gewesen, besonders aber auch aller Kirchenschmuck an Kelchen und was dazu gehöret, unter gotteslästerlichen Spottreden ausgeplündert und weggeraubet, auch ein Bürger an dem untersten Knauf der Kanzel aufgeknüpfet, die Gräber eröffnet, auch abermals ganz grausam und viel schlimmer, als je zuvor mit den Leuten umgegangen worden, indem sie der abscheulichen und selbst in den Kirchen frevelhafter und widernatürlicher Weise verübten Schändung des weiblichen Geschlechts, selbst 11- und 12-jähriger Kinder, nicht zu gedenken – was sie nur mächtig (haben) werden können, ohne Unterschied angegriffen, nackt ausgezogen, allerlei faules Wasser von Kot und Mist aus den Schweinetrögen, oder was sie am unreinsten und nächsten (haben) bekommen können, ganze Eimer voll zusammen gesammelt und den Leuten zum Maul, (zu) Nase und Ohren eingeschüttet und solch einen ‚Schwedischen Trunk oder Branntwein’ geheißen, welches auch dem damaligen Archidiakonus… widerfahren. Andern haben sie mit Daumschrauben und eisernen Stöcken die Finger und Hände wund gerieben, andern Mannspersonen die Bärte abgebrannt und noch dazu an Kopf und Armen wund geschlagen, einige alte Frauen und Mannsleute in Backöfen gesteckt und so getötet, eine andere Frau aus dem Pfarrhause in den Rauch gehängt, hernach wieder losgemacht und durch einen Brunnenschwengel in das Wasser bis über den Kopf versenket; andere an Stricken, andere bei ihren Haaren aufgehängt und so lange, bis sie schwarz gewesen, sich quälen lassen, hernach wieder losgemacht und andere Arten von Peinigung mit Schwedischen Tränken und sonsten ihnen angeleget. Und wenn sie gar nichts bekennen oder etwas (haben) nachweisen können, Füße und Hände zusammen oder die Hände auf den Rücken gebunden und also liegen lassen, wieder gesucht, und soviel sie immer tragen und fortbringen können, auf sie geladen und sie damit auf Cumlosen und andere Dörfer hinausgeführt, worüber dann viele ihr Leben (haben) zusetzen müssen, daß auch der Rittmeister der Salvegarde und andere bei ihm Seiende gesagt: Sie wären mit bei letzter Eroberung von Magdeburg gewesen, (es) wäre aber des Orts so tyrannisch und gottlos mit den Leuten, die doch ihre Feinde gewesen, nicht umgegangen worden, wie dieses Orts geschehen’ „. VOLLBRECHT, Dreißigjähriger Krieg, S. 57f.: „So zündeten die schwedischen Soldaten am 5. Mai [1636; BW] die Glandorfer Glandorf [LK Osnabrück; BW] Kirche und das ganze Dorf an. Das soll eine Strafaktion gewesen sein, weil einige Zeit vorher Glandorfer Bürger bei der Verteidigung ihres Ortes einige schwedische Soldaten getötet hatten. Hierbei kam es auch zu Greueltaten gegenüber den Wehrlosen. Es wird berichtet, dass die schwedischen Soldaten von den drei Töchtern des Hofes Schultewerth eine kreuzigten und eine andere über dem Herdfeuer erstickten“. Während des Dreißigjährigen Krieges massakrierten schwedische Truppen am 18.6.1633 einen Großteil der männlichen Bevölkerung von Kirchhofen. Die Opfer wurden bei lebendigem Leib in einer Weinpresse zu Tode gequetscht. Insgesamt wurden dabei rund 300 Bauern aus Kirchhofen, Ehrenstetten und Pfaffenweiler als angebliche Rebellen niedergemetzelt. Vgl. auch FURTENBACH, Ober-Ländische Jammer- Und Straff-Chronic, S. 67ff. über die Einnahme Memmingens durch die Kaiserlichen (1633). „Bis ins Jahr 1636 war Pruntrut von den in der Umgebung lagernden Kaiserlichen blockiert. Die Mißhandlungen der Landleute draussen in den Dörfern bis ins Delsbergertal durch die Truppen blieben an der Tagesordnung. So wurde in Courchavon wie zwei Jahre vorher in Fontenais der Schmied, ein armer alter Mann am Strohfeuer zu Tode gesengt. In Bassecourt liess man den Sohn einer guten Familie, absichtlich zu diesem Zwecke eingesperrt, verhungern. Ein anderer musste in Vermes angesichts eines mit Speisen wohlbesetzten Tisches den gleichen Tod sterben; dessen Vater, in einem nahen Speicher eingeschlossen, musste ebenfalls verhungern. Einem armen Kinde, das einen harmlosen Brief von Prunstrut nach Delsberg tragen sollte, ließ der Obristleutnant Mora ein Ohr abhauen“. => Kriegsverbrechen in den „Materialien“.
[137] Dagegen glaubt SCHINDLING, Strafgericht Gottes, S. 33f., feststellen zu müssen: „Eine Fanatisierung der Kriegsführung durch konfessionelle Unversöhnlichkeit läßt sich – anders als in den französischen Religionskriegen des 16. Jahrhunderts – im Reich nur in wenigen Einzelfällen [Hervorhebung durch BW] beobachten und existierte mehr als ein Phänomen in der die Kriege begleitenden Propaganda als in der Wahrnehmung und den Handlungsalternativen der den Krieg bestimmenden Entscheidungsträger und Akteure“.
[138] Massaker: „Massaker“ wurden in den offiziellen Berichten an Maximilian I. von Bayern schlichtweg geleugnet, so etwa im Fall der Stadt Germersheim, die nach mehrtätiger Belagerung am 12.8.1622 im Sturm genommen wurde. Die Sieger hatten alles niedergemacht, was sich nicht durch die Flucht hatte retten können: „Massacre fand keins statt; nur im Anfang wurden 3 bis 4 Bürger erschlagen, auch keine Brunst noch Schändung der Weibsbilder unangesehen die Cosaggen und allerlei Gesindel dazu gefallen, nicht ergangen“.HEILMANN II, Kriegsgeschichte II, S. 146. Dass Notzucht zudem aus Rücksicht auf die Empfindlichkeit Maximilians ohnehin nicht erwähnt wurde, liegt auf der Hand, trotz der Klagen Tillys in der »Schultheißen-Instruktion« (1626 X 16); ZIEGLER, Dokumente II, S. 985ff. Das „Diarium Gottingicum“ (Stadtarchiv Göttingen AB III/5, Band 1, S. 84-86) des Georg Mengershausen; zit. bei ECKHARDT, Blutpfingsten 1626 (hier „Diarium Goettingense“): „Den 31. Maii kam die betrübte, elende, jämmerliche Zeitung einen, daß leider Tilly gestrigs Abends zwischen 8 und 9 Uhren sich der Stadt Münden (nachdeme er dieselbe den ganzen Tag mit 14 groben Stücken und bei die 866 Schossen beschossen und die Maur fur der Mohlenpforten vom Brauerhaus an bis an das Schlachthaus auf Verräterrei eines gottlosen Bürgers zu Münden, Jürgen Krüger genannt, und nachdeme auch die Bürgerschaft abgemündet (?), unentsetzet plieben und nicht mehr raten können, herniedergeschossen und daselbst in der Lieken (?) eingefallen, sonsten auch noch an zwei andern Oertern mit Sturmleitern übergestiegen) bemächtiget und sich dieselbe erobert und die Bürgerschaft, Soldaten und was nur ann Weib und Kindern, auch darin vorhandenen Pauren anzutreffen gewesen, alle herniedergemetschet und jämmerlich ermordet, auch des folgenden Morgens was hin und wieder uff den Türmen und Zwingern noch übrig vom Mannvolk, ferner herniederstechen und umbringen lassen, was an Jungfrauen und jungen Ehefrauen vorhanden, mit sich hinaus ins Lager geschleppet, Ranzion (Lösegeld) von denselben begehret, was sich nicht ranzionieren noch Entgelt geben können, herniedergehauet und in Summa der Kinder in der Wiegen, auch Mutterleib, nicht verschonet, und Summa Summarum ärger denn kein Türk, Tartar oder Tieren bishero gehauset, mit den armen Leuten umbgangen. Hatte zwar viel Feuerkugeln, worin noch 4 Pfund Pulver gewesen, eingeschossen, so auch in Gebäude, Stroh und anders eingefallen, angangen, aber, weil die Bürger die ersten Feuerkugeln, sobald bekommen, gedämpfet und laufen lassen, keine angezündet, sondern nur das Stroh und Kleider, worein sie gefallen, alleine schwarz geschmoket. Und hatte forters, wie Tilly die Stadt einbekommen, dieselbe dem Volk zu plündern übergeben, die dann forters mit dem Volk übel gehauset, alles uff und in Stücken zerschlagen, was nur zu bekommen, weggeraubet und außer der Stadt ins Feldlager bringen lassen. Waren auch etzliche Häuser angestecket, aber bald wieder geleschet. Sonsten auch viel vornehmer und ehrlicher Leute hatten ihr Leben zubüßen müssen. Und demnach Tilly des Morgens vor anfangendem Schießen einen Trompeter fur der Stadt geschickt und, ob sie sich geben wollte oder nicht, fragen lassen, mit Bericht, dessen sie solches nicht tun würden, er alsdann aufs Aeußerste ansetzen und im eroberten keinem Quartier geben wollte. Und der Rat und Bürgere sich wohl gern uff Arrest geben wollen, hat aber Illm., Herzog Christians, darin gelassener Obrister-Leutenant, Cloth genannt, solches nicht nachgeben wollen, mit Anzeigung, itzo würde Entsatzung ankommen, und hätte er der Stadt und nicht ein Rat derselben nötig und müsse er dieselbe verteidigen, wollte ihnen für allen Schaden gut sein. Ist aber im ersten Anfall solcher Leutenant etliche mal mit einer Helleparten durchstochen worden und all seine Soldaten sein herniedergemetschet worden.
Haben sich so noch etliche Bürger in dem Turm des Nachts bis gegen den Morgen verborgen, darnach sich mit Seilen daraus gelassen, durchs Wasser gesetzet und sein also mit Hinterlassung ihrer Weib und Kinder davon kommen. Es ist nachmals von dem Syndico zu Münden, N. Hüpeden, wahrhaftig resolvieret worden, daß die Kriegsleute unter anderm ein kleines Knäblein, etwa vom Jahr, einem ehrlichen Bürgersmann in seinen Disch gestecket und darnach denselben zugeschlossen, wie aber über etliche Tage hernach der Disch eröffnet, ist das arme Kind tot darin befunden worden. Es hatte Tilly den guten, ehrlichen Leuten in der Stadt selber Zeugnis gegeben, sie hätten sich ehrlich und ritterlich gewehret, und hätte nicht gemeinet, daß sie sich also zur Wehr stellen würden, gestalt denn ihm auch viel Volks davor plieben sein sollte, sonderlich, wie sie schon in der Stadt gewesen, da noch 2 Stücken von der Brücken, mit Hagel geladen, unter sie und derselben eine große Anzahl herniedergeschossen und wie die Holzäpfel herniedergefallen wären. Es ist nach der Zeit oft und vielmals und sonderlich bei der Belagerung der Stadt Northeim gesagt, daß Ihre Exzellenz oftmals erwähnet, sie könnte sich des Blutbads ohne Unmut nicht erinnern, sondern es wäre Ihrer Exzellenz dasselbe oft täglich, als wäre es frisch, vor Augen. Selbiges 31. Maii wurden über Göttingen vorm Albaner Tor 11 Feuerkugeln in Form einer Granaten, gleich wären dieselbe angestecket, und daß das Feuer daraus geschlagen, an dem Firnament öffentlich von vielen Leuten gesehen. Den 1. Junii kamen zwar viel Bürgere von Münden, auch Frauen und Kinder, so teils von den Zwingern und Türmen sich mit Stricken gelassen, teils und was die Weiber und Kinder, so mit den Soldaten aus der Stadt kommen, anhero nach Göttingen, konnten aber keinen eigentlichen Bericht einer vom andern geben, nur das sie sagten, beide Bürgermeistere wären tot, der Pastor M. Udenius, auch der Amptmann zu Münden, mit ihren Frauen gefangen, Amptschreiber, Schultheiß und andere aber niedergemetztelt, konnten doch aber keine Gewißheit davon sagen … Es hätte der Feind die folgenden Tage noch die toten Körper, so hin und wieder auf den Straßen und in den Häusern gelegen, sehr tyrannisert, indem er denjenigen, so etwa ein wenig fett gewesen, das Fett aus und von dem Leibe schneiden und schinden, etliche mit Pulver anstecken und vieler einen und die übrigen, was an Bürgern, Soldaten und Pauersleuten in der Stadt geplieben, auf viel Wagen bei das Wasser fahren und hineinwerfen lassen, und weil eben die Weser etwas klein, hätte sich das Wasser wegen Vielheit der toten Körper an etlichen Oertern etwas aufgestauet. Ja, Jungfrauen und Frauen schänden wäre der Bösewichter beste Kurzweil gewesen. Den dritten Tag nach der Eroberung sein die Erschlagenen von Bürgern, Pauren und Soldaten, so an 2 200 gewesen, uff die Brücken geführet und in die Weser geworfen, und da schon etliche darunter gewesen, so zwar in etwas gequetschet oder verwundet, aber noch gelebet und daß ihnen noch wohl zu helfen, geschrien und sie nicht hineinzuwerfen gebeten, hat es doch helfen, sondern sie hinuntergeschmissen werden müssen. Und sein darunter viel vornehme Bürger in Münden nicht verschonet worden. Den 4. Junii berichteten die von Münden anhero gekommenen und verstreueten Leute, daß gewiß, daß von Bürgern, Pauren und Soldaten von Mündischer Seiten bei die 2 500, auch von dem Feind fast nicht weniger geplieben, auch ein vornehmer Obrister und vier vornehme Konstabel bei den Geschützen aus der Stadt erschossen, auch, nachdem all der Feind die Stadt einbekommen und nach der Hand sein übriges Pulver in einen Pulverturm in Verwahrung pracht und dessen bei 4 Fuder und des Mündischen Pulvers noch bei die 15 Tonnen gewesen, solcher Turm in Brand geraten, das Pulver angestecket, solcher Turm elendiglich zerrissen und bei die 15 Häuser in der Nachbarschaft jämmerlich zerschlagen worden. en 5. Junii kamen etzliche Bürger aus Münden anhero, anzeigend, daß viel Leute … aus Münden in Witzenhausen zerstreuet lägen, aber wegen Hungers sterben müßten, weil sie daselbst nichts inbekommen hätten“. KOSSERT, Die Eroberung der Stadt Muenden 1626. Online verfügbar unter: muenden.kossert.net [z. Zt. nicht im Netz], bzw. dessen Magisterarbeit mit dem gleichen Titel, Freiburg i. Breisgau 2007. In dem zeitgenössischen Flugblatt „Continuatio der beschehenen Schlacht vor Hameln / aus Oldendorff den 29. Junii Anno 1633“ (Kungliga Bibiotheket Stockholm Svea krig Nr. 22a) wurde das Massaker an den verwundeten und fliehenden Kaiserlichen damit begründet, es sei „auf ein Metzgen außgangen / vnd solches fast biß an die Thor von Minden continuirt / ohne daß wir die vnserigen wieder zu einige stand bringen können / weiln sie wegen vieler außgegossenen Schmähworten / welche von den Hamelischen vnd diesen Combattanten noch deß Morgens ausgegossen / vnglaublich verbittert / waren / vnd mit dem Degen die bösen Zungen straffen wollten“. So sollen, was wortwörtlich dem Schlachtbericht Knyphausens an den Bremer Bürgermeister Havemann entnommen ist [SATTLER, Knyphausen, S. 652], konfessionell gefärbte Schmähungen des Gegners an diesen Exzessen schuld gewesen. Der finnische Rittmeister Duesse soll wegen dieses Abschlachtens sogar um seinen Abschied gebeten haben. Bei Mannschaften und Offizieren sprach man davon, man sei hier wie bei Rinteln auf die Schlachtbank geführt worden. Zu den bekanntesten Massakern gehörte außer der Eroberung und Zerstörung Magdeburgs (vgl. die Erinnerungen des Magdeburger Bürgermeisters Otto von Guericke; Neubauer, Magdeburgs Zerstörung 1931, S. 43f.); der Bieberauer Pfarrer Johann Daniel Minck; KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 244f.) auch das »Pasewalker Gemetzel«, MILGER, Gegen Land und Leute, S. 199f., die Eroberung Neubrandenburgs, MILGER, Gegen Land und Leute, S. 203; die Eroberung Frankfurts a. d. Oder am 3.4.1631, nach dem Bericht im THEATRUM EUROPAEUM, Teil 2; bei Griesa, Frankfurt (Oder) S. 47f.; die Erstürmung von Höchstadt/Aisch am 28.2./10.3.1633 (vgl. die Bamberger Dominikanerin Maria Anna Junius; Hümmer, Bamberg, S. 121f.); die Erstürmung Reichenbachs (1634), JESSEN, Dreißigjähriger Krieg, S. 368f.; die Beilage zum Bericht des Kommandanten Schrautenbach und des Kellers Uloth zu Lichtenberg über den Überfall auf Reinheim (Landgrafschaft Hessen-Darmstadt) durch die Kroaten des bayerischen Generalfeldzeugmeisters Jost Maximilian von Gronsfelds im Mai 1635; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 148ff. Zur Barbarisierung des Krieges in der calvinistisch geprägten Lehre des Althusius vgl. BEHNEN, Krieg, S. 92; allgem. DAHM; KRAWIETZ; WYDUCKEL. Der Völkerrechtler Hugo Grotius rechtfertigte kriegsbedingte Massaker an Zivilisten mit dem »jus talionis« des Alten Testaments; z. B. SCHÄTZEL, Grotius, S. 336f.; DUFFY, Siege warfare, S. 253; BEI DER WIEDEN, Niederdt. Söldner, S. 86ff.; DIESNER, Stimmen.
[139] »Extract«, zit. bei BUCHNER, Neueste v. gestern Bd. 1, S. 39f. Nach RILL, Tilly, S. 177, ließ er sich durch seinen Diener erstechen (!). Nach dem »Diarium Goettingense« wurde er dagegen schon beim ersten Einfall etliche Male mit einer Hellebarde durchstochen (ECKHARDT, Blutpfingsten, S. 3). Nach LOTZE, Münden, S. 72, sei er möglicherweise gegen Lösegeld freigelassen u. nach Witzenhausen geleitet worden. Solms‘ Bericht zufolge ist er durch zwei Hellebardenstiche verwundet u. zuletzt mit einer Musketenkugel durch den Kopf getötet worden; HENNING, Münden, S. 2; nach SAMSOEN DE GÉRARD, Der unerschrockene Feldmarschall, S. 123, soll er v. seinem Diener erdolcht worden sein. Vgl. die Darstellung im THEATRUM EUROPAEUM; MILGER, Gegen Land und Leute, S. 167: „Von Morgen 5 Uhr bis in die Nacht um 9 Uhr wurden an die 1.000 Schüsse in die Stadt und wider die Mauern getan, bis schießlich die Mauern an der Werra ganz zerschmettert waren. Dann hat der Obrist von Fürstenberg um 9 Uhr mit 2 Regimenten, welche erst über die Werra setzen müssen, den Sturm anlaufen lassen und in einer viertel Stunde die Oberhand erhalten und die Stadt erstiegen. Worauf dann der Jammer anging und alles, was den Soldaten unterkam, ohne Gnade niedergemetzelt wurde, ohne Schonung von Weibs- noch Mannspersonen. Angesichts der Tyrannei der Tillyschen hat der Obrist sich mit den seinigen in das Schloß zurückgezogen und die Tillyschen von da aus mit so scharfer Lauge gezwackt, daß alles ringsherum voller Toter lag. Am Ende wurde er von den Tillyschen übermannt und mit all den seinigen niedergemacht. Von 2.500 Bürgern, Soldaten, Bauern und Schiffsleuten, so in der Stadt gewesen, sind nicht mehr 20 davon gekommen, ohne was an Weibern und Kindern, die diese Bluthunde auch nicht verschonten, ermordet wurde. Gleichwohl sind bei solcher Eroberung von den Tillyschen auch etliche hundert Mann auf dem Platz geblieben, und viele wurden beschädigt“.
[140] Georg II. Landgraf v. Hessen-Darmstadt [17.3.1605 Darmstadt-11.6.1661 Darmstadt]; „Hessen-Darmstadt, Georg II. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <http://www.lagis-hessen.de/pnd/118884352> (Stand: 8.3.2012). Vgl. DIEHL, Georg II.; BECK, Die Neutralitätspolitik Landgraf Georgs II.; WACHENDORFER, Möglichkeiten und Grenzen.
[141] Eppstein [Main-Taunus-Kreis]; HHSD IV, S. 108ff.
[142] ECKHARDT, Blutpfingsten, S. 2. HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 195, spricht v. 2.260 getöteten Soldaten, Bürgern u. Bauern, was wahrscheinl. dem Bericht Hüpedens entnommen ist, den dieser wiederum aus dem »Diarium Goettingense« abgeschrieben hat (ECKHARDT, Blutpfingsten, S. 2); so auch HUEG, Aus Northeims Sturmzeit, S. 38. Die „Hospithalsrechnung“ v. 1626 geht v. 800 getöteten Mündener Bürgern aus. Vgl. die Aufzeichnungen des Fuldaer Chronisten Hartung; HAAS, Hartung, S. 75: „Anno 1626 hatt sich baldt dass gantz Hessenlandt in des Tillisch macht geben, undt die hauptstadt Cassell, wie auch im landt zu Braunschwig, undt Minnen [Münden] die stadt mit stormerhandt eingenohmen, undt alles folck darin gelegen, burger undt saldatten, uber die 2000 man, weyb undt kinder, in Minnen, nidergehauwen undt geschossen, uber 14 man nich beim leben bleiben; undt dann mit Tillisch folck besez wordten; undt Göttigen mitt ackordt vom Tilli eingenohmen undt mitt etlicher companyen saldatten besez wordten, wie auch Norhemb ingenohmen, undt dann vor Hanauwer gezogen, der Tilli mit seiner armadten“. Der Tilly-Apologet SAMSOEN DE GÉRARD, Der unerschrockene Feldmarschall, S. 123, verteidigt auch hier dessen Vorgehen: „Die Erstürmung von Münden ist eins der Ereignisse, die man häufig versuchte, gegen den Feldmarschall auszubeuten. Und doch verdient dieser keinen Vorwurf in dieser Angelegenheit. Er hatte als Ehrenmann gehandelt, er hatte alles getan, was er konnte, um die Stadt zu schonen und sie zu retten. Seine drei Aufforderungen zur Übergabe waren abgewiesen worden; man hatte seine Unterhändler beschimpft, mißhandelt und getötet. Es war also erforderlich gewesen, die Stadt im Sturmangriff einzunehmen. Die Plünderung einer erstürmten Stadt gehörte zu den von jedermann anerkannten Rechten des Eroberers, und der General konnte sie nicht verhindern. Die Greueltaten, deren Opfer Zivilpersonen wurden, waren die natürlichen Folgen der Teilnahme der Einwohner an den Straßenkämpfen, und sie müssen der zu wilden Rachsucht berechtigterweise erzürnter Soldaten zugeschrieben werden, die kein General unter solchen Umständen hätte hemmen können“.
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