Harrien, N von

Harrien, N von; Obristwachtmeister [ – Mai 1640] Harrien stand als Obristwachtmeister[1] in kaiserlichen Regiment[2] Bornival.[3] Er kam 5.5.1640 bereits krank nach Schweinfurt,[4] starb wenig später und sollte im nahe gelegenen Grafenrheinfeld[5] beerdigt werden, was Bürgermeister und Gericht wohl aus Kostengründen heraus ablehnten, dann aber doch hinnehmen mussten.[6]

„Der Oberstwachmeister von Harrien kam am 5. Mai krank hier an, und starb auch bald hernach in dem Quartiere des Generals Bornival, und dieser wollte ihn in Grafen-Rheinfeld begraben laßen. Der Burgermeister und das Gericht zu Rheinfeld schrieb daher an den hiesigen Amtsburgermeister Wehner folgendes:

Ehrenvest: Fürsichtig: und Weiser, insonders großg .[7] Herr Bürgermeister.

Demnach unserm Pfarrer aus Bevelh Herrn Generalwachmeisters von Bornival ein schreiben zukommen, daß er morgenden Dienstags mit einer Procession nachher Schweinfurth kommen, und Obristen Wachmeister von Harrien etc. So alldo in Ihrer Gnaden logament todes verfahren, nachher Rheinfeld, doselbsten er in die Kirchen begraben werden,[8] begleiten solle, weiln dann solches zuvor niemalen beschehen und anietzo auch nicht aus trotz oder frevel, sondern aus Bevelh Ihrer gnaden beschicht; Als woll E. E. unsern Pfarrern und uns ein solches nicht in unguthen vermerken, Dann es Ihnen anhabender Gerechtigkeit nichts benommen oder einiger eintrag beschehen solle. Welches E. E. wir neben empfehlung Göttlicher protection nachbarlichen anmelden wollen.

Gräfen Reinfeld, den 14. May, anno 1640.

E. E.

Dienstgeflissene Burgermeister und Gericht daselbsten.

Als nun der Amtsburgermeister Wehner dieses Schreiben dem Rathe vorlegte, wurde einmüthig beschlossen, dieses neue Ansuchen durch den Stadtschreiber Markus Heberer und einen Abgeordneten aus dem Rathe dem Obersten  und Commandanten Kessler hinterbringen zu lassen um solches nachtheilige Begehren bey Herrn General Bornival abzulehnen. Der Oberste Kessler verfügte sich sogleich in das Quartier des Bornivals und trug des Raths Beschwerde vor. Der General war darüber äußerst aufgebracht und sagte: Er wundere sich sehr, wie er, als Commandant, sich des Raths Sachen annehmen und sich in dergleichen Dingen gebrauchen lassen möchte, er wisse nicht, ob er in seiner Religion kalt oder warm sey, auch wessen er sich zu Ihm zu versehen habe. Wenn solches Begehren vorher nicht gebräuchlich gewesen wäre, so wolle er es jetzt gebräuchlich machen; er stände nicht von seiner Entschliessung ab, sondern er wolle den Oberstwachmeister als einen ehrlichen Cavalier und Officier begraben lassen. Als nun die Abgeordneten diesen Bescheid bey dem Rathe vorgetragen hatten, wurde mit der größten Bestürzung berathschlagt, wie dem zu besorgenden Religions-Präjudiz[9] (Nachtheil) vorzubeugen sey. Während der Raths-Sitzung kam der Pfarrer von Rheinfeld schon mit der Proceßion bey der äußern Schanze vor dem Brückenthore an; er wollte aber ohne Verwilligung des Rathes nicht in die Stadt, obgleich Bornival es heftig begehrte. Endlich wurde die Leiche fortgetragen und außer dem Thore den Rheinfeldern übergeben; zuvor begehrte man das Läuten und der Rath hatte es unter der Bedingung verwilliget, wenn die Proceßion nicht in die Stadt kommen sollte“.[10]

[1] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.

[2] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[3] Jacques (Jacob) [Robert; Karl ?] Freiherr v. Bornival [Borneval, Bornaval, Bonnival, B(o)urnevelli, Bornuel, Bornevika] d’Arlin [Barrli, Erlin] [ – ], kaiserlicher Generalmajor.

[4] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.

[5] Grafenrheinfeld [LK Schweinfurt]; HHSD VII, S. 245.

[6] MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Theil, S. 526ff.

[7] großg.: großgünstig: hochgeneigt; ein großen Theils veralteter Titel, welchen man an einigen Orten noch solchen Personen gibt, welche die nächsten nach denen sind, die man gnädig nennet [ADELUNG].

[8] Begräbnisse in Kirchen: „Die einfachste und folglich am häufigsten vertretene Grabform war ein Erdgrab im Kirchenboden. Gewöhnlich wurden die Bodenplatten dafür aufgenommen, die Grube im gewachsenen Boden ausgehoben und danach legte man die Platten nach Verfüllung wieder an ihren Platz. Die Kirchenbänke wie wir sie kennen, gab es damals nicht, so dass kein Hindernis durch eine eventuell vorhandene feste Bestuhlung entstehen konnte. Eine Kennzeichnung des Grabes erfolgte in der Regel nicht. Dieses Verfahren brachte einige Unannehmlichkeiten mit sich, welche zwar früh erkannt wurden, doch bis man davon abkam, vergingen mehrere Jahrhunderte. Ob man die Verstorbenen mit oder ohne Sarg beisetzte, durch die Verwesung der Leichname, bzw. den allmählichen Zerfall der Särge senkte sich der Boden. Die Platten wurden uneben und dauernd musste daran ausgebessert werden. Aufzeichnungen über die genaue Lage der Gräber gab es weder in den Kirchenbüchern, noch wussten die Hinterbliebenen exakt um die Grabstellen. Man hinterließ ungefähre Angaben wie: “Nahe bei der Kanzel” – “Neben dem Grab des XY” oder wies auf einen Seitenaltar oder auf ein Bildwerk hin. Solche Angaben finden sich in Testamenten, wo z. B. die ungefähre Lage des Grabes eines Elternteiles beschrieben wurde – zusammen mit dem Wunsch, ebenfalls dort bestattet zu werden. Diese Grabstätten kosteten natürlich auch in der einfachsten Form Geld und brachten der Kirchengemeinde einen nicht zu verachtenden Teil ihres Einkommens. Jedoch war die Wiederbelegung nicht wie heutzutage reglementiert, und um Mindestruhezeiten scherte sich niemand. Die Anlage eines neuen Grabes war dem Ermessen und der Ortskenntnis des jeweiligen Totengräbers überlassen. Auf dem umliegenden – meist durch Bebauung nicht erweiterbaren Friedhof war die Situation ebenso – dort konnte man bei Überbelegung allerdings Erde in ausreichender Höhe aufbringen und somit eine neue Fläche schaffen. (Dies geschah im Laufe der Zeit häufig mehrmals – mit dem Ergebnis, dass der Friedhof später höher lag als der Boden der Kirche. Ein gutes Beispiel ist die Marienkirche in Uelzen, welche man heute betritt, indem man mehrere Stufen hinunter geht.) Innerhalb der Kirche war diese Art Lösung nicht durchführbar und so wurde einfach weiter begraben. Oft kamen dabei Gebeine zu Tage oder gar Leichen, die noch nicht verwest waren. Dergleichen warf der Totengräber einfach in eine dunkle Ecke und da blieben sie liegen; der Anblick und der Gestank wurden hingenommen. Beinhäuser zur Aufnahme exhumierter Gebeine gab es lange nicht überall. Für geistliche oder sonstige Personen von Ansehen legte man auch Schachtgräber an, welche zumindest mit Steinsetzungen ausgekleidet oder ausgemauert waren. Diese wurden dann mit einer Grabplatte an Stelle eines Grabsteines verschlossen. Der mehr oder minder durch aufgeschüttete Erde gewährleistete Luftabschluss fehlte hier. Folglich machten sich die bei der Zersetzung des Leichnams entstehenden Verwesungsgase auf verschiedene Art bemerkbar. Unerträglicher Geruch, Geräusche, die von dem aufgeblähten Körper vernehmlich wurden, vermehrte Anwesenheit von Ungeziefer aller Art machten den Kirchenbesuch für jedermann zu einer stark beeinträchtigten “Erbauung”. Es kam mehrfach vor, dass Gottesdienstbesucher fluchtartig die Kirche verlassen mussten. Aus Frankreich wird ein Fall berichtet, bei dem mehrere Kinder während des Kommunionunterrichtes bewusstlos wurden und einige Männer es nur mit mehreren Anläufen schafften, sie dort heraus zu holen. Wie auch immer – unsere Vorfahren waren in Bezug auf unangenehme Gerüche offenbar weniger empfindlich als wir – oder die vermeintliche Versicherung des Seelenheils durch ein Begräbnis im Kirchenraum wurde höher bewertet als das Ertragen der geschilderten Unannehmlichkeiten. Es dauerte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, bis man im inzwischen herangereiften Bewusstsein für Hygiene und zumindest ungefährer Kenntnis der Gefahren für die allgemeine Gesundheit diese Zustände abschaffte“. [http://www.rowane.de/html/kirchenbestattung.htm]. „Am 10. November [1632; BW] notierte der Ratsschreiber [in Naumburg; BW]: ‚Zu Magdeburg sind auch Leute in der Kirche begraben worden, welches man nachher abgeschafft, weil die Dünste von dem Fäulen durch die Erde dringen und die Luft infizieren’. Noch einmal gab der Rat damals die Erlaubnis, dass ein Offizier in St. Wenzel beigesetzt würde, ‚jedoch kann keinem solches mehr bewilligt werden’“. BORKOWSKY, Schweden, S. 55. Es galt als entehrend auch für die Angehörigen, wenn ein Begräbnis mit Sang und Klang auf dem Friedhof verweigert wurde. Der protestantische Osnabrücker Schuhmacher Bellinckhausen berichtet (1633); BELLINCKHAUSEN, TEGEDER, KREIENBRINK, S. 237: „Denn 14. Junii ist Juncker Caspar Stahls tochter auf S[anct] Johans kirchof begraben, so im kinder bette gestorben, von Juncker Dumstorf, den cornet, beschlafen. Der Bischof [Franz Wilhelm von Wartenberg; BW] hat gesagt, man solt sie auf die schingruben [Schindergrube, BW] begrabe[n]“.

[9] Augenscheinlich wollte man seitens des Rats keinen Präzedenzfall für künftige Todesfälle schaffen.

[10] MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 526f.

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