Böhmer, Arnold Freiherr von

Böhmer, Arnold Freiherr von; Generalkriegskommissar [um 1580-1649] Arnold Freiherr von Böhmer, Sohn des Peter von Böhmer [1550-1611]; Erbherr auf Stockum, Kobbinck, Geistern und Aldenhoven, war zunächst fürstbischöflich-osnabrückischer Rat und Hofmarschall, ab 1630 kaiserlicher Generalkriegskommissar im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis, seit 1632 außerdem Reichshofrat, ab 1635 auch kaiserlicher Kämmerer.

Böhmer hatte am 6.6.1639 Piccolomini mitgeteilt, in Mainz[1] habe die Unterhandlung mit Melander [Holzappel; BW] stattgefunden und man habe die Religionsfragen betreffende Punkte besprochen. Der Kurfürst von Mainz verzögere die Verhandlungen nicht; der Entwurf sei an Amalie von Hessen-Kassel geschickt worden, die sich mit ihrer Familie und ihren Glaubensbrüdern beraten wollte. Er, B., sei jedoch der Meinung, die Landgräfin werde sich zu nichts entschließen, bevor nicht Melanders Ansprüche befriedigt würden. Er, B., unterhalte Korrespondenz mit Melander und habe ihm versichert, dass die kaiserlichen Beschlüsse alle vollauf befriedigen würden. Vorläufig habe er erfahren, dass Melander zu Friedrich Heinrich von Oranien gefahren sei und dass die gesamte hessische Kavallerie in holländische Dienste treten solle. Er wolle nicht glauben, dass die Landgräfin auf diese Weise die Verhandlungen abbrechen  und ihr Land den Gefahren eines Krieges aussetzen würde. An Melander habe er geschrieben, er werde als guter Diener seiner Herrin sicherlich nichts Derartiges erlauben können. Nun habe er freilich herausgefunden, wer Hessen-Kassel in einen Krieg zu verwickeln trachte: Bernhard von Weimar wolle sich in der nächsten Kampagne der Städte Speyer,[2] Worms[3] und Mainz bemächtigen, dann die Mosel überschreiten und Köln[4] bedrohen. Der Gesandte des Prinzen von Oranien habe die Absicht Hessens, den Holländern einige Reiterei zu überlassen bestätigt, doch jede Absicht einer Neutralitätsverletzung Hessen-Kassels gegenüber dem Kaiser entschieden geleugnet.[5] Wahrscheinlich am 17.6. schrieb Böhmer aus Köln wieder an Piccolomini: Vor einer Stunde habe er Melanders Antwort erhalten und übersende sie in Abschrift (Beilage). Er fahre nach Essen,[6] wo er am nächsten Morgen einzutreffen gedenke. Er befürchte größere Schwierigkeiten als sonst, nachdem er gelesen habe, was ihm ein Vertrauter Melanders schreibe (Beilage B). Vor zwei Tagen sei auch die Nachricht von Piccolominis Sieg eingetroffen – in den gegenwärtigen schlimmen Zeiten könne man schwerlich mehr erwarten. Im Schreiben Melanders an Böhmer vom 11.6. aus Dorsten[7] hieß es: Seinen Brief habe er nach der Rückkehr am 31.5. ordentlich erhalten und das Eintreffen der lange erwarteten Erklärung Ferdinands III., aus der man die Hoffnung auf eine völlige Beruhigung schöpfen dürfe, mit Freude zur Kenntnis genommen. Um diese und andere Fragen zu behandeln, käme er gern zu der vorgeschlagenen Konferenz, wenn ihn eine sehr wichtige reise nicht daran hindern würde. Sollte Böhmer aber Geschäfte in Essen oder Dortmund haben, würde er sich gern, eine rechtzeitige Benachrichtigung vorausgesetzt, mit ihm über eine persönliche Zukunft einigen. Im erwähnten Brief eines Vertrauensmanns aus Dorsten vom 12.6. wurde weiter ausgeführt: Er wiederhole seine Anzeige, dass Amalie von Hessen-Kassel zwar noch immer den Waffenstillstand einhalte, jetzt aber den Niederlanden einen Teil ihres Militärs für den gegenwärtigen Feldzug angeboten und in dieser Sache zwei Gesandte zusammen mit Melander zu Verhandlungen mit den Generalstaaten und Friedrich Heinrich von Oranien in die Festung Voren[8] entsandt habe, wo die gesamte niederländische Armee stehe. Die niederländischen Stände hätten das Angebot angenommen, ihr eine hübsche Geldsumme gegeben und sie angewiesen, auf ihr Zeichen in Bereitschaft zu sein.[9]

Am 4.11.1639 teilte Beck aus Luxemburg Piccolomini mit: Der Kardinal-Infant habe ihn angewiesen, 1.000 Mann nach Givet[10] abzukommandieren, die für den Fall eines feindlichen Angriffs auf Quesnoy[11] oder Avesnes[12] bereit stehen sollten. Ständig träfen weitere Meldungen über Châtillons Angriffspläne und Versuche, sich mit den Holländern zu verbinden, ein. Beck müsse die lange Grenze von Flandern bis Luxemburg gegen die Franzosen verteidigen. Abschließend informierte er ihn über seine Dislozierung der zusammengeschmolzenen Regimenter Ruebland, Heister und Fernemont.[13]

Am 1.8.1639 wandte sich Böhmer aus Münster[14] an Piccolomini: Wie er sehe, erfordere es der Dienst am Hause Habsburg, dass Piccolomini das Kommando über das Gebiet Westfalen und wohl auch über die ganze Armee erhalte. Er habe einen Kurier mit dieser Forderung an den Kardinal-Infanten geschickt. Piccolomini möge selbst dahingehende Schritte in Spanien unternehmen. Dann möchte er, B., nach Kräften das Gleiche am kaiserlichen Hof versuchen. Dort seien gewisse Leute am Werk, die entgegen den Interessen des Kaisers, angeblich eine Verringerung der kaiserlichen Autorität durch allzu großes Emporheben eines Einzelnen verhüten wollen. Was Westfalen betreffe, habe er, B., zum Zwecke der Gewinnung des Kurfürsten von Köln für dieses Vorhaben eine Reise nach Köln unternommen, die, wie er hoffe, nicht nutzlos war.[15]

Der eifrige Piccolomini-Anhänger Böhmer schrieb diesem am 26.8.1639 aus Hamm,[16] die Lage der Dinge in Westfalen wäre nicht so chaotisch, wenn Piccolomini oder ein von ihm beauftragter Kommandant wäre. Er hoffe, Anselm Kasimir von Mainz werde der Landgräfin von Hessen-Kassel bereits die kaiserliche Ratifikation des Friedensvertrags zugeschickt haben, fürchte jedoch, sie werde nicht ganz zufrieden sein. Die Ratifikation erwecke den Eindruck, als wolle man mit Dingen zurückhalten, die bei der Verhandlung längst abgesprochen waren – d. i. Religionskonzessionen in breitester Form und die Übernahme Melanders. Die Friedensverhandlung verlöre ihre Bedeutung, wenn die hessen-kasselische Armee und Melander nicht in kaiserliche Dienste übernommen werden sollten. Der Antwort des Kaisers nach zu schließen solle er, B., sich an die Meinung des Kurfürsten von Mainz halten und im Einvernehmen mit diesem mit Hessen verhandeln, doch befürchte er weitere Verzögerungen und auch die Möglichkeit, die Landgräfin könnte inzwischen schon Gespräche mit der anderen Partei angeknüpft haben. All das sei das Ergebnis höfischer Intrigen. In der Nachschrift teilte er ihm mit, dass Melchior von Hatzfeldt auf Wunsch des Kölner Kurfürsten zurückkehren sollte.[17]

Böhmer hatte am 9.9. aus Hamm Piccolomini berichtet, die Verzögerungen bei den Friedensverhandlungen mit Hessen-Kassel habe nicht Melander, sondern der Kaiser mit seinen Vorbehalten zu gewissen bereits abgesprochenen Punkten verursacht, und hatte die in der Militärverwaltung Westfalens herrschende Unsicherheit beklagt.[18]

Kurfürst Ferdinand von Köln wandte sich am 24.11.1639 aus St. Trond[19] an Piccolomini: Mit Befürchtungen verfolge er seinen Marsch nach Böhmen, obwohl er wisse, dass Piccolomini alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe. Die Weimarer rückten gegen die Mosel vor, um zu Châtillons Armee zu stoßen. Auch wenn Lamboy, Beck, Böhmer und Geleen hier geblieben seien, fühle er sich ohne Piccolominis sicheren Schutz verlassen. Er werde die üblichen Winterquartiere vorbereiten, bitte aber nur um Schonung des Gebietes zwischen Sambre und Maas, das durch die alljährlichen Truppeneinquartierungen erschöpft sei.[20]

Am 10.12.1639 hatte Wolfgang Wilhelm von Pfalzu-Neuburg an Piccolomini geschrieben und sich über das unrichtige Vorgehen des Generalkriegskommissars Böhmer in Sachen der Kriegsbeisteuer aus Jülich und Berg beschwert. Böhmer habe mit den Ständen beider Länder Abkommen, die im Widerspruch zu den Reichsgesetzen stünden. Er protestierte dagegen, dass aus seinen ausgesaugten Ländern Geldmittel abgeführt würden, die weder dem praktischen Schutz seines Landes noch seiner Untertanen dienten. Seine Länder hätten seit mehreren Jahren für den Unterhalt der kaiserlichen Truppen mehr aufgewandt als die Nachbarländer, nämlich 100 000 Patacons.[21] Die Stadt Sittard[22] sei mit einer spanischen Garnison besetzt worden; vergeblich fordere er den Abzug des Militärs aus Mühlheim,[23] das laut dem Abkommen mit Ferdinand II. von 1635 und 1636 frei von Besatzung sein solle und in dem jetzt Lamboys Truppen liegen. In das Herzogtum Berg habe Hatzfeldt die Regimenter Sparr und Meutter gelegt. Die Truppen im Herzogtum Jülich sollten dort ein weiteres Jahr überwintern, Städte und Dörfer ruinieren und Ausfälle nach Holland und in die umliegenden Länder machen. Der Kaiser habe keinen Nutzen von seinen Soldaten in Jülich und Berg, denn sie könnten leicht in die Dienste der Generalstaaten übertreten, wo sie bessere Verhältnisse fänden. Aus diesem Grund verlangte er den Abmarsch der Kaiserlichen und die Einstellung der Werbungen und warnte davor, dass zum großen Schaden für Kaiser und Reich seine Länder zerrissen werden könnten, da sich die Generalstaaten, Schweden und Weimarer um Quartiere in ihnen bemühten.[24]

Diego de Hernani, Rechnungsführer in der spanischen Armee, schrieb am 14.12.1639 aus Brüssel an Piccolomini und teilte ihm den Beschluss des königlichen Rates mit, zum Zweck der Verteidigung der Spanischen Niederlande gegen die Generalstaaten und Franzosen den Truppenbestand zu erhöhen und Geldmittel zu der von Lamboy betriebenen Werbung von 4.000 Fußsoldaten und 4.000 Reitern frei zu machen; ihr Kommando würden Lamboy und Beck übernehmen.[25] Am 4.3.1640 schrieb Piccolomini aus Jičin [26] an Ferdinand III.: Lamboy und Böhmer seien beordert worden, die in Jülich[27] angeworbenen Söldner auf einfache Weise verköstigen zu lassen: Sie sollten täglich zwei Pfund Brot, ein Pfund Fleisch und zwei Maß Bier erhalten. Das Gleiche gelte für das Jung-Beck’sche Regiment im Trierer Land und in der Eifel. Dem Herzog von Pfalz-Neuburg sei es nicht erlaubt, mehr Söldner zu mieten als der Kaiser bewilligt habe. Der Herzog sei nicht verlässlich, er paktiere mit Melander, den Generalstaaten und dem Prinzen von Oranien; seine Truppen seien sogar in Berg eingedrungen.[28]

[1] Mainz; HHSD V, S. 214ff.

[2] Speyer; HHSD V, S. 350ff.

[3] Worms; HHSD V, S. 410ff.

[4] Köln; HHSD III, S. 403ff.

[5] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 838.

[6] Essen; HHSD III, S. 213ff.

[7] Dorsten [LK Recklinghausen]; HHSD III, S. 165f.

[8] Voeren [Belgien, Prov. Limburg]. ?

[9] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 843.

[10] Givet [a. d. Maas; Dép. Ardennes].

[11] Quesnoy [Le Quesnoy, Dép. Nord].

[12] Avesnes-sur-Helpe [Dép. Nord].

[13] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 936.

[14] Münster; HHSD III, S. 537ff.

[15] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 881.

[16] Hamm in Westfalen; HHSD III, S. 286ff.

[17] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 890.

[18] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 903.

[19] Sint-Truiden [franz. Saint-Trond ; Belgien, Provinz Limburg], gehörte ab 1227 zum Fürstbistum Lüttich.

[20] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 940.

[21] Das entsprach nach der Wiener Verrechnung ca. 100 000 Rt.

[22] Sittard, heute Ortsteil von Rheindahlen, Stadtbezirk von Mönchengladbach.

[23] Mühlheim a. d. Ruhr; HHSD III, S. 532ff.

[24] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 944.

[25] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 945.

[26] Jičin [Jičín], HHSBöhm, S. 233f.

[27] Jülich [LK Jülich]; HHSD III, S. 367ff.

[28] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 1003.

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