Amsenrodt [Amsterode, Amstenrath, Ambstroth], Johann von

Amsenrodt [Amsterode, Amstenrath, Ambstroth], Johann von; Rittmeister [ – ] Johann von Amsenrodt [Amsterodt, Amstenrath, Ambstroth] stand 1625 als Rittmeister (?)[1] im Regiment[2] Erwitte.[3] „Am 21. Februar 1625 rückte der Rittmeister Frentz[4] mit einer Kompanie[5] zu Pferd in die Grafschaft Bentheim ein und lagerte sich bei Gildehaus,[6] ‚weilln Schüttorff[7] nicht uffthun wollen‘. Da Schüttorf also mit Erfolg die Aufnahme verweigerte, sah sich der Rittmeister genötigt, am 23. Februar nach Wietmarschen[8] aufzubrechen, kam aber schon am nächsten Tag nach Gildehaus zurück und blieb dort bis zum 28. Februar. Inzwischen war am 28. Februar 1625 der Rittmeister Amstenrath mit einer weiteren Kompanie in die Grafschaft gekommen und ließ sich im Gericht Schüttorf nieder. Daher wurde Rittmeister Frentz mit seinen Reitern am 5. März in das Gericht Nordhorn[9] und in die Niedergrafschaft verlegt und in Neuenhaus[10] einquartiert.

An Verpflegungskosten waren für seine Kompanie pro Woche 397 Rtlr. aufzubringen, die auf die Niedergrafschaft und das Gericht Nordhorn wie folgt umgelegt wurden:

Kirchspiel Uelsen[11]             141 Rtlr.   (35, 5 %)

Dorf Uelsen                         20 Rtlr.     (5, 0 %)

Gericht Emlichheim[12]            96 Rtlr.   (24, 2 %)

Gericht Nordhorn                 80 Rtlr.   (20, 2 %)

Gericht Veldhausen             49 Rtlr.   (12, 3 %)

Kloster Wietmarschen         11 Rtlr.     (2, 8 %)

Am 4. Juni 1625 rückten die Truppen wieder ab. Durch Verehrung[13] von 1.000 Rtlr. hatte Graf Arnold Jobst von Bentheim[14] den Obristen[15] Erwitte dazu bewegen können, die beiden Kompanien Amstenrath und Frentz aus der Grafschaft abzuziehen. Bei einer Zusammenkunft in Nordhorn am 1. Juni 1625 hatte man sich geeinigt, auch jenen Betrag auf die gesamte Grafschaft Bentheim umzulegen:

Kirchspiel Uelsen             483 Rtlr.    (35, 5 %)

Gericht Emlichheim           288 Rtlr.   (21,1 %)

Gericht Veldhausen          148 Rtlr.   (10, 8 %)

Gericht Nordhorn              240 Rtlr.   (17, 6 %)

Kloster Wietmarschen         33 Rtlr.    (2, 5 %)

Stadt Neuenhaus              100 Rtlr.    (7, 4 %)

Stadt Nordhorn                   70 Rtlr.    (5, 1 %)

Ingesamt                        1.362 Rtlr“.[16]

Der Stadtschreiber von Babenhausen[17] berichtet am 3.3.1628 über Vorgänge im Februar/März: „Allß den 24. Februariy 1628 deß Obristen von Witzleben[18] Rittmeisters Bernhardt von Westerholdt[19] Cornett,[20] Johann von Amsterode, uff ihm ertheiltter Ordinanz (Befehl) mit 70 Pferdten über den Mayn herüber uff Babenhausen sich begeben, undt man erwartet und hören wollen, wo hinauß er sich lenken werde, hat derselb an der Statt Thor im geringsten sich nichts vernehmen lassen, sondern ist neben der Statt hin und uff Altorff[21] zu marschiert. Allß Sie nun an den Schlag vor Alttorff bei meines Gnedigen Herrn Wießen kommen und sehen, daß derselb geschlossen, ist bald einer vom Pferdt und schlägt erstlich den Schlag, hernach mit Hülff der Uebrigen die Pfortten mit Gewalt auff undt nehmen also ohnangesucht darinnen Quartier. Darauff kommt der Cornett und legt die Ordinantz von ernanntem seinem Rittmeister auff, darin vermeltt war, daß er mit 30 Pferden (Kam aber wie oben erzählt mit 70 !) im Ampt Babenhausen logiren und sich nach Ihro Excel. H. Generall Graff Tylli[22] Verpflegungsordnung Ordinanz tractiren lassen solle.

Weil dann kürtzliche, in acht Tagen zuvor, das Ampt Babenhausen eine Compagnie Reutter vom Fürstlich Brandenburgischen Regiment uff des Herrn Obristen Leo Medici[23] gegebenen Ordinanz, nach dem sie den Herrn Amptmann nach Schaafheim[24] beschieden und daselbst in Arrest genommen wider sein Willen, annehmen müssen, und die Ohnmöglichkeit war, dieße auch gleich also einzulassen und nach ihrem Begehren zu underhandeln, haben sie angefangen, obschon die Vermöglichkeit, ihnen an Tractamenten[25] hinauß geschafft worden, nicht allein alle Oeffen, Fenster, Disch, Bänkh, Bettladen u. dgl. zu zerschlagen und zu verbrennen, sondern auch ettliche Wändt umbgeworfen und Häußer eingeschlagen, daß man von der Gassen mit Pferdten in die Stuben und Häußer reitten mögen, weiter daß auch die Brunnengestöll und die Quaterstein von meines gnedigen Herrn Schäferei Brunnen abgebrochen und inn Brunnen geworffen, hernacher aber alß Sie ihren Mutwillen im Flecken genugsam geübt, das Pfort- oder Wachthauß und uffm Steinweg die steinern Brücken zerrissen, Garttenthüren verbrannt und innsgemein also gehaußet, daß es ohnmöglich zu beschreiben, und dergleichen von anderen Soldaten nicht geschehen noch erhört worden ist. Und obschon bei dem Cornet für dergleichen Unthaten, gebetten, es doch nichts helffen, noch verfangen wollen. Wie dann letztlich derselb den 28. nicht allein der Altdorffer, sondern auch der Hardershäußer[26] und Babenhäußer, Wie auch Meines Gn. H. Herde Schaff uff der Weidt hohlen und in Alttorff treiben lassen, auch dieselben nicht volgen oder herausgeben lassen, bis daß bei ihnen solche mit 106 Reichsthalern wieder ausgelöst worden. Da alsdann alls er das Geltt im Seckhel gehabt, er den 2. Martij jüngsthin von dannen gewichen und sich wieder über den Main begeben hatt, wir dann solches Alles Meines G. H.[27] Räthen und Amptsleuten selbst am besten gewußt und uff derselben anbefohlen dieses schlechthin beschreiben zu lassen, mir obliegen wollen“.[28]

Amsenrodt geriet am 17.9.1631 in der Schlacht bei Breitenfeld[29] in Gefangenschaft und wurde nach Leipzig[30] gebracht.[31]

Einer älteren Überlieferung zufolge soll er am 16.11.1632 Gustav II. Adolf in der Schlacht von Lützen[32] getötet haben. „Unter loc: 10839 findet sich im Dresdner Hauptstaatsarchive der ‚Bericht eines gefangenen Capuciner Mönchs’. Nach ihm hat ein Pater Glaudorff ‚zum Lauven[33] in Böhmen, kurz nach der Schlacht vor Lützen, von des Alten Breunerß[34] Regiment vber gebliebenen Officirer vber einer Malzeitt verstanden, das ein Keyßl: Rittmeister, welcher ehrst vor der bemelten feldschlacht vnter der Schwedischen Armée[35] gefangen geweßen, Unde do der Rittmeister seine gelegenheit gesehen vnde warnom̃en, habe er sich auff Vnde darvon zum Keyssh: Volcke gemachtt. Do er alß dan in bestelter feldschlachtt sein heyl Versuchtt, Unde also Ihre Königh: Maytt: so nahe kom̃en, das er denselben, (: wie man gesaget) sol erleget haben’.

Er hieße Amsenrodt ‚außm Lande zu Gülich,[36] sey einer Adel, Will aber nicht Adlich, sondern die Herrn von Amsenrodt genandt, … soll auch auffgangen sein in der selben schlachtt’. Der Bericht stammt vom 19. Juli 1633. Verblüffend sind an ihm die genauen Angaben über die Persönlichkeit des Offiziers. Tatsächlich war nach Breitenfeld-Podelwitz ein Herr von Ambstroth in die schwedische bzw. sächsische Gefangenschaft geraten. Solange man aber nicht weitere Angaben über den Fall besitzt, muß man auch diesen Bericht unter die Abteilung ‚Kriegsklatsch’ einordnen“.[37]

[1] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[2] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[3] Dietrich Othmar v. Erwitte [Erwidt] [ -17.9.1631 bei Breitenfeld], ligistischer Obrist.

[4] N Frentz [ – ], ligistischer Rittmeister.

[5] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[6] Gildehaus [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 169.

[7] Schüttorf [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 421f.

[8] Wietmarschen [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 490f.

[9] Nordhorn [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 351f.

[10] Neuenhaus [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 340.

[11] Uelsen [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 454.

[12] Emlichheim [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 139.

[13] Verehrung: Schenkung: Derartige „Schenkungen“ oder auch „Discretionen“ waren von Anfang des Dreißigjährigen Krieges an zumeist erzwungene oder von vornherein erwartete Leistungen in Geld- oder Sachwerten an die Offiziere einer Einheit, die den Stadt- oder Gemeindehaushalt je nach Umständen erheblich belasten konnten. Diese mehr oder minder freiwilligen „Verehrungen“ waren zur Abwendung von Einquartierungen oder zur Durchführung rascher Durchzüge gedacht. Sie waren je nach Rang des zuständigen Offiziers gestaffelt und wurden von diesen als fester Bestandteil ihres Einkommens betrachtet, zumal Soldzahlungen nicht selten ausblieben. Vgl. ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet.

[14] Graf Jobst Arnold v. Bentheim-Bentheim [4.4.1580-10.2,1643].

[15] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[16] STEINWASCHER, Krieg, S. 42f.

[17] Babenhausen [LK Darmstadt-Dieburg]; HHSD IV, S. 19f.

[18] Julius Graf v. Witzleben [Wizleben, Winzleben ?] [um 1590-16.11.1632 bei Lützen], kaiserlicher Obristleutnant.

[19] Bernhard Hackfort [Berent Ackfort] Freiherr v. Westerholt [Westerholtz] zu Lembeck [1595-18.11.1638 vor Vechta gefallen], kaiserlicher Generalwachtmeister.

[20] Kornett: Er führte die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.

[21] Altdorf, Wüstung, früher Dorf in der Gemarkung von Babenhausen [LK Darmstadt-Dieburg].

[22] Johann ‚t Serclaes Graf v. Tilly [Feb. 1559 Schloss Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville/Villers; Herzogtum Brabant-30.4.1632 Ingolstadt], ligistischer Feldmarschall. Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.

[23] Leone [Leo, Laurentius] Cropello [Capello] Freiherr de Blefice de Medicis [Medices, Medici] [ -um 1642], kaiserlicher Obrist.

[24] Schaafheim [LK Darmstadt-Dieburg].

[25] Traktament: Verpflegung(s)gelder, Bewirtung, Besoldung; Gastmahl: Traktament : Eigentlich durfte nur der übliche Servis gefordert werden: die dem oder den einquartierten Soldaten zu gewährende Unterkunft und Verpflegung, festgelegt in den jeweiligen Verpflegungsordnungen. „Servis“ definiert sich als die Abgaben des Hauswirts an den/die einquartierten Soldaten an Holz, Licht und Liegestatt (Heu und Streu), im Niedersächsischen kam noch Salz dazu; Kleidung, Ausrüstung etc., wurden verbotenerweise verlangt; Essen und Trinken fielen auch nicht darunter, wurden aber trotzdem eingefordert. Stattdessen konnte auch die sogenannte „Lehnung“ gegeben werden. Alle zehn Tage war diese Lehnung für die schwedischen Truppen zu entrichten, bei den unteren Chargen für Kapitän 12 Rt., Leutnant und Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber und Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den untersten Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. Dazu kam für den gemeinen Soldaten in der Regel täglich 2 Pfund Brot (zu 8 Pfennig), 1 Pfund Fleisch (zu 16 Pfennig) und 1 Kanne Einfachbier (2, 02 Liter zu 8 Pfennig). => Verpflegung.

[26] Harpertshausen, heute Stadtteil von Babenhausen [LK Darmstadt-Dieburg]; HHSD IV, S. 19f.

[27] Graf Philipp Wolfgang v. Hanau-Lichtenberg [31.7.1595 Buchweiler (Bouxwiller)-24.2.1641 Buchweiler], Graf 1625-1641.

[28] LÖTZ; WITTENBERGER, Beiträge, S. 45f.

[29] Breitenfeld [Kr. Leipzig]; HHSD VIII, S. 38f.

[30] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[31] RUDERT, Kämpfe, S. 78.

[32] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, S. 286f.

[33] Laun [Louny]; HHSBöhm, S. 319f.

[34] Johann Philipp Freiherr v. Breuner [1588-16.11.1632 Lützen], kaiserlicher Obrist, Generalfeldwachtmeister.

[35] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.

Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.

[36] Jülich [LK Jülich]; HHSD III, S367ff.

[37] RUDERT, Kämpfe, S. 101f.

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