„Fiedel-Hans“

„Fiedel-Hans“; Streifkorpsführer [ – 1644 ?] Fiedel-Hans, so sein Übername, ist angeblich einer jener legendären Streifkorpsführer gewesen, die im Dienst Sachsens gegen schwedische Truppen fochten.[1]

Flachs-Veit und Fiedel-Hans: „So hießen im dreißigjährigen Kriege zwei der kühnsten Parteigänger, welche, für Sachsen fechtend, den Schweden oft mehr schadeten, als die vornehmsten Feldobersten. Flachs-Veit war ein vormaliger Flachs – und Garnhändler aus der Gegend von Frauenstein,[2] hieß eigentlich Vitus Rüstig, und galt, der Sage nach, für ein Kind der Liebe, entstanden aus der geheimen Verbindung eines böhmischen Weltgeistlichen und einer Ostritzer[3] Nonne.[4] Vom seiner Abkunft erzählte er viel Abentheuerliches und ergötzte, damit oft in Nachtquartieren seine Rotte. – Eben so schlau als kühn und gewandt, stand er bei der sächsischen Generalität in großem Ansehen, ganz besonders bei dem Obersten von Drandorf [Trandorf (Drandorff), Christoph v.; BW], der sich seiner oft in den schwierigsten Fällen bediente.

Fiedel-Hans war ein verlaufener Stadtpfeifer, der sich lange als Geiger in allen Schenken der Dübener[5] Gegend herumgetrieben und mit seiner Dulcinea, einer Prager Dirne, so viel Unfug verübt hatte, daß er, wenn ihn die Unordnungen des Krieges nicht mehrmal retteten, sonder Zweifel am Galgen sein Ziel weit früher gefunden hätte, als er es fand.

Weniger gewandt, aber noch weit kühner als Flachs-Veit, und von einer Faustkraft, daß er, wie er sich oft rühmte, einen Ochsen ohne Beil erschlagen konnte, war er dem Obersten von Gersdorf [Gersdorf (Gersdorff), Hans Abraham v.; BW] dadurch bekannt geworden, daß er einst, als dessen Pferd mit ihm unfern Pegau[6] durchgegangen und eben im Begriff war, in die Elster zu setzen, es von hinten bei’m Schweif packte, so daß der Oberst sich retten konnte. Seitdem nahm er Dienste unter Gersdorfs Regimente und zeichnete sich bald so aus, daß dieser ihm die Anführung kleiner Streifkorps anvertraute. Bei einer solchen Gelegenheit lernte er in einer Dorfschenke unfern Grimma[7] Flachs-Veit als ein für seine Lebensweise höchst brauchbares Subjekt kennen. Gleich und gleich gesellt sich gern. Bei einem Glase Wein verbrüderte man sich, und FlachsVeit und Fiedl-Hans führten seitdem auf eigene Faust, unter der Aegide bald dieses, bald jenes sächsischen Generals, gegen die Schweden so eine Art von kleinen Krieg, der aber tragisch für sie endete.

Der General Torstenson hatte nämlich der Stadt Pegau eine Contribution abgezwungen, welche durch ein schwedisches Commando nach Leipzig[8] geschafft werden sollte. Flachs-Veit und Fiedel-Hans, davon unterrichtet, wagten es, mit ihrer Rotte das Commando anzugreifen, schlugen es auch wirklich und bemächtigten sich des Geldes, ermordeten aber dabei im Handgemenge die Gemahlin des commandirenden Schweden. Das stürzte sie. Denn die Ermordete war eine nahe Verwandte Torstenson’s, der nicht eher ruhete, bis er die Frechen in seiner Gewalt hatte. – Hängen lassen auf der Stelle – war in solchen Fällen der gewöhnliche und kurze Prozeß, welchem auch Flachs-Veit und Fiedel Hans nicht entgehen konnten. Doch gab Torstenson der Sache noch einiges Interesse dadurch, daß Fiedel-Hans geigen mußte, während Flachs-Veit zappelnd am Galgen hinaufgezogen ward“.[9]

[1] Vgl. ferner GRÄSSE, Der Sagenschatz Bd. 1, S. 397-398, über die ins Reich der Sage gehörenden Gründe für den schwedischen Angriff: „Im Jahre 1644 berannte der schwedische Feldherr Torstensohn die Stadt Pegau mit aller Macht, um dieselbe dafür zu bestrafen, daß zwei berüchtigte Pegauer Räuber oder Freischaarenführer, Flachsveit und Fiedelhans genannt, die Abgeordneten dieser Stadt, welche die derselben aufgelegte Contributionssumme an den schwedischen General nach Leipzig zu bringen hatten, überfallen, letztere geraubt, die schwedische Bedeckung zerstreut und verwundet und eine in dem Geleite befindliche junge schwedische Gräfin ermordet hatten“.

[2] Frauenstein [LK Mittelsachsen].

[3] Ostritz [LK Görlitz].

[4] Gemeint ist hier das Zisterzienserinnenkloster St. Marienthal.

[5] Bad Düben [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 93ff.

[6] Pegau [Kr. Borna]; HHSD VIII, S. 272ff.

[7] Grimma; HHSD VIII, S. 128ff.

[8] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[9] Der Erzähler. Ein Unterhaltungsblatt für Jedermann. Bd. 2, Augsburg 1836, S. 110f.

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