Schlosser, N (2)

Schlosser, N (2); Obristwachtmeister [ – ] Schlosser, Kommandant von Mühlheim a. D.,[1] stammte aus Basel[2] und stand 1633 als Obristwachtmeister[3] (?) in württembergisch-schwedischen Diensten.

Der Überlinger[4] Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][5] berichtet in seinem Tagebuch zum Juli 1633: „Jetzo kombt die rechte vrsach an tag, warumb der mit vnsern tragonern[6] vnd den ravenspurgischen[7] reüttern vo[r]gehabte anschlag nicht fortgestellt worden, derweiln näm[b]lich nachricht bekommen, daß zu Hohenemmingen[8] 800 würtembergische

reütter den vnsrigen auf den Dienst zu warten liegen, gegen wellichen die vnsrige sich zu schwach befunnden. Es hatt aber ein villingischer[9] pott, so bei ermelltem dorff firpaßirt, so vil hernach gebracht, daß obrist leuttenant[10] Schlosser zwar allda gehallten, aber nit mehr dan mit ohngefahr 300 reüttern, deren doch der weniger thail, mundirt[11] geweßt: vnd wirdt deß commandanten obrist leuttenant Singers vil zu großer circumspection[12] oder kaltsinnighaitt von andern, die vor hitziger vnd behertzter gehallten sein wollen, beigemeßen, daß man also vnverrichter dingen wider zu ruckh kommen, da doch, wie hernach vnderschidliche avisi[13] eingelangt, an den würtembergischen gräntzen beraitt großer schreckhen vnd alles zum ausreißen, wann hur die vnsrige sich hetten blickhen lassen, fertig geweßt“.[14]

Pflummern berichtet unter dem 31.8.1633: „Wellch geschray [über neue Einquartierungen; BW] sich bald verificirt, dan den gemellten 1 Septembris nach 4 vhren abendts erstlich der gefangne[15] Schloßer in beglaittung ohngefahr 20 tragoner eingebracht vnd in der herberg zum Wilden Mann losirt worden; der ist also willkomm geweßt, daß die bůben auf der gaßen mit stainen nach ihme geworffen vnd ettliche exulanten,[16] denen er schedlich vnd ihres ellends vrsach geweßt, ihne gleich beim absteigen vom pferdt mit scharpfem verweiß empfangen haben“.[17] „Ich hab den gefangnen Schlosser in seinem losament selbst besůcht, der für gewiß affirmirt,[18] wan die kayßerische gleich auf Villingen von Milhaimb fortgeruckht währen, sie würden den hertzogen[19] vnd alles beisammen bekommen haben, dan sie nit glauben, daß die kayßerische noch so starckh seyn, darumb sie auch sollchen veberfallß sich nit besorgt. Im den läger befennden sich drei hertzogen von Würtemberg,[20] daß volckh seye mehrern thails nhur würtembergisch landtvolckh,[21] außerhalb ohngefehr 1000 schwedischer pferdten. Man habe im läger 9 halbe carthaunen,[22] 3 viertel carthaunen,[23] deren jede ein loth von 36 lb führe vnd noch 4 fewr mörser,[24] die ein kugel von 100 vnd mehr Pfundten werffen, seye zu verwundern, dass so gar kein schaden durch öffters fewrwerffen der statt beschehen. – Die soldaten darinnen sambt dem commandanten hallten sich treffentlich vnd haben die würtembergische nhun vexirt,[25] auch ihme Schlosser in zeitten, daß er vmb die statt halten müeßen, in hundert reütter erlegt, darneben einem vornehmen frantzosen ein pferdt, so er zu Lion[26] vmb 2500 fl. oder 500 hispanische doblen[27] erkaufft, darnider geschossen. Der hertzog von Würtemberg hette mit den vncosten, so veber die villingische belägerung gangen, die stadt vnd gantze vmbligende landschaft kauffen können. Sonst vermaine er auch, daß general Horn mit der armada herauf ruckhen vnd in kurtzem ein haupttreffen[28] werde ervolgen müeßen. Entschuldiget sich (vnd betheurt) gar hoch, daß er an dem brand der veberlingischen dörffer Neßel[S. 55]wang[29] vnd Bondorff[30] allerdings vnschuldig, sollch procedere seye kein rechtschaffen soldatenstuckh, sonder der Ville Franche mit zuthůn ettlichen würtembergischen volckhs hab berührte dörffer angesteckht, vnd hab gleichwoln hertzog von Würtemberg bevolhen, nachdeme in seinem land Schweningen[31] vnd noch zway dörffer abgebrannt worden, so solle man anderer orten auch so vil in die äschen legen. – Diser Schlosser macht sich vnd seine mitverhaffte officier (deren in allem fünf) gar arm, laßt aber wahr sein, daß bei einem frantzosen (deme das obgedachte costliche pferdt vor Villingen erschoßen worden, vnd den obrist leuttenant Kheller[32] mit sich führe, der auch mit ihme Schlosser gefangen worden) auf die 10.000 thaler wert bekommen worden. (Schlosser nennet disen monsieur Lebef vnd sagt, daß neben anderer costlichkeitt er kragen vmb 4 vnd 500 thaler wert angetragen vnd seiner trachten halb einem fürsten zu vergleichen seye). Item seye wahr, daß der noch zu Lindaw[33] verhaffte Forbes[34] eines schottischen bischofe sohne, der werde sich aber auß seinem seckelh redimirn[35] müeßen, dan er nit in der ihenigen lista begriffen, welliche man auß gemainer cassa oder mit abwechßlung anderer kayßerischer gefangner lösen[36] solle“.[37]

Der Salemer[38] Zisterziensermönch Sebastian Bürster [? – 1649][39] schreibt in seiner Chronik zu 1633: „Ersten Septembris hat man von Salem auß den rüdtmayster[40] Gündtfeldt[41] 50 wohl außstaffierte und mundierte[42] tragoner uffgsezt, außgschoßen[43] und naher Dänkhingen[44] oder Pfulendorff[45] neben ettlichen capralen[46] geschickt, deßgleichen auch von Uberlingen[47] und Hailgenberg[48] beschehen. So sollen auch uff disen tag die Kayßerische daß stättlin Mühlenen[49] bestigen und einbekomen haben, dem commandanten Schloßer, obersten wachtmayster deß Degenfeldts[50] oder Scavilizchi[51] sampt 50 soldaten gefangen, wie auch uff die 200 Suedische nider gemacht, zwischen Mühlenen und Dudtlingen[52] den Schloßer naher Uberlingen (andere gefangene aber seyen ihnen in unsern dörfern, da die nacht quatiert, mehrer thail in der nacht entrunnen und außgerüßen) gebracht“.[53] So auch Pflummern unter dem 4.9.1633: „In der vorgehenden nacht ist nahend der statt auf der andelshofer straß, ein würtembergischer reütter, seines angebens ein sattler von Nürtingen[54] gebürtig, so vnderm Schafelißki geritten vnd mit denen, so von Tutlingen[55] dem Schloßer zu Milhaimb succurrirn sollen, [S. 61] geschlagen vnd veriagt worden, von vnsern burgern ergriffen vnd in die statt gebracht worden. der hatt sein pferdt vnderwegs müede halb stehn laßen, auch von der hornischen armada nichts zu sagen wißen“.[56] Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald,[57] Georg Gaisser [1595-1655],[58] berichtet in seinem Tagebuch unter dem 6.9.1633: „Nachts kehrte der Gefährte des Boten Christian aus Lindau zurück mit der Bestätigung der Niederlage der Franzosen und der Gefangennahme des General-Leutnants[59] (legati) Schlosser mit andern“.[60]

Am 6.9.1633 wurde Schlosser per Schiff nach Lindau gebracht.[61]

Möglicherweise handelt es sich um jenen Schlosser, der 1640 als Obristleutnant des Regiments[62] Philipp Nikolaus Freiherr von der Leyen in kaiserlich-vorderösterreichischen Diensten stand.

[1] Mühlheim a. d. Donau [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 537f. http://www.akbw.de/architektur/beispielhaftes-bauen/praemierte-objekte/detailseite/objekt_datenbank/single/detail////neugestaltung-des-schwedengrabs-1228.html: „1632, am 22. Juni kamen erstmals 1000 schwedische Reiter hier an, worauf die ganze Einwohnerschaft entfloh. Die Freiherr von Enzberg’sche Familie nahm die Flucht nach Rottweil. Ihre hiesigen Schlösser wurden hart bedrängt und an diesen ein Schaden von mehreren tausend Gulden angerichtet.

Den 21. Februar 1633 überfiel der kaiserliche Oberst von Goß [Johann de Goës; BW] mit 4000 gut ausgerüsteten Reitern die Schweden in Mühlheim und richtete ein fürchterliches Blutbad unter diesen an. Alle Straßen und Gassen in Mühlheim waren mit Verwundeten und Toten angefüllt, worauf 300 schwedische Leichen beim unteren Schlossgarten in ein gemeinsames Grab verscharrt wurden. Der Blutstrom floss durchs untere Tor hinaus längs der Ortssteig hinab bis zur Donau und färbte ihr rechtes Ufer rot“.

[2] Basel [Kanton Basel-Stadt].

[3] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.

[4] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.

[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.

[6] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. Der Dragoner war ein berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd.

[7] Ravensburg [LK Ravensburg]; HHSD VI, S. 644ff.

[8] Hohenemmingen [LK Heidenheim].

[9] Villingen im Schwarzwald [Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 834ff.

[10] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[11] mundiert: ausgerüstet.

[12] Circumspection: Umschau, Umsicht, umsichtige Erwägung.

[13] Aviso, Avisen: Nachricht, -en, Neuigkeit, -en; zum Teil auch für => Zeitungen gebraucht.

[14] SEMLER, Tagebücher, S. 54f.

[15] Gefangene: Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold  freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“.

[16] Exulant: Glaubensflüchtling, Vertriebener; aus Böhmen, Mähren und Schlesien im 30jährigen Krieg vertriebene Protestanten.

[17] SEMLER, Tagebücher, S. 67.

[18] affirmieren: behaupten.

[19] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.

[20] a) Julius Friedrich Herzog v. Württemberg [3.6.1588-25.4.1635]. b) Eberhard III. Herzog v. Württemberg [16.12.1614 Stuttgart-2.7.1674 Stuttgart]. c) Friedrich Herzog v. Württemberg-Neuenstadt [19.12.1615 Stuttgart–24.3.1682 Neuenstadt am Kocher].

[21] Vgl. WÖLLPER, Die Württembergische Landesdefension, unter: http://www.schwedenlager-1634.de/home_neu.htm => Menü: Extras.

[22] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81.

[23] Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund

Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis.

[24] Feuermörser: Geschütz, dessen Rohre aus geschmiedeten Schienen bestanden, die, wie bei einem hölzernen Fass, durch eiserne Reifen zusammen galten wurden. Bei einem Kaliber von bis zu einem Meter Durchmesser waren die Feuermörser bis zu 2, 50 m lang und wurden vor dem Abschuss in die Erde eingegraben. Ihre Stahlkugeln hatten eine sehr steile Flugbahn, man konnte mit ihnen also hinter Mauern schießen. Nach Pflummern konnte man mit ihnen Kugeln von 100 Pfund und mehr werfen; SEMLER, Tagebücher, S. 68.

[25] vexieren: verhöhnen, ärgern, foppen, necken, quälen.

[26] Lyon [Frankreich, Dép. Rhône].

[27] Dublone: Das 8-Escudo-Stück (onza de oro) wurde zur häufigsten spanischen Goldmünze und ist als Dublone (= 4 Pistolen) bekannt.

[28] Haupttreffen: große Schlacht.

[29] Nesselwangen, heute Ortsteil von Überlingen [Bodenseekr.].

[30] Bonndorf, heute Ortsteil von Überlingen [Bodenseekr.].

[31] Schwenningen [LK Sigmaringen].

[32] Adam Heinrich Freiherr Keller [Kheller] von Schleitheim [Schlaytheim, Schlayten]; Obrist [1577 Schaffhausen – 1674 ?].

[33] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.

[34] John Forbes; Obrist [ um 1600 – ?]

[35] redimieren: loskaufen, auslösen.

[36] ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29.  Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht ge[S. 129]lassen worden“.

[37] SEMLER, Tagebücher, S. 68f.

[38] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f.

[39] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 59f.

[40] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[41] Hans Michael Gündtfeld [Gintfelt, Güntfeld, Gintfeld, Gültfeld, Günzfeld]; Rittmeister [ – ].

[42] mundieren: versorgen, ausrüsten, füttern. Die Montierung („Mundierung“) war die gesamte (Neu-) Ausrüstung eines Soldaten, die auch von den Bürgern und Bauern erzwungen werden konnte. JORDAN, Mühlhausen, S. 66. Ein leichter Reiter sollte mit Helm, Rücken- und Brustschild, zwei Pistolen und einem Schwert ausgerüstet sein, aber bereits Ende 1630 wurden Rüstungen nur an die vorderen Reihen der Fußregimenter ausgegeben. 1632 sollen nur wenige Kavalleristen überhaupt eine Rüstung getragen haben. Meist trugen sie Lederjacken. Ende der 30er Jahre war das schlechte Erscheinungsbild „fast schon legendär“; das tschechische Wort „Szwed“ war gleichbedeutend mit „Mann in Lumpen“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 39. 1647 werden die Ausrüstungskosten für einen Reiter mit 80 Rt. veranschlagt. PETER, Eisenach, S. 52.

[43] ausgeschossen: ausgesucht.

[44] Denkingen, heute Ortsteil von Pfullendorf [LK Sigmaringen].

[45] Pfullendorf [LK Sigmaringen]; HHSD VI, S. 631.

[46] Korporal: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes.

[47] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.

[48] Heiligenberg [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 321.

[49] Mühlheim a. d. Donau [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 537f.

[50] Christoph Martin Freiherr v. Degenfeld [1599-13.10.1653].

[51] Bernhard Schaffalitzky [Schafelitzky] zu Mukadel [„Mückenthal“]; Generalmajor [1591-1641] siehe den Beitrag von Jörg Wöllper in den Miniaturen.

[52] Tuttlingen [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 806f.

[53] WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 33.

[54] Nürtingen [LK Esslingen]; HHSD VI, S. 579f.

[55] Tuttlingen [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 806f.

[56] SEMLER, Tagebücher, S. 74.

[57] St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].

[58] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f. Vgl. auch SCHULZ, Strafgericht.

[59] Generalleutnant ist natürlich unrichtig. Legatus müsste hier mit Obristleutnant übersetzt werden.

[60] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 495 (2. Auflage 1984, heute noch erhältlich bei Stabsstelle Archiv von 79002 Villingen-Schwenningen).

[61] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.

[62] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 ((offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

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