Gera [Gerra] auf Arnfels, Erasmus [Erasam] Freiherr von

Gera [Gerra] auf Arnfels, Erasmus [Erasam] Freiherr von; Obristleutnant [1588 Arnfels-14.9.1657 Steyr] Erasmus [Erasam] von Gera auf Arnfels,[1] ein protestantischer Adliger aus Oberösterreich, wurde am 20.3.1621 auf Befehl von Adam Graf Herberstorff[2] verhaftet und auf das Linzer[3] Schloss gebracht. Schon im Herbst war er bei der Liga[4] und wahrscheinlich zum katholischen Glauben übergetreten. Im November 1621 war er Rittmeister[5] im allgemein als schwierig geltenden Kavallerieregiment[6] Herberstorff[7] und lag mit seiner Kompanie[8] in Obrigheim.[9] 1623 lag er als Hauptmann[10] noch in Oberösterreich.[11]

Er wurde später zum Obristleutnant[12] im Kavallerieregiment Herberstorff befördert, als der „Kurfürstlichen Durchlaucht in Bayern bestellter Obrister“, und war seit dem 7.1.1624 mit Anna Benigna von Pappenheim, der Stieftochter Herberstorffs, verheiratet.

1625 lag sein Regiment noch in Pattensen[13] (Herzogtum Calenberg). Der Kriegsteilnehmer und spätere Kommandant von Weiden,[14] Augustin von Fritsch [1599 – 1662],[15] berichtet: „vnd da wür Battensamb [Pattensen; BW] eingenommen, sein wür mit den Schmidtischen [Schmidt v. Wellenstein; BW], alß meines Obristen vnd herrn von Gera Regiment, samt dreyen Compagnie zu Pferdt hinein gelegt worden, da wür dann nichts in der Statt gefunden, sondern vnser Prouiant alles auf den Landt hollen müssen, da vnnß dann der Feindt zimblichermassen aufgebasst, wie sich dann Herzog Früz von Altenburg,[16] vnnd der General yber die Gauaveleri, der Oberthrautt,[17] mit etlich 1000 Mann sich vnweit vnsers Quartiers, nechst bey hawber[18] befundten, sobalden der Tilli[19] dessen von vnsern Obristen ist berichtet worden, ist er mit etlich 1000. Mann in aller Eyl vf den Feindt loßgangen, demselben dermassen chargirt, daß daryber gedachter Herzog Friz von Altenburg, samt dem General von Obertrautt vf der Wahlstatt Todt geblieben, vnnd sein von Vns, die wür mit 1000. Mann comendirt gewesen, wieder in die Quartier nacher Pattensamb geschickht, vnd die zwey Generalen Todter mit vnß in deß Generals Tilli[20] Gutschen gefürth, vnnd in der Kürchen beygesezt worden, biß sie förders nacher Hammeln[21] allwo vnser hauptquartir gewesen, geführt worden“.[22]

Das Amt Heldburg[23] listet 1625 Kosten bei Durchmarsch und Einquartierung kaiserlicher Truppen unter den Obristleutnants von Gera mit 900 Mann, Lorenzo de Medici[24] mit 1000 Pferden und Erhard Gebhard von Stammer mit 1500 Mann zu Fuß auf.[25]  

1625/1626 war er auch an der Niederschlagung des Oberösterreichischen Bauernaufstandes beteiligt. Einer der Beteiligten, der Oberpfleger Grünbacher von Frankenburg,[26] hat seine Erlebnisse aufgezeichnet: „Auf Lands-Fürstl. Befehl haben Pfarrer zu Pfäffing[27] und ich, Grüenbacher, am Samstage den 11. Tag May in der Pfarrkirche Zwispalln einen Catholischen Priester installiren wollen, allda der Priester eine Predigt gethan. Es sind aber Richter und Rath des Marcktes Franckenburg, auch der Pfarre bestellte Achter, nicht in die Kirche gegangen, sondern heraussen blieben. Als nun Pfarrer und ich Pfleger nach der Predigt die Installirung verrichten, darneben auch die Kirch-Rechnung aufnehmen wollen, hat sich heraussen aufm Freythofe ein unversehen Geschrey, darneben auch der Glocken-Streich erhoben, daß ich Grüenbacher aus der Kirche gegangen, zusehen, was das Geschrey aufm Freythofe bedeute; allda befunden den Freythof und Marckt-Platz voller Leute mit Büchsen, Spiessen und Stangen, welche alle mit aufgezogenen Streichen auf mich zugelauffen, auch ihrer etliche mit Büchsen auf mich gezielt und gedrucket, aber es ist mir kein Streich gegeben worden, auch keine Büchse loß gegangen, sondern ich bin durch dieß alles durchgegangen und ins Schloß gekommen. Der Pfarrer und Priester aber sind entlauffen. Und obwohl dem Priester ein böser Bube Hannß Scheichel, Schuster, die Büchse ans Hertz gesetzt, ist sie doch nicht loß gegangen, darauf er den Priester mit der Büchse übern Kopf geschlagen, aber keinen besonderen Schaden getan“.[28]

Erasmus von Gera konnte die Güter seiner emigrierten Brüder Wolf und Wilhelm erwerben.[29] Das Herberstorffsche Palais auf dem Linzer Stadtplatz ging nach dessen Tod in den Besitz Geras über.[30]

[1] Arnfels [Bez. Leibnitz; Steiermark].

[2] STURMBERGER, Adam Graf Herberstorff, S. 121.

[3] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[4] Liga: Die Liga war das Bündnis katholischer Reichsstände vom 10.7.1609 zur Verteidigung des Landfriedens und der katholischen Religion, 1619 neu formiert, maßgeblich unter Führung Maximilians I. von Bayern zusammen mit spanischen und österreichischen Habsburgern an der Phase des Dreißigjährigen Krieges bis zum Prager Frieden (1635) beteiligt, danach erfolgte formell die Auflösung. Das bayerische Heer wurde Teil der Reichsarmada. Zur Liga-Politik vgl. KAISER, Politik, S. 152ff.

[5] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[6] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[7] Adam Graf Herberstorff [25.4.1585 Schloss Kalsdorf bei Ilz 5-11.9.1629 Schloss Orth am Traunsee], ligistisch-kaiserlicher Obrist. Vgl. STURMBERGER, Adam Graf  Herberstorff, S. 118.

[8] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[9] REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, S. 43. Obrigheim [LK Bad Dürkheim].

[10] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[11] STURMBERGER, Adam Graf Herberstorff, S. 135.

[12] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[13] Pattensen [Kr. Springe]; HHSD II, S. 376f.

[14] Weiden; HHSD VII, S. 794ff.

[15] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 92f.

[16] Friedrich Herzog v. Sachsen-Altenburg [12.2.1599 Torgau – 4.11.1625 bei Seelze], pfälzisch-mansfeldischer Obrist.

[17] Hans Michael Elias v. Obentraut [2.10.1574 Heddesheim-5.11.1625 bei Seelze], pfälzisch-mansfeldischer Generalleutnant.

[18] Hannover; HHSD II, S. 197ff.

[19] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.

[20] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.

[21] Hameln; HHSD II, S. 192ff.

[22] FRITSCH, Tagbuch, S. 114f.

[23] Heldburg [Kr. Hildburghausen]; HHSD IX, S. 192f.

[24] Leone [Laurentius] Cropello [Capello] Freiherr de Blefice de Medicis [Medices] [ – um 1642], kaiserlicher Obrist.

[25] Thüringisches Staatsarchiv Meiningen Amtsarchiv Heldburg Nr. 2324.

[26] Frankenberg am Hausruck [Bez. Vöcklabruck].

[27] Pfäffing, zu Vöcklabruck [Bez. Vöcklabruck].

[28] ZIEGLER, Dokumente Bd. 2, S. 965f. Vgl. STURMBERGER, Adam Graf Herberstorff, S. 233.

[29] STURMBERGER, Adam Graf Herberstorff, S. 336.

[30] STURMBERGER, Adam Graf Herberstorff, S. 426.

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