Bouillon [Bullion, Bullian, Bullier], David

Bouillon [Bullion, Bullian, Bullier]; David; Obrist [ – ]

Bouillon war Wallone[1] und schloss sich dem in dänischen Diensten stehenden Regiment des Obristen Donald Mackay an. Nach dem Lübecker Frieden ging er mit dem Regiment in schwedische Dienste.

Der schottische Kriegsteilnehmer Robert Monro erinnert sich unter 1630: „Auf dem Weg dort [nach Stettin;(2) BW] hatte ich in Gollnow[3] mit dem König eine Unterredung (II, 12), der mir sagte, er sei im Begriff, Hauptmann Bullion, der damals einer meiner Hauptleute war, als Generalquartiermeister zur Reiterei zu versetzen. Er teilte mir auch mit, daß er meinen Oberst [Donald Mackay; BW] beauftragt habe, neue Truppen auszuheben. Er habe mich aus dem Grunde zurückgerufen, damit ich während der Abwesenheit des Obersts beim Regiment bliebe. Der König empfahl mir, mein Augenmerk fleißig darauf zu richten, daß gute Disziplin gehalten würde und darauf zu sehen, den Postenabschnitt zu verteidigen, der unserer Wachsamkeit anvertraut sei, und ich erfuhr, daß wir bei Herrn [Maximilian v.; BW] Teuffels Abschnitt Wache halten sollten.

Am nächsten Tag schickte der König den Hauptmann Dumaine [Archibald Douglas; BW] mit einer von ihm eigenhängig unterschriebenen und gesiegelten Order zu mir, ich solle Dumaine als Hauptmann über Bullions Kompanie einsetzen. Ich nahm die Order geziemend in Empfang und bat den Kavalier, am nächsten Tag nachmittags zu mir zu kommen, denn ich hatte vor, am nächsten Morgen zu S. M. zu reiten, da ich es leid war, daß der König mir meine Privilegien beschnitt, denn ich hatte aufgrund des mit S. M. abgeschlossenen Vertrages das Recht, die Offiziersstellen des Regiments, wenn sie vakant waren, selbst zu besetzen, und nicht etwa der König, der früher einmal über dieses Recht verfügt hatte. Als ich in Gollnow angekommen war, ging ich zu Sir John Hepburn und bat ihn, mich zu S. M. zu begleiten, um mir beizustehen. Der König fragte mich, ob ich den Hauptmann eingesetzt hätte oder nicht. Ich antwortete, daß ich dies als nachteilig für den Dienst unter S. M. fände, deshalb hätte ich beschlossen, S. M. zuvor in Kenntnis zu setzen, daß es dem Kavalier, obwohl er auf jede Weise tüchtig sei, an Sprachkenntnissen fehle, eine Kompanie zu führen, die aus Deutschen bestünde. S. M. erwiderte, er werde bald soviel Deutsch lernen, um eine Kompanie kommandieren zu können. Und als der König dies gesagt hatte, fragte er, wem ich die Kompanie hätte verleihen wollen. Ich antwortete, einem Kavalier, der sich um S. M. verdient gemacht habe, David Monro mit Namen, der zu dieser Zeit mein Leutnant sei. Der König, der sich an General Baner wandte, erwiderte geringschätzig, ‚Was soll ich davon halten ? Er würde selbst meinen Befehlen nicht gehorchen, nur um seinen eigenen Verwandten einzusetzen‘. Daraufhin kehrte ich zurück und setzte Hauptmann Dumaine gemäß dem Willen des Königs für diesmal ausnahmsweise ein“.[4]

1631 wird Bouillon als Regimentsquartiermeister einer schwedischen Kavallerieabteilung  erwähnt.[5]

Unter 1632 heißt es in der Chronik von Delitzsch:[6] „Vom 27. November bis 11. Dezember lag das schwedische Leibregiment zu Roß, Herzog Bernhard, unter dem Befehl des Oberstleutnant David Bullion hier, welches sich selbst einquartierte“.[7]

Er hatte unter Bernhard von Weimar an der Schlacht bei Lützen[8] teilgenommen.[9]

Bouillon stand als Obristleutnant des Leibregiments bzw. Obrist 1633/35 weiter unter dem Befehl von Bernhard von Sachsen-Weimar.

„Bernhard von Weimar hatte sich am 13. Januar 1633 von Altenburg[10] nach Jena[11] begeben, um sich dort von einer Erkrankung, welche er sich während des letzten Feldzuges und der Schlacht bei Lützen zugezogen hatte, zu erholen. Am 4./14. Januar verfaßte er dort ein ‚Memoriall‘ an die beiden Generalmajore Lohausen und Claus Conrad Zorn von Bulach, ‚sich zum Aufbruch nacher Francken in bereitschafft zu halten‘ und wie sich diese ‚in unnserem abwesen unndt nach erlangter ordre des aufbruchs zu halten hätten (Skrifter II Bd. 7, S. 18). Während sich Bernhard am 22. Januar weiter nach Weimar[12] begab, da, wie er an den Reichskanzler Oxenstierna[13] schreibt, ‚die mattigkeit noch nicht nachlassen will‘, bekamen die Generalmajore Lohausen und Bulach am 20. Januar von Oxenstierna den Befehl, Bernhards Armee über den Thüringer Wald nach Franken zu führen, sich im Hochstift Bamberg und der Maingegend festzusetzen und dabei die Stadt Nürnberg[14] gegen kaiserliche Feindseligkeiten abzusichern (Chemnitz II, S. 36).

Nach Bernhards eigenhändiger Instruktion vom 14.1. sollte sich Lohhausen mit der Infanterie, ‚doferne vom feindt man nichts vernehmen noch sich befahren würdet, in bemeltes Bamberg[15] logiren undt rückhwarts hinauss gegen Eltmann[16] zue sich des Mayns […] versichern‘, sofern der feind aber ‚auch von Hoff[17] oder der Ober Pfaltz starckh uff die armee undt dieses volckh gehen solte […] und uf den fall, er [Lohausen] sich nicht zu halten möglichen, [sollte er] dasselben [Bamberg] abbrennen undt in grund demoliren [!], undt er sich zuerückh gegen Schweinfurth[18] wenden undt in sicherheit begeben‘ (Skrifter, s. o.).

Die Armada Bernhards zählte zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr als 8000 Mann, wie der kaiserliche Generalkommissär Wolf Rudolph von Ossa berichtete, der in einem Brief vom 27. Februar 1633 aus Eichstätt[19] schrieb, er fürchte eine Vereinigung mit dem schwedischen Feldmarschall Gustav Horn, welcher zu diesem Zeitpunkt zwischen Ehingen[20] und Biberach[21] an der Donau in Kämpfe mit dem kaiserlichen Feldmarschall Aldringen verwickelt war (Soden II, S. 51). Im Kern bestanden Bernhards Truppen aus den relativ schwachen Regimentern zu Pferd: Georg von Uslars Regiment (160 Pferde), Bulachs Regiment (120 Pferde), (Wilhelm von) Goldsteins Regiment unter Oberstleutnant Max Conrad von Rehlingen (150 Pferde. Dieses Regiment wurde im März 1633 durch den Obristen Philipp Sattler [Sadler; BW] übernommen, Oberst (Eberhard) Beckermanns Regiment (150 Pferde), Herzog Bernhards Leibregiment unter Oberstl. Bouillon (12 Kp., 500 Pferde), Nicholas de Courvilles Regiment (5 Kp. 300 Pferde), (Christoph Karl Graf von) Brandensteins Regiment unter Rittmeister Lorbeer (300 Pferde), (Georg Ludwig Graf von) Löwensteins Regiment unter dessen Obristwachtmeister (200 Pferde), Oberst Wolf Jaroslav von Steinbachs Regiment (200 Pferde), Johann Bernhard von Öhms [Ehm; BW] Regiment (300 Pferde). Die Dragoner unter Oberst Georg Christoph von Taupadel und den Oberstleutnants (Lorentz) Ambrosius und (Pierre) Margali blieben in Chemnitz[22] zurück. Die Fußtruppen bestanden aus der blaue[n] Brigade (dem alten blauen Regimen) unter Hans Georg aus dem Winckel, von der jedoch ein Teil als Garnison in Zwickau[23] verblieb, Herzog Bernhards Brigade (grüne Brigade), Joachim Mitzlaffs Brigade und dem schwarzen Regiment des jüngeren Grafen (Johann Jakob) von Thurn; zusammen etwa 6000 Mann in 8 Regimentern zu Fuß und 2600 zu Pferd. (Soden II, S. 32ff.; Huschke, S. 44, 48, 108; Brzezinski/Lützen, 21; Skrifter II Bd. 7, S. 18)„.[24]

„Während Lohausen das Fußvolk und die Artillerie kommandierte, war Bulach für die Reiterei zuständig. Die schwedischen Truppen hielten am 27. Januar zwischen Neustadt/Orla[25] und Weida[26] ‚Rendezvous‘ und nahmen ihren Weg teils über Lobenstein[27] und Nordhalben[28] (1. Februar), teils über Ludwigsstadt[29] und Teuschnitz[30] nach Kronach[31] (Chemnitz II, S. 38). Nach obenerwähntem ‚Memoriall‘ Bernhards sollten sie sich bemühen, ‚ob sie en passant die vestung Cronach, jedoch mit zuvorgehenden reiffen rath undt einbeziehung gueter kundtschafft (1) wie der ort besetzt, (2) wo demselbigen beyzuekhommen, (3) woher das proviand zu nehmen […] emportieren [einnehmen] khönnen. […] Sonsten aber undt ausser diesem den nechsten wegkh uff Bamberg[32] zue nehmen, […] undt sich dessen bemechtigen‘.

Den direkten Vorbeizug an Kronach vermied man zuerst. Das vorläufige Hauptquartier hatte man westlich der Stadt in Mitwitz[33] genommen. (Vom 26. Januar/5. Februar ist ein Schutzbrief Lohausens und Bulachs für das Herzogtum Coburg aus dem ‚Hauptquartir zu Midwitz‘ datiert). Am 3. Februar machte eine schwedische Abteilung von ca. 3000 Mann zu Fuß, teils vom Haßlacher Grund über die Hofwiese kommend teils von Mitwitz über Entmannsdorf[34] (bei Breitenloh, Zitter (S. 29) schreibt ‚Enselsdorf‘) kommend beim äußeren Haßlacher Tor einen halbherzigen Angriff auf Kronach, während die Reiterei 17 Kompanien stark auf dem Haßlacher Berg in Richtung Mitwitz hielt. Die feindlichen Truppen drangen über den Ziegelanger bis zum Mühlgraben am Marienplatz vor, wurden jedoch durch einen zangenartigen Ausfall der Kronacher am Haßlacher (Bamberger) Tor zurückgedrängt, worauf sie die Vorstadt am Ziegelanger in Brand steckten. 70 Häuser und Städel wurden ein Raub der Flammen.

Die schwedischen Truppen hielten sich allerdings nicht lange auf, da sie sich auf eine Belagerung im Winter kaum einlassen wollten und sie überdies am gleichen Tag von Bernhard eigenhändige Instruktion erhielten, ‚sich vor Cronach, weil selbiger orth gleichwohl von zimlicher importanz undt mit ein 500. Man besetztt, nicht [zu] engagieren, sondern seine marche [wormit es bishero des sehr bösen wetters […] halben sehr langsam zugangen) recta uf Bamberg nehmen‘ (Skrifter II Bd. 7, S. 21). Über den Angriff auf Kronach schreibt die Nonne vom Heiligen Grab in ihr Tagebuch: ‚Freidtag den 4. februarius [richtig: 3.2.] hat der feind wiedterumb an die statt Cronig angesetzt / aber sie haben mit Spott müssen abziehen / dann es seint ihr 200 gewesen / so den ersten anlauff gethon haben / disse seint alle nidter gemacht worden / das ihr uber zwen oder drey nicht dar von kumen seint, wie uns ein schwedischer soltadt selbst gesagt / der auch dabey gewessen ist / dan es sey von der statt heraus hauffen weis auff sie gangen / dann die Croniger seint wie die teüffel, er möchte wol einen sehen‘. (Tagebuch der Maria Anna Junius in BHVB 52, Bbg. 1890, S. 103).

Lichtenfels[35] wurde am 6. Februar, von Soldaten und Bürgerschaft nahezu verlassen, kampflos eingenommen. Staffelstein[36] wollte sich nicht kampflos ergeben. In der Stadt lag eine Kompanie vom Jung-Pappenheim’schen Regiment (Graf Philipp von Pappenheim war ein Vetter des bei Lützen gefallen[en] Feldmarschalls Gottfried Heinrich von Pappenheim[37]). Die schwedischen Truppen sprengten jedoch die Tore am 7. Februar mit Petarden auf, hieben die Besatzung nieder und plünderten den Ort aus. Nach dem Bericht der Bamberger Jesuitenchronik fielen 106 Personen aus Bürgerschaft und Garnison der Furie der Angreifer zum Opfer und wurden am folgenden Tag beerdigt. (BHVB 48, S. 40). Am 8. Februar nahmen die schwedischen Truppen ihr Hauptquartier in Scheßlitz[38] und am 9. Februar zogen Lohausen und Bulach ohne Gegenwehr in Bamberg ein. Das Militär und alle höheren Personen hatten sich in die Festung Forchheim[39] geflüchtet. Die Schwedischen Truppen bezogen nun in und um Bamberg Winterquartiere und lagen bis Mitte März in der Stadt. (Looshorn VI, S. 291f.; Chemnitz II, S. 38ff.)„.[40]

„Herzog Bernhard selbst hatte am 3. April 1633 Ansbach[41] verlassen. Ihm folgten 1500 Mann Reiterei. Auf dem Weg nach Ornbau[42] an der Altmühl (zwischen Gunzenhausen[43] und Herrieden[44]) stießen sie in der Nähe des Ortes auf eine 3000 Mann starke Partie von Kaiserlichen unter Johann von Werth, welche von Amberg[45] aus in 48 Stunden 16 Meilen (ca. 120 km) zurückgelegt hatten und am Morgen desselben Tages dem Leibregiment des Herzogs 500 Pferde abgenommen hatten. Nach einer Verfolgung durch die Reiterregimenter Öhm [Ehm; BW] und Courville kam es am 24.3./3.4. zum Gefecht bei Ornbau, wobei die Generale Lohausen und Georg von Uslar der total erschöpften Reiterei Johann von Werths eine empfindliche Niederlage beibrachten. 300 von Werths Reitern wurden getötet, über 200 gefangen und 2 Standarten erbeutet. (Chemnitz II, S. 97).„[46]

„Bernhard zog am 18.11.1633 mit der restlichen Armee weiter nach Straubing[47] und machte sich sofort an die Belagerung, indem er beim Kapuzinerkloster eine Mine ‚springen‘ ließ, welche eine Bresche in die Stadtmauer riß. Sogleich ließ er ein großes Feuer in derselben anzünden, um die Möglichkeit einer Reparatur zu verhindern. Am 13./23. November wurde die Stadt von dem Kommandanten Haslang (nach Barthold/Deutscher Krieg I, S. 111, hieß der Kommandant Hauptmann Johann Philipp Schütz) mit Akkord übergeben. Die Schweden erbeuteten eine große Menge an Salz, insgesamt 44.156 Scheiben, welches der Magistrat um 70.000 Reichstaler abkaufen mußte. Der bayerischen Besatzung, die mit 100 Pferden und 400 Mann zu Fuß ausmarschierte, wurde freies Geleit zugesichert. Währenddessen erhielt Herzog Bernhard einen Brief des schwedischen Reichskanzlers Oxenstierna, in dem dieser einen nicht eingehaltenen Akkord Wallensteins[48] gegen schwedische Truppen des Obersten Jakob Duwall beklagte. Bernhard schickte der ausziehenden Straubinger Besatzung sofort ein Regiment unter dem Oberst Bullier (gemeint ist Oberst Bouillon, der Bernhards Leibregiment zu Pferd kommandierte) nach, ließ diese entwaffnen und unter die eigenen Truppen stecken. (Soden II, 338)“.[49]

Der Abt Veit Höser[50] von Oberaltaich[51] erinnert sich: „Ein ähnliches Edikt wie der Kapitän von Oberaltaich erließ auch der Straubinger Kommandant (Bullion). Alle Pfleger und Landrichter, Edelleute, Hofmarksherren und Mautner, kurz alle weltlichen wie kirchlichen Amtsvorsteher müssten auf ihre Amtssitze und in ihre Häuser zurückkehren und jeder sein Amt und seine Dienstpflicht wie bisher frei versehen und unbehelligt wahrnehmen und verrichten. Außerdem müsse jeglicher dafür sorgen und die versprengten Untergebenen wieder zurückholen in ihre Wohnungen. Zudem versprach er, dass von ihnen selbst nichts weiter verlangt werden dürfe, als daß sie die gleiche Rechtsprechung ausüben (forensia iura) und Pflichten gewährleisten, die gleiche Stift und Steuerabgaben abzuliefern hätten, wie bisher, kurz, was sie bisher dem Bayernfürsten leisteten, müßten sie von nun und jetzt an dem Herzog [Bernhard v.; BW] von Weimar leisten und abliefern. Was jene getan haben, an die sich dieser Befehl richtete, kümmert mich weniger. Ich für meine Person wollte eine Zeitlang lieber keinem Herrn gehorchen als zwei Herren zugleich dienen; denn selbst wenn ich mich entschließen hätte können, in mein Kloster zurückzukehren, um meiner Pflicht zu genügen, wäre ich ohne Zweifel in die gleiche Falle und Gefangenschaft geraten wie unser ehrwürdiger Pater Andreas, der Abt von Prüfening.[52] Er wurde zusammen mit den anderen Prälaten in Regensburg gefangen gehalten. Sie wären nur dann freigelassen worden, wenn sie eine Summe von vielen Tausenden erlegt hätten. Die Schweden hatten doch auch nicht einen einzigen stichhaltigen Grund zu den vorherigen Plünderungen. So hielt ich es diesem Edikt gegenüber: Augen auf, Ohren auf, Mund zu !“[53]

„Der schwedische Oberstleutnant Bouillon zerstörte [1634; BW] die Burg Falkenstein.[54] Markt und Schloß Wörth[55] wurden überfallen und in Trümmer geschossen“.[56]

„In Kronach hatte nach wie vor Wolfgang Philipp Fuchs von Dornheim, Vetter des inzwischen verstorbenen Fürstbischofs Johann Georg, das Statthalteramt inne. Die Nachfolge Johann Georgs hatte seit dem 3. August 1633 der neue Fürstbischof Franz von Hatzfeld angetreten. Dessen Bruder, der kaiserliche Feldmarschall-Leutnant Melchior von Hatzfeld, war am 27.6.33 persönlich nach Kronach gekommen, und hatte auf Veranlassung Wallensteins den Leutnant Hans Wilhelm Amman aus dem Hatzfeldischen Regiment ‚Adoltzhofen‘ als Hauptmann über die Bürgerschaft vorgestellt. Amman warb eine Kompanie zu 300 Mann in der Hauptmannschaft Kronach, wurde jedoch im Herbst des Jahres wieder nach Eger abkommandiert. Anstatt seiner wurde der Hauptmann Johann Jacob Bruckher zum Kommandanten ernannt. (Zitter 1666, S. 37). Bruckhner warb bis Ende des Jahres 2 Kompanien, je eine zu Roß und zu Fuß. Der Ausschuß der Hauptmannnschaft drang hingegen auf die Errichtung zweier selbstständiger Kompanien aus den eigenen Reihen (Fehn, S. 224). Die von Bruckher geworbenen beiden Kompanien zu Roß und Fuß wurden deshalb, auch auf nachdrückliches Betreiben der Kronacher Bürger, welche diese mit unerträglichem Aufwand unterhalten hatten, gegen Ende Dezember 1633 an das Regiment Neu-Hatzfeld zurückgeschickt. Eine gewisse Anzahl Reiter (nach Zitter zwischen 20 und 30 Pferde) waren jedoch unter dem Wachtmeister Ratlisch (s. weiter unten) in der Stadt verblieben, bzw. bis zum Frühjahr 1634 neu geworben worden. Von weiteren Werbungen, auch von Vergrößerung des Ausschusses, wird nicht berichtet. Die Ausschußtruppen unter dem Kapitän Michael Steinmüller werden deshalb wohl auch im Frühjahr 1634 die 130 Mann, welche am 28.7.1633 gemustert worden waren (Fehn, S. 226), nicht wesentlich überschritten haben. Die wehrhafte Bürgerschaft bestand nach wie vor aus etwa 500 Mann.

Seit Februar 1634 hatte Bamberg wieder eine schwedische Besatzung. Provoziert durch die kontinuierlichen Übergriffe der Forchheimer Garnison waren unter dem Kommando des weimarischen Generalmajors Georg von Uslar am 22.2. die bisher in der Umgebung Schweinfurts liegenden Regimenter zu Pferd Uslar und Johann Bernhard von Öhm [Ehm], zu Fuß das Regiment Bartholomäus von Zerotin sowie die beiden schottischen Abteilungen der Obersten Jakob (James) King und Ludowick Leslie in Bamberg eingerückt (BHVB 48, S. 58). Zu Anfang März kamen diese Regimenter unter den Befehl des erst im Januar in schwedische Dienste übergewechselten, designierten Feldmarschalls, Grafen Johann Philipp Cratz von Scharfenstein. Bereits am 13. März 1634 gegen Abend war die Nachricht in Kronach eingetroffen, daß sich etliche Squadrons Reiter in Hummendorf,[57] Küps[58] und den umliegenden Dörfern einquartiert hätten. Die Kronacher Bürgerschaft war beunruhigt, und der Kommandant Bruckher schickte etliche Berittene nach Neuses (Dorf südlich von Kronach) um die Situation zu erkunden. Diese wurden jedoch von den überle-genen feindlichen Truppen bedrängt und wieder zum Rückzug nach Kronach gezwungen.

‚Den 14. Martij praesentirn sich etliche Regimenter von General Graff Kratzen, welcher nun in Schwedischen Diensten vnd zu Bamberg logirte, oberhalb Neusses[59] herauf bis vffn Sand [bei der Hammermühle], schickte etliche parthey herüber zum Gericht welche vnsere wenige Teüther unter welchen sich der Rittmeister Ratlitsch, so damals noch Wachtmeister, sich befande, sich stelleten vnd den gantzen Tag mit ihnen im Veld scharmutzierten, tapffer Feüer vff einander gaben, biß zween vom Feind herab-geschossen wurden, der Feind kombt mit stärckern Partheyen angehieben, jagte unsere Reuther herauff, vnd da sie von vnsern Mußqvetirern, so im Sieghaus[60] lagen nicht secundirt, den kürtzern gezogen haben möchten.

Den 15. dito stellete sich obernante Kratzische Reütherey nicht allein unterhalb der Statt, sondern giengen auch die Trouppen gerings herumb, daß sich niemand mehr hinaus wagen dorffte, gegen den Haßlacher Berg aber, allwo sich unterschiedliche truppen sehen liessen, setzten die Burger vnd Mußqvetirer an sie vnd scharmutzirten mit ihnen, daß unterschiedliche von Pferden gefallen, vnd den Unserigen zu theil worden.

Derweilen wir Uns nun anders nichts als einer Belägerung zu versehen, unangesehen noch von keinem Fueßvolck Nachrichtung bekommen köndten, in dem alle Lutherische Dörffer vnd Innwohner noch gut Schwedisch, so wurden allerhand nützliche Vorsehung vnd Anstalt gemacht, bevorab daß die hohen Häuser in der Vorstadt, welcher der Stadtmauern zu nahe waren, abzudecken, vnd die Gibelwänd zu Boden zulegen. Item auch die drey Brucken in der Vorstadt als Kaulängerer, Spithal, vnd Haßlacher mit Plöchern zuverpolwercken, die Schranken zu repariren vnd alle päß in obacht zunehmen weren, wie dann beschehen.

Den 16. dito und 17ten parthierte des Feinds Reütherey vmb die Vorstädte, da es jederzeit scharmützel gab, vnd brachten auch unsere Reüther etliche gefangene ein, die berichten, daß der Hertzog Bernhard von Sachsen Weinmar [!] mit seiner Armee von Regenspurg aus im march begriffen vnd derentwegen der General Graff Cratz von Scharpffenstein die stadt solang ploquirt halten solte, biß ermelter Hertzog mit der Armee darbey komme‘.

Die Tatsache, daß Bernhard von Weimar die Belagerung Kronachs nicht auf die leichte Schulter nahm, geht aus seinem ausführlichen Brief vom 18. März 1634 aus dem ‚Haubtquartier Neuses vor Cronach‘ an den schwedischen Reichskanzler Oxenstierna hervor: ‚Nun finden wir zwar solchen plaz, [mehr] alls irgend einen andern wol versehen, so wohln wegen der stärck der guarnison unnd werck [Befestigungen] an ihme selbsten, alls [auch] seiner provision [Vorräte], hingegen der umbliegenden landen ruin und beschwernuss, darinn zu leben; unndt dann des feinds anwesen- und gelegenheit ess zu entsetzen, dahero die belagerung nicht allein viel zeit und ceremonien erfordern, sondern auch ein zimblichen hazard auf sich tragen, da [wenn] selbige nicht mit sonderm eyfer manuteniert [in Angriff genommen] unndt den hindernussen in zeiten vorgebauet würde. […] hoffen daher mitt göttlicher hülff in wenig tagen weit zu kommen, wann wir nur von dem feind auss Böheimb nicht gehindert werden. Ess ist aber derselbe umb Eger[61] zimblich starck unnd in vollem motu [Bewegung], kan in wenig stunden hier sein unnd unss in difficulteten setzen […]‘ (Skrifter II Bd. 7, S. 157f.).

Chemnitz schreibt über die Truppen Bernhards vor Kronach, daß ‚er mehr nicht / als sein Regiment zu pferde [Leibregiment] vnd drey Brigaden zu fus / nemlich das alte blawe / Mizlaffische / vnd seine eigne bey sich gehabt‘, welche Tatsache Bernhard in seinem Brief an Oxenstierna bestätigt (Chemnitz II, S. 338). Die schwedischen Brigaden waren Formationen, die nur für den Kampfeinsatz gebildet wurden und setzten sich ab dem Jahr 1631 aus jeweils 3 ‚Squadrons‘ oder Halbregimentern zu je 4 Kompanien oder effektiv 1512 Mann plus 128 Offizieren zusammen. Anfang 1634 waren die Regimenter Bernhards jedoch so stark zusammengeschmolzen, daß mit Ausnahme des generell starken ‚Alten Blauen‘ Regiments, welches für sich eine Brigade bildete, die übrigen Brigaden, anstatt aus Squadrons, aus jeweils 2 bis 3 schwachen Regimenter[n] zusammengesetzt werden mußten.

Für das Frühjahr 1634 liegen uns leider nur teilweise Regimentslisten des weimarischen Korps vor, allerdings lassen sich aus den bekannten Grundformationen der Regimenter, wie auch der Kenntnis um die Sollstärke der betreffenden Brigaden, relativ zuverlässige Zahlen ableiten. Demnach hatte Herzog Bernhards Leibregiment zu Pferd unter Oberstleutnant Bouillon 12 Kompanien in einer Gesamtstärke zwischen 600 und 800 Pferden aufgeteilt auf 2 Squadrons. Die ‚Alte Blaue Brigade‘ bestand im Prinzip nur aus dem ‚Alten Blauen‘ Regiment unter Oberst Hans Georg aus dem Winckel, dessen Sollstärke 16 Kompanien umfaßte. Oberst Winckel war jedoch mit einigen Kompanien dieses Regiments in Garnison in Augsburg[62] zurückgeblieben, wo er seit April 1633 die Stelle eines Stadtkommandanten bekleidete. Für dieses Regiment liegt eine Verpflegungsordonnanz vom Ostermontag 1634 aus Nördlingen[63] vor, wonach es zu diesem Zeitpunkt 980 Mann plus Offiziere zählte (Brzezinski/Cavalry, S. 47). Das Regiment war kurz vor Kronach mit einigen neugeworbenen Kompanien verstärkt worden. Dennoch dürfte seine Stärke 1100-1300 Mann nicht überschritten haben.

Die Brigade Mitzlaff bestand aus den Regimentern Gersdorf (dessen ehemaliger Kommandant, Oberst Gersdorf, war bei Lützen gefallen, der Oberstleutnant ist nicht bekannt) mit ca. 500 Mann in 8 Kompanien, Joachim Mitzlaffs eigenem Regiment mit ca. 700 Mann in 12 Kompanien und dem Regiment des Obersten Friedrich (Fritz von Rosen) mit ca. 600 Mann in 8 Kompanien, insgesamt ca. 1800 Mann. Bernhards eigene Brigade, auch ‚Grüne Brigade‘ genannt, bestand aus folgenden Regimentern: Herzog Bernhards Grünem Leibregiment zu Fuß mit ca. 800 Mann in 12 Kompanien. Dessen Oberstleutnant Johann Winckler war bei Lützen gefallen. Das Regiment wurde seither von Oberstleutnant Rüdiger von Waldau kommandiert. Das ursprünglich zu dieser Brigade gehörige Regiment Wildenstein (Georg Wulff von Wildenstein war ebenfalls bei Lützen gefallen) hatte dessen ehemaliger Oberstleutnant von Limbach als Oberst übernommen. Dieses Regiment war jedoch nach der Belagerung Regensburgs[64] derart dezimiert, daß nach einer Musterungsanweisung Herzog Bernhards 566 Mann fehlten (Skrifter II Bd. 7, S. 113). Schließlich gehörte zu Herzog Bernhards Brigade noch ein schottisches Regiment unter Oberst Ludovick Leslie und dem Major Alexander Barclay mit 400-600 Mann in 8 Kompanien. Zusammen dürfte die Stärke von Bernhards Brigade 1800 Mann betragen haben.

Die Gesamtstärke von Herzog Bernhards Truppen vor Kronach umfaßte also etwa 4700-5000 Mann zu Fuß und 800-1000 zu Pferd. Dazu kamen einige Kompanien des Markgrafen Christian von Brandenburg-Kulmbach. Unklar ist, welchen Anteil die um Bamberg logierenden Truppen des Feldmarschalls Johann Philipp Cratz von Scharfenstein an der eigentlichen Belagerung Kronachs hatten. Cratz‘ Infanterie war, bis auf Ludovick Leslies Regiment, welches zu Bernhards Grüner Brigade gehörte, in Bamberg verblieben (vgl. BHVB 53, S. 176). Seine Reiterei umfaßte ca. 800 Pferde. Jedenfalls berichtet Bernhard in dem erwähnten Brief an Oxenstierna: ‚[…] haben über die Blaue, Mizlafische und unsere Brigade, neben unserm regiment zu pferdt, die in Bamberg gelegene trouppen bey unss, dabey ein zimblichen canon unnd materialia‘.

‚Den 18. Martij Nachmittag sahe man die Weinmarische Armee über den Krautsberg in batalia herein marchiren, da allzeit 3. in 4. Brigaden nebeneinander hielten, vnd allgemach fort gieng ungezweiffelt uns zum Schrecken, daß wir die grosse Macht erkennen vnd sehen sollten, wie dann in Ansehung dieses so Sieghafften Fürsten, bey uns das Lachen gar theüer war. Die Regimenter zu Fueß marchirten bey Höffles [Höfles(64)] hinab vff Vockendorf [Vogtendorf(65)] vnd ferner durch das Holtz den Sternberg neben der Rodach herab, biß vff den Seeg-Anger, da sie viel PfälHoltz antraffen, vnd sich verbaueten, ruckten theil am Mittelgriß unter der Stein-Mühl, vnd hätte die gantze Infanterij diß zum Vortheil, daß man wegen unserer hohen Kirchen vnd des Pfarrhoffs aus dem Hauß Rosenberg [Festung] keinen gewissen Schuß aus Stucken in ihr Läger thun kondte, man muste dann durch die Tächer also blind schiessen, welches sie gleichwohl nicht ohne Schaden empfunden haben.

Des andern Abends [18.3.] hat zwischen 4. vnd 5. Uhren ein Schwedischer Trompeter unweit der Brucken bei dem Spital [Spitalbrücke] mit der Trompeten angestossen, welchen die daselbst befindliche Wacht die Augen verbunden, zu dem Regierenden Bürgermeister [Barthel Sünder, gen. Mahler] in die Stadt vnd fürters zu mehrgemeltem Stadthaltern Wolff Philipp Fuchs von Dornheimb, etc. vnd Herrn Commendanten Hanß Jacob Pruckern vffs Hauß Rosenberg geführt, die Herrn Bürgermeister vnd Rath auch so balden zu dessen Anbringen vnd Außsag beruffen worden. Welcher mündlich angebracht, daß sein Fürste Hertzog Bernhard von Sachsen Winmar etc. Ihne abgesandt, vnd befohlen, daß er mit seiner Armada hier vor der Stadt ankommen, vnd in Nahmen der Cron Schweden das Schloß vnd die Stadt hiemit auffgefordert haben wolte, es were nun alles vergebens, und kein Hoffnung mehr, ob man sich schon biß Dato gegen der Cron Schweden vnd dero Bevollmächtigte gewehret, vnd darbey grosse insolentien gegen die benachbarte Fürsten vnd den Adel verübt; daß unser Bischoff sein Lebtag das Bistumb [nicht] mehr betretten, oder Uns ferner schützen werde, welcher nur ein Edelmann, sein Herr aber ein geborner Fürst were, vnd eine grosse Macht uff den Beinen hätte; würde man sich ergeben, so wolte er den Commendanten nicht allein hoch erheben, sondern auch den Rath vnd Burgerschafft in seinen Schutz vnd Schirm nehmen, mit einer gar geringen Guarnison belegen, wo aber nicht, hätte man sich nichts anders zugetrösten, als daß er seine Macht vnd Gewalt anlegen, vnd das Kind im Mutterleib nicht verschonen würde.

Dem Trompeter gab man Essen und Trincken, tractirt ihn wohl, vnd wiederumb diß mündlich zur Antwort, daß man gegen der Röm. Keyserl. Majest. vnd dem Hochstifft Bamberg wie auch gegen Unsern Gnädigen Landes-Fursten vnd Herrn, Herrn Francisco Bischoffen zu Bamberg vnd Würtzburg solches nicht verantworten, [noch viel] weniger in dieses Begehren einwilligen köndten; were sein Herr ein gebohrner Fürst, liessen wirs darbey bewenden. Unser Lands-Fürst aber aus dem Uralten Adeligen Geschlecht deren von Hatzfeld, [welcher] zu einem Dombherrn, vnd fürters wegen seiner grossen Tugenden, als das vornehmste subjectum zum Fürsten des Römischen Reichs erwehlet, welcher keinem gebohrnen Fürsten an hohen Verstand vnd Fürstl. Sitten das wenigste zuvor liesse [um nichts nachstünde], deme hätten wir Pflicht geleistet, bey diesem wolten wir leben vnd sterben; da [wenn] sein Fürst gegen uns einige Feindseligkeit vornehmen werde, hätte er nichts gewissers, als daß wir nothwendiger Gegenwehr uns gebrauchen müsten.

Als wir nun diese Nacht, weiln der Trompeter noch nicht abgereist, und keines Einfals vom Feind besorgten, jedoch aber alle Posten vnd Wachten vffs beste bestelleten, unterdessen der Trompeter als ein listiger schlauher Gast viel Vffschnied [Aufschneiderei] vorbracht, vmnd vnder andern daß sich der Bischoff zu Eystätt [Eichstätt] vnd mehr Catholische Bischoffen auch damals erst seinem Herrn untergeben hätten, dahero wir es zu keinem Gewalt kommen lassen solten, hätten uns doch keiner Hülffe zugetrösten‘.

‚Zu Nacht umb 10 Uhr [18.3.] wird Lermen [Alarm] in der Vorstadt, kombt die ganze Wacht, so wir hinter die Steinmühl gestelt, welches der nechste Posten an den Feind war vor das Haßlacher Thor, vnd berichtet, der Feind setze mit gantzer Macht an, sie haben ihn angeschreit, er darauff geantwortet gut Freund, gleichwohl aber hab die Wacht nicht gewust, ob sie Feuer geben dörffen, oder nicht, in deme der Trompeter noch vffm Schloß vnd nit abgefertiget, alß [also] hetten sie sich zurück begeben; diß war eine einfältige Rotte, welche dem Feindt viel Mannschafft erlegen können, ehe er in die Mühl kommen, lassen also den Feind in die Vorstadt einbrechen, ohne einigen Schuß, da wurde Lermen vff allen Posten, die Wachten vff der Spittal Brucken vnd Ziegelanger [heute Bahnhofsplatz] musten ihre Posten verlassen, vnd hatten grosse Zeit das ihnen der Paß [Zugang] in die Stadt nicht abgeschnitten wurde.

Der Feind bemächtiget sich der Vorstadt umb den Spittal, der Rosenau vnd Ziegelanger vnd stelleten so balden ein Wacht in des Knellendorffers Haus am Mühlgraben gegen dem Pfarrhof hinüber, die Schildtwacht stundte heraussen am Eck [bei der Steinmühlgasse] vnd fieng gegen den unserigen im Zwinger vnd oben vff der Stadtmauern zuschreyen, zuschänden vnd zuschmähen, unsere Leuth begegneten ihnen mit dergleichen, vnd gaben auch vielmahls Feuer hinaus, diese Nacht war man nun allerseits allert vnd in armis. Den Trompeter wolten die Burger todtschlagen, daß sein Herr Feindlich angesetzet, ehe er die Antwort zuruck bekommen, derentwegen [er] mit etlichen Officirern vom Schloß hinab zu den seinigen begleitet werden mußte.

Des andern Tags [19.3.] sahe man daß der Feind zwo Battry am Haßlacher Berg neben dem Mahlers Garten bauete vnd hernach etliche Veldschlangen vnd Feuer Mörschner darauff pflanzete, dann in das Haus vor der Steinmühl bey der Stigen genant, oben vffm Boden zwey Stücklein brachte, vnd sobalden gegen den Pfarrthurn, Pfarrhoff, in Zwinger und in die Stadtmauern zuspielen anfienge, daß sich fast niemand mehr vffm Pfarr-Saal erblicken lassen dörffte. Wir begegneten denen vffm hauß weiln es gantz nahe, mit kleinen Stücklein vnd Doppelhäcken von dem Thurn hindern Pfarrhoff [Pfarrturm] dapffer, daß sie manchmal in 2. Stunden keinen Schuß mehr auffbringen kondten vnd viel darbey sitzen blieben.

Der Feind fienge den dritten Tag [20.3.] an vom Haßlacher Berg mit Stucken in die Stadt zuspielen vnd wurffe viel Feuer-Ballen [Brandgeschosse] vnd Centners Granaten herein, deren eine eine Wand in Pfarrhoff heraus schluge, die ander des Hansen

Stöltzlein sein Hauß am Kirchhof durch Fall vnd Schlag in einem Augenblick zu Boden legte, darinnen 14. Menschen, deren man 13. durch Abräumen der Palcken vnd Raiser darunter sie gesteckt, salvirt, die Haußfrau [Anna Stöltzlein] aber todt blieben. Andere solche schwere Granaten so er diese Täg über herein wurffe, geriethen vff das Pflaster, vnd schlugen tieffe weite Löcher hinein, mit Außwürffung der Pflastersteinen Haußhoch, doch Gottlob ohne Schaden der Menschen. Mit Stucken spielete er deßgleichen vom Haßlacher Berg herüber vnd thäten die Kirchen vnd Häußer dort darumb sehr zerlestern, dem steinern Gang, so vom Pfarrhof hinüber in den Thurn gehet, legte er mit schiessen zu boden, daß niemand mehr hinüber kondte, vnd dieselbe schöne Wehr uns benommen wurde.

Uffm Hauß Rosenberg feyrete man zwar auch mit stucken nicht [war man mit Geschützen auch nicht untätig], vnd spielete gegen ihre Batteryen am Haßlacher Berg, wie auch in ihr Läger, aber mit geringen effect, weiln wir mit schlechten Constabeln versehen, vnd der beste wie vorn gemeldet erschossen worden. Der Feind besätzte alle nahe gelegene Häuser an der Stadtmauern mit Mußquetierern, daß ehe sich einer von uns vff der Mauern erblicken ließe, geschwind 10. Oder mehr Schüß vff ihne geschahen, wie dann durch solches hinaußsehen, Herr Michael Steinmüller Capitain über den Außschuß, Herr Paulus Leicht des Raths, vnd Erasmus Glaidsman Wachtmeister erschossen worden. Es war gar ein gefährlicher Handel, indeme der Feind in denen Häusern nechst der Stadt der Stadtmauern logirte, auch in des Wolff Frölichs Wirthshauß zwey Stücklein vffm Saal hinauff vnd ein großes Stuck in der untern Stuben pflantzen ließ, welche vff unsere Wercklein von Holtz gebauet, vnd vff die Stadtmauern continuirlich Feuer gaben‘.

‚Kein Mittel war zufinden, den Feind aus der Vorstadt zubringen, als durch das Feuer, derentwegen vom grösten biß zum kleinsten Burger beschlossen wurde, es möcht treffen, wem es wolte, die Vorstadt anzuzünden, gleich wie unsere Vor-Eltern vor 200 Jahren in An. 1430 gethan, da die Hußiten aus Böhmen herausser gezogen, das Land verheeret vnnd verbrandt, sich der Vorstadt allhie bemächtiget, vnd nicht wider hinaus zubringen gewesen, biß die Vorstadt an unterschiedlichen Orthen angezündet, vnd die Ketzer also vertrieben. Also spendirten Herr Stadthalter, H. Comendant, wie auch Bürgermeister vnd Rath, denen Personen so sich darzu gebrauchen liessen viel Geld aus, daß sie sich hinaus wagten, und Feuer in die Vorstadt, wo sie heimlich beykommen kondten, einlegten. Man wurffe auch Feuer Ballen mit eisernen Zacken gemacht von der Mauern hinder der Kirchen hinaus vff die Häuser der Vorstadt unter der Mauern, welche mit Schindeln gedeckt waren, die da stecken blieben, und die Häuser von obenhinein anzündeten.

Durch diese Mittel wurde die Vorstadt umb und umb in Brand angesetzt, daß die Flammen herein in die Stadt schlugen, die inner Stadt in grosser Gefahr stunde, vnd man vff der seiten gegen der Haßlach die Häuser an den Gibel-Wänden continuirlich mit wasser begießen mußte. Der Feind wurde aus den Häusern vnd vielen Posten zuweichen genöthiget, gleichwol aber als das Feuer hinab in des Tampiers Hauß vffm Platz am Mühlgraben gegen dem Pfarrhof hinüber geriethe, dessen Flammen des Heinrich Murmans Hauß so jenseits des Mühlgrabens gelegen, welches unten mit einem steinern Stockwerck versehen, den Gibel berührte vnd anzündete, hat solches der Feind dermassen zuleschen sich unterstanden, daß unangesehen wir mit gezogenen Feuer-Rohrn vffm Pfarr-Saal vnd Mußqueten in Zwinger ihme biß in die Mitternacht stettig auffgepast, vnd wo sich einer nur erblicken ließ, wie die Spatzen von Tächern herunder geschossen.

Gleichwohl aber [haben] die Officirer, wie wir augenscheinlich gesehen, die Mußquetirer mit kurzen Wehren vnd blossen Degen, dermassen dieses Hauß, alwo sie ihr Hauptwacht gehabt, zuleschen angetrieben, daß [indem] sie große Wisch mit Stroh an die Stangen gebunden [und] sowohl aus denen Bodenlöchern als unten vff der erden in dem fürüberfliessenden Mühlgraben eingetunckt [und] das Wasser an die Gibelwändt geschlagen. Do sich dan diejenigen von Bodenlöchern gantz frey herausser begeben müssen, vnd ob wir zwar einen nach den andern hinweg bürtschten [pirschten], wurde doch allezeit widerumb ein frischer dahin vermüssiget, auff diese weiß zuleschen, welches Hauß vffs wenigst dem Feind in 30. Mann gekostet, biß endtlich deß vorgemelten Tampiers Hauß zugrund gienge, vnd die flammen sich legten, das es keines leschens mehr gebrauchet, vnd der Feind vff solche weiß selbiges zu seinem Vortheil erhalten, hernach aber zu [bei] seinem Abzug selbsten angezündet, vnd biß vff das Gemäuer abgebrendt.

Vnder wehrenter diser action mit dem Feind, setzete mit den Prücknerschen Reutern dessen Wachtmaister der Ratlitsch ein Croat in 20. oder 30. Pferden starck täglich zum obern Thor [nördl. Stadttor in Richtung Festung] hinauß vnder den Feindt, stellete sich alß wan er jhres Volcks were, daß er manchmal, wie man vffm Schloß alles sehen könde, durch vil FeindsTrouppen geritten, vnd vmgeben war. Wan er alßdan seinen Vortheil ersahe, namb er etlich gefangen, vnd führete sie herein; deren er so viel einbrachte, das aller Thürn vnd Gefengnus zu wenig, vnder welchen auch der Hauptmann Muffel von Culmbach sich befunde, vnd etliche Wochen vff dem Hauß Rosenberg gefangen saß, jedoch seinen Tisch bey Herrn Statthaltern Wolff Philipp Fuchsen von Dornheim etc. hette, biß er sich hernach rantionierte, viel Landsknecht oder Trossen, weilen man sie nit zuerhalten wüste, schuß er [Ratlitsch] negst der Waßmühl nider, und ließ sie liegen, das er also dem Feind nit geringen Abbruch thete.

Vnd nach dem wir oben an der Haßlach beim Biengäßlein von Erden vnd Stein zuvorhin ein Schänzlein gebauet, selbiges nur des tags über mit Mußquetirern ungefehr 15 oder 20 besetzten, dem Feind bißweilen etwas abzuzwacken, kombt der Hertzog Bernhard von Weinmar mit in 10 oder mehr Cavalirn unten vom Ziegel-Anger hinder den Häusern die gärten herauff zu recognosciren [erkunden] geritten, welches unsere Mußquetirer gewahr worden, und sich in die Schußlöcher einlegten, bis er etwas näher hinzu kommen möchte, solte auch unfehlbar in unsere Hand kommen sein, wo nicht das Unglück einen Stadtknecht aus der Stadt unversehens darzu geführt, welcher, nach dem er ersehen, daß die gantze Wacht in postur ligt, angeschlagen, vnd gleich Feuer geben will, vffs lauteste zuschreyen anfängt, halt inn, halt innen, es seind heüt unsere Reüther hinausgeritten, das möchten diese sein, vff welches Geschrey der Hertzog der unserigen gewahr wird, sich vff die Seiten wendet, vnd die Flucht gegen den Haßlacher Berg nimbt, alwo sie dann so balden mit Stucken vff das Schänzlein Canonirn, daß sich keiner mehr ersehen lassen dörffte.

In dem nun die mehrste Vorstadt hinweg gebrandt, unter welcher Zeit wir gleichwohl des Feinds intent etwas vffgezogen [verzögert], umb Keyserl. Succurs in Böhmen geschickt, vnd das Feuer sich gelegt, hat mehrermelter Hertzog und seine Generaln getrachtet, wie sie grobe Stuck in die Vorstadt pflantzen möchten, der Stadtmauern etwas nähender zusein, dahero etliche gemäuer, alwo die Häuser zwar abgebrandt gewesen angetroffen, unter andern in Andreas Pohrnschlegels Metzgers gewesenen Schlachthauß am Mühlgraben hinder der unter Badstuben gelegen, zwo halbe Carthaunen [24-Pfünder], neben diesen in Hanß Christen Haus eine halbe Carthaunen, vnd neben des alten Behrn Mistung ein drey viertel Carthaunen [33-35-Pfünder] gebracht, vnd vorn sich gegen der Stadtmauern etwas vergraben, an welchen sie Tag und Nacht starck gearbeitet, nach dem nun alles fertig, vnd wie vorgemelt nechst darober in Wolfen Fröhligs Hauß auch drey Stuck eingepflantzet waren, fieng der feind an von Tag zu Tag mehrer aus Stucken, wie auch vom Haßlacher Berg aus gegen die Stadt zuspielen, Granaten und Feuer einzuwerffen, daß es sausete und krachte, vnd einem die haar gegen Berg gestanden sein möchten. Alle Wehren nahm er uns mit Stucken hinweg, vom Hauß Rosenberg aus kundte man ihme diß Orts den wenigsten Schaden zufügen, wie man dann auch wegen der hohen Pfarrkirchen das Läger, so hinter der Steinmühl vffm Mittelgrieß bis hinab vffm Seeganger geschlagen, mit Stucken fast nicht berühren [konnte], man muste dann durch das Kirchentach schiessen‘.

An dieser Stelle ist es aufschlußreich, einen Blick auf die Belagerungstaktik der weimarischen Truppen zu werfen. Bei Betrachtung des ersten genauen Stadtplan Kronachs von 1853 zeigt sich, daß noch zu dieser Zeit die Häuser der heutigen Schwedenstraße einreihig standen, also noch keine Hinterhäuser besaßen. Eine Ausnahme bildete die untere Badstube (heute Rosenau 1, die Reste der Badstube sind dort noch zu sehen). hinter dieser, zum Mühlgraben hin, hatten die Belagerer zwei halbe Kartaunen in Andreas Bornschlegels Schlachthaus gepflanzt, und gleich daneben,in das Haus des Hans Christ, an Stelle des heutigen Hin-terhauses der Schwedenstraße Nr. 8, eine weitere halbe Kartaune in Stellung gebracht. Die beiden davorliegenden Häuser (heute Schwedenstr. 9 und 10) waren bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. Die erwähnten drei schweren Geschütze bildeten also die mauerbrechende Mittelbatterie. Zur südlichen Seite (bei der Mistung des alten Behr – wahrscheinlich anstelle des Hinterhauses Schwedenstraße 7) hatte man die dreiviertel Kartaune plaziert, während auf der nördlichen Seite (im Gasthaus des Wolf Frölich anstelle Schwedenstr. 11) ein weiteres schweres Geschütz positioniert war. Auf den Saalboden des Gasthauses im ersten Stock hatte man zwei kleinere Kanonen geschafft, die dazu dienten, die Verschanzungen der Verteidiger auf der Mauer zu zerstören und die Kronacher daran hindern sollten, die Bresche auszubessern.

Nach der damaligen Belagerungstheorie (z. B. Schildknecht etc.) lag die optimale Entfernung zum Brescheschießen bei 200-250 Schritt, den Schritt zu 2, 5 Fuß, d. h. ca. 0, 75 m gerechnet. Diese konnte hier natürlich nicht eingehalten werden. Trotzdem muß man davon ausgehen, daß die Belagerer sich, allein schon aus Gründen der eigenen Sicherheit, ziemlich nahe an den Mühlgraben zurückbegeben hatten. Belagerungsgeschütze dieser Zeit, wenn es sich nicht um Steilfeuergeschütze, also Mörser oder Haubitzen handelte, konnten bis zu einer maximalen Erhöhung von 10 bis 13 Grad gerichtet werden. Das bedeutet, daß bei maximaler Elevation eine Entfernung von mindestens 50 Metern zur Mauer hätte eingehalten werden müssen, um diese in einer Höhe von 9-11, 5 Metern zu treffen. Wollte man höher schießen, mußte der Lafettenschanz eingegraben werden, was für das Material sehr strapaziös war, da die Lafette beim Schuß auf diese Weise nicht mehr zurücklaufen konnte. Ein weiteres Problem war die Überwindung des Mühlgrabens. Eine halbe Kartaune wog einschließlich Lafette annähernd 3, 5 Tonnen, die dreiviertel Kartaune mehr als 4 Tonnen. Von der Rosenau kommend führten noch im letzten Jahrhundert nur kleinere Holzstege für Fußgänger über den Mühlgraben. Man hatte also diesen entweder teilweise verfüllt oder eine massive Notbrücke errichtet. Der Aufwand war in jedem Fall erheblich, und man kann davon aus, daß man, nach dem die Feuersbrunst abgeklungen war, den 20. März und die darauffolgende Nacht für diese Vorbereitungen benötigte.

Die Bürgerschaft Kronachs, von der Verteidigung der Stadt völlig ermattet, rechnete fest mit einem erneuten Ansturm der Belagerungstruppen. Bürgermeister und Stadtrat ließen zur Stärkung der Moral etliche Eimer Bier unter die Verteidiger austeilen. Am nächsten Morgen (22.3.1634) sah man jedoch mit Erleichterung, daß der Feind in Richtung Neuses abzog. Zwei Squadrons Reiter deckten den Abzug und begannen im Anschluß damit, die übriggebliebenen Häuser der Vorstadt, die Schneidmühlen und Holzlagerplätze anzuzünden. Einzig und allein die Steinmühle, obwohl bereits in Brand gesteckt, konnte durch die Kronacher von den Flammen gerettet werden.

Mit dem Abtransport der schweren Belagerungsgeschütze, die am Haßlacher Berg oberhalb des Scharfengartens in Stellung gebracht worden waren, hatte die weimarische Artillerie Probleme. Obwohl man zwischen 24 und 30 Pferde an eines spannte und sich den ganzen Vormittag bemühte, konnte man sie nur mit Mühe wieder aus den Schanzen den Berg hinauf bringen. Da nur etliche Cornets Reiter zu deren Schutz abkommandiert waren, versuchten die Kronacher einen Ausfall zur Eroberung der Geschütze. Dieser scheiterte jedoch an der fehlenden Unterstützung durch die Festungsartillerie, welche aus Mangel an guten Konstablern ‚nicht ein Mann oder Pferd getroffen, dahero unser Anschlag vergebens‘ (Zitter 1666, S. 48). Dies war vielleicht gut so, denn wir erinnern uns an mehrere Situationen der vorhergehenden Belagerungen, in denen die Kronacher, ermutigt durch den Abzug des Feindes, voreilig ausfielen und jeweils bitter einbüßen mußten. Die Bürger taten also gut daran, ihrem Schutzpatron zu danken. ‚Wurde also mit der Hülff Gottes vnd deß H. ErtzEngels Michaels, deme wir alß Patronum Ecclesiae jnständig vmb Beystand anruffeten, dieses Stättlein von eines so grausamen Feinds Belegerung wiederumb befreyet‘.

Der Grund des Abzuges wird von etlichen Quellen mit einem drohenden Entsatz Kronachs durch kaiserliche Truppen unter dem General Gallas[66] erklärt. Tatsächlich hatten die Kronacher während der Belagerung den kaiserlichen Rittmeister Georg Erasmus Heuß von Eusenheim mit der Bitte um Hilfe zu Gallas nach Eger geschickt. Dieser schrieb auch am 5. April nach Kronach und sagte Unterstützung zu. Gleichzeitig instruierte er den uns bekannten Kommandanten von Eger, den Obersten Johann Gordon, die Kronacher mit einer Lieferung Pulver zu unterstützen. Dieser berief sich hingegen auf den Generalwachtmeister Rudolf von Morzin (Marazin), welcher gerade dabei war, mit einem Korps von ca. 5000 Mann über Marktredwitz[67] in das Fichtelgebirge vorzurücken, wo er in Waldershof[68] ein Lager bezog. Beider Schreiben, Gordons vom 7. April und Morzins vom 5. bzw. 8. April (n. St.), kamen erst einige Tage später in Kronach an.

Währenddessen plünderte Morzin mit seinen aus Ungarn, Polen, Kroaten, Italienern, Franzosen und nur wenigen Deutschen bestehenden Truppen die Gegend um Weißenstadt,[69] Münchberg[70] und Helmbrechts[71] aus. Bad Steben,[72] Helmbrechts[73] und Naila[74] wurden gebrandschatzt. Die Stadt Lichtenberg[75] bei Bad Steben wurde am Montag den 31. März/10. April von streifenden Kroaten samt Kirche und dem erst 5 Jahre zuvor von Markgraf Christian neu aufgebauten Schloß komplett eingeäschert. Die Lichtenberger Chronik vermutet, daß diese streifende Abteilung unter einem Obristen ‚Corbitz‘ aus der Kronacher Garnison kam. Die Kronacher Garnison stand aber unter dem kroatischen Leutnant Ratlitsch, welcher mit seinen Reitern erst im Mai, allerdings auf dem Weg über Bayreuth[76] nach Eger zog. In den kaiserlichen Kriegslisten von 1634 von 1634 ist ein Oberst oder Befehlshaber Namens ‚Corbitz‘ nicht verzeichnet. Möglicherweise handelte es sich um Reste des am 5.3.1634 von Christoph von Taupadel zersprengten kroatischen Regiments des Obersten Marcus Corpes, wahrscheinlich jedoch um eine streifende Abteilung Morzins. Nach der kaiserlichen Musterungsliste vom Frühjahr 1634 (Theatr. Europ. III, S. 283) hatte Rudolf von Morzin in seinem Reiterregiment 4 Kompanien Kroaten. Auch erfolgte der Angriff nicht aus Kronacher[,] sondern Hofer Richtung über die Selbitzmühle, wie auch Georg Leopold in seiner Chronik bestätigt, daß die von Wunsiedel[77] her streifenden Morzin’schen Kroaten am 10. Lichtenberg ganz abbrannten. (Zitter, S. 50f.; Holle/Dreißigjähriger Krieg, S. 30-34; Braun/Leopold, S. 41, 43; Sticht, S. 192; Lichtenberger Chronik des Pfarrers Friedrich Küffner von 1699; Chemnitz II, S. 337).

Eine wesentliche Verstärkung Kronachs war, trotz vieler wohlwollender Schreiben und einer Lieferung Morzins über 8 Zentner Pulver, für welches gefangene Frauen in Münchberg die Säcke nähen mußten, nicht in Kronach eingetroffen. Vielmehr mußten der Kronacher Stadtfähnrich und Rat Nikolaus Zitter und der Viertelmeister Tobias Fleischmann vom Rat der Stadt Kronach nach Eger zu dem Kommandanten Gordon geschickt werden, um zusätzliches Pulver und Munition abzuholen. Die beiden Kronacher durften sich nun zwar die Geschichte der Ermordung Wallensteins von Johann Gordon persönlich erläutern lassen, mußten sich dann aber selbstständig wieder auf den Heimweg machen, wobei ihnen Pferd und Wagen zum Transport von etlichen Fäßlein Pulver und 50 Handgranaten nur bis Hohenberg[78] an der Eger geliehen wurden. Dafür gab ihnen Gordon zur Weiterbegleitung seinen Hauptmann und Kommandanten von Hohenberg Voit von Rieneck mit, der, anstatt Verstärkung heranzuführen, in Kronach ‚viel Völcker vor das Cordonische Regiment alhie geworben‘ hat.

Zu allem Unglück für die Stadt und für die markgräflichen Untertanen wurden im Frühjahr 1634 die in Kronach liegende Bruckner’sche Reiterkompanie unter dem kroatischen Leutnant Ratlitsch von dem Oberstleutnant Veit Dietrich von Steinheim nach Eger abgefordert, welche sich plündernd über Bayreuth nach Eger auf dem Weg machte. Bürgermeister und Rat der Stadt Kronach waren über diese Entscheidung gelinde gesagt äußerst ‚befrembd‘, wie sich Zitter ausdrückt, der stets bemüht war, die schwachen Unterstützungsaktionen der kaiserlichen Generalität in Eger wohlwollend zu umschreiben. Die Stadträte Johann Nikolaus Zitter und Johann Pottu der Ältere wurden deshalb zusammen mit dem jüngeren Hans Stauff wieder nach Eger zu dem besagten Oberstleutnant Steinheim (seit 23. Juni Kommandant in Eger) expediert. Dieser ließ die Herren erst einmal vierzehn Tage warten, um sie dann ohne Unterstützung nur mit der frohen Botschaft der kaiserlichen Wiedereroberung Regensburgs[79]versehen (26.7.) versehen, wieder nach Kronach abzufertigen, wohin sie ‚in gröster Gefahr Leibs vnd Lebens durch des Feinds Land […] passirt, vnd allein die Nacht zu Hülff nehmen musten‘. […]

Bernhard von Weimar war mit seinen Truppen, wie wir wissen, bereits am 22. März 1634 (n. St.) von Kronach in Richtung Süden abgezogen und begab sich nach Coburg,[80] wo das Heer 14 Tage lagerte. Die Bedrohung durch kaiserliche Truppen kann nicht der ausschlaggebende Grund für den Rückzug gewesen sein, denn Generalwachtmeister Morzins Truppenkontingent, nicht mehr als 5000 Mann stark, befand sich nach seinem eigenen Schreiben am 8. April (n. St.), also mehr als 2 Wochen später, erst in Wunsiedel. Man kann vielmehr davon ausgehen, daß die großen Verluste seiner Regimenter vor Kronach und seine relativ schwache Truppenstärke, ihn die Zwecklosigkeit seiner Aktion einsehen ließen. Dies wog um so mehr, da er Kronach eben nur mal schnell im Vorbeizug zu erobern gedachte, quasi zur Überbrückung der Wartezeit bis zu einer Antwort aus Kursachsen. Die Verluste des weimarischen Heeres waren, wie gesagt, erheblich. Die vor Ort Gefallenen begruben die Regimenter zum Teil selbst, ein Teil wurde nach dem Abzug von den Kronachern begraben. 6 Wagen mit Toten führten die protestantischen Truppen mit nach Coburg. Etwa 300 Verwundete wurden ebenfalls mit nach Coburg genommen, und im dortigen Konvent, Spital und See-lenhaus untergebracht, welche jedoch fast alle dort gestorben sind. Unter den Gefallenen befand sich ein großer Teil an Offizieren, wie Oberstleutnants, Majore, Hauptleute und Rittmeister, welche in der Moritzkirche zu Coburg begraben wurden, wo man noch geraume Zeit die dort aufgesteckten Fahnen und Totenschilde sehen konnte, deren Inschriften den Tod der Betroffenen vor Kronach bezeugten (Karche I, S. 200; Zitter, S. 49). Im Gegensatz zu den vielen überlieferten Namen der in der Kirche in Wöhrd bei Nürnberg begrabenen schwedischen Gefallenen, sind uns aus der Coburger Moritzkirche keine Namen der Bestatteten erhalten geblieben.

Die Zeit in Coburg nutzte Herzog Bernhard für die Vorbereitung seiner weiteren Aktionen. Für die Verproviantierung seiner Truppen, vor allem derjenigen, welche noch in der Oberpfalz weilten, mußte das Fürstentum 120 Wagen bereitstellen, um das aus Thüringen ankommende Getreide im April und Mai 1634 nach Nürnberg zur Armee schaffen zu können. Den angeheuerten Fuhrleuten wurden allerdings pro Wagen 17 Reichstaler als Fuhrlohn vergütet. Zur Bedeckung dieser Transporte mußte der General Cratz eine Kompanie Reiter stellen, welche die Stadt neben zwei Monro’schen und vier limbachischen Kompanien zu Fuß für mehrere Wochen zu verpflegen hatte“.[81]

In der Schlacht bei Nördlingen[82]am 5./6.9.1634 kommandierte Bouillon als Oberstleutnant das Leibregiment zu Pferd des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar,[83] den er auch auf seinem Zug nach Norden begleitete.

„Um den Fortschritten Mansfeld’s entgegenzutreten, beschloß Bernhard von Weimar, welcher bei Arheiligen,[84] nördlich von Darmstadt,[85] seine Armee durch Heranziehung der französischen Hilfstruppen (6000 Mann) und das Corps des Rheingrafen Otto Ludwig [v. Salm; BW] auf 20 000 Mann completiert hatte, einen Zug an den Main und die Kinzig. Er hegte dabei die Hoffnung, daß sein Bruder, Herzog Wilhelm [IV. v. Sachsen-Weimar; BW] und General Baner aus Thüringen und Hessen gegen das Stift Fulda oder Franken avancierten, um so den ziemlich auseinanderliegenden Feind mit vereinten Kräften anzugreifen und zu vernichten. Den Vortrupp bildeten 7 Kompanien zu Pferde unter Oberst Bouillon, der den Auftrag hatte, sich mit der Besatzung des Generalmajor Ramsay in Hanau[86] für einen etwaigen Ausfall gegen die Mansfeldischen zu vereinigen. In der Tat kam auch ein solcher bereits in der Neujahrsnacht 1634/35 auf Alzenau[87] mit Erfolg zur Ausführung.

– – Das „Theatrum Europaeum“ berichtet: „Demnach sich dann nun der Ligistische General Feldt-Marschalck Herr Graf Philips von Manßfeld mit seiner unterhabenden Armee / gantzen Infanterie und Artollerie in und umb Aschaffenburg[88] / die gantze Cavalleria aber zwischẽ Hanau und Aschaffenburg in dem Freyen-Gericht vorm Berg[89]/ und fürderst den Spessert hinaun vor etlich wenig Tagen / und also gar eng und nahe / und je in ein Dorff zu 2. 3. 4. auch mehr und weniger Regimenter / nach Advenant der Dörffer / beysammen logirt gehabt: Als ist der Gen. Major Ramsay Com̃endant in Hanau neben deme gleichfals zu Hanau unter seinem Commando in Guarnison liegenden Reuter Obersten Johann Engelbert Tilly verursacht / weil solche Logirung ihnen und der Guarnison Hanau ziemlich nahe / einen Anschlag zufassen.

Weil dann nun so wol von deß Obersten Tilly unterschiedlich außgeschickten Reuter-Partheyen / als auch deß andern eingelangten gewissen Kundschafften deren nachrichtliche Beschaffenheit ihnẽ den 23. Decembr. 1634. und 2. Januarii 1635. vormittag je mehr und mehr offenbahrt und confirmirt worden / und daher raisonable befunden / daß auff nechstfolgende Nacht uff obgedachte Reuter-Quartier ein Einfall von Hanau auß beschehen könte / wofern sie nur in tempo auff selbigen Abend noch eine gute Anzahl Cavallerie in Eyl und geheim bey sich bringen möchten.

Es hatte aber eben I. F. Gn. Hertzog Bernhard zu Sachsen aus der Bergstrassen den Herrn Obersten Bouillon und deß alt Rheingräfischẽ Regiments Obristen-Leutenant Herrn Graf Wilhelm Ludwigen zu Nassau-Siegen / mit sampt 7. commandirten Trouppen Reutern / zu recognosciren biß umb Franckfurt[90] hingeschickt / und dann deß Herrn Obersten Bouillons und seiner mithabenden commandirten Trouppen Ankunfft bey Franckfurt dem General Major Ramsey auff Hanau eben deß vorigen Abends den 22. Decembris notificirt / der Oberste sich erbottẽ / wofern er sich seiner und bey sich habenden Trouppen Hülff etwas zu einer vorfallenden Occasion gebrauchen wolte / daß er ihm solches / was er sonsten neues habe / avisirte.

Gleich wie nun dẽ GeneralMajor Ramsay diese notificirte Ankunfft deß Herrn Obersten und bey sich habenden Trouppen bey Franckfurt sehr lieb gewesen / also hat er auch so bald selbigen Mittags in Eyl ein˜e Currier mit einem Schreiben an gedachtẽ Herrn Obersten naher Franckfurt sepdirt / und ihme darinn zuverstehen geben / daß sich gleich zur Stund eine Occasion der Königlichen Mayestät zu Schweden und dem Evangelischen Bundt Dienste zu thun præsentirte / er solte aber zum wenigsten mit fünff hundert Reuttern starck gegen selbigen Abend zu halber sechs Uhren zu Hanau vor der Stadt erscheinẽ / und alsdann ferner Nachricht gewärtig seyn / auch nicht versäumen. Herr Oberster Bouillion hat GeneralMajorn Ramsay wieder geantwortet / daß er mit denen bey sich habenden Trouppen selbigen Abend zu sechs uhren gewiß bey ihm seyn wolte: Hierauff hat er GeneralMajor solche Anstalt gemacht / daß nicht allein der Oberst Tilly gegen bestimpte Zeit vor dem Neustädter Nürnberger-Thor mit 2. starcken Trouppen Reutern von seinem Regim. uñ eim guten Trouppen Tragoner / so Gen. Major Ramsay nebenst noch 150. außerlesenen Mußquetirer dem Obersten Tilly zugeben / und sich mit gedachtem Obersten Bouillion conjungirt: Als derselbe aber auff die bestimpte Zeit dahin erschienẽ, hat er zum höchsten nit über 250. Reuter mitgebracht / weil ihm die zeit zu kurtz gefallen / und eben zur zeit deß GeneralMajors abgeschickten Curriers Ankunfft theils Reuter in Franckfurt ihrer Geschäften halben / und theils auff Fourage auß dẽ Quartier außgeritt˜e.

Ob nun zwar der General-Major Ramsay / nach gemachtem Uberschlag lieber gesehen / daß Oberster Bouillion mit denen zum wenigsten begehrten fünffhundert Reutern erscheinen hätte können / damit die Parthey umb so viel stärcker / und man sich der eräugenden Occasion nach / theilen / und zugleich auch den Grafen zu Rittberg [Johann IV. v. Rietberg; BW] und Obersten Berdou / welcher allernechst bey obigem Quartier nicht viel über ein viertel Stundt weiter darvon zu Kelberau[91]mit ihren Regimentern lagen / zugleich mit einen Anfall thun / und solchen beyden Quartieren zu grösserem Abbruch und Schaden einfallen möchte: Weil aber diese gantze Parthey nicht über fünffhundert starck / und also solches beydes zugleich nicht geschehen noch seyn können: Als hat der GeneralMajor dem Obersten Bouillion / wie auch dem Obersten Tilly und Herrn Obersten Leutenant Graf Wilhelm Ludwigen zu Nassau die Sach anvertraut / darbey sich Herr Oberste Graf Jacob Johann zu Hanau / doch nur als ein Avanturier vor sich selbsten allein / und ohne Volck auß eygener Bewegnuß zu dieser Parthey gesellet.

Hierauff seynd sie der Ordre gemäß / fort / und anfänglich biß an das Dorf Keyl[92] / so eine Meil von Hanau in der Landstrassen nach Aschaffenburg zu gelegen / fortgezogen / und hat alldar der Oberste Tilly / deß General Majors Ordre nach / die 150. Commandirte Mußquetirer auff denselben Paß vor die Brücken logirt / vorderst der Obrist Bouillion mit seinen Reutern und Tragonern / nechst an dem Fluß / die Keyl genant / gegen Altzenau zu / auff das Reuter-Quartier Hörstein / uñ Wasserloiß[93] nechst zur Rechten Hand lassend / gezogen / und weilen daselbsten / wie auch zu Altzenau alles so gar still / und keine Wacht-Feuer gesehen / und zu Altzenau auff dem Schloß nichts mehr als das Stuben-Liecht durchs Fenster geschienen / und dahero Oberster Bouillion anfänglich fast nicht glaubẽ können noch wollen / dz an solchen Orten einig Volck logiren solte / also fast gezweiffelt / ob er die reuter ferner strapeziren / und vergeblich avanciren solte / und dahero fast bedacht gewesen / Ordre zu geben / wieder zurück auff Hanau zugehen: Als aber der Oberste Tilly / als der solcher Orten die beste Gelegenheit gewust / von seinem Regiment etlich wenig Reuter in das Dorf Altzenau hinein bey die vorderste Häuser unter solchem Prætext geschickt / daß sie sich annehmen und stellen solten / als kämen sie vom General Grafen von Manßfeldt von Aschaffenburg mit einer Ordinantz an selbigen Obersten und Commendanten auff dem Schloß / weiln aber ihrer Cameraden einer / der die Ordinantz bey sich im Sack hätte / nechst vor selbigem Dorff / als sie durch und über den Fluß-Kähl setzen wollen / sampt dem Pferdt / als das Eyß mit ihme durchgebrochen / ins Wasser gefallen sey / und sie ihn allein sampt dem Pferd nicht herauß heben köndten / daß doch etliche Bauren mit ihnen zu Heraußhebung ihres Cameraden und dessen Pferdt vor das Dorff gehen / und helffen wolten: Als sie nun mit solcher Manier / ohne Alarm in Güte zween Bauern hinauß beweget / so hat man von ihnen erfahren / daß im selbigen Dorff Altzenau fünffhundert Tragoner / und der Oberste und andere mehr Officirer eben bey dem Commendanten daselbsten auff dem Schloß zu gast / und sehr lustig wären / das Neue Jahr zuvertrincken / Item daß der General Wachtmeister Bönninghausen nechst auff der rechten Hand im Flecken Hörstein mit vier oder fünff Regimentern / und der Oberste Wendt von Cratzenstein / Oberste Loon / und Oberste Hasenbein allernechst / kaum einen Mußqueten-Schuß darvon mit ihren drey Regimentern zu Wasserloß / Item daß der Graf von Rittberg und Oberste Bredon [Breda; BW] / sam̃t noch einem Regiment gleichfalls kaum 2. Mußqueten-Schüß darvon im Dorff Kelberau / und in Summa die gantze Cavallerie fast mehrentheils daselbst herumb in der nähe beysammen logirten / und man also die Beschaffenheit deß Quartiers zu Michelbach (welches das äusserst. und nechste gegen Gelnhausen[94] zu / und 2. Meil von Hanau / und gleichwol auch nicht über ein viertheil Stunde von Alzenau gelegen) solche Bauren gleichfalls befragt / und vernommen / daß der Graf von Wartenburg [Ferdinand Lorenz von Wartenberg; B. W.] / mit seinem und deß Obersten Baron de Moußleden Regimentern in die siebenzehen Compagnien starck / der vorigen zu Hanau erlangten Kundtschafft nach / noch logirten / und alles noch in selbigen Terminis, hat der Oberste Bouillion / unangesehen daß auff zwölff Regimenter nechst darbey / so bald in einer halben Stund beysammen seyn könten / dannoch in Eyl die resolution gefast darauff fortzusetzen / und ihnen von hinden / als kämen sie von Aschaffenburg / anfänglich dem Herrn Obersten Leutenant Graf Wilhelm Ludwig zu Nassau / mit 2. Trouppen zwischen 1. und 2. Uhren einzufallen Ordre ertheilet / welcher auch / der Ordre gemäß / so bald die Wache chargirt / und also ins Quartier eingetrungen / deme Hr. Obr. Graf Jacob Joh. zu Hanau Gesellschaft gehaltẽ / auch einẽ reformirten Capitain in deß Grafen von Wartenbergs Losament / vermeynend es wäre der Oberste selbsten / mit seinem Degen durchstochen / und deß Grafen von Wartenbergs Leib-Gutsche mit dẽ sechs weiß-grauen Wallachen / sampt darauff geladenen Kisten und Sachen zur Beuth mit darvon gebracht hat. Hierauff ist der gantze Einfall dergestallt in solcher Geschwindigkeit effectuirt und verrichtet worden / daß nit allein solche 17. Compagnyẽ Reuter gantz in grund / so wol durch das Schwerdt / als das Feuer / so allenthalben angesteckt worden / ruinirt worden / daß 4. Standarten / so nicht verbronnen / sampt auff die 800. guten theils gesattelter Pferdt / benebenst dem Wartenbergischen Obr. Wachtmeister / 2. Rittmeister / 1. Capitain Leutenant / sampt vielen Officirern und reutern gefangen worden / viel Menschen und Pferde / und fast alle pagage verbronnen / alßo / er Graf von Wartenberg sampt andern wenigen Officirern und Reutern unter diesem Tumult sich unbekandter Dinge mit der Flucht zu Fuß / und fast alle bloß / wie sie gegangen und gestanden / theils ziemlich verwundet / und in allem das höchste über dreyssig oder 40. Pferdt von ihnen nicht darvon entkommen“.[95] – –

Bei den schlechten Wegen und der grimmigen Kälte, die in jenem Winter herrschte, kam jedoch die Hauptarmee des Herzogs nur langsam vorwärts. Mansfeld gewann dadurch genügend Zeit, seine im Biebergrund und auf dem Spessart bis herab ins Freigericht[96] und in Gelnhausen[97] gelegenen Abteilungen bereits am 3. Januar [1635; BW] früh nach Aschaffenburg[98]zusammen zu ziehen, sich an den beiden Ufern des Mains zu verschanzen und das Maingebiet bis nach Miltenberg[99] durch Kroaten zu sichern.

Mittlerweile hatte die Piccolominische Armee das Hessenland überschwemmt; Isolani [Isolano; BW], Breda [Breda; BW] und Corpus [Corpes; BW] waren mit ihren Kroaten ins Hersfeldische[100] und Fuldaische[101] Gebiet eingedrungen, und es erschien nun eine Verbindung der weimarischen und hessischen Truppen, wie sie Herzog Bernhard erhofft hatte, aussichtslos. Er sah sich daher genötigt, auf den Gedanken an eine Feldschlacht zu verzichten, plante jedoch, den Feind von der Wetterau,[102] die, so arg sie schon mitgenommen, für die Truppen immer noch hinlängliche Vorräte an Lebensmittel bot, abzuschneiden und ihn ohne Schwertschlag durch Hunger zu ruinieren.

— „Am 2.1.1635 überfielen die schwedischen Regimenter Bouillon (Leibregiment Herzog Bernhards) und Alt-Rheingraf unter Obristleutnant Wilhelm Ludwig von Nassau-Siegen und das Reiterregiment der Hanauer Garnison unter Oberst Tilly bei Michelbach[103] (zwischen Aschaffenburg und Hanau) 17 Kompanien der Reiterregimenter Ferdinand Lorenz von Wartenberg und Baron de Mousleden, welche fast alle niedergemacht wurden. 800 Pferde wurden erbeutet“.[104] – –

Am 6. Januar traf der Herzog mit seinem Stabe in Hanau ein; das Hauptquartier verblieb dort mehrere Tage und wurde dann nach Marköbel[105] verlegt, während die inzwischen eingetroffene Armee am 9. auf dem rechten Ufer der Kinzig in dem Dreieck zwischen Hanau, Gelnhausen und Büdingen[106]Stellung nahm.

Die Spitze des linken Flügels drang dabei über Gelnhausen, welches vom Feinde bereits verlassen, bis Wächtersbach[107] vor, wo eine noch zurückgebliebene Besatzung der Kaiserlichen überfallen, mehrere Leute derselben getötet, eine Anzahl Offiziere und Soldaten gefangen und der ganze Troß eines Regiments erbeutet wurde.

Als Mansfeld, dessen Armee durch 9 kaiserliche und 6 bairische Regimenter verstärkt worden war, durch das Freigericht am linken Ufer der zugefrorenen Kinzig bis nahe an Gelnhausen vorrückte, standen sich so beide Armeen einige Tage unmittelbar gegenüber, ohne daß jedoch die eine oder andere wagte, die Offensive zu ergreifen.

Wie Herzog Bernhard vernahm, daß der Gegner die Bredaschen Truppen aus dem Stift Fulda sowie das Corps, welches sein Schloß zu Würzburg[108] belagert, und am 8. Januar erobert hatte, mit entsprechenden Lebensmitteln an sich zog, sah er sich in seinen Hoffnungen völlig getäuscht. Er machte Kehrt und langte, in Gelnhausen und Wächtersbach Besatzungen zurücklassend, am 15. Juni [Januar; BW] wieder in Hanau an. Er selbst verweilte dort mit seinem Generalstabe und der Artillerie, die er aus dem Kinzigtal zurückgezogen hatte, bis zum 18.; der Marsch führte dann über Frankfurt und Darmstadt nach der Bergstraße,[109] wo sein Heer sich mit dem Gros der Franzosen vereinigte“.[110]

Für die Folgezeit fehlen uns bisher Hinweise.

[1] The Swedish Intelligencer: The First Part, London 1632, S. 62.

[2] Stettin [Szczecin]; HHSD XII, S. 280ff.

[3] Gollnow [Goleniów, Kr. Naugard]; HHSD XII, S. 190f.

[4] MAHR, Monro, S. 97f.

[5] MURDOCH, SSNE ID:183; dort auch weitere Literaturangaben.

[6] Delitzsch [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 73f.

[7] LEHMANN, Chronik von Delitzsch, S. 67. Lehmann datiert nach dem a. St.

[8] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, 286f. Schlacht bei Lützen am 16.11.1632 zwischen den Schweden unter Gustav II. Adolf (18.000 Mann) und den Kaiserlichen (16.000 Mann) unter Wallenstein. Die für die Schweden siegreiche Schlacht endete mit dem Tod Gustav Adolfs und dem Rückzug Wallensteins, der etwa 6.000 Mann verloren hatte, nach Böhmen. Nach Lützen schlug Wallenstein keine Schlacht mehr. Vgl. dazu HAPPES ausführliche Schilderung und Reflexion der Ereignisse [HAPPE I 295 v – 302 r; mdsz.thulb.uni-jena]. Vgl. SIEDLER, Untersuchung; STADLER, Pappenheim, S. 729ff.; WEIGLEY, Lützen; BRZEZINSKI, Lützen 1632; WALZ, Der Tod, S. 113ff.

[9] BREZINZSKI, Lützen 1632, S. 22.

[10] Altenburg [Kr. Altenburg]; HHSD IX, S. 6ff.

[11] Jena; HHSD IX, S. 215ff.

[12] Weimar; HHSD IX, S. 473ff.

[13] Vgl. FINDEISEN, Axel Oxenstierna.

[14] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.

[15] Bamberg; HHSD VII, S. 66ff.

[16] Eltmann [LK Hassberge], HHSD VII, S. 172ff.

[17] Hof; HHSD VII, S. 302f.

[18] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.

[19] Eichstätt [LK Eichstätt]; HHSD VII, S. 160ff.

[20] Ehingen (Donau) [Donau-Alb-Kr.]; HHSD VI, S. 167ff.

[21] Biberach an der Riß [LK Biberach]; HHSD VI, S. 80ff.

[22] Chemnitz; HHSD VIII, S. 43ff.

[23] Zwickau; HHSD VIII, S. 380ff.

[24] ENGERISSER, Von Kronach, S. 138f. (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).

[25] Neustadt a. d. Orla [Kr. Pößneck]; HHSD IX, S. 301f.

[26] Weida [Kr. Gera]; HHSD IX, S. 471ff.

[27] Lobenstein; HHSD IX, S. 261f.

[28] Nordhalben, Burg [LK Kronach]; HHSD VII, S. 525f.

[29] Ludwigsstadt [LK Kronach]; HHSD VII, S. 419.

[30] Teuschnitz [LK Kronach]; HHSD VII, S. 737f.

[31] Kronach [LK Kronach]; HHSD VII, S. 375f.

[32] Bamberg; HHSD VII, S. 66ff.

[33] Mitwitz [LK Kronach].

[34] Entmannsdorf: Gehülz (mit Entmannsdorf, Breitenloh, Brand, Zollbrunn u. a.), Stadtteil von Kronach.

[35] Lichtenfels [LK Lichtenfels]; HHSD VII, S. 408.

[36] Staffelstein [LK Lichtenfels]; HHSD VII, S. 711f.

[37] Vgl. STADLER, Pappenheim.

[38] Scheßlitz [LK Bamberg]; HHSD VII, S. 663f.

[39] Forchheim; HHSD VII, S. 201ff.

[40] ENGERISSER, Von Kronach, S. 140f.

[41] Ansbach; HHSD VII, S. 26ff.

[42] Ornbau [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 561.

[43] Gunzenhausen [LK Gunzenhausen-Weißenburg]; HHSD VII, S. 260f.

[44] Herrieden [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 288f.

[45] Amberg; HHSD VII, S. 20ff.

[46] ENGERISSER, Von Kronach, S. 151.

[47] Straubing; HHSD VII, S. 723ff.

[48] Vgl. REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein (ab Februar 2012 auch in dt. Übersetzung).

[49] ENGERISSER, Von Kronach, S. 207.

[50] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 123f.

[51] Oberaltaich, Benediktiner-Kloster in Bogen [LK Straubing-Bogen].

[52] Prüfening [Stadt Regensburg]; HHSD VII, S. 595.

[53] SIGL, Wallensteins Rache, S. 130f.

[54] Falkenstein [LK Cham]; HHSD VII, S. 194f.

[55] Wörth a. d. Donau [LK Regensburg]; HHSD VII, S. 832f.

[56] GEGENFURTNER, Wiesent, S. 63.

[57] Hummendorf, Ortsteil von Weißenbrunn [LK Kronach].

[58] Küps [LK Kronach].

[59] Neuses, heute Ortsteil von Kronach.

[60] Siechenhaus.

[61] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[62] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[63] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.

[64] Höfles, heute Stadtteil von Kronach.

[65] Vogtendorf, heute Ortsteil von Kronach.

[66] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.

[67] Marktredwitz [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 429f.

[68] Waldershof [LK Tirschenreuth].

[69] Weißenstadt [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 803f.

[70] Münchberg [LK Hof]; HHSD VII, S. 464.

[71] Helmbrechts [LK Hof]; HHSD VII, S. 282.

[72] Bad Steben [LK Hof].

[73] Helmbrechts [LK Hof]; HHSD VII, S. 282.

[74] Naila [LK Hof]; HHSD VII, S. 492.

[75] Lichtenberg [LK Naila]; HHSD VII, S. 406f.

[76] Bayreuth; HHSD VII, S. 77f.

[77] Wunsiedel [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 836f.

[78] Hohenberg a. d. Eger [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 307f.

[79] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.

[80] Coburg; HHSD VII, S. 127f.

[81] ENGERISSER, von Kronach, S. 243ff.

[82] Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei  ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.

[83] ENGERISSER, Von Kronach, S. 321ff.

[84]Arheiligen, unter HHSD IV, S. 84, 186.

[85] Darmstadt; HHSD IV, S. 79ff.

[86] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.

[87] Alzenau => Freigericht [hess. Kr. Gelnhausen und bayr. Kr. Alzenau]; HHSD IV, S. 143f.; Alzenau i. Ufr. [LK Aschaffenburg]; HHSD VII, S. 19f.

[88] Aschaffenburg; HHSD VII, S. 33ff.

[89] Freigericht [hess. Kr. Gelnhausen und bayr. Kr. Alzenau]; HHSD IV, 143f.

[90] Frankfurt/M.; HHSD IV, 126ff.

[91] Kälberau, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[92] Kahl am Main [LK Aschaffenburg].

[93] Wasserlos, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[94] Gelnhausen; HHSD IV, S. 164ff.

[95] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 395f.

[96] Freigericht [hess. Kr. Gelnhausen und bayr. Kr. Alzenau]; HHSD IV, S. 143f.

[97] Gelnhausen; HHSD IV, S. 164ff.

[98] Aschaffenburg; HHSD VII, S. 33ff.

[99] Miltenberg [LK Miltenberg]; HHSD VII, S. 448ff.

[100] Bad Hersfeld; HHSD IV, S. 20ff.

[101] Fulda; HHSD IV, S. 154ff.

[102] Wetterau; HHSD IV, S. 457ff.

[103] Michelbach, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[104] ENGERISSER, Von Kronach, S. 608f.

[105] Marköbel [Kr. Hanau]; HHSD IV, S. 323f.

[106] Büdingen; HHSD IV, S. 66f.

[107] Wächtersbach [Kr. Gelnhausen]; HHSD IV, S. 443f.

[108] Würzburg; HHSD VII, S. 837ff.

[109] Bergstraße; HHSD IV, S. 43f.

[110] KREUTER, Gelnhausen III, S. 69f.

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