Binder [Pinder, Pündtner], Stephan

Binder [Pinder, Pündtner], Stephan; Obrist [ -April 1637] Binder stand zuletzt als Obrist[1] in kurbayerischen Diensten.

1627 heißt es bei dem Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald,[2] Georg Gaisser [1595-1655]:[3] „28.[6.1627; BW] In Wittichen treffe ich die Hauptleute[4] Lukas Brenneysen und Stephan Binder auf ihrer Rückreise vom Sauerbrunnen und kehre nach mit ihnen eingenommenen Trunke nach Hause zurück“.[5]

1631 noch kaiserlicher Obristwachtmeister[6] im Kavallerieregiment[7] des Hans Rudolf von Breda, war er 1632 Obristleutnant[8] im ligistischen Kavallerieregiment des Friedrich Rudolf von Fürstenberg und Kommandant von Rain.[9] Als die Stadt von Gustav II. Adolf am 10.10.1632 zurück erobert wurde, erhielt er freien Abzug.

Im Tagebuch des Überlinger[10] Advokaten Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1585-1671][11] heißt es unter 1633: „Den 11 Novembris ist alhie lermen worden, weiln daß geschray erschallen daß selbigen morgen ettliche reütter vom feind zu Sernatingen[12] eingefallen, deßwegen alsbald 4 schiff mit alhiesiger burgerschaft geladen vnd fortgeschickht worden. alß aber so vil bericht nachgevolgt, dass nhur 26 reütter, (welliche obrist leütenant Stephan Binder von dem fürstenbergischen regiment auß Villingen[13] sein hausfrawen, so ein zeitlang sich zu Veberlingen aufgehalten, abzuholen auf alhero geschickht) daselbst quartier genommen vnd beim würt ettlich wein ausgedrunckhen vnd einem bauren 4 fl. abgenommen, sonsten aber ohne andern schaden wider fort: vnd nach Veberlingen abgeraißt, wie sie dan vmb ihren pfenning zu zehren eingelaßen worden; so haben vnsere burger, damit sie nicht gar ohne verrichtung zu ruckh kämen, an dass land gesetzt vnd auf Meckhingen[14] den marsch genommen, in hoffnung ein salvaguardia[15] vom feind in selbigem schloß aufzuheben; haben aber daß schloß gantz lähr vnd vnbewohnt: vnd allain an der mühlin einen bürger von Zell[16] gefunnden, den sie wider lauffen lassen. Hernach aber so vil einkommen, daß dieser burger ein träher[17] seines handwerckhs, so sich vom feind für einen spion vnd verräther zu großem schaden der vmbligenden nachparrschaft gebrauchen laßen.

Den 15 Novembris ist obrist von Pillehe [Billehé; BW] mit 4 regimenter zu pferdt vnd 4 compagnien[18] tragoner[19] churbayerischen volcks vnfürsehens auß dem Elsaß dieser lannden ankommen; er obrist zu Owingen,[20] obrist Leüttenant graff Friderich von Fürstenberg[21] regiments Stephan Binder mit 4 compagnien,[22] so bisher ein zeitlang zu Villingen gelegen, zu Bondorff[23] in halb abgebranntem dorff, vnd die vebrige zu Bamberg,[24] in der vogtey[25] Hohen Bodman[26] vnd anderer orten quartier genommen, deren laut gemellten obristen an einen E. Rath alhie abgangen ersůchschreibens vmb beitrag des proviant 29 compagnien in allem geweßt. Darauff 300 brott, ein fůder[27] wein, vnd für deß obristen tafel [S. 110] absönnderlich 2 aymer[28] deß besten allten weins sambt einem spitaler laib verwilliget worden, weiln man hingegen gůtt regiment zu hallten versprochen. Demnach aber gleich volgenden abendt merckhliche große exorbitantien,[29] so in der vogtey Bodman vnd zu Bambergen mit rauben vnd plündern vorgangen, geclagt worden, auch o. leüttenant Binder, weiln er zu Bondorf sich vebel accomodirt befunnden, ein ander quartier ihme zu assigniern begert vnd auf Hagnow[30] anwurff thůn lassen: so hatt ein E. Rath hierveber dem herrn obristen von Pillehe geschrieben, wie vnder den concepten der statt Veberlingen abgangner von mir gestellter schreiben, sub dato 16 Novembris zu finden“.[31]

Unter dem Januar 1634 hält Gaisser fest: „16.[1.1634; BW] Die Bräunlinger[32] Reiter, angelockt durch die in Aussicht gestellte (Hoffnung auf) Beute,[33] hatten sich in ziemlich starker Zahl in der Stadt eingestellt, denen sich sofort einige der wagemutigsten Bürger und die hier verbliebenen Soldaten, nur wenige an Zahl, anschlossen. Diese traten nach Beizug ihrer Führer etwa um 4 Uhr abends ihren Marsch in Richtung Wolfach[34] an, wobei sie auf diesem ganzen Wege erfuhren, daß mehr durch Gottes Walten als durch menschliche Klugheit die Kriegsführung gelenkt werde, denn von ihren Führern (Wegführern) wurden sie in der höchsten Not verlassen, wobei sie auch selbst infolge der Gewalt des Unwetters in die Irre gingen und vom Wege abkamen, und unter Benützung anderer, und zwar Württemberger, die ihnen den Weg weisen sollten, beobachteten sie eine solche Marschrichtung, daß sie nicht Wolfach aufzusuchen, sondern ihm aus dem Wege zu gehen schienen. Denn als sie das Gebiet von Schramberg[35] erreicht hatten, stiegen sie über Aichhalde[36] auf felsigem Steilhang zum Dorfe Schenkenzell[37] hinab, von wo sie nach Übersteigung der sehr hohen Bocksecke nach Mitternacht wieder den Abstieg in das Schappachertal unternahmen. 17.[1.1634; BW] Der Reiterführer [legatus] Binder war schon nach Bräunlingen gezogen“.[38] „21.[1.1634; BW] Der Hauptmann, im Begriffe, seine zwei Fuhrwerke nach Doningen[39] abzulassen, um Futter von dort holen zu lassen, erteilt allen, die dorthin sich hinausbegeben wollen, volle Erlaubnis; eben dies erlaubt auch der Bürgermeister Joachim. Ein Trommler verkündet eben dieses zum Schlag (Klang) der Trommel. Infolgedessen zieht ein sehr großer Menschenhaufe, hauptsächlich Waffenunfähiger, hinaus: Fuhrleute, Bauern, Bürgerliche, Weiber, Knaben und Mädchen. Als Vorhut rückt eine Reiterschwadron,[40] aus Soldaten und Bürgern bestehend, unter der Führung von Binder voraus, dann folgen die Fuhrwerke, niemand glaubt, daß seitens der Feinde Gefahr bestehe. Dem einen oder andern, der meldet, daß sie in der Umgegend sich umhertrieben, wurde nicht Glauben geschenkt. Als aber unsere Reiter nach Emmingen[41] kamen, erblickten sie dieselben schon bei Doningen. Sofort schicken sie einen Boten und heißen die Fuhrleute mit den Wagen in die Stadt zurückkehren. Sie selbst beschleunigen die Rückkehr so stark, daß sie mehr einer flucht als einem Rückzug ähnlich sah. Deshalb folgen die Feinde in solcher Zahl, daß die Unsrigen, ihren Kräften mißtrauend, schon nicht mehr an verdeckte Flucht dachten. Es waren mehrere Schützen zur Verfügung, auch eine kleine Schar Reiter war da, die den Feind leicht vom Leibe hätten halten und ihr Beginnen hätten vereiteln können, wenn Überlegung und Befehl die Oberhand bekommen hätten. Aber nachdem die Flucht einmal eingesetzt hatte, gab es keine Abhilfe mehr, die der Panik steuerte. Nunmehr zerstoben die Fußsoldaten und der ganze bunte Haufen in die nahen Wälder, denen die meisten ihre Rettung verdankten, die Reiter und die Fuhrleute und diejenigen, die Pferde bekommen konnten, entkamen bis zum städtischen Friedhofe. Mehrere aber wurden von den Pferden geworfen und auf der Flucht niedergemacht, unter ihnen mein Verwandter Christophorus“.[42] Unter dem 12.2.1634 notiert Gaisser: „Leutnant[43] Binder hetzte öffentlich die Bürger gegen den Hauptmann, den er der Treulosigkeit bezichtigte, auf“.[44] Unter dem 14.2.1634 vermeldet Gaisser: „Nach dem Frühstück entstand ein gewaltiger Auflauf bei dieser Gelegenheit. Ein Rauchzeichen hatte das Gerücht veranlaßt, daß der Feind das Dorf Neuhausen[45] in Brand stecke, weshalb die Reiter sofort sich versammeln, um ihn zu verjagen. Diesen schließt sich Leutnant Binder an und sucht hinauszukommen. Aber da ihm gemäß des Befehls des Marschalls verboten war, die Stadt zu verlassen, hindern ihn der Hauptmann und der Kommissar am Auszuge, drängen ihn in sein zugewiesenes Quartier zurück und hindern ihn am weiteren Verlassen desselben. Dieser nun, von Jähzorn überwältigt, schreit den Hauptmann als Verräter und Taugenichts aus und ruft den Schutz der Bürger an, die sofort fast allesamt sich in Waffen versammeln und die Auslieferung der Verräter fordern. Der Hauptmann beteuert bei allen Heiligen (per deos) seine Unschuld, mußte eine Weile der Volkswut nachgeben, bis diese sich legte.

15.[2.1634; BW] Als unsere Reiter hören, daß die Rottweiler[46] Besatzungssoldaten in benachbarten Orten auf Plünderung[47] ausgehen, rücken sie aus, und als diese schon durch das Gerücht sich verjagen lassen, geht der Ausritt bis nach Trossingen,[48] das sie, da die Einwohner Gewehrschüsse abgeben, in Brand stecken und etwa 9 Häuser einäschern. 16.[2.1634; BW] Aus Schabenhausen[49] kommen einige Flüchtlinge an und berichten, daß den dortigen Bauern durch die Rottweiler einige Füllen geraubt worden seien. Der Kommissar beeilte sich, nach Erledigung seiner Angelegenheiten nach Breisach[50] zurückzukehren, wohin er sowohl die die obengenannten Gefangenen als auch den Leutnant Binder selbst mitnahm“.[51] Unter dem 28.4.1634 hält Gaisser fest: „Bisher wurde das Simonswald von unsern Reitern unter der Führung Binders (besetzt) gehalten. Aber aus dem Breisgau führen Joh. Werner Nothaft von Hohenberg,aus dem oberen Teile aber Jakob Bernhard von Gültlingen gegen dieselben eine Streitmacht heran. Deshalb entweichen jene fluchtartig und lassen die Siedler (coloni) unter dem Messer (der Feinde); etwa 30 schlagen sich mit dem genannten Führer und dem Sekretär Ruoffeysen hierher durch.

‚In fluehen und in liegen besteht dieser zeit kriegen’.

29.[4.1634; BW] Bevor die flüchtigen Reiter eingelassen wurden, wurde der Führer Binder auf das Rathaus berufen und befragt, wie er seine Soldaten zu unterhalten gedenke ? Schon längst nämlich herrschte ein solcher Nahrungsmangel, dass den Tanner’schen Reitern von gemeindewegen ganz und gar nichts geliefert werden konnte. Seine Antwort: ‚Man wölle ihne halten wie andere, er wolle auch umb eßzen schauwen, wo die andere darumb schauweten’. Als er gefragt wurde, ob er sich mit den Seinen anderswohin zurückziehen könnte, verneinte er es mit Bestimmtheit wegen der sichersten Gefahr“.[52] Unter dem 30.4.1634 schreibt Gaisser: „Der Reiterleutnant Binder ‚halt Hochzeit mit eines Bildhauwers tochter [Anna Philippin Erlacher;[53] BW] von Freyburg’ “.[54]

Gaisser notiert weiter unter dem 9.5.1634: „Unsere Reiter sammeln sich in sehr starker Zahl auf der meinem Hause benachbarten Wiese außerhalb der Stadt und teilen sich in drei Geschwader ein. Das erste rückt mit einer ziemlich starken Rotte Fußsoldaten in die Wäldertäler des Klosters ab zum Wegfangen der Herden, die aus den benachbarten Orten der Sicherheit halber zum Weiden in Verstecken in das Gebiet des Klosters getrieben waren. Diesen sollten die beiden andern bald folgen, aber da durch einen gewissen Schneider Antonius gemeldet wurde, daß eine Abteilung Schweden aus dem nördlichen Walde, wo es nach Obereschach[55] geht, einer städtischen Viehherde auflaure, biegen die Unsern nach rechts ab und teilen sich in zwei Gruppen. Die erste führt Konrad Digasser, der, als er in Sicht des Feindes kam, diesen durch verstellte Flucht zum Verfolgen verlockte. Aber Tanner und Binder erschienen verfrüht, Digasser kehrte dann ebenfalls in den Kampf zurück, streckte einen von den Gegnern, der stark andrängte, nieder und stürmte mit solcher Gewalt auf die andern ein, daß diese in regellose Flucht gejagt werden. Gefangen wurden von den Feinden etwa 20, darunter ein aus Ulm[56] gebürtiger Fähnrich,[57] niedergemacht 28, unter ihnen Christoph Huber, ein ausgezeichneter Baumeister von Befestigungswerken, bei dem Karten (Verzeichnisse ? tabulae[58]) gefunden wurden, in denen dieser ganze Bezirk beschrieben war. Jakob Bernhard von Gültlingen gelangte, nachdem er zur Erleichterung der Flucht den Mantel abgeworfen hatte, mit etwa 15 Reitern nach Rottweil, stärkte sich an einer Stelle bei der Stadt in der Gegend des St. Georgener Hofes durch ein militärisches Frühstück und schickte einen Boten hierher, der den Austausch der Gefangenen anbieten sollte. Eine prächtige Beute, besonders von Militärpferden, kam in die Stadt“.[59] Unter dem 12.6.1634 meldet Gaisser: „Unsere Reiter werden von hier vom Markgrafen [Wilhelm V.; BW] von Baden, dem Statthalter der Vorderösterreichischen Provinzen, abberufen. Und wirklich rücken sie um 9 Uhr abends unter der Führung von Tanner und Binder ab“.[60] Am 22.6.1634 notiert Gaisser in seinem Tagebuch: „Unsere Reiter waren am 12. dieses Monats auf Befehl des bad. Markgrafen in der Absicht von hier abgerückt, der Stadt Rheinfelden[61] auf jede Weise Hilfe zu bringen, zu welchem Zwecke auch Freiherr (nobilis) von Schönau von Breisach nicht zu verachtende Kräfte erhalten hatte. Aber diese waren nicht stark genug, um damit den Feind von der Belagerung zu vertreiben oder die notwendige Hilfe in die Stadt hineinzuwerfen. Jedoch versuchten einige Schiffer bei günstigem Rheinwasserstand an die Stadt heranzukommen, und sie erreichten es auch, trotz großer Schwierigkeiten und brachten Geschützpulver, woran starker Mangel war, in die Stadt. Alsdann erschien es vielen gefährlich, daß bei so großer Nähe des sehr tapferen (starken ? fortissimo) Feindes die Unsern in offenen Orten länger verweilten, und es rieten Tanner und andere, die Truppen in die Sicherung zurückzunehmen. Aber es drang die Meinung anderer durch, die immer wieder sagten, der Feind müsse ständig beunruhigt und so sein Eroberungsversuch gestört werden. Der Feind aber, der die Gelegenheit nicht versäumen zu dürfen glaubte, griff die Unsern mit starken Kräften an und zwang sie, ihre Stellung aufzugeben; diese ziehen sich nun zum Kloster St. Blasien zurück, in der Meinung, schon durch das schwierige Gelände gesichert zu werden. Dort mahnte Tanner wieder den von Schönau, den Marsch zu beschleunigen, aber dieser hielt (ihm) in drohender Art seine Schießwaffe vor, und indem er mit der Geschicklichkeit seiner Gewehrschützen, deren er über 300 von besonderer Tüchtigkeit besaß, ruhmredig um sich warf, schlug er die heilsamen Ermahnungen in den Wind. Die Schweden aber bleiben den Unsern auf den Fersen, und bald nach der Ankunft der letzteren erscheinen sie ebenfalls auf den nahen Höhen in übergewaltiger Zahl. Hier erlitten die Unsern schreckliche Verluste, viele wurden niedergemacht, viele gefangen, darunter von Schönau selbst mit allen Offizieren, die die Fußsoldaten befehligten. Tanner und Binder entkamen hierher, nicht ohne schwere Verluste an ihren Sachen.

In ebendieser Nacht hatten Soldaten des Obersten Ascanius Albertinus,[62] die sich nach der Besetzung Freiburgs[63] durch den Feind von dort zu uns zurückgezogen hatten, ohne Kenntnis der Niederlage auf Rückberufung durch ihren Gebieter ihren Marsch angetreten, um zu den andern Truppen zu stoßen. Aber von der Gefahr in Kenntnis gesetzt, kehrten sie eilig hierher zurück. 23.[6.1634; BW] In aller Frühe langen unsere flüchtigen Reiter bei den Mauern (der Stadt) an“.[64]

„9.[7.1634; BW] Unsere gesamte Reiterei rückte auf gegebenes Signal gegen das Lager der Feinde aus, die ebenfalls ausrückten und mit den Unsern plänkelten.[65] Auch das Fußvolk rückte aus der Befestigung ins Freie bei regnerischem Wetter und bot den Unsern eine recht gute Gelegenheit zu einer rühmlichen Tat. Aber Tanner hielt die größte Abteilung der Reiter auf einer Höhe zurück und wagten an diesem Tage keinen Kampf. Das Hauptlob verdienten von den Führern Binder und Digasser, jeder mit seiner Abteilung, ferner der Reitermeister Kunzelmann, der sich von der Flucht von St. Blasien mit etwa 30 Reitern hierher zurückgezogen hatte, von den gemeinen Soldaten aber Koß, der unter die Feinde mitten hinein geraten, aber ohne von ihnen erkannt zu werden, seine Sache vortrefflich gemacht hatte. Von den Unsern wurde ein ausgezeichneter Soldat, mit Namen Seyff, als er zur Unzeit sich mit der Beraubung der Leichen abgibt, von einer Kugel durch den Kopf geschossen und starb. Von den Feinden aber werden mehrere vermißt und fünf gefangen in die Stadt eingebracht mit einigen guten Pferden“.[66] „21.[7.1634; BW] Da die Unsern nach dem Frühstück eine besondere Unternehmung vorhatten, erhielten alle Besatzungstruppen den Befehl, sich zu bewaffnen, und man teilte die ganze Städtische Reiterei in zwei Züge. Den ersten führte Tanner durch das St. Wendelinstor gegen die Feinde am Fuße der Warenburghöhe, den andern, der aus drei oder vier Schwadronen bestand, führten Kunzelmann, Feicht, Binder und Weiß (aus) dem Georgstor in weitem Bogen so herum, daß sie den Feind überrumpeln sollten, mit klugem Plan, aber nicht mit gerade besonders glücklichem Erfolge. Denn als Tanner allzu unzeitig gegen den Feind vorrückte und sogar am rechten Arm schwer verwundet wurde, und unterdessen die Kameraden wegen ihres langen Umwegs zu spät in den Kampf eingriffen, fanden die Feinde Zeit, sich zu sammeln und retteten nicht nur die, die sich der Gefahr ausgesetzt hatten, sondern trieben auch unsere Reiter mit durcheinander geratenen Reihen zurück, besonders unterstützt durch das Eingreifen der Gewehrschützen, die beim Abschießen der Gewehre und auch der Feldgeschütze einen solchen Eifer entwickelten und einen derartigen Lärm infolge der Erschütterung der Luft verursachten, daß sie uns beim Ausschauen große Besorgnis einflößten, in der Befürchtung, den Unsern möchte es sehr schlimm ergangen sein. Aber durch Gottes besondere Gnade waren die Schüsse meistens wirkungslos, da sie über die Köpfe der Unsern ohne Schaden hinweggingen. Verwundet aber wurde nach dem Führer Tanner: Rieger aus Kappel[67] und ein anderer Soldat und einige Pferde, darunter auch mein Apfelschimmel durch die Schuld des Joh. Jak. Zeller, der allzu verwegen vorging. Deshalb fehlte der Unternehmung der Erfolg. Wenn sie in den vergangenen Tagen nach den gewaltigen Regengüssen die durchnässten und von der Kälte erstarrten mit Waffen nicht versehenen Feinde anzugreifen sich beeilt hätten, wäre ihnen zweifellos das Kriegsglück holder gewesen“.[68] Unter dem 21.9.1634 notiert Gaisser: „In der Absicht, nach Rottweil zu gehen, höre ich die Messe, gehe weg und sichere mir wieder den Besitz meines Hofes. Oberstleutnant Binder war damals Kommandant der Stadt“.[69]

Im August 1634 erhielt Binder 4 erledigte Arkebusier[70]-Kompanien des in diesem Monat verstorbenen Cronberg.[71]

„Diese Ruhe wollte ihr [der schwedischen Armee;[72] BW] König Ferdinand III.[73] jedoch nicht gewähren. Er hatte nur einige Regimenter nach Böhmen geschickt, war mit dem Großteil der kaiserlichen und bayerischen Armee donauaufwärts gegangen, am 12. 8. bei Ingolstadt[74] an das linke Donauufer übergesetzt und hatte am 14.8. das kaiserliche Hauptquartier in Rennertshofen[75] bei Neuburg[76] aufgeschlagen. Um die Besatzungen von Augsburg[77] von Ausfällen abzuhalten, sollten die bayerischen Regimenter Binder (Arkebusiere), Graf Fugger (Kroaten[78]) und Ganß (Dragoner), eine Kompanie vom Reiterregiment Raimond d’Espaigne und 6 Kompanien vom Dragonerregiment Werth nach Schrobenhausen[79] rücken. Am 16.8. nahm das kaiserlich-bayerische Heer Donauwörth[80] im Sturm“.[81]

Bei den Kämpfen um die Reichsstadt Nördlingen[82] wurde er 1634 verwundet. Binder nahm mit seinen Arkebusieren auch an der Schlacht bei Nördlingen teil.[83]

Sein Regiment wurde 1634/35 bei der Belagerung von Augsburg eingesetzt.

„Am gleichen Tag, an dem die Veste Coburg[84] übergeben wurde, fiel nach mehr als sechsmonatiger Belagerung auch die protestantische Hochburg Augsburg an die Kaiserlichen. Bereits am 12.9.1634, sechs Tage nach der Schlacht bei Nördlingen, war die Stadt durch den Deutschordensmeister[85] Kaspar von Stadion zur Übergabe aufgefordert worden. Das Aufforderungsschreiben war jedoch nicht beantwortet worden.[86] Dessen ungeachtet hatten Kommandant und Bürgerschaft sämtliche Vorbereitungen zur Verteidigung der Stadt getroffen. Augsburg wurde anfänglich nicht förmlich belagert, sondern durch bayerische Truppen blockiert. Zu diesem Zweck wurden die Lechübergänge bei Augsburg, Rain und Landsberg[87] besetzt und somit die Stadt von möglichen Versorgungslinien, vor allem aus Memmingen[88] und Ulm,[89] fast vollständig abgeschnitten.

Die Belagerungstruppen bestanden aus den bayerischen Regimentern Stephan Binder (Arkebusiere), Caspar Schnetter (Fußvolk), Jan von Werth[90] (Dragoner), Hans Wolf von Salis (Dragoner und Kroaten), Salzburg (Fußvolk, 1633 von Piccolomini geworben, ab 1635 unter bayerischen Befehl) und Hans Heinrich von Haslang (Fußvolk). Die Dragoner Werths wurden nach der Ankunft von [Johann Christian v.; BW] Wahls Dragonern, welche aus der Oberpfalz anrückten, wieder abgelöst. Das Kommando über dieses Blockadekorps hatte seit dem 17. September der bisherige Kommandant der Oberpfalz, Feldmarschall-Leutnant[91] Joachim Christian Graf von der Wahl, unterstützt durch den Obersten Sebastian von Pörring. Die Besatzung Augsburgs bestand aus dem Alten Blauen Regiment des seit April 1633 von Oxenstierna[92] zum Augsburger Gouverneur ernannten Oberst Johann Georg aus dem Winckel und dem finnischen Savolax-Regiment[93] unter dem Kommando des Obersten Caspar Ermes und des Majors Georg Paykull. Letzteres war im Juli 1634 durch den schwedischen Feldmarschall Gustav Horn von Königshofen[94] und Schweinfurt[95] hierhin verlegt worden. In den zeitgenössischen Berichten wird Winckel stets als ‚Gubernator‘, Ermes als der Kommandant oder einfach nur Oberst genannt. Die beiden Fußregimenter wurden noch durch 300 Dragoner ergänzt.

Als bewährtes Mittel der Blockade[96] wurden kroatische[97] Streiftrupps eingesetzt, um die Stadt hermetisch abzuriegeln, Sabotageakte durchzuführen und die umliegende  Bevölkerung zu terrorisieren. Am 28. September wagten sich die Kroaten bis dicht vor die Mauern von Augsburg und raubten das Vieh der nächstgelegenen Dörfer. Die Tatsache, daß man sie aus der Stadt beschoß, auch einen Ausfall auf sie machte, machte keinerlei Eindruck: am 1. Oktober brannten sie 2 Mühlen in Göggingen[98] nieder. Am folgenden Tag begannen 9 Kompanien beim sogenannten Ablaß (Stauwehr am Lech mit Ableitungskanal zur Wasserversorgung) die Wehre mit Kies zu verschütten, so daß von dort kein Wasser mehr in die Stadt fließen konnte. Der Besatzung gelang es jedoch, diese am Abend wieder in Stand zu setzen. Gleichzeitig brannte sie vorsorglich die Brücke oberhalb des Ablaß ab, um das Übersetzen vom anderen Ufer zu erschweren. Die Belagerer ließen sich aber davon nicht von ihrer Strategie abbringen, zumal ihnen Kurfürst Maximilian[99] von Bayern aufgetragen hatte, der Stadt ‚obverstandenermaßen das Wasser zu benehmen und sie dadurch verhoffentlich bald zur Ergebung zu bezwingen‘. Man begann deshalb am 4.10. den Brunnenbach und die Sinkel abzugraben. Auch diese wurden von der Besatzung wieder in ihren ursprünglichen Stand versetzt. Am 5.10. fand ein Gefecht mit den Kroaten statt, welche erneut versuchten, die Wasserversorgung zu stören. Um weitere Zwischenfälle dieser Art zu verhindern, ließ der Kommandant den Ablaß beim Siechenhaus St. Servatius sowie die dortige Kapelle abbrennen. Den hohen Ablaß brannten die Kroaten selbst nieder.

Feldmarschall-Leutnant von der Wahl hatte am 3. und am 16. Oktober der Stadt einen Akkord[100] angeboten, worin er sich erbot, die Dinge dahin zu verhandeln, daß die Stadt bei ihren Privilegien und ihrer Religion belassen würde. Beide Schreiben Wahls wurden jedoch nicht beantwortet. Die Stadt hatte zu diesem Zeitpunkt Ursache, allen Übergabeangeboten kritisch gegenüberzustehen. Chemnitz erfaßt die Ausgangssituation wie gewöhnlich richtig, wenn er schreibt: ‚Zudeme war der Feind nach der Nördlinger Schlacht so hochmütig und vermessen, das er in denen hernachmahls occupirten Plätzen fast niemahls accord gehalten, sondern die gvarnisonen, wider gegebene parole[101] ruinieret: Das also, war vor promesse und schriftliche Versicherung er geben könte oder möchte, auch mit was praetext Er es versprechen thete, der accord jedoch ohne völlige[n] ruin nicht würde abgehen‘. (Bd. II, S. 656). Die Augsburger setzten im November des Jahres 1634 deshalb auf Unterhandlung mit dem sächsischen Kurfürsten, um eventuell mit in die laufenden Pirnaer Friedenstraktate einbezogen zu werden. Diese Hoffnung zerschlug sich allerdings, da innerhalb dieses Verhandlungsspielraumes die Forderungen Augsburgs nicht erfüllt werden konnten.

Mittlerweile hatte Wahl den Belagerungsring um die Stadt enger gezogen, so daß Hunger[102] und Infektionskrankheiten immer mehr um sich griffen. Gegen Ende des Jahres 1634 waren bereits 4664 Personen und Hunger und an der Pest[103] gestorben. Dies war dennoch erst der Anfang. Mit Beginn des Jahres 1635 verschlimmerten sich die Zustände dramatisch. Da die Wege nach Ulm und Memmingen blockiert waren, machte die Augsburger Garnison am 1. Februar 1635 einen Ausfall und überfiel das Städtchen Aichach.[104] Die Tore wurden mit Petarden[105] aufgesprengt und die dort liegende bayerische Besatzung vom Regiment des Obersten Friedrich von Schletz unter dem Obristwachtmeister Antonio Valtorto überwältigt. Der Major, sein Fähnrich,[106] alle Unteroffiziere und 84 Gemeine[107] wurden gefangengenommen. Der gesamte Proviantvorrat Aichachs wurde nach Augsburg transportiert. (Chemnitz II, S. 654). Dieser Vorrat war aber nur ein Tropfen auf einen heißen Stein und reichte nur wenige Tage. Als er aufgezehrt war, suchten die Menschen alles zusammen, was sie irgendwie verdauen konnten: ‚Hunde, Katzen, Mäuse und dergleichen waren nicht mehr zu bekommen. Das Pferdefleisch war bei den Vornehmsten ein allgemein, und das beste Gerichte. Der anderen Leute verschmachteten täglich viele vor Hunger, fielen und sunken auf freyer Gasse darnieder. Nicht nur die Todten, sondern mehr andere vnnatürliche Sachen wurden angegriffen vnd, das Leben damit ein zeitlang aufzuhalten, hervorgesucht‘. (Ebd. S. 655). Als auch hiervon nichts mehr zu bekommen war, kochten die notleidenden Menschen Leder, verzehrten Aas und menschliche Leichen. Es gab sogar Berichte, nach denen Eltern ihre gestorbenen Kinder aßen. ‚Es wandelten menschliche Gerippe auf der Gasse umher und priesen das Glück der Todten. Gegen die letzte Zeit starben gewöhnlich hundert und mehr Menschen an einem Tag‘. (Stetten, Geschichte von Augsburg II, S. 369). Nachdem schließlich auch die letzten Vorräte zur Neige gingen, trat man in Übergabeverhandlungen mit dem zu Stuttgart weilenden Generalleutnant Matthias Gallas.[108] Zuvor hatte der weimarische Generalleutnant Lorenz von Hofkirchen, der sich nach seiner am Vortag der Nördlinger Schlacht erhaltenen Verwundung immer noch in Ulm aufhielt, dem Augsburger Gouverneur Winckel den Vorschlag gemacht, sich mit der Garnison ohne Akkord und unbemerkt, samt Munition, Geschützen und unter Mitnahme der Münchener Geiseln, nach Ulm zu begeben. Dieses Ansinnen wurde jedoch von Winckel vernünftigerweise als undurchführbar und unehrenhaft abgelehnt. (Chemnitz II, S. 656). Nach langwierigen Verhandlungen kam schließlich am 13. März 1635 ein Übergabevertrag zustande. Es wurde vereinbart, daß Augsburg eine freie Reichsstadt bleiben konnte, hingegen mußte es in Bezug auf Religion und Kirchengüter bei den vom Kaiser im Jahr 1629 im Zuge des Restitutionsediktes getroffenen Anordnungen bleiben. Die Stadt mußte 300.000 Gulden an den Kaiser und 80.000 Gulden zur Erstattung der Belagerungskosten an den bayerischen Kurfürsten zahlen. Die im Mai 1632 aus der Münchner Kunstkammer geraubten Schätze mußten zurückgegeben und die Münchner Geiseln ohne weitere Ansprüche freigelassen werden.

Am 28. März 1635 verließ die schwedische Garnison unter Winckel und Ermes die Stadt und marschierte nach Thüringen ab. Das finnische Regiment unter Caspar Ermes begab sich nach Erfurt.[109] In Augsburg rückte eine Garnison von 14 Kompanien kaiserlichen und 6 Kompanien bayerischen Truppen unter Caspar Schnetter ein. Der bayerische Generalfeldzeugmeister[110] Ottheinrich Graf Fugger[111] wurde zum neuen Gouverneur ernannt, dem die Stadt monatlich 2000 Reichstaler zahlen mußte. Auch die ursprünglichen Akkordbedingungen wurden, wie zu erwarten war, nicht eingehalten. Der evangelische Stadtrat wurde abgesetzt und für einige Zeit im Rathaus arrestiert, dafür ein katholischer eingesetzt. Sämtliche Kanonen, welche die Schweden aus München mitgenommen und im Augsburger Zeughaus eingelagert hatten, mußten bis Ende April auf Kosten der Stadt wieder nach München gebracht, auch Umgießungs- und Reparaturkosten in Höhe von 9000 Gulden bezahlt werden. Die Bürgerschaft wurde am 2. April entwaffnet, die Besatzung auf 5000 Mann verstärkt, jedoch nach einiger Zeit auf 2600 und nach acht Monaten auf 1000 Mann verringert. Die evangelischen Kirchen wurden, bis auf eine, gesperrt, so daß die Protestanten den Gottesdienst unter freiem Himmel halten mußten. Zudem wurden alle evangelischen Schulen geschlossen und die Schuldiener entlassen. Auch sonst hatte die Bürgerschaft noch lange zu leiden. Die Häuser wurden als frei erklärt, so daß nicht nur Garnisonssoldaten, sondern auch andere Personen sich nach Belieben einquartieren konnten. Schließlich waren von den 80.000 Einwohnern, die Augsburg zu Mitte des Jahres 1632 noch gezählt hatte, nur noch 18.000 Personen in 2400 Haushalten übrig. (Die Schilderung der Belagerung und Einnahme Augsburgs, wo nicht anders vermerkt, nach Chemnitz II, S. 653-663 und Heilmann II, S. 516-519)“.[112]

V. Slavata schrieb am 17.10.1635 an A. von Waldstein, dass Binder während des Lothringen-Feldzugs Gallas’ vom Gegner gefangen genommen und der junge [Hieronymus] Colloredo wegen seiner schlechten Armeeführung ins Gefängnis geworfen wurde, da die kaiserliche Armee um die Hälfte stärker gewesen sei als der Gegner.[113] Der englische Söldner Sydnam Poyntz [um 1598 Reigate, Surrey – 1663 Virginia, USA], der damals unter Philipp von Mansfeld diente, hält fest: „In the meane tyme Gallas marched after the french Army who tooke their retreat towards Metz[114] in Loraine having pillaged the Duke of Sorbrucks[115] Country with the principall Townes as Sorbruck[116] Sweybruck[117] etc. And following the french over the Moselle sent young [Hieronymus v.; BW] Colredo before hym with the Vangard of 6000 light horse, who meeting with a Troope of french of 200 or thereabout, put them most to the sword, but the principall Officers Kept Prisoners, so going forward marched throrough a Wood, hee saw a party of 2000 french horse which was vpon a Hill with a small Brooke at the foote but upon the other sider of the Hill lay the frenche with his whole Army, Colredo advanced to these 2000 over the Brooke with all his 6000 men, but sent two great Troops to encounter with them und hee marching upon the right hand got to the Top of the Hill, where hee saw the whole Army advancing up the Hill towards hym, but hee slew like a brave soldier most of the 2000 before the rest could come up the Hill. But Colredo thing to make a retreat in good order com̃aunded 2 Coronells with 3000 men wo were Binder, Long [Lang; BW] & Peter Gets [Götz; BW] to hold them in play till hee got over the Brooke und that hee would second them in like case, but his owne soldiers beeing discouraged with that retreat, and the french Army comming on them all fled, and the Ennemy had slaughter of them 6 English Miles. Coronell Lang was slayne, Coronell Binder and Gets ware taken Prisoners. But Colredo got away with some 3 or 400 men and came to Gallas who had a great great check and was clapt in Prison”.[118]

Binder war auch bei der Blockade der württembergischen Festung Hohenzollern[119] eingesetzt. Die unter Binder geschickte Reiterei aus Balingen[120] sollte den Zugang zur Feste Hohenzollern sperren: Binder musste diese Blockierung aber wieder aufheben und seine Truppen abziehen lassen, da die Kaiserlichen die Quartiere beanspruchten. Der auf Hohenzollern kommandierende württembergische Hauptmann Albrecht Schmidlapp erhielt jedoch vom Hohentwiel[121] 50 Reiter zur Hilfe, unternahm mit ihnen zusammen einen Ausfall, fügte dem Gegner schweren Schaden zu, rieb 50 Mann auf, zersprengte die anderen und erbeutete Vieh und Pferde. Am folgenden Tag brachen wiederum zehn Leute unter Hauptmann Österlin, dem früheren Befehlshaber von Balingen,[122] aus der Festung, wurden aber überfallen und sechs von ihnen gefangen. Die erbitterten Gegner haben die Ertappten in Tübingen[123] einem scharfen Verhör unterzogen und dann – um die Besatzung einzuschüchtern – eines Nachts unter der Festung aufgehängt.

Maximilian I. von Bayern hatte die Obervogtsstelle[124] zu Pforzheim[125] am 11.4.1636 an Binder vergeben, der dafür einen Verwalter aufstellen sollte. Praktisch aber übte Binder selbst bis zu seinem Abzug am 19.8.1636 diese Funktion aus.[126]

„So kamen die beiden kurbayerischen Obersten Stephan Binder und Andreas Drost im April 1637 bei einem Duell ums Leben, ‚als sich die Obersten Binder und Trost beim Spiel entzweit und einer den andern erschossen hatte‘ (Feldmarschall Johann Götz am 20.4.1637 an Kurfürst Maximilian)“.[127]

Das Regiment Binder wurde von dessen Obristleutnant Andreas Kolb von Raindorf weiter geführt.

[1] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide.  II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[2] St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].

[3] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f. Vgl. auch SCHULZ, Strafgericht.

[4] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[5] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 59.

[6] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.

[7] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[8] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[9] Rain am Lech [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 599f.

[10] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.

[11] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.

[12] Sernatingen => Ludwigshafen, heute Ortsteil von Bodman-Ludwigshafen [LK Konstanz].

[13] Villingen im Schwarzwald [Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 834ff.

[14] Möggingen, heute Stadtteil von Radolfzell [LK Konstanz].

[15] Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie und seiner ganzen Habe in des Kaisers und des Reichs besonderen Schutz und Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler und die Wappen der kaiserlichen Königreiche und Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade und Strafe. Im 30jährigen Krieg militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen und Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste, und ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefster Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 von Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Taub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen:

Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.«

[16] Radolfzell [LK Konstanz], HHSD VI, S. 636ff.

[17] träher: Dreher, Drechsler ?

[18] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[19] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. Der Dragoner war ein berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd.

[20] Owingen [Bodenseekreis].

[21] Fürstenberg-Mößkirch [Fürstenberger], Friedrich Rudolf Graf v. [23.4.1602-26.10.1655 in Datschitz].

[22] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[23] Bondorf [LK Böblingen]; HHSD VI, S. 103.

[24] Bambergen, heute Ortsteil von Überlingen [Bodenseekreis].

[25] Vogtei: 1. Schutzvogtei über ein Bistum, Stift oder Kloster auf deren Besitz, 2. Unterbezirk eines landesherrlichen Amtes.

[26] Hohenbodmann, heute Ortsteil von Owingen [Bodenseekreis].

[27] Fuder: 1 Überlinger Fuder: 11, 6 Hektoliter.

[28] Eimer: 1 Eimer = 293, 9217 Liter.

[29] Exorbitantien: Verstöße, Verfehlungen, Ausschreitungen. Stadtarchiv Nördlingen Kriegsakten 1634/II, fol. 186: „Ordnung. Wie es mit der Verpflegung / deren Soldaten zu Roß vnd Fuß / Welche im heyligen Röm: Reich in den Quartiren vnd Quarnisonen in Ihrer Kays: Majest: dienst sich befinden / observirt vnd gehalten werden solle“, ausgestellt von Gallas, Heilbronn, 1634 X 04. Wider dise verordnete verpflegung sollen die Stände vnd deren Vnderthanen / weder von den Obristen / noch deren vnderhabende Officirern oder Soldaten zu Roß vnd Fuß / durch gewalt oder sonsten auff einigerley weiß noch wege getriben vnd beschwert werden. Da auch dergleichen durch Officirer oder gemeine Soldaten beschehen / oder durch betrohung vnnd würckliche thätlichkeiten gesucht werden wolte: So ist ihnen Ständten vnd deren Vnderthanen hiemit erlaubt / wie nicht wenigers auch die straiffenden partheyen / so in: oder ausserhalb der Quartier vnd auff den strassen rauben / plündern / vnd andere Exorbitantien verüben / so gut sie können vnd mögen / in verhafft zu nemmen / vnd ein solches gehöriger orten zu berichten / damit wegen deren abstraff vnd aller vngelegenheiten verhütung die verfügung gethan werden mögen. Desgleichen wurde das Ausreiten mit Ober- u. Untergewehr aus den Quartieren oder das Einfallen in andere Quartiere mit Strafen an Leib u. Leben bedroht. Über Tillys Soldaten wird im Frühjahr 1626 in der Goldenen Aue berichtet: Seine Truppen „sind anfänglich gar fromm gewesen und haben sich bedeuten lassen, dann aber schlimmer und ärger geworden, haben endlich kein gut Wort mehr gegeben, sich selber Quartier genommen, alles aufgezehret, Kisten und Kasten aufgebrochen und aus Häusern, Kirchen, Böden, Kammern und Ställen alles geraubt und mitgenommen“. HILLER,  Heringen, S. 127. Vgl. auch ZEITFUCHS, Stolberg, S. 271f., über die Truppen Bindtaufs 1626: „Doch war hiebey keine Ordre, was man denen Soldaten oder Officiern geben sollte / sondern ein jeder forderte alles mit der Schwere nach eignen Gefallen. Was für Müh / Unlust und Beschwerligkeit / ja auch Hunger / die Bürger wegen dieser Einquartirung ausgestanden / ist nicht genug zu beschreiben. Denn etliche wöchentlich zu 10. 15. ja auch zu 25. Thalern und wohl darüber geben müssen / daß es manchem Bürger die Zeit / da sie hier gelegen / 100. 200. 300. ja wohl 500. Gülden gekostet; wie es denn auch nach Abzug derselben der Stadtschreiber Schüßler aus der Roll zu Rathhause insgesamt überschlagen / da diese Einqvartirung weit über 30000. Gülden gestanden. Ja da sie nur einer Witbe 486. Gülden 9. Gr. 5. Pf. gekostet / so ist leicht daraus abzunehmen / was der gesamten Bürgerschafft auffgangen sey. Welche denn so wohl als das Rathhaus gäntzlich erschöpfet / daß mancher Bürger von Hauß und Hof gejaget worden / auch musten etliche wie die Hunde von den Soldaten sich schlagen und prügeln lassen. Und weil sonderlich auch Pest und eine grosse Theurung anfiel / daß ein Scheffel Rocken 2. Thaler / 1. Scheffel Gersten 2. Gülden oder 2. Thaler und der Hafer 16. Groschen galt / war bey manchem Bürger nichts mehr übrig / als das liebe Leben. Ja da fast gantz und gar nichts mehr zum besten / wurde E. E. Rath gezwungen / etliche Haupt-Verschreibungen ihres Einkommens zu versetzen / und zu Sangerhausen und anderswo etzliche 100. Gülden darauff zu borgen / dafür sie Wein / Rocken und Hafer kauffen musten / damit biß zum Aufbruch die Soldateska zu unterhalten / welcher / nachdem sie 22. Wochen hier gelegen / den 13. Julij erst erfolget. In solcher Zeit wurde nun nicht allein alles / was in der Stadt war / aufgezehret / sondern es kam auch noch dieses hinzu / daß / weil die Reuter mit den Pferden fast alle Grasung vor den Thoren abgehütet hatten / die Bürger das meiste Vieh abstehen musten / welches so wohlfeil ward / daß man eine Kuhe um 4. Güld. kauffen konnte / dadurch dann die Bürger vollends um das ihrige kom̃en sind“. Im März 1634 schrieb Reichskanzler Oxenstierna: „Der General könne nur dann ehrlich leben, wenn er sein angewiesenes bestimmtes Quartier habe, woraus er das Nötige beziehe. Die Generale seyen dazu meist homines von der Fortune, die ihren Staat anders nicht führen könnten, auch weder Land noch Leute hätten, und wenn sie es schon besässen, so sey ihnen nicht zuzumuthen, davon zu leben und dabei zu dienen, sie müssten dann selnst mit Desordre leben. Der General könne also den Obersten oder Soldaten, wenn er auch auf diese Weise lebe, nicht strafen: der Oberst müsse also entweder betteln  o d e r  d i e  Q u a r t i e r e   m i ß b r a u c h en.  E s  s e y e n  L e u t e,  d i e  n i c h t  a l l e i n  amore patriae et libertatis  d i e n t e n,  s o n d e r n  e t w a s  z u  g e w i n n e n. Der gemeine Reiter könne nicht leben von seiner Gage; gleichwohl habe kein Regiment nach des Königs Tod ‚meutenirt’. Die Noth zwinge sie zum Rauben; dieß missbrauchten also die leichtfertigen Vögel. Man müsse also den Soldaten bezahlen, dann werde das Andere selbst fallen. Wolle man alle Exorbitantien gleich mit Henken strafen, so sey es schwer, die Hände mit solchem Blut zu besudeln, da der Soldat nicht zu leben habe. Erfolge die Bezahlung – sagte Oxenstierna und er statuiere dann bei den Exorbitantien doch kein Exempel, so solle man von ihm sagen, er habe gelogen wie ein leichtfertiger Vogel !“. SODEN, Gustav Adolph Bd. 2, S. 91.

[30] Hagnau [Bodenseekreis].

[31] SEMLER, Tagebücher, S. 121f.

[32] Bräunlingen [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[33] Beute: Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153.  Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer Universitätsbibliothek; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „ … aber ich muß erst Beute machen“. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.

Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck und Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Gehandelt wurde mit allem, was nur einigermaßen verkäuflich war. Erbeutete Waffen wurden zu Spottpreisen an Städte und Privatleute verkauft; SEMLER, Tagebücher, S. 27f.

[34] Wolfach [Ortenaukr.]; HHSD VI, S. 898f.

[35] Schramberg [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 715f.

[36] Aichhalden [LK Rottweil].

[37] Schenkenzell [LK Rottweil].

[38] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 512.

[39] Tuningen [Schwarzwald-Baar-Kr.].

[40] Schwadron: Im 16. Jahrhundert bezeichnete Escadre (von lateinisch exquadra Gevierthaufen, Geschwader) eine Stellungsform des Fußvolks und der Reiterei, aus welcher im 17. Jahrhundert für letztere die Eskadron, für ersteres das Bataillon hervorging. Ca. 210 Pikeniere sollten eine Schwadron bilden, 3 eine Brigade. Die Schwadron der Reiterei entsprach der Kompanie der Fußtruppen. Die schwedische Kompanie (Fußtruppen) bestand nach Lorenz TROUPITZ, Kriegs-Kunst / nach Königlich Schwedischer Manier eine Compagny zu richten, Franckfurt 1638, aus drei Schwadronen (zu Korporalschaften, eine Schwadron entsprach daher dem späteren Zug).

[41] Hochemmingen, heute Stadtteil von Bad Dürrheim [Schwarzwald-Baar-Kr.].

[42] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 518f.

[43] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl. Bei GAISSER gehen die militärischen Bezeichnungen etwas durchainander.

[44] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 528.

[45] Neuhausen, heute Ortsteil von Königsfeld [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[46] Rottweil [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 676ff.

[47] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich,  S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.

[48] Trossingen [LK Tuttlingen].

[49] Schabenhausen, heute Ortsteil von Niedereschach [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[50] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.

[51] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 529.

[52] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 549.

[53] SEMLER, Pflummern, S. 120, Anm. 398.

[54] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 550.

[55] Obereschach, heute Ortsteil von Villingen-Schwenningen [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[56] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.

[57] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.

[58] tabulae: Landkarten.

[59] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 554.

[60] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 565f.

[61] Rheinfelden (Baden) [LK Lörrach]; HHSD VI, S. 659.

[62] Ascanio Albertini von Ichtersheim; Obrist [um 1580 – 1639].

[63] Freiburg im Breisgau; HHSD VI, S. 215ff.

[64] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 567ff.

[65] plänkeln: kleine Gefechte zwischen leichten umherschwärmenden Truppen, die einzeln und wiederholt auf den Feind schießen.

[66] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 573f.

[67] Kappel, heute Ortsteil von Niedereschach [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[68] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 578f.

[69] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 618.

[70] Arkebusier: Leichter, mit einer Arkebuse bewaffneter Reiter, eigentlich berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß). Die Arkebuse (später Karabiner genannt) war ein kurzes Gewehr, eine Waffe für bis zu über 100 g schwere Kugeln, die in freiem Anschlag verwendbar war; bei der Infanterie als Handrohr, Büchse oder Arkebuse, bei der Kavallerie als Karabiner oder Faustrohr (Pistole mit Radschloss). Sie erhielt ihren Namen vom hakenförmigen Hahn der Luntenklemme, der das Pulver in der Zündpfanne entzündete. Gerüstet war der Arkebusier mit einem Kürass aus schussfreiem Brust- und Rückenstück (dieses wurde mit 11 Rt. veranschlagt) oder auch nur dem Bruststück. Seitenwehr war ein kurzer Haudegen, in den Sattelhalftern führte er 1 – 2 Pistolen. Er wurde zumeist in kleineren Gefechten oder für Kommandounternehmen eingesetzt. In den Schlachten sollten sie die Flanken der eigenen angreifenden Kürassiere decken und in die von ihnen geschlagenen Lücken eindringen. Er erhielt als Verpflegung die Hälfte dessen, was dem Kürassier zustand, zudem auch weniger Sold. Vgl. ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 464 ff. Des öfteren wurden Arkebusierregimenter, wenn die Mittel vorhanden waren, in Kürassierregimenter umgewandelt.

[71] OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 564.

[72] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon.

[73] Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.

[74] Ingolstadt; HHSD VII, S. 326ff.

[75] Rennertshofen [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 620f.

[76] Neuburg a. d. Donau [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 497ff.

[77] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[78] Kroaten: (kroatische Regimenter in kaiserlichen und kurbayerischen Diensten), des „Teufels neuer Adel“, wie sie Gustav II. Adolf genannt hatte (GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom, S. 130). Mit der (älteren) Bezeichnung „Crabaten“ (Crawaten = Halstücher) wurden die kroatischen Soldaten, die auf ihren Fahnen einen Wolf mit aufgesperrtem Rachen führten führten [vgl. REDLICH, De Praeda Militari, S. 21], mit Grausamkeiten in Verbindung gebracht, die von „Freireutern“ verübt wurden. „Freireuter“ waren zum einen Soldaten beweglicher Reiterverbände, die die Aufgabe hatten, über Stärke und Stellung des Gegners sowie über günstige Marschkorridore und Quartierräume aufzuklären. Diese Soldaten wurden außerdem zur Verfolgung fliehender, versprengter oder in Auflösung begriffener feindlicher Truppen eingesetzt. Diese Aufgabe verhinderte eine Überwachung und Disziplinierung dieser „Streifparteyen“ und wurde von diesen vielfach dazu genutzt, auf eigene Rechnung Krieg zu führen. Zum anderen handelte es sich bei „Freireutern“ um bewaffnete und berittene Bauern, die über Raubzüge Verwirrung hinter den feindlichen Linien schufen. Sie taten dies entweder mit Erlaubnis ihrer Kommandierenden, als integraler Bestandteil der kaiserlichen Kriegsführung, oder aber unerlaubter Weise – nicht ohne dabei z. T. drakonische Strafen zu riskieren. Diese „Freireuter“ stahlen und plünderten auf Bestellung der eigenen Kameraden sowie der Marketender, die ihrerseits einen Teil ihrer Einnahmen an die Obristen und Feldmarschälle abzuführen hatten. An Schlachten nahmen sie in der Regel nicht teil oder zogen sogar auch in der Schlacht ab. Zudem war „Kroaten“ ein zeitgenössischer Sammelbegriff für alle aus dem Osten oder Südosten stammenden Soldaten. Ihre Bewaffnung bestand aus Arkebuse, Säbel (angeblich „vergiftet“; PUSCH, Episcopali, S. 137; MITTAG, Chronik, S. 359, wahrscheinlich jedoch Sepsis durch den Hieb) und Dolch sowie meist 2 Reiterpistolen. Jeder fünfte dieser „kahlen Schelme Ungarns“ war zudem mit einer Lanze bewaffnet. SCHUCKELT, Kroatische Reiter; GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom. Meist griffen sie Städte nur mit Überzahl an. Die Hamburger „Post Zeitung“ berichtete im März 1633: „Die Stadt Hoff haben an vergangenen Donnerstag in 1400. Crabaten in Grundt außgeplündert / vnnd in 18000 Thaller werth schaden gethan / haben noch sollen 1500. fl. geben / dass sie der Kirchen verschonet / deßwegen etliche da gelassen / die andern seind mit dem Raub darvon gemacht“. MINTZEL, Stadt Hof, S. 101. Zur Grausamkeit dieser Kroatenregimenter vgl. den Überfall der Kroaten Isolanis am 21.8.1634 auf Höchstädt (bei Dillingen) THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 331f.; bzw. den Überfall auf Reinheim (Landgrafschaft Hessen-Darmstadt) durch die Kroaten des bayerischen Generalfeldzeugmeisters Jost Maximilian von Gronsfelds im Mai 1635: HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 148ff.; den Überfall auf Reichensachsen 1635: GROMES, Sontra, S. 39: „1634 Christag ist von uns (Reichensächsern) hier gehalten, aber weil die Croaten in der Christnacht die Stadt Sontra überfallen und in Brand gestecket, sind wir wieder ausgewichen. Etliche haben sich gewagt hierzubleiben, bis auf Sonnabend vor Jubilate, da die Croaten mit tausend Pferden stark vor Eschwege gerückt, morgens von 7-11 Uhr mittags mit den unsrigen gefochten, bis die Croaten gewichen, in welchem Zurückweichen die Croaten alles in Brand gestecket. Um 10 Uhr hats in Reichensachsen angefangen zu brennen, den ganzen Tag bis an den Sonntags Morgen in vollem Brande gestanden und 130 Wohnhäuser samt Scheuern und Ställen eingeäschert. Von denen, die sich zu bleiben gewaget, sind etliche todtgestoßen, etlichen die Köpfe auf den Gaßen abgehauen, etliche mit Äxten totgeschlagen, etliche verbrannt, etliche in Kellern erstickt, etliche gefangen weggeführet, die elender gewesen als die auf der Stelle todt blieben, denn sie sind jämmerlich tractirt, bis man sie mit Geld ablösen konnte“. LEHMANN, Kriegschronik, S. 61, anlässlich des 2. Einfall Holks in Sachsen (1632): „In Elterlein haben die Crabaten unmanbare Töchter geschendet und auf den Pferden mit sich geführet, in und umb das gedreid, brod, auf die Bibel und bücher ihren mist auß dem hindern gesezt, In der Schletta [Schlettau] 21 bürger beschediget, weiber und Jungfern geschendet“. LANDAU, Beschreibung, S. 302f. (Eschwege 1637). Auf dem Höhepunkt des Krieges sollen über 20.000 Kroaten in kaiserlichen Diensten gestanden haben. In einem Kirchturmknopf in Ostheim v. d. Rhön von 1657 fand sich ein als bedeutsam erachteter Bericht für die Nachgeborenen über den Einfall kroatischer Truppen 1634; ZEITEL, Die kirchlichen Urkunden, S. 219-282, hier S. 233-239 [Frdl. Hinweis von Hans Medick, s. a. dessen Aufsatz: Der Dreißigjährige Krieg]. Vgl. BAUER, Glanz und Tragik; neuerdings KOSSERT, „daß der rothe Safft hernach gieng…“ http://home.arcor.de/sprengel-schoenhagen/2index/30jaehrigekrieg.htm: „Am grauenhaftesten hatte in dieser Zeit von allen Städten der Prignitz Perleberg zu leiden. Die Kaiserlichen waren von den Schweden aus Pommern und Mecklenburg gedrängt worden und befanden sich auf ungeordnetem Rückzug nach Sachsen und Böhmen. Es ist nicht möglich, alle Leiden der Stadt hier zu beschreiben.
Am ehesten kann man sich das Leid vorstellen, wenn man den Bericht des Chronisten Beckmann über den 15. November 1638 liest: ‚… Mit der Kirche aber hat es auch nicht lange gewähret, sondern ist an allen Ecken erstiegen, geöffnet und ganz und gar, nicht allein was der Bürger und Privatpersonen Güter gewesen, besonders aber auch aller Kirchenschmuck an Kelchen und was dazu gehöret, unter gotteslästerlichen Spottreden ausgeplündert und weggeraubet, auch ein Bürger an dem untersten Knauf der Kanzel aufgeknüpfet, die Gräber eröffnet, auch abermals ganz grausam und viel schlimmer, als je zuvor mit den Leuten umgegangen worden, indem sie der abscheulichen und selbst in den Kirchen frevelhafter und widernatürlicher Weise verübten Schändung des weiblichen Geschlechts, selbst 11- und 12-jähriger Kinder, nicht zu gedenken – was sie nur mächtig (haben) werden können, ohne Unterschied angegriffen, nackt ausgezogen, allerlei faules Wasser von Kot und Mist aus den Schweinetrögen, oder was sie am unreinsten und nächsten (haben) bekommen können, ganze Eimer voll zusammen gesammelt und den Leuten zum Maul, (zu) Nase und Ohren eingeschüttet und solch einen ‚Schwedischen Trunk oder Branntwein’ geheißen, welches auch dem damaligen Archidiakonus… widerfahren. Andern haben sie mit Daumschrauben und eisernen Stöcken die Finger und Hände wund gerieben, andern Mannspersonen die Bärte abgebrannt und noch dazu an Kopf und Armen wund geschlagen, einige alte Frauen und Mannsleute in Backöfen gesteckt und so getötet, eine andere Frau aus dem Pfarrhause in den Rauch gehängt, hernach wieder losgemacht und durch einen Brunnenschwengel in das Wasser bis über den Kopf versenket; andere an Stricken, andere bei ihren Haaren aufgehängt und so lange, bis sie schwarz gewesen, sich quälen lassen, hernach wieder losgemacht und andere Arten von Peinigung mit Schwedischen Tränken und sonsten ihnen angeleget. Und wenn sie gar nichts bekennen oder etwas (haben) nachweisen können, Füße und Hände zusammen oder die Hände auf den Rücken gebunden und also liegen lassen, wieder gesucht, und soviel sie immer tragen und fortbringen können, auf sie geladen und sie damit auf Cumlosen und andere Dörfer hinausgeführt, worüber dann viele ihr Leben (haben) zusetzen müssen, daß auch der Rittmeister der Salvegarde und andere bei ihm Seiende gesagt: Sie wären mit bei letzter Eroberung von Magdeburg gewesen, (es) wäre aber des Orts so tyrannisch und gottlos mit den Leuten, die doch ihre Feinde gewesen, nicht umgegangen worden, wie dieses Orts geschehen’ „.

[79] Schrobenhausen [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 680f.

[80] Donauwörth [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 147ff.

[81] ENGERISSER, Von Kronach, S. 305 (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).

[82] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.

[83] Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei  ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.

[84] Coburg; HHSD VII, S. 127f.

[85] Deutscher Orden: Der Deutsche Orden (auch Ordo Teutonicus, Ordo domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum, Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden, Deutschritterorden oder Deutscher Ritterorden) (abgekürzt OT = Ordo Teutonicus) ist ein geistlicher Ritterorden und war maßgeblich an der Deutschen Ostkolonisation beteiligt. Seit 1929 ist er ein klerikaler Orden. Er ist neben dem Johanniter- bzw. Malteserorden und den Templern der dritte große Ritterorden, der in der Zeit der Kreuzzüge gegründet wurde.

An der Spitze des Deutschen Ordens stand der Hochmeister, der jeweils auf Lebenszeit gewählt wurde. An seiner Seite standen fünf Großgebietiger: der Großkomtur als Statthalter des Hochmeisters, der Marschall mit Zuständigkeit für das Heerwesen, der Tressler in der Funktion des Schatzmeisters, der Trapier in Verantwortung für die Ausrüstung und der Spittler als Leiter des Hospitalwesens. Daneben gab es einige Provinzialobere: den Deutschmeister für die zwölf deutschen Ordensballeien, der seit 1494 Reichsfürst war, und seit 1525 nach der Säkularisierung des Ordensstaates, das Hochmeisteramt verwaltete und daher später auch als Hoch- und Deutschmeister bezeichnet wurde. Der Landmeister für Livland sowie Landkomture für die Ordensgebiete außerhalb Deutschlands. Der Orden setzte sich aus dem Mönchsgelübde verpflichteten Priester- und Ritterbrüdern zusammen sowie aus dienenden Halbbrüdern. Das Ordenszeichen ist ein schwarzes Tatzenkreuz auf weißem Grund. Zur typischen Ordenskleidung gehört für die Geistlichen, welche Soutane, Halskreuz und Brustkreuz tragen, ein weißer Mantel, auf dem rechtsseitig ein graues Kreuz angebracht ist. Der Wahlspruch des Ordens lautet „Helfen, Wehren, Heilen“. [wikipedia]

[86] ROECK, Als wollt die Welt, S. 272: „Dem Deutschmeister Graf Stadion, der nach der Nördlinger Schlacht den Ausgleich zwischen der Reichsstadt und dem Kaiser vermitteln wollte, schrieb man: «Auf allen unverschuldeten und nicht hoffenden Fall aber sind wir alles dasjenige gewissenshalben zu erdauern gezwungen, was der liebe Gott in diesem schnöden Jammertal über uns in seinem göttlichen unwandelbaren Willen beschlossen: geströsten uns auch gegen Gott und eine ganze ehrbare Welt unserer Unschuld, und daß alle zeitliche Macht, Hab und Gut, Leid und Freud in dieser flüchtigen Zergänglichkeit gar bald ihre Endschaft gewinne, die Gewissensruhe und Seligkeit aber immerwährenden bestehe und rechtschaffener Christen ewiger Trost und erwünschtes Heil sei.» „

[87] Landsberg a. Lech; HHSD VII, S. 385f.

[88] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.

[89] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.

[90] Vgl. LAHRKAMP, Jan von Werth.

[91] Feldmarschallleutnant: Der Feldmarschallleutnant war ein militärischer Dienstgrad, der gleichzeitig mit dem des Feldmarschalls im 17. Jahrhundert aufkam. Der Kriegsherr pflegte einem Feldmarschall einen „Untermarschall“ oder „Leutnant“ beizugeben, der den Feldmarschall zu unterstützen und zu vertreten hatte. Zu seinen Pflichten gehörten u. a. die Aufsicht über Proviantplätze und -straßen, die Kontrolle der Wachen usw.

[92] Vgl. FINDEISEN, Axel Oxenstierna.

[93] hagapells, hakkapeller: [nach hakkaa päälle: hau drauf] Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von Detlev PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant der in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.

[94] Bad Königshofen im Grabfeld [Stadt Bad Königshofen i. Grabfeld]; HHSD VII, S. 368.

[95] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.

[96] Blockade (blocquade, plocquade): Absperrung, Einschließung, Besetzung, Belagerung. Blockade und Einschließung einer Festung zielten auf Aushungerung der Bevölkerung. Der Salemer Mönch Bürster berichtet über die Blockade Überlingens 1644; WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Den 19. Februarii hat der commendant [Courval; BW] wol uff zway oder anderthalb hundert personen außgelaßen, welche herr obriste Wolff widerum haißen zuerugg hineinzuetreiben oder niderzueschießen und nit paßieren laßen, uff welches ain solches geschray, jamer, heylen und wainen, insonders klainer kindern und schwangeren weiber, daß doch ainen harten stain und letstlichen auch ihn hat mießen bewegen; hat er solche laßen verwahren biß er befelch vom obristen Merzi [Franz v. Mercy; BW] bekomen, wie er sich mit ihnen solle verhalten, welche also lange zeit im veld in großer kelte, regen und wind, tag und nacht uffgehalten, und letstlich befelch komen, solche alle widerumb zuemahlen zuerugg hineinzuejagen oder aber niderzueschießen. Allain welche gelt gehabt, weil nun deß beschaids von Merzi erwartet, haben sich interim ihre ettliche redimirt oder außkauft, da0 man sie hat laßen laufen, entreunen und darvon komen, welche außgeben, daß man kain kazen noch hund nit mehr darinnen thue sehen und ain solches schwarzes brod thue backen, daß manß nit oder kümmerlich kendte glauben und allberait an schmalz schon großen mangel. Und sollen die gemaine soldaten, deren über 600 nit, deren maßen also elend und der mehrer thail so kraftloß herumber gehen, daß sie die muggen oder fliegen schier möchten umbstoßen. Lassen auch schon kuglen biß in die schanzen, unangesehen sie so weit vorhußen, heraußlaufen, wie sie dann voriger tagen in ainem schuz ihr drey getroffen, 2 gebliben, der drüdte ob er möchte curiert werden, ist ungewiß“.[96]

Dagegen wurden Ausfälle aus der Festung unternommen, um Nahrung zu beschaffen, den Belagerungsring zu sprengen, die Belagerer aus den Gräben zu werfen und diese zuzuschütten. Doch es gelangten immer wieder Güter hinein, weil der Ring wie z. B. um Eger 1647 nicht lückenlos geschlossen werden konnte. Holzappel erließ daher einen Aufruf an die Nachbarorte, mit dem er jedem für das Einschleusen von Lebensmitteln die übliche drakonische Strafe des Abschneidens von Nasen und Ohren androhte. Dass der Befehl auch vollstreckt wurde, zeigen die Erinnerungen Leopolds aus Marktredwitz: „In dieser Woche(n) sind 3 Männer, die etwas auf dem Rücken nach Eger tragen wollten, von den bayer. Reitern gefangen genommen worden. Dem einen davon ist der Bart samt der Haut, dem anderen die Nase(n) und dem dritten sind die Ohren abgeschnitten worden. Dann hat man sie wieder laufen lassen“. BRAUN, Marktredwitz, S. 318. Ein ähnliches Mandat hatte Ferdinand III. auch Nürnberg zugehen lassen, das ebenfalls Transporte nach Eger hatte abgehen lassen. Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsakten 168, fol. 271: Kaiserliches Mandat an Nürnberg, Pilsen, 1647 VIII 26.

[97] Kroaten: (kroatische Regimenter in kaiserlichen und kurbayerischen Diensten), des „Teufels neuer Adel“, wie sie Gustav II. Adolf genannt hatte (GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom, S. 130). Mit der (älteren) Bezeichnung „Crabaten“ (Crawaten = Halstücher) wurden die kroatischen Soldaten, die auf ihren Fahnen einen Wolf mit aufgesperrtem Rachen führten führten [vgl. REDLICH, De Praeda Militari, S. 21], mit Grausamkeiten in Verbindung gebracht, die von „Freireutern“ verübt wurden. „Freireuter“ waren zum einen Soldaten beweglicher Reiterverbände, die die Aufgabe hatten, über Stärke und Stellung des Gegners sowie über günstige Marschkorridore und Quartierräume aufzuklären. Diese Soldaten wurden außerdem zur Verfolgung fliehender, versprengter oder in Auflösung begriffener feindlicher Truppen eingesetzt. Diese Aufgabe verhinderte eine Überwachung und Disziplinierung dieser „Streifparteyen“ und wurde von diesen vielfach dazu genutzt, auf eigene Rechnung Krieg zu führen. Zum anderen handelte es sich bei „Freireutern“ um bewaffnete und berittene Bauern, die über Raubzüge Verwirrung hinter den feindlichen Linien schufen. Sie taten dies entweder mit Erlaubnis ihrer Kommandierenden, als integraler Bestandteil der kaiserlichen Kriegsführung, oder aber unerlaubter Weise – nicht ohne dabei z. T. drakonische Strafen zu riskieren. Diese „Freireuter“ stahlen und plünderten auf Bestellung der eigenen Kameraden sowie der Marketender, die ihrerseits einen Teil ihrer Einnahmen an die Obristen und Feldmarschälle abzuführen hatten. An Schlachten nahmen sie in der Regel nicht teil oder zogen sogar auch in der Schlacht ab. Zudem war „Kroaten“ ein zeitgenössischer Sammelbegriff für alle aus dem Osten oder Südosten stammenden Soldaten. Ihre Bewaffnung bestand aus Arkebuse, Säbel (angeblich „vergiftet“; PUSCH, Episcopali, S. 137; MITTAG, Chronik, S. 359, wahrscheinlich jedoch Sepsis durch den Hieb) und Dolch sowie meist 2 Reiterpistolen. Jeder fünfte dieser „kahlen Schelme Ungarns“ war zudem mit einer Lanze bewaffnet. SCHUCKELT, Kroatische Reiter; GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom. Meist griffen sie Städte nur mit Überzahl an. Die Hamburger „Post Zeitung“ berichtete im März 1633: „Die Stadt Hoff haben an vergangenen Donnerstag in 1400. Crabaten in Grundt außgeplündert / vnnd in 18000 Thaller werth schaden gethan / haben noch sollen 1500. fl. geben / dass sie der Kirchen verschonet / deßwegen etliche da gelassen / die andern seind mit dem Raub darvon gemacht“. MINTZEL, Stadt Hof, S. 101. Zur Grausamkeit dieser Kroatenregimenter vgl. den Überfall der Kroaten Isolanis am 21.8.1634 auf Höchstädt (bei Dillingen) THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 331f.; bzw. den Überfall auf Reinheim (Landgrafschaft Hessen-Darmstadt) durch die Kroaten des bayerischen Generalfeldzeugmeisters Jost Maximilian von Gronsfelds im Mai 1635: HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 148ff.; den Überfall auf Reichensachsen 1635: GROMES, Sontra, S. 39: „1634 Christag ist von uns (Reichensächsern) hier gehalten, aber weil die Croaten in der Christnacht die Stadt Sontra überfallen und in Brand gestecket, sind wir wieder ausgewichen. Etliche haben sich gewagt hierzubleiben, bis auf Sonnabend vor Jubilate, da die Croaten mit tausend Pferden stark vor Eschwege gerückt, morgens von 7-11 Uhr mittags mit den unsrigen gefochten, bis die Croaten gewichen, in welchem Zurückweichen die Croaten alles in Brand gestecket. Um 10 Uhr hats in Reichensachsen angefangen zu brennen, den ganzen Tag bis an den Sonntags Morgen in vollem Brande gestanden und 130 Wohnhäuser samt Scheuern und Ställen eingeäschert. Von denen, die sich zu bleiben gewaget, sind etliche todtgestoßen, etlichen die Köpfe auf den Gaßen abgehauen, etliche mit Äxten totgeschlagen, etliche verbrannt, etliche in Kellern erstickt, etliche gefangen weggeführet, die elender gewesen als die auf der Stelle todt blieben, denn sie sind jämmerlich tractirt, bis man sie mit Geld ablösen konnte“. LEHMANN, Kriegschronik, S. 61, anlässlich des 2. Einfall Holks in Sachsen (1632): „In Elterlein haben die Crabaten unmanbare Töchter geschendet und auf den Pferden mit sich geführet, in und umb das gedreid, brod, auf die Bibel und bücher ihren mist auß dem hindern gesezt, In der Schletta [Schlettau] 21 bürger beschediget, weiber und Jungfern geschendet“. LANDAU, Beschreibung, S. 302f. (Eschwege 1637). Auf dem Höhepunkt des Krieges sollen über 20.000 Kroaten in kaiserlichen Diensten gestanden haben. In einem Kirchturmknopf in Ostheim v. d. Rhön von 1657 fand sich ein als bedeutsam erachteter Bericht für die Nachgeborenen über den Einfall kroatischer Truppen 1634; ZEITEL, Die kirchlichen Urkunden, S. 219-282, hier S. 233-239 [Frdl. Hinweis von Hans Medick, s. a. dessen Aufsatz: Der Dreißigjährige Krieg]. Vgl. BAUER, Glanz und Tragik; neuerdings KOSSERT, „daß der rothe Safft hernach gieng…“ http://home.arcor.de/sprengel-schoenhagen/2index/30jaehrigekrieg.htm: „Am grauenhaftesten hatte in dieser Zeit von allen Städten der Prignitz Perleberg zu leiden. Die Kaiserlichen waren von den Schweden aus Pommern und Mecklenburg gedrängt worden und befanden sich auf ungeordnetem Rückzug nach Sachsen und Böhmen. Es ist nicht möglich, alle Leiden der Stadt hier zu beschreiben.
Am ehesten kann man sich das Leid vorstellen, wenn man den Bericht des Chronisten Beckmann über den 15. November 1638 liest: ‚… Mit der Kirche aber hat es auch nicht lange gewähret, sondern ist an allen Ecken erstiegen, geöffnet und ganz und gar, nicht allein was der Bürger und Privatpersonen Güter gewesen, besonders aber auch aller Kirchenschmuck an Kelchen und was dazu gehöret, unter gotteslästerlichen Spottreden ausgeplündert und weggeraubet, auch ein Bürger an dem untersten Knauf der Kanzel aufgeknüpfet, die Gräber eröffnet, auch abermals ganz grausam und viel schlimmer, als je zuvor mit den Leuten umgegangen worden, indem sie der abscheulichen und selbst in den Kirchen frevelhafter und widernatürlicher Weise verübten Schändung des weiblichen Geschlechts, selbst 11- und 12-jähriger Kinder, nicht zu gedenken – was sie nur mächtig (haben) werden können, ohne Unterschied angegriffen, nackt ausgezogen, allerlei faules Wasser von Kot und Mist aus den Schweinetrögen, oder was sie am unreinsten und nächsten (haben) bekommen können, ganze Eimer voll zusammen gesammelt und den Leuten zum Maul, (zu) Nase und Ohren eingeschüttet und solch einen ‚Schwedischen Trunk oder Branntwein’ geheißen, welches auch dem damaligen Archidiakonus… widerfahren. Andern haben sie mit Daumschrauben und eisernen Stöcken die Finger und Hände wund gerieben, andern Mannspersonen die Bärte abgebrannt und noch dazu an Kopf und Armen wund geschlagen, einige alte Frauen und Mannsleute in Backöfen gesteckt und so getötet, eine andere Frau aus dem Pfarrhause in den Rauch gehängt, hernach wieder losgemacht und durch einen Brunnenschwengel in das Wasser bis über den Kopf versenket; andere an Stricken, andere bei ihren Haaren aufgehängt und so lange, bis sie schwarz gewesen, sich quälen lassen, hernach wieder losgemacht und andere Arten von Peinigung mit Schwedischen Tränken und sonsten ihnen angeleget. Und wenn sie gar nichts bekennen oder etwas (haben) nachweisen können, Füße und Hände zusammen oder die Hände auf den Rücken gebunden und also liegen lassen, wieder gesucht, und soviel sie immer tragen und fortbringen können, auf sie geladen und sie damit auf Cumlosen und andere Dörfer hinausgeführt, worüber dann viele ihr Leben (haben) zusetzen müssen, daß auch der Rittmeister der Salvegarde und andere bei ihm Seiende gesagt: Sie wären mit bei letzter Eroberung von Magdeburg gewesen, (es) wäre aber des Orts so tyrannisch und gottlos mit den Leuten, die doch ihre Feinde gewesen, nicht umgegangen worden, wie dieses Orts geschehen’ „. Vgl. auch die Beschreibung des Kroateneinfalls in Neustadt a. d. Aisch am 18.7.1632 => Kehraus [Kerauß, Kehrauß], Andreas Matthias in den „Miniaturen“.

[98] Göggingen [Stadt Augsburg]; HHSD VII, S. 239f.

[99] Grundlegend ist hier ALBRECHT, Maximilian I.

[100] Akkord: Übergabe, Vergleich, Vertrag: Vergleichsvereinbarungen über die Übergabebedingungen bei Aufgabe einer Stadt oder Festung sowie bei Festsetzung der Kontributionen und Einquartierungen durch die Besatzungsmacht. Angesichts der Schwierigkeiten, eine Stadt oder Festung mit militärischer Gewalt einzunehmen, versuchte die militärische Führung zunächst, über die Androhung von Gewalt zum Erfolg zu gelangen. Ergab sich eine Stadt oder Festung daraufhin ‚freiwillig‘, so wurden ihr gemilderte Bedingungen (wie die Verschonung von Plünderungen) zugebilligt. Garnisonen zogen in der Regel gegen die Verpflichtung ab, die nächsten sechs Monate keine Kriegsdienste beim Gegner zu leisten. Zumeist wurden diese Akkorde vom Gegner unter den verschiedensten Vorwänden bzw. durch die Undiszipliniertheit ihrer Truppen nicht eingehalten.

[101] Parole: Ehrenwort.

[102] Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ/LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [rdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“.

[103] Pest: Eine während des gesamten Krieges immer wieder auftretende Seuche war die Pest (die „zur frühen Neuzeit wie das Amen in der Kirche“ gehörte, Ulbricht, Seuche10) als demographische Katastrophe für einzelne Landstriche, von Happe [I 87r] und seinen Zeitgenossen neben Krieg und Hunger zu den drei Hauptstrafen Gottes gerechnet; vgl. dazu auch LANG, Pestilentz, S. 133 f. Truppenbewegungen, Zerstörungen, Hungerkrisen bzw. chronische Unterernährung, mangelnde Hygiene etc. trugen zur Verbreitung der Pest bei, die in vier Formen auftrat: 1. die abortive Pest als „leichte“ Variante: Symptome waren leichtes Fieber sowie Anschwellen der Lymphdrüsen. War die Infektion überstanden, wurden Antikörper gebildet, die eine etwa 10 Jahre anhaltende Immunisierung gegen die drei anderen Formen bildete. Marx starb 10 Jahre nach der Pest von 1625 an der Pest von 1635. 2. die Beulenpest (Bubonenpest nach griech. bubo = Beule), die nach ca. 9 Tagen zum Tod führen konnte, wenn der Erreger ins Blut eintrat, die Letalität konnte zwischen 60-80 % liegen). Die Ansteckungszeit lag zwischen wenigen Stunden und etwa einer Woche, Symptome waren Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Benommenheit, Schlaflosigkeit, später treten Bewusstseinsstörungen und Ohnmachtsanfälle auf. Im Bereich des Flohbisses bildeten sich stark anschwellende und äußerst schmerzhafte Beulen am Hals, an den Leisten und Achselhöhlen. Diese Beulen erreichten eine Größe von ca. 10 cm und waren durch die die Blutungen in den Lymphknoten dunkelblau bis schwarz eingefärbt. Sie fielen nach Vereiterung in sich zusammen. Die Beulenpest an sich war nicht tödlich, da die Beulen von selbst abheilen konnten. Das Aufschneiden der Beulen war insofern gefährlich, da die Bakterien über das Blut in andere Organe gelangen konnten. Bei den unbehandelten Patienten kam es wohl bei 30-50 %r zur gefährlichen Lungenpest. Die Beulenpest verbreitete sich im Winter kältebedingt langsamer als im Somme und erreichte ihren Höhepunkt im Herbst. 3. die Pestsepsis (Pestseptikämie), wenn die Bakterien in die Blutbahn eintraten, entweder über offene Wunden oder beim Platzen der Pestbeulen nach innen. Symptome waren hier hohes Fieber, Kopfschmerzen, Anfälle von Schüttelfrost, danach kam es zu größeren Haut- und Organblutungen. Der Tod trat bei Nichtbehandelten wohl spätestens nach 36 Stunden auf. 4. die Lungenpest, bei der die Erreger durch die Pestsepsis in die Lunge kamen oder von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen wurde, bei der der Tod angeblich in 24 Stunden, zumeist aber unbehandelt in 2 bis 5 Tagen eintrat und die eine Letalität von 95 % hatte. Angeblich konnte man sich in nur 1 bis 2 Tagen anstecken. Symptome waren eine starke Atemnot, Husten, blaue Lippen und blutiger Auswurf. Das führt zu einem Lungenödem, verbunden mit dem Zusammenbruch des Kreislaufs. Marx’ Angaben lassen vermuten, dass es sich bei der Pest von 1625 um die Beulenpest gehandelt haben muss. Geschlecht, sozialer Status und Ernährung waren Determinanten, die über Ansteckung und Abwehrkräfte entschieden. Der Pestbazillus wurde durch Rattenflöhe, Wanzen, Läuse und andere Parasiten übertragen. Das Bakterium blieb z. B. in Flohkot, Staub, Kleidung, Pelzen, Wasser und Erde wochenlang virulent. Zumindest scheint man in Erfurt 1625 recht sorglos mit der Ansteckungsgefahr umgegangen zu sein, wie HEUBEL, S. 42 festhält. Möglicherweise hatte der Rat jedoch durch eine strenge Quarantäne von vierzig Tagen Versorgungsengpässe befürchtet und wollte die Handelsbeziehungen nicht gefährden. Allerdings scheint die in der Forschung vertretene Meinung, dass gerade die unteren Schichten die Angst vor der Pest beiseite geschoben hätten (ULBRICHT, Seuche, S. 44), so nicht stimmig. Mehr als 50 Pestheilige, angeführt von den Heiligen Sebastian und Rochus, wurden angerufen. Gebet, Frömmigkeit, Sittenreinheit und Liebe zu Gott galten aus theologischer Sicht als wirksamer Schutz vor der Pest. Man glaubte sich durch die Umwicklung mit Stroh auch der Leichen vor der Ansteckung mit der Pest schützen zu können. Pestzeiten boten einen durchaus lukrativen Erwerb für die verachteten Totengräber, der von „ehrlichen“ Berufsgruppen ausgeübt wurde, da z. T. pro Begräbnis bis zu 20 Rt. (BRAUN, Marktredwitz, S. 52f.) verlangt wurde,  aber auch von Angehörigen der ärmeren Bevölkerungsschicht. RUTHMANN, „Was damals fruchtbar und gebauet“, S. 78f. II. Zum Teil wurden ansteckende Krankheiten seit dem Mittelalter als „peste“ (z. B. die „Ungarische Krankheit“) bezeichnet.

[104] Aichach [LK Aichach-Friedberg]; HHSD VII, S. 3.

[105] durch „Petardiere“ angebrachte Sprengladung, die am Tor oder an einer Brücke mit einem Brett angeschraubt oder aufgehängt und mit einer Lunte gezündet wird. Dabei kommen auf 50 Pfd. Metall 4 Pfd. Pulver. Damit wurden Festungsringe an Schwachstellen aufgesprengt, ohne die Wehranlage zu zerstören. Durch die Bresche drangen Sturmtruppen ein, während die aufgesprengten Eingänge zum eigenen Schutz schnell wieder geschlossen werden konnten, wenn der äußere Ring u. die Festung oder das Schloss erobert waren.

[106] Fähnrich (Kornett): Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.

[107] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt geforn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaiser und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. => Verpflegung.

[108] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.

[109] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.

[110] Generalfeldzeugmeister: Der Generalfeldzeugmeister war Befehlshaber der dritten, wenn auch teilweise gering geschätzten Truppengattung, der Artillerie; bei Beförderungen wurden die vergleichbaren Ränge bei der Kavallerie, dann der Infanterie bevorzugt: Der Rang umfasste das Kommando über Artillerie. Ihrem Befehlshaber fielen die sogenannten „Glockengelder“  [Geld, womit eine eroberte Stadt, die sich vom groben Geschütze hat beschießen lassen, ihre Glocken und ihr Kupfergeschirr, welches alles herkömmlich der Artillerie des Eroberers heimfällt, wieder erkaufen oder einlösen muß. KRÜNITZ, Enzyklopädie Bd. 19, S. 192], zu, wenn man während der Belagerung etwa bei Sturmläufen hatte die Glocken läuten lassen, was nach dem „Recht“ des Siegers 12.000 fl. [zum Vergleich: 1634 wurde ein Bauernhof mit 8.-1.000 fl., ein  kleines Schloss mit 4000 fl. veranschlagt; MATHÄSER, Friesenegger, S. 51] und mehr sein konnte. Vgl. auch HOCHEDLINGER, Des Kaisers Generäle. Ihm unterstanden die Schanzmeister und die Brückenmeister, zuständig für Wege-, Brücken-, Lager- und Schanzenbau sowie die Anlage von Laufgraben vor Festungen.

[111] Vgl. HABERER, Ott Heinrich Fugger

[112] ENGERISSER, Von Kronach, S. 419ff.

[113] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 121.

[114] Metz, Bistum u. Stadt [Frankreich, Dép. Moselle].

[115] Saarbrücken; HHSD V, S. 315ff.

[116] Saarbrücken; HHSD V, S. 315ff.

[117] Zweibrücken; HHSD V, S. 419ff.

[118] GOODRICK, The Relation of Sydnam Poyntz, S. 119f.

[119] Hohenzollern; HHSD VI, S. 354ff.

[120] Balingen [Zollernalbkr.]; HHSD VI, S. 61ff. Balingen hatte 1634 an Mannschaft 1.858, 1652 976, was einem Verlust v. 47, 5 % entsprach; ERNST, Verwüstet und entvölkert, S. 91; die Kriegskosten v. 1634-38 betrugen 563.527 fl.; a. a. O., S. 68.

[121] Hohentwiel [Singen, LK Konstanz]; HHSD VI, S. 352ff.

[122] Balingen [Zollernalbkr.]; HHSD VI, S. 61ff.

[123] Tübingen [LK Tübingen]; HHSD VI, 801ff.

[124] Landvogt: zur Verwaltung gefährdeten Reichsgut eingesetzter landesherrlicher Beamter für die gesamte Verwaltung einschließlich Finanzen und Militärwesen der Landvogtei. Er besaß die hohe Gerichtsbarkeit, zumeist vergleichbar mit der Stellung eines Oberamtmanns

[125] Pforzheim [Stadtkreis]; HHSD VI, S. 627ff.

[126] MAIER, Unterpfalz, 543, Anm. 229.

[127] ENGERISSER, Von Kronach, S. 529.

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